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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Leibes- und Lebensbeschreibung.
auch nicht selten bei Tage, geht er auf Raub aus; bei sehr stürmischem Wetter aber verläßt er seinen
Schlupfwinkel nicht und wartet lieber, bis die Gelegenheit günstiger geworden ist. Seine Haupt-
nahrung besteht aus Vögeln, sowie aus kleinen und jungen Säugethieren, aus Mäusen, Agutis,
Kaninchen,
jungen Rehen, ja wohl auch jungen Hirschen etc. Doch ersuhr Azara auch, daß
er sich auf größere Thiere stürze, nach Art des Luchses sich in deren Halfe festbeiße und sich nun von
dem Thiere nicht abschütteln lasse, sondern hängen bleibe, bis es verendet sei. Bei weitem den größten
Theil seiner Nahrung holt er sich aus den Gehöften der Menschen und nähert sich deshalb sehr
häufig den Wohnungen. Rengger beobachtete ihn und seine Raubzüge nicht selten und gab ihm
sogar Gelegenheit, Jagden vor seinen Augen auszuführen. Jn der Nähe einer Bromelienhecke, in
welcher sich ein Yaguarundi aufhielt, band dieser Beobachter eine Henne an einer langen Schnur fest
und stellte sich dann auf die Lauer. Nach einiger Zeit streckte der Räuber bald hier, bald dort den
Kopf zwischen den Bromelien hervor und sah sich vorsichtig um. Hierauf suchte er sich unvermerkt der
Henne zu nähern, duckte dabei den Körper ganz auf die Erde und schlich so sorgfältig, daß sich kaum
die Grashalme bewegten. Als er sich seinem Schlachtopfer bis auf sechs oder acht Fuß genähert hatte,
zog er den Körper zusammen und machte einen Sprung nach der Henne, packte sie sofort mit den
Zähnen beim Kopfe oder am Halse und versuchte, sie nach der Hecke zu tragen. -- Die Hühnerarten
scheinen mit sein Lieblingsfutter zu sein, und er soll dieselben, wie genannter Forscher versichert, auch
von den Bäumen herabholen, während sie schlafen. Niemals aber tödtet der Yaguarundi mehr
als ein Thier auf einmal. Macht er nur kleine Beute, welche ihn nicht vollkommen sättigt, so
zieht er zum zweiten Male auf den Raub aus und holt sich wieder ein Stückchen, bis er seinen
Hunger gestillt hat.

Gewöhnlich lebt der Yuaguarundi paarweise in einem bestimmten Gebiete und macht von hier
aus nur kurze Streifereien. Nicht selten theilt er seinen Jagdgrund auch mit anderen Paaren, was
sonst nicht die Art der Wildkatzen ist. Renggers Hunde jagten einmal sechs erwachsene Yaguarundis
aus einer einzigen Hecke heraus. Zur Zeit der Begattung, welche in die Monate November und
Dezember fällt, kommen natürlich immer mehrere Männchen zusammen, und man hört sie sich dann in
dem Bromeliengestrüpp herumbalgen und dabei fauchen und kreischen. Etwa neun bis zehn Wochen
nach der Begattung wirft das Weibchen zwei bis drei Junge auf ein Lager im dichtesten Gesträuche,
in einem mit Gestrüpp überwachsenen Graben oder in einem hohlen Baumstamme. Niemals entfernt
sich die Mutter weit von ihren Jungen. Sie versorgt dieselben, sowie sie größer werden, mit Vögeln
und kleinen Nagethieren, bis sie die hoffnungsvollen Sprößlinge selbst zum Fange anleiten und des-
halb mit sich hinaus auf die Jagd nehmen kann. Bei herankommender Gefahr aber überläßt sie ihre
Kinder feig dem Feinde, und niemals wagt sie, dieselben gegen Menschen oder Hunde zu vertheidigen.
Der Yaguarundi greift überhaupt den Menschen nicht an, und seine Jagd ist deshalb auch ganz
gefahrlos. Man schießt ihn entweder auf dem Anstande, fängt ihn in Fallen oder jagt ihn mit
Hunden, denen er sich nur im äußersten Nothfalle widersetzt. Gewöhnlich sucht er seinen Verfolgern
zwischen den stacheligen Bromelien zu entschlüpfen; kommen sie aber zu nahe, so bäumt er oder springt
selbst ins Wasser und sucht sich schwimmend zu retten.

