Abmessung des Wärmestoffs gestatteten, unserer Betrachtung dar- bieten. Diesen Erscheinungen folgend sehen wir es so an, als ob ein eigenthümlicher Wärmestoff, eine Materie von großer Feinheit und Elasticität, als Ursache der Wärme und Hitze, wo sie im Uebermaaß vorhanden ist, als Ursache der Kälte, wo sie in gerin- ger Menge vorhanden ist oder wo ein relativer Mangel statt findet, den Erscheinungen der Wärme und Kälte zum Grunde läge, und nur in einzelnen Fällen werden wir Gelegenheit haben, diese Hy- pothese als nicht ganz genügend tadeln oder unsre Unsicherheit in Beziehung auf die Erklärung der Phänomene nach derselben geste- hen zu müssen.
Temperatur. Ungleiche Ausdehnung der Körper bei ungleichen Temperaturen.
Unsre Empfindung lehrt uns zuerst Ungleichheit der Tempe- ratur kennen, indem ein Körper sich fühlbar wärmer, der andre kälter zeigt. Wir bemerken eine Ausgleichung dieser Ungleichheit der Temperatur bei der gegenseitigen Berührung der Körper, so daß der wärmere dem kälteren Wärme abzugeben scheint; die in beiden Körpern uns merklich werdende Wärme setzt sich, wie wir uns ausdrücken, ins Gleichgewicht, und die Körper nehmen dadurch eine gleiche Temperatur an. Diese Gleichheit und Ungleichheit der fühlbaren Wärme ist die erste Erscheinung, die wir deutlich wahrnehmen, aber ohne in unserm Gefühle Mittel zur genaueren Abmessung der Ungleichheit zu finden.
Ein solches Mittel bietet sich uns dagegen in der Ausdehnung der Körper durch die Wärme dar, von welcher man sich leicht durch folgende Erfahrung überzeugen kann. Man nimmt eine Messing- kugel und bringt in einer Messingplatte ein Loch an, das grade groß genug ist, um die Kugel durchzulassen; dann findet sich, daß diese Kugel erhitzt nicht mehr durch die Oeffnung fällt, sondern von den Rändern der Platte so lange am Hindurchfallen gehindert wird, bis Kugel und Platte wieder gleiche Temperatur erlangt haben. Kennt man aber einmal diese Eigenschaft der Körper, so findet man sie in zahlreichen Fällen wieder, indem man z. B. bemerkt, daß ein Glasstöpsel sich leicht in die Oeffnung der Glasflasche hineinbringen läßt, wenn die letztere warm, jener dagegen kalt ist, und daß es
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Abmeſſung des Waͤrmeſtoffs geſtatteten, unſerer Betrachtung dar- bieten. Dieſen Erſcheinungen folgend ſehen wir es ſo an, als ob ein eigenthuͤmlicher Waͤrmeſtoff, eine Materie von großer Feinheit und Elaſticitaͤt, als Urſache der Waͤrme und Hitze, wo ſie im Uebermaaß vorhanden iſt, als Urſache der Kaͤlte, wo ſie in gerin- ger Menge vorhanden iſt oder wo ein relativer Mangel ſtatt findet, den Erſcheinungen der Waͤrme und Kaͤlte zum Grunde laͤge, und nur in einzelnen Faͤllen werden wir Gelegenheit haben, dieſe Hy- potheſe als nicht ganz genuͤgend tadeln oder unſre Unſicherheit in Beziehung auf die Erklaͤrung der Phaͤnomene nach derſelben geſte- hen zu muͤſſen.
Temperatur. Ungleiche Ausdehnung der Koͤrper bei ungleichen Temperaturen.
Unſre Empfindung lehrt uns zuerſt Ungleichheit der Tempe- ratur kennen, indem ein Koͤrper ſich fuͤhlbar waͤrmer, der andre kaͤlter zeigt. Wir bemerken eine Ausgleichung dieſer Ungleichheit der Temperatur bei der gegenſeitigen Beruͤhrung der Koͤrper, ſo daß der waͤrmere dem kaͤlteren Waͤrme abzugeben ſcheint; die in beiden Koͤrpern uns merklich werdende Waͤrme ſetzt ſich, wie wir uns ausdruͤcken, ins Gleichgewicht, und die Koͤrper nehmen dadurch eine gleiche Temperatur an. Dieſe Gleichheit und Ungleichheit der fuͤhlbaren Waͤrme iſt die erſte Erſcheinung, die wir deutlich wahrnehmen, aber ohne in unſerm Gefuͤhle Mittel zur genaueren Abmeſſung der Ungleichheit zu finden.
