Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

ihres Schmelzpunctes ihre Ausdehnung durch die Wärme unter
suchen könnten. Im Allgemeinen scheint bei gleichen Wärme-
Unterschieden die Ausdehnung beträchtlicher zu werden für höhere
Wärmegrade.

Diejenigen festen Körper, welche, ganz gleich in allen ihren
Theilen, keine crystallische Bildung zeigen, dehnen sich nach allen
Richtungen gleich aus, und die lineare Ausdehnung giebt daher
sogleich auch die körperliche Ausdehnung, die man kennen muß
um zum Beispiel zu wissen, wieviel die durch Wärme vergrößerte
Glaskugel mehr als vorher faßt. Aber Crystalle dehnen sich nicht
immer nach allen Seiten gleich aus, sondern die das Licht doppelt
brechenden zeigen darin eine merkwürdige Verschiedenheit *). Der
Kalkspath namentlich dehnt sich bei Erwärmung nach der Richtung
der Haupt-Axe aus, während sich in allen auf diese Axe senkrechten
Richtungen seine Abmessungen verkleinern.

Ausdehnung elastischer Flüssigkeiten. Luftthermo-
meter
. Differenzthermometer.

Die elastischen Flüssigkeiten sind unter allen Körpern am
meisten der Ausdehnung durch die Wärme unterworfen. Dieses
zeigt schon der sehr bekannte Versuch, wo man eine nur wenig Luft
in den Falten enthaltende Blase erwärmt und sie dann sich aufblä-
hen sieht. Die sehr starke Ausdehnung der Luft bemerkt man am
deutlichsten, wenn man in eine Glasröhre, an deren einem Ende
eine hohle Kugel ist, einen Tropfen irgend einer Flüssigkeit so
bringt, daß dadurch die enge Röhre geschlossen ist; nähert man
dann der Kugel die warme Hand, so reicht die von ihr ausgehende
geringe Wärme zu, um in der Kugel die Luft so auszudehnen, daß
der Tropfen in der Röhre schnell fortgetrieben wird.

Genaue Versuche über die Ausdehnung nicht bloß der atmo-
sphärischen Luft, sondern auch künstlicher Luft-Arten, haben vor-
züglich Dalton und Gay-Lussac angestellt. Sie bedienten
sich dazu theils genau graduirter Röhren, wo nämlich durch Füllung
mit Quecksilber und Abwägung desselben die Abtheilungen der
Röhre in bestimmtem Verhältniß zu dem ganzen Volumen des in-

*) S. 2. Theil. S. 315.

ihres Schmelzpunctes ihre Ausdehnung durch die Waͤrme unter
ſuchen koͤnnten. Im Allgemeinen ſcheint bei gleichen Waͤrme-
Unterſchieden die Ausdehnung betraͤchtlicher zu werden fuͤr hoͤhere
Waͤrmegrade.

Diejenigen feſten Koͤrper, welche, ganz gleich in allen ihren
Theilen, keine cryſtalliſche Bildung zeigen, dehnen ſich nach allen
Richtungen gleich aus, und die lineare Ausdehnung giebt daher
ſogleich auch die koͤrperliche Ausdehnung, die man kennen muß
um zum Beiſpiel zu wiſſen, wieviel die durch Waͤrme vergroͤßerte
Glaskugel mehr als vorher faßt. Aber Cryſtalle dehnen ſich nicht
immer nach allen Seiten gleich aus, ſondern die das Licht doppelt
brechenden zeigen darin eine merkwuͤrdige Verſchiedenheit *). Der
Kalkſpath namentlich dehnt ſich bei Erwaͤrmung nach der Richtung
der Haupt-Axe aus, waͤhrend ſich in allen auf dieſe Axe ſenkrechten
Richtungen ſeine Abmeſſungen verkleinern.

Ausdehnung elaſtiſcher Fluͤſſigkeiten. Luftthermo-
meter
. Differenzthermometer.

