wandtschaft zweier Stoffe ist, eine desto stärkere electrische Kraft wird auch zur Trennung erfordert, so daß die Kraft der Verwandt- schaft sich dem Grade nach als vergleichbar mit der Kraft der Elec- tricität darstellt. Die einzelnen Stoffe haben aber nicht eine un- bedingte Neigung zum einen oder andern Pole, sondern es giebt Körper, die aus gewissen Verbindungen geschieden zum positiven Pole, in andern Fällen zum negativen Pole hingezogen werden. Der Sauerstoff geht in allen bekannten Fällen zum positiven Pole hin und überläßt alle mit ihm verbundene Körper, sobald die Zer- setzung erfolgt, dem negativen Pole; andre Stoffe dagegen sind nach verschiedenen Graden bald der Hinüberführung nach dem einen, bald der Hinüberführung nach dem andern Pole unterworfen. Die Körper zeigen sich hier also als in ihren kleinsten Theilen electrisch, und zwar so, daß sie in ihren Verbindungen einen ähn- lichen Gegensatz darbieten, wie es die Electromotoren in der Be- rührung thun; man kann daher nicht geradezu den einen Stoff positiv-, den andern negativ-electrisch nennen; sondern die Kör- per bieten eine Reihenfolge dar, in welcher der eine mehr dem negativen Ende, der andre mehr dem positiven Ende nahe steht. Der Schwefel zum Beispiel, welcher sich in der Schwefelsäure als der positive Körper zeigt und zum negativen Pole der Säule hin- geht, während der mit ihm verbundene Sauerstoff zum positiven Pole gezogen wird, muß in der Hydrothionsäure ganz gewiß als negativ erscheinen, weil er hier mit dem Wasserstoff, als einem dem positiven Ende der Reihe der Körper viel näher stehenden Körper verbunden ist; und so wird in allen Fällen der Körper dem positiven Pole zugehen, der als der negative in Vergleichung gegen den andern erscheint. Nach Berzelius nimmt das Ka- lium, die metallische Basis des Kali, unter allen bekannten Kör- pern den äußersten Platz unter den positiven ein, so wie der Sauerstoff bis jetzt unbedingt als der am meisten negative Körper anerkannt ist.
Dieses alles veranlaßt uns, die Bestandtheile der Körper, selbst in ihrer Verbindung mit einander noch als entgegengesetzt electrisch anzusehen, wo es dann begreiflich ist, daß bei einer hin- reichend starken electrischen Einwirkung auf sie, der den Umständen nach negative Bestandtheil dem positiven Pole zu geht, der positive
wandtſchaft zweier Stoffe iſt, eine deſto ſtaͤrkere electriſche Kraft wird auch zur Trennung erfordert, ſo daß die Kraft der Verwandt- ſchaft ſich dem Grade nach als vergleichbar mit der Kraft der Elec- tricitaͤt darſtellt. Die einzelnen Stoffe haben aber nicht eine un- bedingte Neigung zum einen oder andern Pole, ſondern es giebt Koͤrper, die aus gewiſſen Verbindungen geſchieden zum poſitiven Pole, in andern Faͤllen zum negativen Pole hingezogen werden. Der Sauerſtoff geht in allen bekannten Faͤllen zum poſitiven Pole hin und uͤberlaͤßt alle mit ihm verbundene Koͤrper, ſobald die Zer- ſetzung erfolgt, dem negativen Pole; andre Stoffe dagegen ſind nach verſchiedenen Graden bald der Hinuͤberfuͤhrung nach dem einen, bald der Hinuͤberfuͤhrung nach dem andern Pole unterworfen. Die Koͤrper zeigen ſich hier alſo als in ihren kleinſten Theilen electriſch, und zwar ſo, daß ſie in ihren Verbindungen einen aͤhn- lichen Gegenſatz darbieten, wie es die Electromotoren in der Be- ruͤhrung thun; man kann daher nicht geradezu den einen Stoff poſitiv-, den andern negativ-electriſch nennen; ſondern die Koͤr- per bieten eine Reihenfolge dar, in welcher der eine mehr dem negativen Ende, der andre mehr dem poſitiven Ende nahe ſteht. Der Schwefel zum Beiſpiel, welcher ſich in der Schwefelſaͤure als der poſitive Koͤrper zeigt und zum negativen Pole der Saͤule hin- geht, waͤhrend der mit ihm verbundene Sauerſtoff zum poſitiven Pole gezogen wird, muß in der Hydrothionſaͤure ganz gewiß als negativ erſcheinen, weil er hier mit dem Waſſerſtoff, als einem dem poſitiven Ende der Reihe der Koͤrper viel naͤher ſtehenden Koͤrper verbunden iſt; und ſo wird in allen Faͤllen der Koͤrper dem poſitiven Pole zugehen, der als der negative in Vergleichung gegen den andern erſcheint. Nach Berzelius nimmt das Ka- lium, die metalliſche Baſis des Kali, unter allen bekannten Koͤr- pern den aͤußerſten Platz unter den poſitiven ein, ſo wie der Sauerſtoff bis jetzt unbedingt als der am meiſten negative Koͤrper anerkannt iſt.