Rengger hat mehrere jung aufgezogene Yaguarundis in der Gefangenschaft gehalten. Sie
wurden so zahm, wie die sanfteste Hauskatze. Jhre Raubsucht war aber doch zu groß, als daß unser
Gewährsmann ihnen hätte gestatten können, frei im Hause herumzulaufen. Deshalb hielt er sie
in einem Käfig oder an einem Seile angebunden, welches sie niemals zu zerbeißen versuchten. Sie
ließen sich sehr gern streicheln, spielten mit der Hand, die man ihnen darhielt, und äußerten durch
ihr Entgegenkommen und durch Sprünge ihre Freude, wenn man sich ihnen näherte; doch zeigten
sie für Niemanden insbesondere weder Anhänglichkeit, noch Widerwillen. Sobald man sie auch
nur einen Augenblick frei ließ, sprangen sie auf das Federvieh im Hofe los und fingen eine Henne
oder eine Ente weg. Selbst angebunden suchten sie diese Thiere zu erhaschen, wenn sie in ihre
Nähe kamen, und versteckten sich vorher recht schlau zu diesem Zwecke. Keine Züchtigung konnte

Leibes- und Lebensbeſchreibung.
auch nicht ſelten bei Tage, geht er auf Raub aus; bei ſehr ſtürmiſchem Wetter aber verläßt er ſeinen
Schlupfwinkel nicht und wartet lieber, bis die Gelegenheit günſtiger geworden iſt. Seine Haupt-
nahrung beſteht aus Vögeln, ſowie aus kleinen und jungen Säugethieren, aus Mäuſen, Agutis,
Kaninchen,
jungen Rehen, ja wohl auch jungen Hirſchen ꝛc. Doch erſuhr Azara auch, daß
er ſich auf größere Thiere ſtürze, nach Art des Luchſes ſich in deren Halfe feſtbeiße und ſich nun von
dem Thiere nicht abſchütteln laſſe, ſondern hängen bleibe, bis es verendet ſei. Bei weitem den größten
Theil ſeiner Nahrung holt er ſich aus den Gehöften der Menſchen und nähert ſich deshalb ſehr
häufig den Wohnungen. Rengger beobachtete ihn und ſeine Raubzüge nicht ſelten und gab ihm
ſogar Gelegenheit, Jagden vor ſeinen Augen auszuführen. Jn der Nähe einer Bromelienhecke, in
welcher ſich ein Yaguarundi aufhielt, band dieſer Beobachter eine Henne an einer langen Schnur feſt
und ſtellte ſich dann auf die Lauer. Nach einiger Zeit ſtreckte der Räuber bald hier, bald dort den
Kopf zwiſchen den Bromelien hervor und ſah ſich vorſichtig um. Hierauf ſuchte er ſich unvermerkt der
Henne zu nähern, duckte dabei den Körper ganz auf die Erde und ſchlich ſo ſorgfältig, daß ſich kaum
die Grashalme bewegten. Als er ſich ſeinem Schlachtopfer bis auf ſechs oder acht Fuß genähert hatte,
zog er den Körper zuſammen und machte einen Sprung nach der Henne, packte ſie ſofort mit den
Zähnen beim Kopfe oder am Halſe und verſuchte, ſie nach der Hecke zu tragen. — Die Hühnerarten
ſcheinen mit ſein Lieblingsfutter zu ſein, und er ſoll dieſelben, wie genannter Forſcher verſichert, auch
von den Bäumen herabholen, während ſie ſchlafen. Niemals aber tödtet der Yaguarundi mehr
als ein Thier auf einmal. Macht er nur kleine Beute, welche ihn nicht vollkommen ſättigt, ſo
zieht er zum zweiten Male auf den Raub aus und holt ſich wieder ein Stückchen, bis er ſeinen
Hunger geſtillt hat.

