den berührenden Theilen meiner Hand gestattet, daß die, lange Zeit durch gleich lebhaft unterhaltene, Mittheilung der Wärme des heißen Körpers mir die unangenehme Empfindung des Brennens, die zer- störende Wirkung auf die Haut, hervorbringt; dem Holze dagegen entreißt meine Hand zwar in den Puncten, wo die Berührung unmittelbar statt findet, ebensowohl die Wärme, aber die so auf die berührenden Theile der Haut übergehende Wärmemenge ist zu geringe, und der aus den entferntern Theilen des Holzes zuströmende Vorrath von Wärme ist zu unbedeutend, um jene nachtheilige Ein- wirkung auf die Haut hervorzubringen. Darum versehen wir me- tallene Gefäße, die wir erhitzt tragen oder sonst behandeln wollen, mit hölzernen Handgriffen oder umwickeln die metallenen Hand- griffe mit Holzspänen, oder legen ein Tuch oder Papier dazwischen.
Auf ganz ähnliche Art verhält es sich mit kalten Körpern. Wenn in sehr kalten Tagen Wollenzeug, Holz, Silber, neben einander sehr lange der Kälte ausgesetzt gewesen sind, so haben sie gewiß einerlei Temperatur erlangt, und ein mit jedem von ihnen in enge Berührung gebrachtes Thermometer zeigt uns auch diese Gleichheit; aber dennoch fühlt sich das Silber sehr kalt an, statt daß das Holz und vollends die Wolle uns gar nicht so sehr unan- genehm ist. Auch hier ist dies die Wirkung der ungleichen Leitung der Wärme, indem das Silber die meiner Hand entzogene Wärme ziemlich schnell zur Erwärmung der ganzen Masse verwendet, statt daß bei dem Holze und noch mehr bei der Wolle eine sehr lange Zeit vergeht, ehe die entfernteren Theile etwas von der Wärme zugeführt bekommen, die meiner Hand entrissen wird. Man kann an sehr kalten Tagen ein Experiment machen, welches einigermaßen gradweise die ungleiche Wärmeleitung nachweiset. Es ist bekannt, daß, wenn man an recht kalten Tagen ein Metall, das sich lange an einem kalten Orte befunden hat, mit nassen Händen berührt, die Hand anklebt, eigentlich anfriert; dies geschieht schon bei ziem- lich mäßiger Kälte am Silber, dagegen fordert Zinn größere, Eisen und vollends Messing noch größere Kälte, weil die letzteren Metalle nicht so gute Leiter der Wärme sind, als die erstern.
Um regelmäßige Versuche über die Wärmeleitung fester Kör- per anzustellen, tauchte Ingenhouß Stäbe aus verschiedenen Metallen, die mit erhärtetem Wachs überzogen waren, in eine
den beruͤhrenden Theilen meiner Hand geſtattet, daß die, lange Zeit durch gleich lebhaft unterhaltene, Mittheilung der Waͤrme des heißen Koͤrpers mir die unangenehme Empfindung des Brennens, die zer- ſtoͤrende Wirkung auf die Haut, hervorbringt; dem Holze dagegen entreißt meine Hand zwar in den Puncten, wo die Beruͤhrung unmittelbar ſtatt findet, ebenſowohl die Waͤrme, aber die ſo auf die beruͤhrenden Theile der Haut uͤbergehende Waͤrmemenge iſt zu geringe, und der aus den entferntern Theilen des Holzes zuſtroͤmende Vorrath von Waͤrme iſt zu unbedeutend, um jene nachtheilige Ein- wirkung auf die Haut hervorzubringen. Darum verſehen wir me- tallene Gefaͤße, die wir erhitzt tragen oder ſonſt behandeln wollen, mit hoͤlzernen Handgriffen oder umwickeln die metallenen Hand- griffe mit Holzſpaͤnen, oder legen ein Tuch oder Papier dazwiſchen.