Die elaſtiſchen Fluͤſſigkeiten ſind unter allen Koͤrpern am
meiſten der Ausdehnung durch die Waͤrme unterworfen. Dieſes
zeigt ſchon der ſehr bekannte Verſuch, wo man eine nur wenig Luft
in den Falten enthaltende Blaſe erwaͤrmt und ſie dann ſich aufblaͤ-
hen ſieht. Die ſehr ſtarke Ausdehnung der Luft bemerkt man am
deutlichſten, wenn man in eine Glasroͤhre, an deren einem Ende
eine hohle Kugel iſt, einen Tropfen irgend einer Fluͤſſigkeit ſo
bringt, daß dadurch die enge Roͤhre geſchloſſen iſt; naͤhert man
dann der Kugel die warme Hand, ſo reicht die von ihr ausgehende
geringe Waͤrme zu, um in der Kugel die Luft ſo auszudehnen, daß
der Tropfen in der Roͤhre ſchnell fortgetrieben wird.

Genaue Verſuche uͤber die Ausdehnung nicht bloß der atmo-
ſphaͤriſchen Luft, ſondern auch kuͤnſtlicher Luft-Arten, haben vor-
zuͤglich Dalton und Gay-Luſſac angeſtellt. Sie bedienten
ſich dazu theils genau graduirter Roͤhren, wo naͤmlich durch Fuͤllung
mit Queckſilber und Abwaͤgung deſſelben die Abtheilungen der
Roͤhre in beſtimmtem Verhaͤltniß zu dem ganzen Volumen des in-

