Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

daß seine Geschwindigkeit bei verschiedenen Richtungen gegen die
Axe eine andre ist, so findet es hier bei beiden statt. Aber auch
in den zwei-axigen Crystallen giebt es gewisse Ebnen, in welchen
einer der Strahlen, er mag in ihnen welche Richtung man will
erlangen, gleiche Geschwindigkeit behält. Eine dieser Ebnen findet
man, wenn man sich im Crystall die beiden, sich durchschneidenden
Axen gezogen denkt, dann eine Linie zieht, die den von ihnen ge-
bildeten Winkel halbirt, und eine Ebne auf sie senkrecht legt; in
dieser Ebne behält der eine Strahl bei jeder in ihr liegenden Rich-
tung gleiche Geschwindigkeit. Die andre Ebne, worin der andre
Strahl immer gleiche Geschwindigkeit behält, ist senkrecht auf jene
und auf die durch beide Axen gelegte Ebne, muß also zugleich durch
die den Winkel der Axen halbirende Linie gehen. -- Daß alle,
diesen zwei Ebnen parallele Ebnen gleiche Eigenschaft besitzen, darf
ich wohl nur obenhin erwähnen, da es eigentlich die Axen der inte-
grirenden Theile des ganzes Crystalles sind, die hier verstanden
werden müssen.

Die Versuche, die man, um sich von diesen Gesetzen zu über-
zeugen, angestellt hat, will ich hier übergehen; so wie ich auch des
jüngern Herschel merkwürdige und auffallende Entdeckung, daß
in zwei-axigen Crystallen die Axen für die rothen Strahlen nicht
genau mit denen für die grünen oder blauen oder violetten überein-
stimmen, sondern jeder Farbenstrahl sein eignes, jedoch immer in
einerlei Ebne liegendes Axenpaar hat, nur obenhin anführen kann.

Uebereinstimmung der geometrischen Axen mit den
optischen Axen
.

Nach Brewster's Bestimmung giebt es gewisse Arten von
Kerngestalten der Crystalle, welche einfache Brechung, welche dop-
pelte Brechung mit einer Axe, welche doppelte Brechung mit zwei
Axen geben. Sie erinnern sich, daß wir früher nach Haüys An-
gaben, die von andern Mineralogen vielfältig verbessert und ver-
vollständigt sind, jeden Crystall als aus gleichen kleinen Crystallen,
(nicht allemal dem Ganzen ähnlich,) zusammengesetzt ansahen. Von
der Gestalt dieser Crystalle hängt es ab, welche von den drei Bre-
chungen statt findet.


daß ſeine Geſchwindigkeit bei verſchiedenen Richtungen gegen die
Axe eine andre iſt, ſo findet es hier bei beiden ſtatt. Aber auch
in den zwei-axigen Cryſtallen giebt es gewiſſe Ebnen, in welchen
einer der Strahlen, er mag in ihnen welche Richtung man will
erlangen, gleiche Geſchwindigkeit behaͤlt. Eine dieſer Ebnen findet
man, wenn man ſich im Cryſtall die beiden, ſich durchſchneidenden
Axen gezogen denkt, dann eine Linie zieht, die den von ihnen ge-
bildeten Winkel halbirt, und eine Ebne auf ſie ſenkrecht legt; in
dieſer Ebne behaͤlt der eine Strahl bei jeder in ihr liegenden Rich-
tung gleiche Geſchwindigkeit. Die andre Ebne, worin der andre
Strahl immer gleiche Geſchwindigkeit behaͤlt, iſt ſenkrecht auf jene
und auf die durch beide Axen gelegte Ebne, muß alſo zugleich durch
die den Winkel der Axen halbirende Linie gehen. — Daß alle,
dieſen zwei Ebnen parallele Ebnen gleiche Eigenſchaft beſitzen, darf
ich wohl nur obenhin erwaͤhnen, da es eigentlich die Axen der inte-
grirenden Theile des ganzes Cryſtalles ſind, die hier verſtanden
werden muͤſſen.

Die Verſuche, die man, um ſich von dieſen Geſetzen zu uͤber-
zeugen, angeſtellt hat, will ich hier uͤbergehen; ſo wie ich auch des
juͤngern Herſchel merkwuͤrdige und auffallende Entdeckung, daß
in zwei-axigen Cryſtallen die Axen fuͤr die rothen Strahlen nicht
genau mit denen fuͤr die gruͤnen oder blauen oder violetten uͤberein-
ſtimmen, ſondern jeder Farbenſtrahl ſein eignes, jedoch immer in
einerlei Ebne liegendes Axenpaar hat, nur obenhin anfuͤhren kann.

