Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ausgeschieden wird. Wir haben von dieser Zersetzung des Wassers
schon bei einer andern Gelegenheit Gebrauch gemacht, nämlich bei
dem Füllen der Luftballons mit einer leichten Luft-Art. Diese
Luft-Art ist nämlich das Hydrogengas oder Wasserstoffgas, und
man erhält sie, indem man ein Metall, Eisenfeile zum Beispiel,
in verdünnte Schwefelsäure thut; hier wird das Wasser in seine
zwei Bestandtheile, Oxygen oder Sauerstoff und Hydrogen oder
Wasserstoff, zerlegt; der erstere mit dem Metalle verbunden geht
in eine Verbindung mit der Schwefelsäure ein, der zweite Bestand-
theil des Wassers (mit Wärmestoff verbunden,) giebt eben jene
sehr leichte Luft-Art.

Reagentien. Auflösungen und Niederschläge.

Aus diesen Beispielen erhellt schon, daß es Grade der Ver-
wandtschaft giebt, indem ein Körper zwar eine Verbindung mit
einem zweiten eingeht, also eine Verwandtschaft zu ihm zeigt, aber
diese Verbindung verläßt, wenn sich ihm ein ihm näher verwandter
dritter darbietet, und auch von diesem sich wieder trennt, wenn ein
ihm noch näher verwandter vierter ihm Gelegenheit zu einer neuen
Verbindung gestattet. Auf dieser Kenntniß der Wahlverwandtschaf-
ten und der Grade dieser Verwandtschaften beruht ein großer Theil
der Kunst der analytischen Chemie. Man hat nämlich für sehr
viele Körper so nahe verwandte Körper kennen gelernt, daß man
hoffen darf, durch Hülfe dieser die Gegenwart jener kennen zu
lernen. Von solchen Körpern, die man anwendet, um die Gegen-
wart eines bestimmten Körpers auszufinden, sagt man, sie reagi-
ren auf diesen, und deshalb heißen sie Reagentien. Eine der
bekanntesten Substanzen, die als die Gegenwart des Eisens nach-
weisend dient, ist die Galläpfeltinctur; die Gallussäure ist so nahe
mit dem Eisen verwandt, daß sie aus den meisten Auflösungen das
Eisen trennt, und da das mit dieser Gallussäure verbundene Eisen
eine sehr leicht kenntlich werdende, bläulich schwarze Färbung her-
vorbringt, so erkennt man die Gegenwart des Eisens in einer Auf-
lösung durch das Hinzuthun dieser Säure, und durch den sich
alsdann zeigenden Niederschlag. Ebenso hat man andere Reagen-
tien, die die Gegenwart anderer Stoffe kenntlich machen. Diese
Prüfungsmittel können jedoch dann keine Entscheidung geben, wenn

C 2

ausgeſchieden wird. Wir haben von dieſer Zerſetzung des Waſſers
ſchon bei einer andern Gelegenheit Gebrauch gemacht, naͤmlich bei
dem Fuͤllen der Luftballons mit einer leichten Luft-Art. Dieſe
Luft-Art iſt naͤmlich das Hydrogengas oder Waſſerſtoffgas, und
man erhaͤlt ſie, indem man ein Metall, Eiſenfeile zum Beiſpiel,
in verduͤnnte Schwefelſaͤure thut; hier wird das Waſſer in ſeine
zwei Beſtandtheile, Oxygen oder Sauerſtoff und Hydrogen oder
Waſſerſtoff, zerlegt; der erſtere mit dem Metalle verbunden geht
in eine Verbindung mit der Schwefelſaͤure ein, der zweite Beſtand-
theil des Waſſers (mit Waͤrmeſtoff verbunden,) giebt eben jene
ſehr leichte Luft-Art.

Reagentien. Aufloͤſungen und Niederſchlaͤge.

