Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ihre Stellung nicht ändern, sondern der ersten Reflexions-Ebne
parallel bleiben; eben das ist der Fall bei den ein wenig schief ge-
neigten Strahlen, die eine auf dem Doppelspathe senkrecht gegen
die erste Reflexions-Ebne gezogene Linie treffen; daher erscheint ein
schwarzes Kreuz, dessen Lage durch die auf dem Doppelspathe in der
Reflexions-Ebne und senkrecht gegen sie gezogene Linie bestimmt wird.
Alle von diesen beiden Ebnen abweichenden Strahlen verändern die
Richtung ihrer Polarisation, und da hier ähnliche Umstände wie bei
den dünnen Gypsblättchen eintreten, so werden nur gewisse Farben-
strahlen depolarisirt. Man mag nämlich hier entweder nach Biot's
Ansicht den polarisirenden Kräften, die bei so geringer Neigung
des Strahles gegen die Axe des Doppelspaths sehr schwach wirken,
nur die Wirkung, eine bewegliche Polarisation oder eine Oscillation
der Lichttheilchen hervorzubringen, zuschreiben, oder nach Arago's
und Fresnel's Ansicht die ungleichen Wellenfolgen des in der
Doppelspathplatte gewöhnlich und ungewöhnlich gebrochenen Strah-
les berücksichtigen, so läßt sich nachweisen, daß in einer gewissen
Entfernung von der Mitte bestimmte Farben und zwar genau in
der Ordnung, wie bei Newton's Farbenringen, hervortreten
müssen; ja man kann sich leicht überzeugen, daß selbst die Größe
der Ringe, die von der Dicke jener Platte abhängt, sich nach beiden
Ansichten berechnen läßt. Bei Biot bestimmt man die Wieder-
kehr eben der Farbe im zweiten, dritten, Ringe nach der für die
Perioden der Oscillationen angenommenen Größe der Zwischenräu-
me; bei Fresnel berechnet man sie nach dem Voreilen der
Wellenfolge des einen Strahles vor der des andern, um eine oder
zwei oder drei Wellenlängen und so weiter, und dieses Voreilen
beträgt bei so geringer Neigung der Strahlen wenig, da in diesem
Falle beide Strahlen, der gewöhnlich gebrochene und der unge-
wöhnlich gebrochene, beinahe gleiche Geschwindigkeit haben. Bei
größerer Verschiedenheit der Geschwindigkeiten, das ist bei einer
viele Wellenlängen betragenden Differenz, kommen hier so wenig,
wie bei Newton's Farbenringen, Farben-Erscheinungen vor.

Eben diese Farbenringe kann man auch mit Hülfe zweier
Turmalinplatten darstellen. Da die erste derselben, wenn sie dick
genug ist, das Licht in einer auf die Richtung der Axe senkrechten
Richtung polarisirt, so läßt die zweite, wie Sie schon wissen,

ihre Stellung nicht aͤndern, ſondern der erſten Reflexions-Ebne
parallel bleiben; eben das iſt der Fall bei den ein wenig ſchief ge-
neigten Strahlen, die eine auf dem Doppelſpathe ſenkrecht gegen
die erſte Reflexions-Ebne gezogene Linie treffen; daher erſcheint ein
ſchwarzes Kreuz, deſſen Lage durch die auf dem Doppelſpathe in der
Reflexions-Ebne und ſenkrecht gegen ſie gezogene Linie beſtimmt wird.
Alle von dieſen beiden Ebnen abweichenden Strahlen veraͤndern die
Richtung ihrer Polariſation, und da hier aͤhnliche Umſtaͤnde wie bei
den duͤnnen Gypsblaͤttchen eintreten, ſo werden nur gewiſſe Farben-
ſtrahlen depolariſirt. Man mag naͤmlich hier entweder nach Biot's
Anſicht den polariſirenden Kraͤften, die bei ſo geringer Neigung
des Strahles gegen die Axe des Doppelſpaths ſehr ſchwach wirken,
nur die Wirkung, eine bewegliche Polariſation oder eine Oſcillation
der Lichttheilchen hervorzubringen, zuſchreiben, oder nach Arago's
und Fresnel's Anſicht die ungleichen Wellenfolgen des in der
Doppelſpathplatte gewoͤhnlich und ungewoͤhnlich gebrochenen Strah-
les beruͤckſichtigen, ſo laͤßt ſich nachweiſen, daß in einer gewiſſen
Entfernung von der Mitte beſtimmte Farben und zwar genau in
der Ordnung, wie bei Newton's Farbenringen, hervortreten
muͤſſen; ja man kann ſich leicht uͤberzeugen, daß ſelbſt die Groͤße
der Ringe, die von der Dicke jener Platte abhaͤngt, ſich nach beiden
Anſichten berechnen laͤßt. Bei Biot beſtimmt man die Wieder-
kehr eben der Farbe im zweiten, dritten, Ringe nach der fuͤr die
Perioden der Oſcillationen angenommenen Groͤße der Zwiſchenraͤu-
me; bei Fresnel berechnet man ſie nach dem Voreilen der
Wellenfolge des einen Strahles vor der des andern, um eine oder
zwei oder drei Wellenlaͤngen und ſo weiter, und dieſes Voreilen
betraͤgt bei ſo geringer Neigung der Strahlen wenig, da in dieſem
Falle beide Strahlen, der gewoͤhnlich gebrochene und der unge-
woͤhnlich gebrochene, beinahe gleiche Geſchwindigkeit haben. Bei
groͤßerer Verſchiedenheit der Geſchwindigkeiten, das iſt bei einer
viele Wellenlaͤngen betragenden Differenz, kommen hier ſo wenig,
wie bei Newton's Farbenringen, Farben-Erſcheinungen vor.

