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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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nur wenige und kleine Schneeflöckchen fallen, hat der Schnee bis
ganz reine Gestalt sechsspitziger Sterne oder sechseckiger Blättchen;
bei andern Schneecrystallen haben sich Nadeln unter dem Winkel
von 60° zusammengefügt, oder es haben sich Verbindungen von
regelmäßigen Sechs-Ecken gebildet, und so entstehen die in Fig 18.
dargestellten und noch viel mannigfaltigere Formen der Schnee-
crystalle. Bei recht kalter und mit wenig Dünsten beladener Luft
sieht man wohl einzelne Eisnadeln, noch nicht zu Sternen verbun-
den, ohne Zweifel aber von dreieckig prismatischer oder von rhom-
boidischer Form herabfallen. Wenn sich die Schneecrystalle zahl-
reicher bilden, so hängen sie sich an einander und bringen die eigent-
lichen Schneeflocken hervor, die sich am unregelmäßigsten an ein-
ander gehängt bei gelindem Froste zeigen, aber immer aus jenen
regelmäßig gebildeten kleinen Crystallen hervorgehen.

Ausdehnung des Wassers beim Gefrieren.

Das Eis ist specifisch leichter als Wasser ungefähr in dem
Verhältnisse 9 zu 10; es findet also beim Gefrieren eine Ausdeh-
nung, eine Zunahme des Volumens, statt. Diese ist so gewaltsam,
daß sie die Gefäße, worin das Wasser eingeschlossen ist, zersprengt,
und wo das Wasser oben eine freie Oberfläche hat, dieser eine ge-
wölbte Gestalt giebt. Die Gewalt, mit welcher sich hier das Eis
ausdehnt, ist sehr groß, so daß eine hohle Eisenkugel von 151/2 Zoll
innerm Durchmesser und 23/4 Zoll dicken Wänden vom Eise zer-
sprengt wurde, also eine Kraft, die man auf Millionen Pfunde
schätzen kann, ausgeübt wurde *). Man hat ähnliche Versuche
öfter angestellt und immer gleich auffallende Kräfte gefunden, dabei
aber auch bemerkt, daß das Wasser erst, indem es sich mehr Raum

*) Um ungefähr die Größe der entstandenen Bruchfläche zu bestim-
men, dient die Angabe, daß ein Stück von 150 Pfund fortgeschleudert
wurde. 150 Pfund Eisen sind ungefähr 470 Cubiczoll, also 170 Qua-
dratzoll der Kugel-Oberfläche; die ganze Kugel-Oberfläche betrug un-
gefähr 1000 Quadratzoll; rechne ich den Umfang jenes Stückes zu 45
Zoll, die Bruchfläche auf reichlich 100. Quadratzoll, so kann man die
erforderliche Kraft wohl auf 2600000 Pfund rechnen, wie Runcke sie
bestimmt. Gehlers Wörterb. III. 115.

nur wenige und kleine Schneefloͤckchen fallen, hat der Schnee bis
ganz reine Geſtalt ſechsſpitziger Sterne oder ſechseckiger Blaͤttchen;
bei andern Schneecryſtallen haben ſich Nadeln unter dem Winkel
von 60° zuſammengefuͤgt, oder es haben ſich Verbindungen von
regelmaͤßigen Sechs-Ecken gebildet, und ſo entſtehen die in Fig 18.
dargeſtellten und noch viel mannigfaltigere Formen der Schnee-
cryſtalle. Bei recht kalter und mit wenig Duͤnſten beladener Luft
ſieht man wohl einzelne Eisnadeln, noch nicht zu Sternen verbun-
den, ohne Zweifel aber von dreieckig prismatiſcher oder von rhom-
boidiſcher Form herabfallen. Wenn ſich die Schneecryſtalle zahl-
reicher bilden, ſo haͤngen ſie ſich an einander und bringen die eigent-
lichen Schneeflocken hervor, die ſich am unregelmaͤßigſten an ein-
ander gehaͤngt bei gelindem Froſte zeigen, aber immer aus jenen
regelmaͤßig gebildeten kleinen Cryſtallen hervorgehen.

Ausdehnung des Waſſers beim Gefrieren.