Dieſes alles veranlaßt uns, die Beſtandtheile der Koͤrper, ſelbſt in ihrer Verbindung mit einander noch als entgegengeſetzt electriſch anzuſehen, wo es dann begreiflich iſt, daß bei einer hin- reichend ſtarken electriſchen Einwirkung auf ſie, der den Umſtaͤnden nach negative Beſtandtheil dem poſitiven Pole zu geht, der poſitive
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0386"n="372"/>
wandtſchaft zweier Stoffe iſt, eine deſto ſtaͤrkere electriſche Kraft<lb/>
wird auch zur Trennung erfordert, ſo daß die Kraft der Verwandt-<lb/>ſchaft ſich dem Grade nach als vergleichbar mit der Kraft der Elec-<lb/>
tricitaͤt darſtellt. Die einzelnen Stoffe haben aber nicht eine un-<lb/>
bedingte Neigung zum einen oder andern Pole, ſondern es giebt<lb/>
Koͤrper, die aus gewiſſen Verbindungen geſchieden zum poſitiven<lb/>
Pole, in andern Faͤllen zum negativen Pole hingezogen werden.<lb/>
Der Sauerſtoff geht in allen bekannten Faͤllen zum poſitiven Pole<lb/>
hin und uͤberlaͤßt alle mit ihm verbundene Koͤrper, ſobald die Zer-<lb/>ſetzung erfolgt, dem negativen Pole; andre Stoffe dagegen ſind<lb/>
nach verſchiedenen Graden bald der Hinuͤberfuͤhrung nach dem<lb/>
einen, bald der Hinuͤberfuͤhrung nach dem andern Pole unterworfen.<lb/>
Die Koͤrper zeigen ſich hier alſo als in ihren kleinſten Theilen<lb/>
electriſch, und zwar ſo, daß ſie in ihren Verbindungen einen aͤhn-<lb/>
lichen Gegenſatz darbieten, wie es die Electromotoren in der Be-<lb/>
ruͤhrung thun; man kann daher nicht geradezu den einen Stoff<lb/>
poſitiv-, den andern negativ-electriſch nennen; ſondern die Koͤr-<lb/>
per bieten eine Reihenfolge dar, in welcher der eine mehr dem<lb/>
negativen Ende, der andre mehr dem poſitiven Ende nahe ſteht.<lb/>
Der Schwefel zum Beiſpiel, welcher ſich in der Schwefelſaͤure als<lb/>
der poſitive Koͤrper zeigt und zum negativen Pole der Saͤule hin-<lb/>
geht, waͤhrend der mit ihm verbundene Sauerſtoff zum poſitiven<lb/>
Pole gezogen wird, muß in der Hydrothionſaͤure ganz gewiß als<lb/>
negativ erſcheinen, weil er hier mit dem Waſſerſtoff, als einem<lb/>
dem poſitiven Ende der Reihe der Koͤrper viel naͤher ſtehenden<lb/>
Koͤrper verbunden iſt; und ſo wird in allen Faͤllen der Koͤrper<lb/>
dem poſitiven Pole zugehen, der als der negative in Vergleichung<lb/>
gegen den andern erſcheint. Nach <hirendition="#g">Berzelius</hi> nimmt das Ka-<lb/>
lium, die metalliſche Baſis des Kali, unter allen bekannten Koͤr-<lb/>
pern den aͤußerſten Platz unter den poſitiven ein, ſo wie der<lb/>
Sauerſtoff bis jetzt unbedingt als der am meiſten negative Koͤrper<lb/>
anerkannt iſt.</p><lb/><p>Dieſes alles veranlaßt uns, die Beſtandtheile der Koͤrper,<lb/>ſelbſt in ihrer Verbindung mit einander noch als entgegengeſetzt<lb/>