Ein ſolches Mittel bietet ſich uns dagegen in der Ausdehnung der Koͤrper durch die Waͤrme dar, von welcher man ſich leicht durch folgende Erfahrung uͤberzeugen kann. Man nimmt eine Meſſing- kugel und bringt in einer Meſſingplatte ein Loch an, das grade groß genug iſt, um die Kugel durchzulaſſen; dann findet ſich, daß dieſe Kugel erhitzt nicht mehr durch die Oeffnung faͤllt, ſondern von den Raͤndern der Platte ſo lange am Hindurchfallen gehindert wird, bis Kugel und Platte wieder gleiche Temperatur erlangt haben. Kennt man aber einmal dieſe Eigenſchaft der Koͤrper, ſo findet man ſie in zahlreichen Faͤllen wieder, indem man z. B. bemerkt, daß ein Glasſtoͤpſel ſich leicht in die Oeffnung der Glasflaſche hineinbringen laͤßt, wenn die letztere warm, jener dagegen kalt iſt, und daß es
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Abmeſſung des Waͤrmeſtoffs geſtatteten, unſerer Betrachtung dar-
bieten. Dieſen Erſcheinungen folgend ſehen wir es ſo an, als ob
ein eigenthuͤmlicher Waͤrmeſtoff, eine Materie von großer
Feinheit und Elaſticitaͤt, als Urſache der Waͤrme und Hitze, wo ſie
im Uebermaaß vorhanden iſt, als Urſache der Kaͤlte, wo ſie in gerin-
ger Menge vorhanden iſt oder wo ein relativer Mangel ſtatt findet,
den Erſcheinungen der Waͤrme und Kaͤlte zum Grunde laͤge, und
nur in einzelnen Faͤllen werden wir Gelegenheit haben, dieſe Hy-
potheſe als nicht ganz genuͤgend tadeln oder unſre Unſicherheit in
Beziehung auf die Erklaͤrung der Phaͤnomene nach derſelben geſte-
hen zu muͤſſen.
Temperatur. Ungleiche Ausdehnung der Koͤrper bei
ungleichen Temperaturen.
Unſre Empfindung lehrt uns zuerſt Ungleichheit der Tempe-
ratur kennen, indem ein Koͤrper ſich fuͤhlbar waͤrmer, der andre
kaͤlter zeigt. Wir bemerken eine Ausgleichung dieſer Ungleichheit
der Temperatur bei der gegenſeitigen Beruͤhrung der Koͤrper, ſo
daß der waͤrmere dem kaͤlteren Waͤrme abzugeben ſcheint; die in
beiden Koͤrpern uns merklich werdende Waͤrme ſetzt ſich, wie wir
uns ausdruͤcken, ins Gleichgewicht, und die Koͤrper nehmen dadurch
eine gleiche Temperatur an. Dieſe Gleichheit und Ungleichheit
der fuͤhlbaren Waͤrme iſt die erſte Erſcheinung, die wir deutlich
wahrnehmen, aber ohne in unſerm Gefuͤhle Mittel zur genaueren
Abmeſſung der Ungleichheit zu finden.
Ein ſolches Mittel bietet ſich uns dagegen in der Ausdehnung
der Koͤrper durch die Waͤrme dar, von welcher man ſich leicht durch
folgende Erfahrung uͤberzeugen kann. Man nimmt eine Meſſing-
kugel und bringt in einer Meſſingplatte ein Loch an, das grade
groß genug iſt, um die Kugel durchzulaſſen; dann findet ſich, daß
dieſe Kugel erhitzt nicht mehr durch die Oeffnung faͤllt, ſondern von
den Raͤndern der Platte ſo lange am Hindurchfallen gehindert wird,
bis Kugel und Platte wieder gleiche Temperatur erlangt haben.
Kennt man aber einmal dieſe Eigenſchaft der Koͤrper, ſo findet man
ſie in zahlreichen Faͤllen wieder, indem man z. B. bemerkt, daß ein
Glasſtoͤpſel ſich leicht in die Oeffnung der Glasflaſche hineinbringen
laͤßt, wenn die letztere warm, jener dagegen kalt iſt, und daß es
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/17>, abgerufen am 23.11.2024.
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