*) S. 2. Theil. S. 315.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0029" n="15"/>
ihres Schmelzpunctes ihre Ausdehnung durch die Wa&#x0364;rme unter<lb/>
&#x017F;uchen ko&#x0364;nnten. Im Allgemeinen &#x017F;cheint bei gleichen Wa&#x0364;rme-<lb/>
Unter&#x017F;chieden die Ausdehnung betra&#x0364;chtlicher zu werden fu&#x0364;r ho&#x0364;here<lb/>
Wa&#x0364;rmegrade.</p><lb/>
          <p>Diejenigen fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rper, welche, ganz gleich in allen ihren<lb/>
Theilen, keine cry&#x017F;talli&#x017F;che Bildung zeigen, dehnen &#x017F;ich nach allen<lb/>
Richtungen gleich aus, und die lineare Ausdehnung giebt daher<lb/>
&#x017F;ogleich auch die ko&#x0364;rperliche Ausdehnung, die man kennen muß<lb/>
um zum Bei&#x017F;piel zu wi&#x017F;&#x017F;en, wieviel die durch Wa&#x0364;rme vergro&#x0364;ßerte<lb/>
Glaskugel mehr als vorher faßt. Aber Cry&#x017F;talle dehnen &#x017F;ich nicht<lb/>
immer nach allen Seiten gleich aus, &#x017F;ondern die das Licht doppelt<lb/>
brechenden zeigen darin eine merkwu&#x0364;rdige Ver&#x017F;chiedenheit <note place="foot" n="*)">S. 2. Theil. S. 315.</note>. Der<lb/>
Kalk&#x017F;path namentlich dehnt &#x017F;ich bei Erwa&#x0364;rmung nach der Richtung<lb/>
der Haupt-Axe aus, wa&#x0364;hrend &#x017F;ich in allen auf die&#x017F;e Axe &#x017F;enkrechten<lb/>
Richtungen &#x017F;eine Abme&#x017F;&#x017F;ungen verkleinern.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ausdehnung ela&#x017F;ti&#x017F;cher Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten</hi>. <hi rendition="#g">Luftthermo-<lb/>
meter</hi>. <hi rendition="#g">Differenzthermometer</hi>.</head><lb/>
          <p>Die ela&#x017F;ti&#x017F;chen Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeiten &#x017F;ind unter allen Ko&#x0364;rpern am<lb/>
mei&#x017F;ten der Ausdehnung durch die Wa&#x0364;rme unterworfen. Die&#x017F;es<lb/>
zeigt &#x017F;chon der &#x017F;ehr bekannte Ver&#x017F;uch, wo man eine nur wenig Luft<lb/>
in den Falten enthaltende Bla&#x017F;e erwa&#x0364;rmt und &#x017F;ie dann &#x017F;ich aufbla&#x0364;-<lb/>
hen &#x017F;ieht. Die &#x017F;ehr &#x017F;tarke Ausdehnung der Luft bemerkt man am<lb/>
deutlich&#x017F;ten, wenn man in eine Glasro&#x0364;hre, an deren einem Ende<lb/>
eine hohle Kugel i&#x017F;t, einen Tropfen irgend einer Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit &#x017F;o<lb/>
bringt, daß dadurch die enge Ro&#x0364;hre ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t; na&#x0364;hert man<lb/>
dann der Kugel die warme Hand, &#x017F;o reicht die von ihr ausgehende<lb/>
geringe Wa&#x0364;rme zu, um in der Kugel die Luft &#x017F;o auszudehnen, daß<lb/>
der Tropfen in der Ro&#x0364;hre &#x017F;chnell fortgetrieben wird.</p><lb/>
          <p>Genaue Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber die Ausdehnung nicht bloß der atmo-<lb/>
&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Luft, &#x017F;ondern auch ku&#x0364;n&#x017F;tlicher Luft-Arten, haben vor-<lb/>
zu&#x0364;glich <hi rendition="#g">Dalton</hi> und <hi rendition="#g">Gay-Lu&#x017F;&#x017F;ac</hi> ange&#x017F;tellt. Sie bedienten<lb/>
&#x017F;ich dazu theils genau graduirter Ro&#x0364;hren, wo na&#x0364;mlich durch Fu&#x0364;llung<lb/>
mit Queck&#x017F;ilber und Abwa&#x0364;gung de&#x017F;&#x017F;elben die Abtheilungen der<lb/>
Ro&#x0364;hre in be&#x017F;timmtem Verha&#x0364;ltniß zu dem ganzen Volumen des in-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0029] ihres Schmelzpunctes ihre Ausdehnung durch die Waͤrme unter ſuchen koͤnnten. Im Allgemeinen ſcheint bei gleichen Waͤrme- Unterſchieden die Ausdehnung betraͤchtlicher zu werden fuͤr hoͤhere Waͤrmegrade. Diejenigen feſten Koͤrper, welche, ganz gleich in allen ihren Theilen, keine cryſtalliſche Bildung zeigen, dehnen ſich nach allen Richtungen gleich aus, und die lineare Ausdehnung giebt daher ſogleich auch die koͤrperliche Ausdehnung, die man kennen muß um zum Beiſpiel zu wiſſen, wieviel die durch Waͤrme vergroͤßerte Glaskugel mehr als vorher faßt. Aber Cryſtalle dehnen ſich nicht immer nach allen Seiten gleich aus, ſondern die das Licht doppelt brechenden zeigen darin eine merkwuͤrdige Verſchiedenheit *). Der Kalkſpath namentlich dehnt ſich bei Erwaͤrmung nach der Richtung der Haupt-Axe aus, waͤhrend ſich in allen auf dieſe Axe ſenkrechten Richtungen ſeine Abmeſſungen verkleinern. Ausdehnung elaſtiſcher Fluͤſſigkeiten. Luftthermo- meter. Differenzthermometer. Die elaſtiſchen Fluͤſſigkeiten ſind unter allen Koͤrpern am meiſten der Ausdehnung durch die Waͤrme unterworfen. Dieſes zeigt ſchon der ſehr bekannte Verſuch, wo man eine nur wenig Luft in den Falten enthaltende Blaſe erwaͤrmt und ſie dann ſich aufblaͤ- hen ſieht. Die ſehr ſtarke Ausdehnung der Luft bemerkt man am deutlichſten, wenn man in eine Glasroͤhre, an deren einem Ende eine hohle Kugel iſt, einen Tropfen irgend einer Fluͤſſigkeit ſo bringt, daß dadurch die enge Roͤhre geſchloſſen iſt; naͤhert man dann der Kugel die warme Hand, ſo reicht die von ihr ausgehende geringe Waͤrme zu, um in der Kugel die Luft ſo auszudehnen, daß der Tropfen in der Roͤhre ſchnell fortgetrieben wird. Genaue Verſuche uͤber die Ausdehnung nicht bloß der atmo- ſphaͤriſchen Luft, ſondern auch kuͤnſtlicher Luft-Arten, haben vor- zuͤglich Dalton und Gay-Luſſac angeſtellt. Sie bedienten ſich dazu theils genau graduirter Roͤhren, wo naͤmlich durch Fuͤllung mit Queckſilber und Abwaͤgung deſſelben die Abtheilungen der Roͤhre in beſtimmtem Verhaͤltniß zu dem ganzen Volumen des in- *) S. 2. Theil. S. 315.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/29
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/29>, abgerufen am 21.11.2024.