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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Affen. Rollaffen. -- Cay.
welcher sich nicht einige Apellas befunden hätten. Aus diesem fortwährenden Zusammenleben beider
Arten scheint auch die Vermischung derselben herzurühren, und aus dieser Vermischung entstand eine
solche Menge von Verschiedenheiten in Bezug auf Behaarung und Färbung, daß die Thierkundigen
in Verlegenheit gesetzt wurden."

Jn der Gefangenschaft zeigen die Rollaffen fast alle Eigenschaften der Meerkatzen und manche
andere noch dazu. Sie sind Lieblinge der Jndianer, und deshalb findet man sie auch am häufigsten
bei ihnen gezähmt. Aber sie sind im höchsten Grade unreinlich und lassen sich Dinge zu Schulden
kommen, welche selbst unter den Affen beispiellos dastehen. So lassen sie sich z. B. den Harn in die
Hände laufen und waschen sich dann damit den ganzen Körper. Wie die Paviane lieben auch sie
betäubende oder berauschende Genüsse. "Wurde ein gezähmter Rollaffe," sagt Schomburgk, "mit
Tabaksrauch angeblasen oder ihm etwas Schnupftabak vorgehalten, so rieb er sich den ganzen Körper
unter wahrhaft wollüstigen Verzuckungen und schloß dabei die Augen. Der Speichel lief ihm dabei
aus dem Munde; er fing ihn aber mit den Händen auf und rieb ihn dann über den ganzen Leib.
Manchmal war der Speichelfluß so stark, daß der Affe zuletzt wie gebadet aussah; dann war er ziemlich
erschöpft. Dieselben Entzückungen rief auch eine angerauchte Cigarre hervor, die man ihm gab, und
es scheint mir also, daß der Tabaksrauch in ihm ein ziemlich wollüstiges Gefühl errege." Thee,
Kaffee, Branntwein und andere erregende Getränke bringen bei unseren Affen fast dieselbe
Erscheinung hervor.

Unter allen Rollaffen dürfte für uns der Cay oder Sai (Cebus capucinus) eben der Kapu-
ziner
der wichtigste sein, und zwar aus dem einfachen, sicherlich aber schlagenden Grunde, weil er
an Rengger einen Beobachter gefunden hat und uns hierdurch am genauesten bekannt geworden ist.

Cay bedeutet in der Sprache der Guaraner "Bewohner des Waldes"; das Wort ist aber
von den Europäern vielfach verstümmelt worden und uns gegenwärtig weniger geläufig, als der
erwähnte deutsche Name.

Der Cay gehört zu den größten seiner Familie. Sein Leib wird bis 16 Zoll, der Schwanz
etwas über einen Fuß lang. Der Pelz ist dicht, die Färbung wechselt, wie bemerkt, außerordentlich.
Junge Thiere sind hell, etwa bräunlichgelb; auf dem Scheitel, den Armen, Beinen und am Schwanze
braun; an den nackten Theilen, wie das Gesicht, bräunlich fleischroth; an den Händen und Füßen
mehr veilchenfarben. Wenn das Thier erwachsen ist, verändert sich die Farbe: der Kopf wird gelb,
Arme, Scheitel, Backen, Schwanz und Hände werden schwarzbraun oder schwarz, und im Gesicht
zeigen sich kurze, anliegende, glänzend weiße, blauspitzige Haare, welche an der Stirn einen großen
lichten Fleck bilden. Ganz alte Kapuziner tragen einen Pelz von schwarzer, nur an Brust und Bauch
brauner Färbung und einen sehr langen Bart. Die Weibchen sind schmächtiger und immer mehr
bräunlich gefärbt.

