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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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man sie genau neben einander so aufhängen, daß im einen oben
der Strom links, im andern rechts, also im einen der an der linken
Seite liegende Strom herab, im andern heraufflösse, so würden
sie so nicht ruhen, sondern sich abstoßen und erst zur Ruhe kommen,
wenn die Ströme gleichlaufend sind. Bei zwei mit electrischen
Strömen umwickelten Cylindern AB, CD (Fig. 173.), die ihre
Enden gegen einander kehrten, würde es ebenso seyn, sie würden
an Fäden L, M, aufgehängt, zur Ruhe kommen, wenn ihre gegen
uns zu liegenden Ströme entweder in beiden herauf oder in beiden
herab gingen. Behalten wir den einen umwickelten Cylinder AB
und hängen in CD einen Magnet auf, dessen Nordpol C ist, so
wendet dieser uns seine Westseite zu, wo wir hinaufwärts gehende
electrische Ströme annehmen; der Cylinder AB muß also so zur
Ruhe kommen, daß auch in ihm die hinaufwärts gehenden Ströme
uns zugekehrt sind. Der Versuch zeigt dieß wirklich; -- und der
mit electrischen Strömen umwickelte Cylinder wird zugleich mit
diesem Ende gegen den Nordpol C des Magnets gezogen, grade
als ob B ein Südpol einer Magnetnadel wäre. Der Magnet
wirkt also auf die electrischen Ströme so wie auf einen zweiten
Magnet, und ein umkreisender Strom wirkt so auf den Magnet
wie auf einen andern umkreisenden Strom, so daß sich die Ueber-
einstimmung zwischen den magnetischen Phänomenen und denen
der electrisch umkreisenden Ströme immerfort bestätigt findet.

Einige Einwendungen, die sich im ersten Augenblicke darzu-
bieten scheinen, widerlegt eine nähere Betrachtung. Es scheint
nämlich, wenn wir (Fig. 174.) den Südpol S des einen Magnets
grade neben den Nordpol n des andern bringen, daß diese sich ab-
stoßen müßten, weil hier herabgehende Ströme an der Seite a den
hinaufgehenden an der Seite b zu gekehrt sind; aber die gesammte
Wirkung aller bis nach c, d, hin liegenden Ströme ist dennoch,
die Ebnen der Umströmungen so parallel zu stellen, daß in beiden
die obern Theile der Ströme parallel, die unteren Theile der
Ströme parallel u. s. w. sind. Dies zeigt sich bei wirklichen mit
umkreisenden Strömen versehenen Nadeln, und es erhellt daher,
daß es nicht der Hypothese entgegen ist, wenn auch in dieser Lage
Nordpol und Südpol zweier Magnete sich ebenso gut, wie Nordpol
und Südpol zweier Nadeln mit umkreisenden Strömen anziehen.


man ſie genau neben einander ſo aufhaͤngen, daß im einen oben
der Strom links, im andern rechts, alſo im einen der an der linken
Seite liegende Strom herab, im andern herauffloͤſſe, ſo wuͤrden
ſie ſo nicht ruhen, ſondern ſich abſtoßen und erſt zur Ruhe kommen,
wenn die Stroͤme gleichlaufend ſind. Bei zwei mit electriſchen
Stroͤmen umwickelten Cylindern AB, CD (Fig. 173.), die ihre
Enden gegen einander kehrten, wuͤrde es ebenſo ſeyn, ſie wuͤrden
an Faͤden L, M, aufgehaͤngt, zur Ruhe kommen, wenn ihre gegen
uns zu liegenden Stroͤme entweder in beiden herauf oder in beiden
herab gingen. Behalten wir den einen umwickelten Cylinder AB
und haͤngen in CD einen Magnet auf, deſſen Nordpol C iſt, ſo
wendet dieſer uns ſeine Weſtſeite zu, wo wir hinaufwaͤrts gehende
electriſche Stroͤme annehmen; der Cylinder AB muß alſo ſo zur
Ruhe kommen, daß auch in ihm die hinaufwaͤrts gehenden Stroͤme
uns zugekehrt ſind. Der Verſuch zeigt dieß wirklich; — und der
mit electriſchen Stroͤmen umwickelte Cylinder wird zugleich mit
dieſem Ende gegen den Nordpol C des Magnets gezogen, grade
als ob B ein Suͤdpol einer Magnetnadel waͤre. Der Magnet
wirkt alſo auf die electriſchen Stroͤme ſo wie auf einen zweiten
Magnet, und ein umkreiſender Strom wirkt ſo auf den Magnet
wie auf einen andern umkreiſenden Strom, ſo daß ſich die Ueber-
einſtimmung zwiſchen den magnetiſchen Phaͤnomenen und denen
der electriſch umkreiſenden Stroͤme immerfort beſtaͤtigt findet.