Gewöhnlich lebt der Yuaguarundi paarweiſe in einem beſtimmten Gebiete und macht von hier
aus nur kurze Streifereien. Nicht ſelten theilt er ſeinen Jagdgrund auch mit anderen Paaren, was
ſonſt nicht die Art der Wildkatzen iſt. Renggers Hunde jagten einmal ſechs erwachſene Yaguarundis
aus einer einzigen Hecke heraus. Zur Zeit der Begattung, welche in die Monate November und
Dezember fällt, kommen natürlich immer mehrere Männchen zuſammen, und man hört ſie ſich dann in
dem Bromeliengeſtrüpp herumbalgen und dabei fauchen und kreiſchen. Etwa neun bis zehn Wochen
nach der Begattung wirft das Weibchen zwei bis drei Junge auf ein Lager im dichteſten Geſträuche,
in einem mit Geſtrüpp überwachſenen Graben oder in einem hohlen Baumſtamme. Niemals entfernt
ſich die Mutter weit von ihren Jungen. Sie verſorgt dieſelben, ſowie ſie größer werden, mit Vögeln
und kleinen Nagethieren, bis ſie die hoffnungsvollen Sprößlinge ſelbſt zum Fange anleiten und des-
halb mit ſich hinaus auf die Jagd nehmen kann. Bei herankommender Gefahr aber überläßt ſie ihre
Kinder feig dem Feinde, und niemals wagt ſie, dieſelben gegen Menſchen oder Hunde zu vertheidigen.
Der Yaguarundi greift überhaupt den Menſchen nicht an, und ſeine Jagd iſt deshalb auch ganz
gefahrlos. Man ſchießt ihn entweder auf dem Anſtande, fängt ihn in Fallen oder jagt ihn mit
Hunden, denen er ſich nur im äußerſten Nothfalle widerſetzt. Gewöhnlich ſucht er ſeinen Verfolgern
zwiſchen den ſtacheligen Bromelien zu entſchlüpfen; kommen ſie aber zu nahe, ſo bäumt er oder ſpringt
ſelbſt ins Waſſer und ſucht ſich ſchwimmend zu retten.

Rengger hat mehrere jung aufgezogene Yaguarundis in der Gefangenſchaft gehalten. Sie
wurden ſo zahm, wie die ſanfteſte Hauskatze. Jhre Raubſucht war aber doch zu groß, als daß unſer
Gewährsmann ihnen hätte geſtatten können, frei im Hauſe herumzulaufen. Deshalb hielt er ſie
in einem Käfig oder an einem Seile angebunden, welches ſie niemals zu zerbeißen verſuchten. Sie
ließen ſich ſehr gern ſtreicheln, ſpielten mit der Hand, die man ihnen darhielt, und äußerten durch
ihr Entgegenkommen und durch Sprünge ihre Freude, wenn man ſich ihnen näherte; doch zeigten
ſie für Niemanden insbeſondere weder Anhänglichkeit, noch Widerwillen. Sobald man ſie auch
nur einen Augenblick frei ließ, ſprangen ſie auf das Federvieh im Hofe los und fingen eine Henne
oder eine Ente weg. Selbſt angebunden ſuchten ſie dieſe Thiere zu erhaſchen, wenn ſie in ihre
Nähe kamen, und verſteckten ſich vorher recht ſchlau zu dieſem Zwecke. Keine Züchtigung konnte

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[219/0281] Leibes- und Lebensbeſchreibung. auch nicht ſelten bei Tage, geht er auf Raub aus; bei ſehr ſtürmiſchem Wetter aber verläßt er ſeinen Schlupfwinkel nicht und wartet lieber, bis die Gelegenheit günſtiger geworden iſt. Seine Haupt- nahrung beſteht aus Vögeln, ſowie aus kleinen und jungen Säugethieren, aus Mäuſen, Agutis, Kaninchen, jungen Rehen, ja wohl auch jungen Hirſchen ꝛc. Doch erſuhr Azara auch, daß er ſich auf größere Thiere ſtürze, nach Art des Luchſes ſich in deren Halfe feſtbeiße und ſich nun von dem Thiere nicht abſchütteln laſſe, ſondern hängen bleibe, bis es verendet ſei. Bei weitem den größten Theil ſeiner Nahrung holt er ſich aus den Gehöften der Menſchen und nähert ſich deshalb ſehr häufig den Wohnungen. Rengger beobachtete ihn und ſeine Raubzüge nicht ſelten und gab ihm ſogar Gelegenheit, Jagden vor ſeinen Augen auszuführen. Jn der Nähe einer Bromelienhecke, in welcher ſich ein Yaguarundi aufhielt, band