Der Verbreitungskreis des Kapuziner reicht über den südlichen Wendekreis und über die Andes
hinüber. Von Bahia bis Columbien ist der Affe überall gemein. Er zieht Waldungen vor, deren
Boden nicht mit Gestrüpp bewachsen ist. Den größten Theil seines Lebens verbringt er auf den
Bäumen; denn diese verläßt er überhaupt nur dann, wenn er trinken oder ein Maisfeld besuchen
will. Sein Aufenthalt ist nicht bestimmt. Bei Tage streift er von Baum zu Baum, um sich Nahrung
zu suchen, bei Nacht ruht er zwischen den verschlungenen Aesten eines Baumes. Gewöhnlich trifft
man ihn in kleinen Familien von fünf bis zehn Stück, von denen die größere Anzahl Weibchen sind.
Selten findet man wohl auch einzelne alte Männchen. Das Thier läßt sich schwer beobachten, weil
es sehr furchtsam und schen ist. Reugger versichert, daß er nur zufällig zu Beobachtungen habe
gelangen können. Einmal machten ihn angenehm flötende Töne aufmerksam, und er sah ein altes
Männchen, furchtsam herumblickend auf die höchsten Baumgipfel, näher kommen; ihm folgten zwölf
oder dreizehn andere Affen beiderlei Geschlechts, von denen drei Weibchen theils auf dem Rücken,
theils unter einem Arme Junge trugen. Plötzlich erblickte eines dieser Thiere einen nahestehenden

Die Affen. Rollaffen. — Cay.
welcher ſich nicht einige Apellas befunden hätten. Aus dieſem fortwährenden Zuſammenleben beider
Arten ſcheint auch die Vermiſchung derſelben herzurühren, und aus dieſer Vermiſchung entſtand eine
ſolche Menge von Verſchiedenheiten in Bezug auf Behaarung und Färbung, daß die Thierkundigen
in Verlegenheit geſetzt wurden.‟

Jn der Gefangenſchaft zeigen die Rollaffen faſt alle Eigenſchaften der Meerkatzen und manche
andere noch dazu. Sie ſind Lieblinge der Jndianer, und deshalb findet man ſie auch am häufigſten
bei ihnen gezähmt. Aber ſie ſind im höchſten Grade unreinlich und laſſen ſich Dinge zu Schulden
kommen, welche ſelbſt unter den Affen beiſpiellos daſtehen. So laſſen ſie ſich z. B. den Harn in die
Hände laufen und waſchen ſich dann damit den ganzen Körper. Wie die Paviane lieben auch ſie
betäubende oder berauſchende Genüſſe. „Wurde ein gezähmter Rollaffe,‟ ſagt Schomburgk, „mit
Tabaksrauch angeblaſen oder ihm etwas Schnupftabak vorgehalten, ſo rieb er ſich den ganzen Körper
unter wahrhaft wollüſtigen Verzuckungen und ſchloß dabei die Augen. Der Speichel lief ihm dabei
aus dem Munde; er fing ihn aber mit den Händen auf und rieb ihn dann über den ganzen Leib.
Manchmal war der Speichelfluß ſo ſtark, daß der Affe zuletzt wie gebadet ausſah; dann war er ziemlich
erſchöpft. Dieſelben Entzückungen rief auch eine angerauchte Cigarre hervor, die man ihm gab, und
es ſcheint mir alſo, daß der Tabaksrauch in ihm ein ziemlich wollüſtiges Gefühl errege.‟ Thee,
Kaffee, Branntwein und andere erregende Getränke bringen bei unſeren Affen faſt dieſelbe
Erſcheinung hervor.

Unter allen Rollaffen dürfte für uns der Cay oder Sai (Cebus capucinus) eben der Kapu-
ziner
der wichtigſte ſein, und zwar aus dem einfachen, ſicherlich aber ſchlagenden Grunde, weil er
an Rengger einen Beobachter gefunden hat und uns hierdurch am genaueſten bekannt geworden iſt.

Cay bedeutet in der Sprache der Guaraner „Bewohner des Waldes‟; das Wort iſt aber
von den Europäern vielfach verſtümmelt worden und uns gegenwärtig weniger geläufig, als der
erwähnte deutſche Name.