Einige Einwendungen, die ſich im erſten Augenblicke darzu-
bieten ſcheinen, widerlegt eine naͤhere Betrachtung. Es ſcheint
naͤmlich, wenn wir (Fig. 174.) den Suͤdpol S des einen Magnets
grade neben den Nordpol n des andern bringen, daß dieſe ſich ab-
ſtoßen muͤßten, weil hier herabgehende Stroͤme an der Seite a den
hinaufgehenden an der Seite b zu gekehrt ſind; aber die geſammte
Wirkung aller bis nach c, d, hin liegenden Stroͤme iſt dennoch,
die Ebnen der Umſtroͤmungen ſo parallel zu ſtellen, daß in beiden
die obern Theile der Stroͤme parallel, die unteren Theile der
Stroͤme parallel u. ſ. w. ſind. Dies zeigt ſich bei wirklichen mit
umkreiſenden Stroͤmen verſehenen Nadeln, und es erhellt daher,
daß es nicht der Hypotheſe entgegen iſt, wenn auch in dieſer Lage
Nordpol und Suͤdpol zweier Magnete ſich ebenſo gut, wie Nordpol
und Suͤdpol zweier Nadeln mit umkreiſenden Stroͤmen anziehen.


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[491/0505] man ſie genau neben einander ſo aufhaͤngen, daß im einen oben der Strom links, im andern rechts, alſo im einen der an der linken Seite liegende Strom herab, im andern herauffloͤſſe, ſo wuͤrden ſie ſo nicht ruhen, ſondern ſich abſtoßen und erſt zur Ruhe kommen, wenn die Stroͤme gleichlaufend ſind. Bei zwei mit electriſchen Stroͤmen umwickelten Cylindern AB, CD (Fig. 173.), die ihre Enden gegen einander kehrten, wuͤrde es ebenſo ſeyn, ſie wuͤrden an Faͤden L, M, aufgehaͤngt, zur Ruhe kommen, wenn ihre gegen uns zu liegenden Stroͤme entweder in beiden herauf oder in beiden herab gingen. Behalten wir den einen umwickelten Cylinder AB und haͤngen in CD einen Magnet auf, deſſen Nordpol C iſt, ſo wendet dieſer uns ſeine Weſtſeite zu, wo wir hinaufwaͤrts gehende electriſche Stroͤme annehmen; der Cylinder AB muß alſo ſo zur Ruhe kommen, daß auch in ihm die hinaufwaͤrts gehenden Stroͤme uns zugekehrt ſind. Der Verſuch zeigt dieß wirklich; — und der mit electriſchen Stroͤmen umwickelte Cylinder wird zugleich mit dieſem Ende gegen den Nordpol C des Magnets gezogen, grade als ob B ein Suͤdpol einer Magnetnadel waͤre. Der Magnet wirkt alſo auf die electriſchen Stroͤme ſo wie auf einen zweiten Magnet, und ein umkreiſender Strom wirkt ſo auf den Magnet wie auf einen andern umkreiſenden Strom, ſo daß ſich die Ueber- einſtimmung zwiſchen den magnetiſchen Phaͤnomenen und denen der electriſch umkreiſenden Stroͤme immerfort beſtaͤtigt findet. Einige Einwendungen, die ſich im erſten Augenblicke darzu- bieten ſcheinen, widerlegt eine naͤhere Betrachtung. Es ſcheint naͤmlich, wenn wir (Fig. 174.) den Suͤdpol S des einen Magnets grade neben den Nordpol n des andern bringen, daß dieſe ſich ab- ſtoßen muͤßten, weil hier herabgehende Stroͤme an der Seite a den hinaufgehenden an der Seite b zu gekehrt ſind; aber die geſammte Wirkung aller bis nach c, d, hin liegenden Stroͤme iſt dennoch, die Ebnen der Umſtroͤmungen ſo parallel zu ſtellen, daß in beiden die obern Theile der Stroͤme parallel, die unteren Theile der Stroͤme parallel u. ſ. w. ſind. Dies zeigt ſich bei wirklichen mit umkreiſenden Stroͤmen verſehenen Nadeln, und es erhellt daher, daß es nicht der Hypotheſe entgegen iſt, wenn auch in dieſer Lage Nordpol und Suͤdpol zweier Magnete ſich ebenſo gut, wie Nordpol und Suͤdpol zweier Nadeln mit umkreiſenden Stroͤmen anziehen.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/505>, abgerufen am 22.11.2024.