Eben dieſe Farbenringe kann man auch mit Huͤlfe zweier
Turmalinplatten darſtellen. Da die erſte derſelben, wenn ſie dick
genug iſt, das Licht in einer auf die Richtung der Axe ſenkrechten
Richtung polariſirt, ſo laͤßt die zweite, wie Sie ſchon wiſſen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0366" n="352"/>
ihre Stellung nicht                         a&#x0364;ndern, &#x017F;ondern der er&#x017F;ten                         Reflexions-Ebne<lb/>
parallel bleiben; eben das i&#x017F;t der Fall bei                         den ein wenig &#x017F;chief ge-<lb/>
neigten Strahlen, die eine auf dem                         Doppel&#x017F;pathe &#x017F;enkrecht gegen<lb/>
die er&#x017F;te                         Reflexions-Ebne gezogene Linie treffen; daher er&#x017F;cheint                         ein<lb/>
&#x017F;chwarzes Kreuz, de&#x017F;&#x017F;en Lage durch                         die auf dem Doppel&#x017F;pathe in der<lb/>
Reflexions-Ebne und                         &#x017F;enkrecht gegen &#x017F;ie gezogene Linie be&#x017F;timmt                         wird.<lb/>
Alle von die&#x017F;en beiden Ebnen abweichenden Strahlen                         vera&#x0364;ndern die<lb/>
Richtung ihrer Polari&#x017F;ation, und da                         hier a&#x0364;hnliche Um&#x017F;ta&#x0364;nde wie bei<lb/>
den                         du&#x0364;nnen Gypsbla&#x0364;ttchen eintreten, &#x017F;o werden                         nur gewi&#x017F;&#x017F;e Farben-<lb/>
&#x017F;trahlen                         depolari&#x017F;irt. Man mag na&#x0364;mlich hier entweder nach <hi rendition="#g">Biot</hi>'s<lb/>
An&#x017F;icht den                         polari&#x017F;irenden Kra&#x0364;ften, die bei &#x017F;o                         geringer Neigung<lb/>
des Strahles gegen die Axe des Doppel&#x017F;paths                         &#x017F;ehr &#x017F;chwach wirken,<lb/>
nur die Wirkung, eine                         bewegliche Polari&#x017F;ation oder eine O&#x017F;cillation<lb/>
der                         Lichttheilchen hervorzubringen, zu&#x017F;chreiben, oder nach <hi rendition="#g">Arago</hi>'s<lb/>
und <hi rendition="#g">Fresnel</hi>'s                         An&#x017F;icht die ungleichen Wellenfolgen des in                         der<lb/>
Doppel&#x017F;pathplatte gewo&#x0364;hnlich und                         ungewo&#x0364;hnlich gebrochenen Strah-<lb/>
les                         beru&#x0364;ck&#x017F;ichtigen, &#x017F;o la&#x0364;ßt                         &#x017F;ich nachwei&#x017F;en, daß in einer                         gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Entfernung von der Mitte                         be&#x017F;timmte Farben und zwar genau in<lb/>
der Ordnung, wie bei <hi rendition="#g">Newton</hi>'s Farbenringen,                         hervortreten<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; ja man kann                         &#x017F;ich leicht u&#x0364;berzeugen, daß                         &#x017F;elb&#x017F;t die Gro&#x0364;ße<lb/>
der Ringe, die von                         der Dicke jener Platte abha&#x0364;ngt, &#x017F;ich nach                         beiden<lb/>
An&#x017F;ichten berechnen la&#x0364;ßt. Bei <hi rendition="#g">Biot</hi> be&#x017F;timmt man die Wieder-<lb/>
kehr                         eben der Farbe im zweiten, dritten, Ringe nach der fu&#x0364;r                         die<lb/>
Perioden der O&#x017F;cillationen angenommenen Gro&#x0364;ße                         der Zwi&#x017F;chenra&#x0364;u-<lb/>
me; bei <hi rendition="#g">Fresnel</hi> berechnet man &#x017F;ie nach dem Voreilen                         der<lb/>
Wellenfolge des einen Strahles vor der des andern, um eine                         oder<lb/>
zwei oder drei Wellenla&#x0364;ngen und &#x017F;o weiter,                         und die&#x017F;es Voreilen<lb/>