Der Cay gehört zu den größten ſeiner Familie. Sein Leib wird bis 16 Zoll, der Schwanz
etwas über einen Fuß lang. Der Pelz iſt dicht, die Färbung wechſelt, wie bemerkt, außerordentlich.
Junge Thiere ſind hell, etwa bräunlichgelb; auf dem Scheitel, den Armen, Beinen und am Schwanze
braun; an den nackten Theilen, wie das Geſicht, bräunlich fleiſchroth; an den Händen und Füßen
mehr veilchenfarben. Wenn das Thier erwachſen iſt, verändert ſich die Farbe: der Kopf wird gelb,
Arme, Scheitel, Backen, Schwanz und Hände werden ſchwarzbraun oder ſchwarz, und im Geſicht
zeigen ſich kurze, anliegende, glänzend weiße, blauſpitzige Haare, welche an der Stirn einen großen
lichten Fleck bilden. Ganz alte Kapuziner tragen einen Pelz von ſchwarzer, nur an Bruſt und Bauch
brauner Färbung und einen ſehr langen Bart. Die Weibchen ſind ſchmächtiger und immer mehr
bräunlich gefärbt.

Der Verbreitungskreis des Kapuziner reicht über den ſüdlichen Wendekreis und über die Andes
hinüber. Von Bahia bis Columbien iſt der Affe überall gemein. Er zieht Waldungen vor, deren
Boden nicht mit Geſtrüpp bewachſen iſt. Den größten Theil ſeines Lebens verbringt er auf den
Bäumen; denn dieſe verläßt er überhaupt nur dann, wenn er trinken oder ein Maisfeld beſuchen
will. Sein Aufenthalt iſt nicht beſtimmt. Bei Tage ſtreift er von Baum zu Baum, um ſich Nahrung
zu ſuchen, bei Nacht ruht er zwiſchen den verſchlungenen Aeſten eines Baumes. Gewöhnlich trifft
man ihn in kleinen Familien von fünf bis zehn Stück, von denen die größere Anzahl Weibchen ſind.
Selten findet man wohl auch einzelne alte Männchen. Das Thier läßt ſich ſchwer beobachten, weil
es ſehr furchtſam und ſchen iſt. Reugger verſichert, daß er nur zufällig zu Beobachtungen habe
gelangen können. Einmal machten ihn angenehm flötende Töne aufmerkſam, und er ſah ein altes
Männchen, furchtſam herumblickend auf die höchſten Baumgipfel, näher kommen; ihm folgten zwölf
oder dreizehn andere Affen beiderlei Geſchlechts, von denen drei Weibchen theils auf dem Rücken,
theils unter einem Arme Junge trugen. Plötzlich erblickte eines dieſer Thiere einen naheſtehenden