electriſch anzuſehen, wo es dann begreiflich iſt, daß bei einer hin-<lb/>
reichend ſtarken electriſchen Einwirkung auf ſie, der den Umſtaͤnden<lb/>
nach negative Beſtandtheil dem poſitiven Pole zu geht, der poſitive<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[372/0386]
wandtſchaft zweier Stoffe iſt, eine deſto ſtaͤrkere electriſche Kraft
wird auch zur Trennung erfordert, ſo daß die Kraft der Verwandt-
ſchaft ſich dem Grade nach als vergleichbar mit der Kraft der Elec-
tricitaͤt darſtellt. Die einzelnen Stoffe haben aber nicht eine un-
bedingte Neigung zum einen oder andern Pole, ſondern es giebt
Koͤrper, die aus gewiſſen Verbindungen geſchieden zum poſitiven
Pole, in andern Faͤllen zum negativen Pole hingezogen werden.
Der Sauerſtoff geht in allen bekannten Faͤllen zum poſitiven Pole
hin und uͤberlaͤßt alle mit ihm verbundene Koͤrper, ſobald die Zer-
ſetzung erfolgt, dem negativen Pole; andre Stoffe dagegen ſind
nach verſchiedenen Graden bald der Hinuͤberfuͤhrung nach dem
einen, bald der Hinuͤberfuͤhrung nach dem andern Pole unterworfen.
Die Koͤrper zeigen ſich hier alſo als in ihren kleinſten Theilen
electriſch, und zwar ſo, daß ſie in ihren Verbindungen einen aͤhn-
lichen Gegenſatz darbieten, wie es die Electromotoren in der Be-
ruͤhrung thun; man kann daher nicht geradezu den einen Stoff
poſitiv-, den andern negativ-electriſch nennen; ſondern die Koͤr-
per bieten eine Reihenfolge dar, in welcher der eine mehr dem
negativen Ende, der andre mehr dem poſitiven Ende nahe ſteht.
Der Schwefel zum Beiſpiel, welcher ſich in der Schwefelſaͤure als
der poſitive Koͤrper zeigt und zum negativen Pole der Saͤule hin-
geht, waͤhrend der mit ihm verbundene Sauerſtoff zum poſitiven
Pole gezogen wird, muß in der Hydrothionſaͤure ganz gewiß als
negativ erſcheinen, weil er hier mit dem Waſſerſtoff, als einem
dem poſitiven Ende der Reihe der Koͤrper viel naͤher ſtehenden
Koͤrper verbunden iſt; und ſo wird in allen Faͤllen der Koͤrper
dem poſitiven Pole zugehen, der als der negative in Vergleichung
gegen den andern erſcheint. Nach Berzelius nimmt das Ka-
lium, die metalliſche Baſis des Kali, unter allen bekannten Koͤr-
pern den aͤußerſten Platz unter den poſitiven ein, ſo wie der
Sauerſtoff bis jetzt unbedingt als der am meiſten negative Koͤrper
anerkannt iſt.
Dieſes alles veranlaßt uns, die Beſtandtheile der Koͤrper,
ſelbſt in ihrer Verbindung mit einander noch als entgegengeſetzt
electriſch anzuſehen, wo es dann begreiflich iſt, daß bei einer hin-
reichend ſtarken electriſchen Einwirkung auf ſie, der den Umſtaͤnden
nach negative Beſtandtheil dem poſitiven Pole zu geht, der poſitive
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/386>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.