Aus dieſen Beiſpielen erhellt ſchon, daß es Grade der Ver-
wandtſchaft giebt, indem ein Koͤrper zwar eine Verbindung mit
einem zweiten eingeht, alſo eine Verwandtſchaft zu ihm zeigt, aber
dieſe Verbindung verlaͤßt, wenn ſich ihm ein ihm naͤher verwandter
dritter darbietet, und auch von dieſem ſich wieder trennt, wenn ein
ihm noch naͤher verwandter vierter ihm Gelegenheit zu einer neuen
Verbindung geſtattet. Auf dieſer Kenntniß der Wahlverwandtſchaf-
ten und der Grade dieſer Verwandtſchaften beruht ein großer Theil
der Kunſt der analytiſchen Chemie. Man hat naͤmlich fuͤr ſehr
viele Koͤrper ſo nahe verwandte Koͤrper kennen gelernt, daß man
hoffen darf, durch Huͤlfe dieſer die Gegenwart jener kennen zu
lernen. Von ſolchen Koͤrpern, die man anwendet, um die Gegen-
wart eines beſtimmten Koͤrpers auszufinden, ſagt man, ſie reagi-
ren auf dieſen, und deshalb heißen ſie Reagentien. Eine der
bekannteſten Subſtanzen, die als die Gegenwart des Eiſens nach-
weiſend dient, iſt die Gallaͤpfeltinctur; die Gallusſaͤure iſt ſo nahe
mit dem Eiſen verwandt, daß ſie aus den meiſten Aufloͤſungen das
Eiſen trennt, und da das mit dieſer Gallusſaͤure verbundene Eiſen
eine ſehr leicht kenntlich werdende, blaͤulich ſchwarze Faͤrbung her-
vorbringt, ſo erkennt man die Gegenwart des Eiſens in einer Auf-
loͤſung durch das Hinzuthun dieſer Saͤure, und durch den ſich
alsdann zeigenden Niederſchlag. Ebenſo hat man andere Reagen-
tien, die die Gegenwart anderer Stoffe kenntlich machen. Dieſe
Pruͤfungsmittel koͤnnen jedoch dann keine Entſcheidung geben, wenn