Uebereinſtimmung der geometriſchen Axen mit den
optiſchen Axen
.

Nach Brewſter's Beſtimmung giebt es gewiſſe Arten von
Kerngeſtalten der Cryſtalle, welche einfache Brechung, welche dop-
pelte Brechung mit einer Axe, welche doppelte Brechung mit zwei
Axen geben. Sie erinnern ſich, daß wir fruͤher nach Hauͤys An-
gaben, die von andern Mineralogen vielfaͤltig verbeſſert und ver-
vollſtaͤndigt ſind, jeden Cryſtall als aus gleichen kleinen Cryſtallen,
(nicht allemal dem Ganzen aͤhnlich,) zuſammengeſetzt anſahen. Von
der Geſtalt dieſer Cryſtalle haͤngt es ab, welche von den drei Bre-
chungen ſtatt findet.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="314"/>
daß &#x017F;eine Ge&#x017F;chwindigkeit                         bei ver&#x017F;chiedenen Richtungen gegen die<lb/>
Axe eine andre                         i&#x017F;t, &#x017F;o findet es hier bei beiden &#x017F;tatt.                         Aber auch<lb/>
in den zwei-axigen Cry&#x017F;tallen giebt es                         gewi&#x017F;&#x017F;e Ebnen, in welchen<lb/>
einer der Strahlen, er                         mag in ihnen welche Richtung man will<lb/>
erlangen, gleiche                         Ge&#x017F;chwindigkeit beha&#x0364;lt. Eine die&#x017F;er Ebnen                         findet<lb/>
man, wenn man &#x017F;ich im Cry&#x017F;tall die beiden,                         &#x017F;ich durch&#x017F;chneidenden<lb/>
Axen gezogen denkt, dann                         eine Linie zieht, die den von ihnen ge-<lb/>
bildeten Winkel halbirt, und                         eine Ebne auf &#x017F;ie &#x017F;enkrecht legt;                         in<lb/>
die&#x017F;er Ebne beha&#x0364;lt der <hi rendition="#g">eine</hi> Strahl bei jeder in ihr liegenden Rich-<lb/>
tung gleiche                         Ge&#x017F;chwindigkeit. Die andre Ebne, worin der andre<lb/>
Strahl immer                         gleiche Ge&#x017F;chwindigkeit beha&#x0364;lt, i&#x017F;t                         &#x017F;enkrecht auf jene<lb/>
und auf die durch beide Axen gelegte Ebne,                         muß al&#x017F;o zugleich durch<lb/>
die den Winkel der Axen halbirende                         Linie gehen. &#x2014; Daß alle,<lb/>
die&#x017F;en zwei Ebnen                         parallele Ebnen gleiche Eigen&#x017F;chaft be&#x017F;itzen,                         darf<lb/>
ich wohl nur obenhin erwa&#x0364;hnen, da es eigentlich die                         Axen der inte-<lb/>
grirenden Theile des ganzes Cry&#x017F;talles                         &#x017F;ind, die hier ver&#x017F;tanden<lb/>
werden                         mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Die Ver&#x017F;uche, die man, um &#x017F;ich von die&#x017F;en                         Ge&#x017F;etzen zu u&#x0364;ber-<lb/>
zeugen, ange&#x017F;tellt                         hat, will ich hier u&#x0364;bergehen; &#x017F;o wie ich auch                         des<lb/>
ju&#x0364;ngern <hi rendition="#g">Her&#x017F;chel</hi> merkwu&#x0364;rdige und auffallende Entdeckung, daß<lb/>
in zwei-axigen                         Cry&#x017F;tallen die Axen fu&#x0364;r die rothen Strahlen                         nicht<lb/>
genau mit denen fu&#x0364;r die gru&#x0364;nen oder blauen                         oder violetten u&#x0364;berein-<lb/>
&#x017F;timmen,                         &#x017F;ondern jeder Farben&#x017F;trahl &#x017F;ein eignes,                         jedoch immer in<lb/>
einerlei Ebne liegendes Axenpaar hat, nur obenhin                         anfu&#x0364;hren kann.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ueberein&#x017F;timmung der                             geometri&#x017F;chen Axen mit den<lb/>
