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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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Sieben und zwanzigste Vorlesung.


Die neulich betrachteten Erfolge der Einwirkung der ma-
gnetischen Kräfte auf unsre Magnetnadeln sollten uns nun billig
zu der Beantwortung der Frage führen, welche Austheilung der
magnetischen Kräfte in der Erde selbst statt findet; aber um hiebei
nichts aus den Augen zu lassen, was die Beobachtungen darbieten,
muß ich noch bei den Aenderungen, welche die Richtung und
Stärke der magnetischen Kraft im Laufe der Zeit erleidet, ver-
weilen.

Aenderungen der Neigung und der Abweichung.

Die Inclinationen der Nadel sind in früherer Zeit selten und
nicht vollkommen genau beobachtet worden, indeß sind doch auch
diese älteren Beobachtungen zu mehrern wichtigen Bestimmungen
zureichend. In London war um oder kurz nach dem Anfange des
vorigen Jahrhunderts die Neigung gegen 75° und jetzt ist sie
nicht völlig 693/4°; in Paris war sie 1671 75°, 1754 721/4°,
1806 69° 12', 1827 68°. Ebenso ist sie in allen Gegenden
Deutschlands im Abnehmen. Die Linie ohne Neigung scheint nach
den neuesten Beobachtungen ihre Durchschnittspuncte mit dem
Aequator und ihre größte Entfernung vom Aequator etwas west-
licher zu haben, als es nach den von Hansteen für das Jahr
1780 gesammelten Beobachtungen der Fall war. Dieses würde
auf ein Fortrücken der magnetischen Erdpole nach Westen hinzu-
weisen scheinen, und so viel wenigstens ist klar, daß, wenn der
am stärksten wirkende Nordpol der Erde im nördlichen America
sich von Europa weiter nach Westen entfernt, jeder Ort in Eu-
ropa immer mehr in Linien geringerer Neigung hineinrückt, wie
Sie bei einem Blicke auf die Charte leicht übersehn.

Noch auffallendern Aenderungen ist die Abweichung unter-
worfen. Sie ist in frühern Zeiten in unsern Gegenden östlich
gewesen, ist dann westlich geworden und kürzlich hat die westliche

Sieben und zwanzigſte Vorleſung.


Die neulich betrachteten Erfolge der Einwirkung der ma-
gnetiſchen Kraͤfte auf unſre Magnetnadeln ſollten uns nun billig
zu der Beantwortung der Frage fuͤhren, welche Austheilung der
magnetiſchen Kraͤfte in der Erde ſelbſt ſtatt findet; aber um hiebei
nichts aus den Augen zu laſſen, was die Beobachtungen darbieten,
muß ich noch bei den Aenderungen, welche die Richtung und
Staͤrke der magnetiſchen Kraft im Laufe der Zeit erleidet, ver-
weilen.

Aenderungen der Neigung und der Abweichung.

Die Inclinationen der Nadel ſind in fruͤherer Zeit ſelten und
nicht vollkommen genau beobachtet worden, indeß ſind doch auch
dieſe aͤlteren Beobachtungen zu mehrern wichtigen Beſtimmungen
zureichend. In London war um oder kurz nach dem Anfange des
vorigen Jahrhunderts die Neigung gegen 75° und jetzt iſt ſie
nicht voͤllig 69¾°; in Paris war ſie 1671 75°, 1754 72¼°,
1806 69° 12′, 1827 68°. Ebenſo iſt ſie in allen Gegenden
Deutſchlands im Abnehmen. Die Linie ohne Neigung ſcheint nach
den neueſten Beobachtungen ihre Durchſchnittspuncte mit dem
Aequator und ihre groͤßte Entfernung vom Aequator etwas weſt-
licher zu haben, als es nach den von Hanſteen fuͤr das Jahr
1780 geſammelten Beobachtungen der Fall war. Dieſes wuͤrde
auf ein Fortruͤcken der magnetiſchen Erdpole nach Weſten hinzu-
weiſen ſcheinen, und ſo viel wenigſtens iſt klar, daß, wenn der
am ſtaͤrkſten wirkende Nordpol der Erde im noͤrdlichen America
ſich von Europa weiter nach Weſten entfernt, jeder Ort in Eu-
ropa immer mehr in Linien geringerer Neigung hineinruͤckt, wie
Sie bei einem Blicke auf die Charte leicht uͤberſehn.

Noch auffallendern Aenderungen iſt die Abweichung unter-
worfen. Sie iſt in fruͤhern Zeiten in unſern Gegenden oͤſtlich
geweſen, iſt dann weſtlich geworden und kuͤrzlich hat die weſtliche

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[444/0458] Sieben und zwanzigſte Vorleſung. Die neulich betrachteten Erfolge der Einwirkung der ma- gnetiſchen Kraͤfte auf unſre Magnetnadeln ſollten uns nun billig zu der Beantwortung der Frage fuͤhren, welche Austheilung der magnetiſchen Kraͤfte in der Erde ſelbſt ſtatt findet; aber um hiebei nichts aus den Augen zu laſſen, was die Beobachtungen darbieten, muß ich noch bei den Aenderungen, welche die Richtung und Staͤrke der magnetiſchen Kraft im Laufe der Zeit erleidet, ver- weilen. Aenderungen der Neigung und der Abweichung. Die Inclinationen der Nadel ſind in fruͤherer Zeit ſelten und nicht vollkommen genau beobachtet worden, indeß ſind doch auch dieſe aͤlteren Beobachtungen zu mehrern wichtigen Beſtimmungen zureichend. In London war um oder kurz nach dem Anfange des vorigen Jahrhunderts die Neigung gegen 75° und jetzt iſt ſie nicht voͤllig 69¾°; in Paris war ſie 1671 75°, 1754 72¼°, 1806 69° 12′, 1827 68°. Ebenſo iſt ſie in allen Gegenden Deutſchlands im Abnehmen. Die Linie ohne Neigung ſcheint nach den neueſten Beobachtungen ihre Durchſchnittspuncte mit dem Aequator und ihre groͤßte Entfernung vom Aequator etwas weſt- licher zu haben, als es nach den von Hanſteen fuͤr das Jahr 1780 geſammelten Beobachtungen der Fall war. Dieſes wuͤrde auf ein Fortruͤcken der magnetiſchen Erdpole nach Weſten hinzu- weiſen ſcheinen, und ſo viel wenigſtens iſt klar, daß, wenn der am ſtaͤrkſten wirkende Nordpol der Erde im noͤrdlichen America ſich von Europa weiter nach Weſten entfernt, jeder Ort in Eu- ropa immer mehr in Linien geringerer Neigung hineinruͤckt, wie Sie bei einem Blicke auf die Charte leicht uͤberſehn. Noch auffallendern Aenderungen iſt die Abweichung unter- worfen. Sie iſt in fruͤhern Zeiten in unſern Gegenden oͤſtlich geweſen, iſt dann weſtlich geworden und kuͤrzlich hat die weſtliche

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/458>, abgerufen am 22.11.2024.