Das Eis iſt ſpecifiſch leichter als Waſſer ungefaͤhr in dem
Verhaͤltniſſe 9 zu 10; es findet alſo beim Gefrieren eine Ausdeh-
nung, eine Zunahme des Volumens, ſtatt. Dieſe iſt ſo gewaltſam,
daß ſie die Gefaͤße, worin das Waſſer eingeſchloſſen iſt, zerſprengt,
und wo das Waſſer oben eine freie Oberflaͤche hat, dieſer eine ge-
woͤlbte Geſtalt giebt. Die Gewalt, mit welcher ſich hier das Eis
ausdehnt, iſt ſehr groß, ſo daß eine hohle Eiſenkugel von 15½ Zoll
innerm Durchmeſſer und 2¾ Zoll dicken Waͤnden vom Eiſe zer-
ſprengt wurde, alſo eine Kraft, die man auf Millionen Pfunde
ſchaͤtzen kann, ausgeuͤbt wurde *). Man hat aͤhnliche Verſuche
oͤfter angeſtellt und immer gleich auffallende Kraͤfte gefunden, dabei
aber auch bemerkt, daß das Waſſer erſt, indem es ſich mehr Raum

*) Um ungefaͤhr die Groͤße der entſtandenen Bruchflaͤche zu beſtim-
men, dient die Angabe, daß ein Stuͤck von 150 Pfund fortgeſchleudert
wurde. 150 Pfund Eiſen ſind ungefaͤhr 470 Cubiczoll, alſo 170 Qua-
dratzoll der Kugel-Oberflaͤche; die ganze Kugel-Oberflaͤche betrug un-
gefaͤhr 1000 Quadratzoll; rechne ich den Umfang jenes Stuͤckes zu 45
Zoll, die Bruchflaͤche auf reichlich 100. Quadratzoll, ſo kann man die
erforderliche Kraft wohl auf 2600000 Pfund rechnen, wie Runcke ſie
beſtimmt. Gehlers Woͤrterb. III. 115.
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[89/0103] nur wenige und kleine Schneefloͤckchen fallen, hat der Schnee bis ganz reine Geſtalt ſechsſpitziger Sterne oder ſechseckiger Blaͤttchen; bei andern Schneecryſtallen haben ſich Nadeln unter dem Winkel von 60° zuſammengefuͤgt, oder es haben ſich Verbindungen von regelmaͤßigen Sechs-Ecken gebildet, und ſo entſtehen die in Fig 18. dargeſtellten und noch viel mannigfaltigere Formen der Schnee- cryſtalle. Bei recht kalter und mit wenig Duͤnſten beladener Luft ſieht man wohl einzelne Eisnadeln, noch nicht zu Sternen verbun- den, ohne Zweifel aber von dreieckig prismatiſcher oder von rhom- boidiſcher Form herabfallen. Wenn ſich die Schneecryſtalle zahl- reicher bilden, ſo haͤngen ſie ſich an einander und bringen die eigent- lichen Schneeflocken hervor, die ſich am unregelmaͤßigſten an ein- ander gehaͤngt bei gelindem Froſte zeigen, aber immer aus jenen regelmaͤßig gebildeten kleinen Cryſtallen hervorgehen. Ausdehnung des Waſſers beim Gefrieren. Das Eis iſt ſpecifiſch leichter als Waſſer ungefaͤhr in dem Verhaͤltniſſe 9 zu 10; es findet alſo beim Gefrieren eine Ausdeh- nung, eine Zunahme des Volumens, ſtatt. Dieſe iſt ſo gewaltſam, daß ſie die Gefaͤße, worin das Waſſer eingeſchloſſen iſt, zerſprengt, und wo das Waſſer oben eine freie Oberflaͤche hat, dieſer eine ge- woͤlbte Geſtalt giebt. Die Gewalt, mit welcher ſich hier das Eis ausdehnt, iſt ſehr groß, ſo daß eine hohle Eiſenkugel von 15½ Zoll innerm Durchmeſſer und 2¾ Zoll dicken Waͤnden vom Eiſe zer- ſprengt wurde, alſo eine Kraft, die man auf Millionen Pfunde ſchaͤtzen kann, ausgeuͤbt wurde *). Man hat aͤhnliche Verſuche oͤfter angeſtellt und immer gleich auffallende Kraͤfte gefunden, dabei aber auch bemerkt, daß das Waſſer erſt, indem es ſich mehr Raum *) Um ungefaͤhr die Groͤße der entſtandenen Bruchflaͤche zu beſtim- men, dient die Angabe, daß ein Stuͤck von 150 Pfund fortgeſchleudert wurde. 150 Pfund Eiſen ſind ungefaͤhr 470 Cubiczoll, alſo 170 Qua- dratzoll der Kugel-Oberflaͤche; die ganze Kugel-Oberflaͤche betrug un- gefaͤhr 1000 Quadratzoll; rechne ich den Umfang jenes Stuͤckes zu 45 Zoll, die Bruchflaͤche auf reichlich 100. Quadratzoll, ſo kann man die erforderliche Kraft wohl auf 2600000 Pfund rechnen, wie Runcke ſie beſtimmt. Gehlers Woͤrterb. III. 115.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/103>, abgerufen am 23.11.2024.