betra&#x0364;gt bei &#x017F;o                         geringer Neigung der Strahlen wenig, da in die&#x017F;em<lb/>
Falle beide                         Strahlen, der gewo&#x0364;hnlich gebrochene und der                         unge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich gebrochene, beinahe gleiche                         Ge&#x017F;chwindigkeit haben. Bei<lb/>
gro&#x0364;ßerer                         Ver&#x017F;chiedenheit der Ge&#x017F;chwindigkeiten, das                         i&#x017F;t bei einer<lb/>
viele Wellenla&#x0364;ngen betragenden                         Differenz, kommen hier &#x017F;o wenig,<lb/>
wie bei <hi rendition="#g">Newton</hi>'s Farbenringen, Farben-Er&#x017F;cheinungen vor.</p><lb/>
          <p>Eben die&#x017F;e Farbenringe kann man auch mit Hu&#x0364;lfe                         zweier<lb/>
Turmalinplatten dar&#x017F;tellen. Da die er&#x017F;te                         der&#x017F;elben, wenn &#x017F;ie dick<lb/>
genug i&#x017F;t, das                         Licht in einer auf die Richtung der Axe &#x017F;enkrechten<lb/>
Richtung                         polari&#x017F;irt, &#x017F;o la&#x0364;ßt die zweite, wie Sie                         &#x017F;chon wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0366] ihre Stellung nicht aͤndern, ſondern der erſten Reflexions-Ebne parallel bleiben; eben das iſt der Fall bei den ein wenig ſchief ge- neigten Strahlen, die eine auf dem Doppelſpathe ſenkrecht gegen die erſte Reflexions-Ebne gezogene Linie treffen; daher erſcheint ein ſchwarzes Kreuz, deſſen Lage durch die auf dem Doppelſpathe in der Reflexions-Ebne und ſenkrecht gegen ſie gezogene Linie beſtimmt wird. Alle von dieſen beiden Ebnen abweichenden Strahlen veraͤndern die Richtung ihrer Polariſation, und da hier aͤhnliche Umſtaͤnde wie bei den duͤnnen Gypsblaͤttchen eintreten, ſo werden nur gewiſſe Farben- ſtrahlen depolariſirt. Man mag naͤmlich hier entweder nach Biot's Anſicht den polariſirenden Kraͤften, die bei ſo geringer Neigung des Strahles gegen die Axe des Doppelſpaths ſehr ſchwach wirken, nur die Wirkung, eine bewegliche Polariſation oder eine Oſcillation der Lichttheilchen hervorzubringen, zuſchreiben, oder nach Arago's und Fresnel's Anſicht die ungleichen Wellenfolgen des in der Doppelſpathplatte gewoͤhnlich und ungewoͤhnlich gebrochenen Strah- les beruͤckſichtigen, ſo laͤßt ſich nachweiſen, daß in einer gewiſſen Entfernung von der Mitte beſtimmte Farben und zwar genau in der Ordnung, wie bei Newton's Farbenringen, hervortreten muͤſſen; ja man kann ſich leicht uͤberzeugen, daß ſelbſt die Groͤße der Ringe, die von der Dicke jener Platte abhaͤngt, ſich nach beiden Anſichten berechnen laͤßt. Bei Biot beſtimmt man die Wieder- kehr eben der Farbe im zweiten, dritten, Ringe nach der fuͤr die Perioden der Oſcillationen angenommenen Groͤße der Zwiſchenraͤu- me; bei Fresnel berechnet man ſie nach dem Voreilen der Wellenfolge des einen Strahles vor der des andern, um eine oder zwei oder drei Wellenlaͤngen und ſo weiter, und dieſes Voreilen betraͤgt bei ſo geringer Neigung der Strahlen wenig, da in dieſem Falle beide Strahlen, der gewoͤhnlich gebrochene und der unge- woͤhnlich gebrochene, beinahe gleiche Geſchwindigkeit haben. Bei groͤßerer Verſchiedenheit der Geſchwindigkeiten, das iſt bei einer viele Wellenlaͤngen betragenden Differenz, kommen hier ſo wenig, wie bei Newton's Farbenringen, Farben-Erſcheinungen vor. Eben dieſe Farbenringe kann man auch mit Huͤlfe zweier Turmalinplatten darſtellen. Da die erſte derſelben, wenn ſie dick genug iſt, das Licht in einer auf die Richtung der Axe ſenkrechten Richtung polariſirt, ſo laͤßt die zweite, wie Sie ſchon wiſſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/366
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/366>, abgerufen am 24.11.2024.