Auf ganz aͤhnliche Art verhaͤlt es ſich mit kalten Koͤrpern. Wenn in ſehr kalten Tagen Wollenzeug, Holz, Silber, neben einander ſehr lange der Kaͤlte ausgeſetzt geweſen ſind, ſo haben ſie gewiß einerlei Temperatur erlangt, und ein mit jedem von ihnen in enge Beruͤhrung gebrachtes Thermometer zeigt uns auch dieſe Gleichheit; aber dennoch fuͤhlt ſich das Silber ſehr kalt an, ſtatt daß das Holz und vollends die Wolle uns gar nicht ſo ſehr unan- genehm iſt. Auch hier iſt dies die Wirkung der ungleichen Leitung der Waͤrme, indem das Silber die meiner Hand entzogene Waͤrme ziemlich ſchnell zur Erwaͤrmung der ganzen Maſſe verwendet, ſtatt daß bei dem Holze und noch mehr bei der Wolle eine ſehr lange Zeit vergeht, ehe die entfernteren Theile etwas von der Waͤrme zugefuͤhrt bekommen, die meiner Hand entriſſen wird. Man kann an ſehr kalten Tagen ein Experiment machen, welches einigermaßen gradweiſe die ungleiche Waͤrmeleitung nachweiſet. Es iſt bekannt, daß, wenn man an recht kalten Tagen ein Metall, das ſich lange an einem kalten Orte befunden hat, mit naſſen Haͤnden beruͤhrt, die Hand anklebt, eigentlich anfriert; dies geſchieht ſchon bei ziem- lich maͤßiger Kaͤlte am Silber, dagegen fordert Zinn groͤßere, Eiſen und vollends Meſſing noch groͤßere Kaͤlte, weil die letzteren Metalle nicht ſo gute Leiter der Waͤrme ſind, als die erſtern.
Um regelmaͤßige Verſuche uͤber die Waͤrmeleitung feſter Koͤr- per anzuſtellen, tauchte Ingenhouß Staͤbe aus verſchiedenen Metallen, die mit erhaͤrtetem Wachs uͤberzogen waren, in eine
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[48/0062]
den beruͤhrenden Theilen meiner Hand geſtattet, daß die, lange Zeit
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Koͤrpers mir die unangenehme Empfindung des Brennens, die zer-
ſtoͤrende Wirkung auf die Haut, hervorbringt; dem Holze dagegen
entreißt meine Hand zwar in den Puncten, wo die Beruͤhrung
unmittelbar ſtatt findet, ebenſowohl die Waͤrme, aber die ſo auf
die beruͤhrenden Theile der Haut uͤbergehende Waͤrmemenge iſt zu
geringe, und der aus den entferntern Theilen des Holzes zuſtroͤmende
Vorrath von Waͤrme iſt zu unbedeutend, um jene nachtheilige Ein-
wirkung auf die Haut hervorzubringen. Darum verſehen wir me-
tallene Gefaͤße, die wir erhitzt tragen oder ſonſt behandeln wollen,
mit hoͤlzernen Handgriffen oder umwickeln die metallenen Hand-
griffe mit Holzſpaͤnen, oder legen ein Tuch oder Papier dazwiſchen.
Auf ganz aͤhnliche Art verhaͤlt es ſich mit kalten Koͤrpern.
Wenn in ſehr kalten Tagen Wollenzeug, Holz, Silber, neben
einander ſehr lange der Kaͤlte ausgeſetzt geweſen ſind, ſo haben ſie
gewiß einerlei Temperatur erlangt, und ein mit jedem von ihnen in
enge Beruͤhrung gebrachtes Thermometer zeigt uns auch dieſe
Gleichheit; aber dennoch fuͤhlt ſich das Silber ſehr kalt an, ſtatt
daß das Holz und vollends die Wolle uns gar nicht ſo ſehr unan-
genehm iſt. Auch hier iſt dies die Wirkung der ungleichen Leitung
der Waͤrme, indem das Silber die meiner Hand entzogene Waͤrme
ziemlich ſchnell zur Erwaͤrmung der ganzen Maſſe verwendet, ſtatt
daß bei dem Holze und noch mehr bei der Wolle eine ſehr lange
Zeit vergeht, ehe die entfernteren Theile etwas von der Waͤrme
zugefuͤhrt bekommen, die meiner Hand entriſſen wird. Man kann
an ſehr kalten Tagen ein Experiment machen, welches einigermaßen
gradweiſe die ungleiche Waͤrmeleitung nachweiſet. Es iſt bekannt,
daß, wenn man an recht kalten Tagen ein Metall, das ſich lange
an einem kalten Orte befunden hat, mit naſſen Haͤnden beruͤhrt,
die Hand anklebt, eigentlich anfriert; dies geſchieht ſchon bei ziem-
lich maͤßiger Kaͤlte am Silber, dagegen fordert Zinn groͤßere, Eiſen
und vollends Meſſing noch groͤßere Kaͤlte, weil die letzteren Metalle
nicht ſo gute Leiter der Waͤrme ſind, als die erſtern.
Um regelmaͤßige Verſuche uͤber die Waͤrmeleitung feſter Koͤr-
per anzuſtellen, tauchte Ingenhouß Staͤbe aus verſchiedenen
Metallen, die mit erhaͤrtetem Wachs uͤberzogen waren, in eine
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/62>, abgerufen am 16.02.2025.
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