C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0049" n="35"/>
ausge&#x017F;chieden wird. Wir haben von                         die&#x017F;er Zer&#x017F;etzung des                         Wa&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
&#x017F;chon bei einer andern                         Gelegenheit Gebrauch gemacht, na&#x0364;mlich bei<lb/>
dem                         Fu&#x0364;llen der Luftballons mit einer leichten Luft-Art.                         Die&#x017F;e<lb/>
Luft-Art i&#x017F;t na&#x0364;mlich das                         Hydrogengas oder Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffgas,                         und<lb/>
man erha&#x0364;lt &#x017F;ie, indem man ein Metall,                         Ei&#x017F;enfeile zum Bei&#x017F;piel,<lb/>
in verdu&#x0364;nnte                         Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure thut; hier wird das                         Wa&#x017F;&#x017F;er in &#x017F;eine<lb/>
zwei                         Be&#x017F;tandtheile, Oxygen oder Sauer&#x017F;toff und Hydrogen                         oder<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff, zerlegt; der                         er&#x017F;tere mit dem Metalle verbunden geht<lb/>
in eine Verbindung mit                         der Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure ein, der zweite                         Be&#x017F;tand-<lb/>
theil des Wa&#x017F;&#x017F;ers (mit                         Wa&#x0364;rme&#x017F;toff verbunden,) giebt eben                         jene<lb/>
&#x017F;ehr leichte Luft-Art.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Reagentien</hi>. <hi rendition="#g">Auflo&#x0364;&#x017F;ungen und                             Nieder&#x017F;chla&#x0364;ge</hi>.</head><lb/>
          <p>Aus die&#x017F;en Bei&#x017F;pielen erhellt &#x017F;chon, daß es                         Grade der Ver-<lb/>
wandt&#x017F;chaft giebt, indem ein                         Ko&#x0364;rper zwar eine Verbindung mit<lb/>
einem zweiten eingeht,                         al&#x017F;o eine Verwandt&#x017F;chaft zu ihm zeigt,                         aber<lb/>
die&#x017F;e Verbindung verla&#x0364;ßt, wenn                         &#x017F;ich ihm ein ihm na&#x0364;her verwandter<lb/>
dritter                         darbietet, und auch von die&#x017F;em &#x017F;ich wieder trennt,                         wenn ein<lb/>
ihm noch na&#x0364;her verwandter vierter ihm Gelegenheit                         zu einer neuen<lb/>
Verbindung ge&#x017F;tattet. Auf die&#x017F;er                         Kenntniß der Wahlverwandt&#x017F;chaf-<lb/>
ten und der Grade                         die&#x017F;er Verwandt&#x017F;chaften beruht ein großer                         Theil<lb/>
der Kun&#x017F;t der analyti&#x017F;chen Chemie. Man hat                         na&#x0364;mlich fu&#x0364;r &#x017F;ehr<lb/>
viele                         Ko&#x0364;rper &#x017F;o nahe verwandte Ko&#x0364;rper kennen                         gelernt, daß man<lb/>
hoffen darf, durch Hu&#x0364;lfe die&#x017F;er                         die Gegenwart jener kennen zu<lb/>
lernen. Von &#x017F;olchen                         Ko&#x0364;rpern, die man anwendet, um die Gegen-<lb/>
wart eines                         be&#x017F;timmten Ko&#x0364;rpers auszufinden, &#x017F;agt man,                         &#x017F;ie <hi rendition="#g">reagi</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ren</hi> auf die&#x017F;en, und deshalb heißen &#x017F;ie <hi rendition="#g">Reagentien</hi>. Eine der<lb/>
bekannte&#x017F;ten                         Sub&#x017F;tanzen, die als die Gegenwart des Ei&#x017F;ens                         nach-<lb/>
wei&#x017F;end dient, i&#x017F;t die                         Galla&#x0364;pfeltinctur; die Gallus&#x017F;a&#x0364;ure                         i&#x017F;t &#x017F;o nahe<lb/>
mit dem Ei&#x017F;en verwandt, daß                         &#x017F;ie aus den mei&#x017F;ten Auflo&#x0364;&#x017F;ungen                         das<lb/>
Ei&#x017F;en trennt, und da das mit die&#x017F;er                         Gallus&#x017F;a&#x0364;ure verbundene Ei&#x017F;en<lb/>
eine                         &#x017F;ehr leicht kenntlich werdende, bla&#x0364;ulich                         &#x017F;chwarze Fa&#x0364;rbung her-<lb/>
vorbringt, &#x017F;o                         erkennt man die Gegenwart des Ei&#x017F;ens in einer                         Auf-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;ung durch das Hinzuthun die&#x017F;er                         Sa&#x0364;ure, und durch den &#x017F;ich<lb/>
alsdann zeigenden                         Nieder&#x017F;chlag. Eben&#x017F;o hat man andere Reagen-<lb/>
tien,                         die die Gegenwart anderer Stoffe kenntlich machen.                         Die&#x017F;e<lb/>
Pru&#x0364;fungsmittel ko&#x0364;nnen jedoch                         dann keine Ent&#x017F;cheidung geben, wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0049] ausgeſchieden wird. Wir haben von dieſer Zerſetzung des Waſſers ſchon bei einer andern Gelegenheit Gebrauch gemacht, naͤmlich bei dem Fuͤllen der Luftballons mit einer leichten Luft-Art. Dieſe Luft-Art iſt naͤmlich das Hydrogengas oder Waſſerſtoffgas, und man erhaͤlt ſie, indem man ein Metall, Eiſenfeile zum Beiſpiel, in verduͤnnte Schwefelſaͤure thut; hier wird das Waſſer in ſeine zwei Beſtandtheile, Oxygen oder Sauerſtoff und Hydrogen oder Waſſerſtoff, zerlegt; der erſtere mit dem Metalle verbunden geht in eine Verbindung mit der Schwefelſaͤure ein, der zweite Beſtand- theil des Waſſers (mit Waͤrmeſtoff verbunden,) giebt eben jene ſehr leichte Luft-Art. Reagentien. Aufloͤſungen und Niederſchlaͤge. Aus dieſen Beiſpielen erhellt ſchon, daß es Grade der Ver- wandtſchaft giebt, indem ein Koͤrper zwar eine Verbindung mit einem zweiten eingeht, alſo eine Verwandtſchaft zu ihm zeigt, aber dieſe Verbindung verlaͤßt, wenn ſich ihm ein ihm naͤher verwandter dritter darbietet, und auch von dieſem ſich wieder trennt, wenn ein ihm noch naͤher verwandter vierter ihm Gelegenheit zu einer neuen Verbindung geſtattet. Auf dieſer Kenntniß der Wahlverwandtſchaf- ten und der Grade dieſer Verwandtſchaften beruht ein großer Theil der Kunſt der analytiſchen Chemie. Man hat naͤmlich fuͤr ſehr viele Koͤrper ſo nahe verwandte Koͤrper kennen gelernt, daß man hoffen darf, durch Huͤlfe dieſer die Gegenwart jener kennen zu lernen. Von ſolchen Koͤrpern, die man anwendet, um die Gegen- wart eines beſtimmten Koͤrpers auszufinden, ſagt man, ſie reagi- ren auf dieſen, und deshalb heißen ſie Reagentien. Eine der bekannteſten Subſtanzen, die als die Gegenwart des Eiſens nach- weiſend dient, iſt die Gallaͤpfeltinctur; die Gallusſaͤure iſt ſo nahe mit dem Eiſen verwandt, daß ſie aus den meiſten Aufloͤſungen das Eiſen trennt, und da das mit dieſer Gallusſaͤure verbundene Eiſen eine ſehr leicht kenntlich werdende, blaͤulich ſchwarze Faͤrbung her- vorbringt, ſo erkennt man die Gegenwart des Eiſens in einer Auf- loͤſung durch das Hinzuthun dieſer Saͤure, und durch den ſich alsdann zeigenden Niederſchlag. Ebenſo hat man andere Reagen- tien, die die Gegenwart anderer Stoffe kenntlich machen. Dieſe Pruͤfungsmittel koͤnnen jedoch dann keine Entſcheidung geben, wenn C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/49
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/49>, abgerufen am 21.11.2024.