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[108/0166] Die Affen. Rollaffen. — Cay. welcher ſich nicht einige Apellas befunden hätten. Aus dieſem fortwährenden Zuſammenleben beider Arten ſcheint auch die Vermiſchung derſelben herzurühren, und aus dieſer Vermiſchung entſtand eine ſolche Menge von Verſchiedenheiten in Bezug auf Behaarung und Färbung, daß die Thierkundigen in Verlegenheit geſetzt wurden.‟ Jn der Gefangenſchaft zeigen die Rollaffen faſt alle Eigenſchaften der Meerkatzen und manche andere noch dazu. Sie ſind Lieblinge der Jndianer, und deshalb findet man ſie auch am häufigſten bei ihnen gezähmt. Aber ſie ſind im höchſten Grade unreinlich und laſſen ſich Dinge zu Schulden kommen, welche ſelbſt unter den Affen beiſpiellos daſtehen. So laſſen ſie ſich z. B. den Harn in die Hände laufen und waſchen ſich dann damit den ganzen Körper. Wie die Paviane lieben auch ſie betäubende oder berauſchende Genüſſe. „Wurde ein gezähmter Rollaffe,‟ ſagt Schomburgk, „mit Tabaksrauch angeblaſen oder ihm etwas Schnupftabak vorgehalten, ſo rieb er ſich den ganzen Körper unter wahrhaft wollüſtigen Verzuckungen und ſchloß dabei die Augen. Der Speichel lief ihm dabei aus dem Munde; er fing ihn aber mit den Händen auf und rieb ihn dann über den ganzen Leib. Manchmal war der Speichelfluß ſo ſtark, daß der Affe zuletzt wie gebadet ausſah; dann war er ziemlich erſchöpft. Dieſelben Entzückungen rief auch eine angerauchte Cigarre hervor, die man ihm gab, und es ſcheint mir alſo, daß der Tabaksrauch in ihm ein ziemlich wollüſtiges Gefühl errege.‟ Thee, Kaffee, Branntwein und andere erregende Getränke bringen bei unſeren Affen faſt dieſelbe Erſcheinung hervor. Unter allen Rollaffen dürfte für uns der Cay oder Sai (Cebus capucinus) eben der Kapu- ziner der wichtigſte ſein, und zwar aus dem einfachen, ſicherlich aber ſchlagenden Grunde, weil er an Rengger einen Beobachter gefunden hat und uns hierdurch am genaueſten bekannt geworden iſt. Cay bedeutet in der Sprache der Guaraner „Bewohner des Waldes‟; das Wort iſt aber von den Europäern vielfach verſtümmelt worden und uns gegenwärtig weniger geläufig, als der erwähnte deutſche Name. Der Cay gehört zu den größten ſeiner Familie. Sein Leib wird bis 16 Zoll, der Schwanz etwas über einen Fuß lang. Der Pelz iſt dicht, die Färbung wechſelt, wie bemerkt, außerordentlich. Junge Thiere ſind hell, etwa bräunlichgelb; auf dem Scheitel, den Armen, Beinen und am Schwanze braun; an den nackten Theilen, wie das Geſicht, bräunlich fleiſchroth; an den Händen und Füßen mehr veilchenfarben. Wenn das Thier erwachſen iſt, verändert ſich die Farbe: der Kopf wird gelb, Arme, Scheitel, Backen, Schwanz und Hände werden ſchwarzbraun oder ſchwarz, und im Geſicht zeigen ſich kurze, anliegende, glänzend weiße, blauſpitzige Haare, welche an der Stirn einen großen lichten Fleck bilden. Ganz alte Kapuziner tragen einen Pelz von ſchwarzer, nur an Bruſt und Bauch brauner Färbung und einen ſehr langen Bart. Die Weibchen ſind ſchmächtiger und immer mehr bräunlich gefärbt. Der Verbreitungskreis des Kapuziner reicht über den ſüdlichen Wendekreis und über die Andes hinüber. Von Bahia bis Columbien iſt der Affe überall gemein. Er zieht Waldungen vor, deren Boden nicht mit Geſtrüpp bewachſen iſt. Den größten Theil ſeines Lebens verbringt er auf den Bäumen; denn dieſe verläßt er überhaupt nur dann, wenn er trinken oder ein Maisfeld beſuchen will. Sein Aufenthalt iſt nicht beſtimmt. Bei Tage ſtreift er von Baum zu Baum, um ſich Nahrung zu ſuchen, bei Nacht ruht er zwiſchen den verſchlungenen Aeſten eines Baumes. Gewöhnlich trifft man ihn in kleinen Familien von fünf bis zehn Stück, von denen die größere Anzahl Weibchen ſind. Selten findet man wohl auch einzelne alte Männchen. Das Thier läßt ſich ſchwer beobachten, weil es ſehr furchtſam und ſchen iſt. Reugger verſichert, daß er nur zufällig zu Beobachtungen habe gelangen können. Einmal machten ihn angenehm flötende Töne aufmerkſam, und er ſah ein altes Männchen, furchtſam herumblickend auf die höchſten Baumgipfel, näher kommen; ihm folgten zwölf oder dreizehn andere Affen beiderlei Geſchlechts, von denen drei Weibchen theils auf dem Rücken, theils unter einem Arme Junge trugen. Plötzlich erblickte eines dieſer Thiere einen naheſtehenden

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/166>, abgerufen am 21.11.2024.