opti&#x017F;chen                         Axen</hi>.</head><lb/>
          <p>Nach <hi rendition="#g">Brew&#x017F;ter</hi>'s Be&#x017F;timmung                         giebt es gewi&#x017F;&#x017F;e Arten                         von<lb/>
Kernge&#x017F;talten der Cry&#x017F;talle, welche einfache                         Brechung, welche dop-<lb/>
pelte Brechung mit einer Axe, welche doppelte                         Brechung mit zwei<lb/>
Axen geben. Sie erinnern &#x017F;ich, daß wir                         fru&#x0364;her nach <hi rendition="#g">Hau&#x0364;ys</hi> An-<lb/>
gaben, die von andern Mineralogen vielfa&#x0364;ltig                         verbe&#x017F;&#x017F;ert und                         ver-<lb/>
voll&#x017F;ta&#x0364;ndigt &#x017F;ind, jeden                         Cry&#x017F;tall als aus gleichen kleinen                         Cry&#x017F;tallen,<lb/>
(nicht allemal dem Ganzen a&#x0364;hnlich,)                         zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt an&#x017F;ahen. Von<lb/>
der                         Ge&#x017F;talt die&#x017F;er Cry&#x017F;talle ha&#x0364;ngt                         es ab, welche von den drei Bre-<lb/>
chungen &#x017F;tatt findet.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[314/0328] daß ſeine Geſchwindigkeit bei verſchiedenen Richtungen gegen die Axe eine andre iſt, ſo findet es hier bei beiden ſtatt. Aber auch in den zwei-axigen Cryſtallen giebt es gewiſſe Ebnen, in welchen einer der Strahlen, er mag in ihnen welche Richtung man will erlangen, gleiche Geſchwindigkeit behaͤlt. Eine dieſer Ebnen findet man, wenn man ſich im Cryſtall die beiden, ſich durchſchneidenden Axen gezogen denkt, dann eine Linie zieht, die den von ihnen ge- bildeten Winkel halbirt, und eine Ebne auf ſie ſenkrecht legt; in dieſer Ebne behaͤlt der eine Strahl bei jeder in ihr liegenden Rich- tung gleiche Geſchwindigkeit. Die andre Ebne, worin der andre Strahl immer gleiche Geſchwindigkeit behaͤlt, iſt ſenkrecht auf jene und auf die durch beide Axen gelegte Ebne, muß alſo zugleich durch die den Winkel der Axen halbirende Linie gehen. — Daß alle, dieſen zwei Ebnen parallele Ebnen gleiche Eigenſchaft beſitzen, darf ich wohl nur obenhin erwaͤhnen, da es eigentlich die Axen der inte- grirenden Theile des ganzes Cryſtalles ſind, die hier verſtanden werden muͤſſen. Die Verſuche, die man, um ſich von dieſen Geſetzen zu uͤber- zeugen, angeſtellt hat, will ich hier uͤbergehen; ſo wie ich auch des juͤngern Herſchel merkwuͤrdige und auffallende Entdeckung, daß in zwei-axigen Cryſtallen die Axen fuͤr die rothen Strahlen nicht genau mit denen fuͤr die gruͤnen oder blauen oder violetten uͤberein- ſtimmen, ſondern jeder Farbenſtrahl ſein eignes, jedoch immer in einerlei Ebne liegendes Axenpaar hat, nur obenhin anfuͤhren kann. Uebereinſtimmung der geometriſchen Axen mit den optiſchen Axen. Nach Brewſter's Beſtimmung giebt es gewiſſe Arten von Kerngeſtalten der Cryſtalle, welche einfache Brechung, welche dop- pelte Brechung mit einer Axe, welche doppelte Brechung mit zwei Axen geben. Sie erinnern ſich, daß wir fruͤher nach Hauͤys An- gaben, die von andern Mineralogen vielfaͤltig verbeſſert und ver- vollſtaͤndigt ſind, jeden Cryſtall als aus gleichen kleinen Cryſtallen, (nicht allemal dem Ganzen aͤhnlich,) zuſammengeſetzt anſahen. Von der Geſtalt dieſer Cryſtalle haͤngt es ab, welche von den drei Bre- chungen ſtatt findet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/328
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/328>, abgerufen am 21.11.2024.