dieſer Beobachter eine Henne an einer langen Schnur feſt und ſtellte ſich dann auf die Lauer. Nach einiger Zeit ſtreckte der Räuber bald hier, bald dort den Kopf zwiſchen den Bromelien hervor und ſah ſich vorſichtig um. Hierauf ſuchte er ſich unvermerkt der Henne zu nähern, duckte dabei den Körper ganz auf die Erde und ſchlich ſo ſorgfältig, daß ſich kaum die Grashalme bewegten. Als er ſich ſeinem Schlachtopfer bis auf ſechs oder acht Fuß genähert hatte, zog er den Körper zuſammen und machte einen Sprung nach der Henne, packte ſie ſofort mit den Zähnen beim Kopfe oder am Halſe und verſuchte, ſie nach der Hecke zu tragen. — Die Hühnerarten ſcheinen mit ſein Lieblingsfutter zu ſein, und er ſoll dieſelben, wie genannter Forſcher verſichert, auch von den Bäumen herabholen, während ſie ſchlafen. Niemals aber tödtet der Yaguarundi mehr als ein Thier auf einmal. Macht er nur kleine Beute, welche ihn nicht vollkommen ſättigt, ſo zieht er zum zweiten Male auf den Raub aus und holt ſich wieder ein Stückchen, bis er ſeinen Hunger geſtillt hat. Gewöhnlich lebt der Yuaguarundi paarweiſe in einem beſtimmten Gebiete und macht von hier aus nur kurze Streifereien. Nicht ſelten theilt er ſeinen Jagdgrund auch mit anderen Paaren, was ſonſt nicht die Art der Wildkatzen iſt. Renggers Hunde jagten einmal ſechs erwachſene Yaguarundis aus einer einzigen Hecke heraus. Zur Zeit der Begattung, welche in die Monate November und Dezember fällt, kommen natürlich immer mehrere Männchen zuſammen, und man hört ſie ſich dann in dem Bromeliengeſtrüpp herumbalgen und dabei fauchen und kreiſchen. Etwa neun bis zehn Wochen nach der Begattung wirft das Weibchen zwei bis drei Junge auf ein Lager im dichteſten Geſträuche, in einem mit Geſtrüpp überwachſenen Graben oder in einem hohlen Baumſtamme. Niemals entfernt ſich die Mutter weit von ihren Jungen. Sie verſorgt dieſelben, ſowie ſie größer werden, mit Vögeln und kleinen Nagethieren, bis ſie die hoffnungsvollen Sprößlinge ſelbſt zum Fange anleiten und des- halb mit ſich hinaus auf die Jagd nehmen kann. Bei herankommender Gefahr aber überläßt ſie ihre Kinder feig dem Feinde, und niemals wagt ſie, dieſelben gegen Menſchen oder Hunde zu vertheidigen. Der Yaguarundi greift überhaupt den Menſchen nicht an, und ſeine Jagd iſt deshalb auch ganz gefahrlos. Man ſchießt ihn entweder auf dem Anſtande, fängt ihn in Fallen oder jagt ihn mit Hunden, denen er ſich nur im äußerſten Nothfalle widerſetzt. Gewöhnlich ſucht er ſeinen Verfolgern zwiſchen den ſtacheligen Bromelien zu entſchlüpfen; kommen ſie aber zu nahe, ſo bäumt er oder ſpringt ſelbſt ins Waſſer und ſucht ſich ſchwimmend zu retten. Rengger hat mehrere jung aufgezogene Yaguarundis in der Gefangenſchaft gehalten. Sie wurden ſo zahm, wie die ſanfteſte Hauskatze. Jhre Raubſucht war aber doch zu groß, als daß unſer Gewährsmann ihnen hätte geſtatten können, frei im Hauſe herumzulaufen. Deshalb hielt er ſie in einem Käfig oder an einem Seile angebunden, welches ſie niemals zu zerbeißen verſuchten. Sie ließen ſich ſehr gern ſtreicheln, ſpielten mit der Hand, die man ihnen darhielt, und äußerten durch ihr Entgegenkommen und durch Sprünge ihre Freude, wenn man ſich ihnen näherte; doch zeigten ſie für Niemanden insbeſondere weder Anhänglichkeit, noch Widerwillen. Sobald man ſie auch nur einen Augenblick frei ließ, ſprangen ſie auf das Federvieh im Hofe los und fingen eine Henne oder eine Ente weg. Selbſt angebunden ſuchten ſie dieſe Thiere zu erhaſchen, wenn ſie in ihre Nähe kamen, und verſteckten ſich vorher recht ſchlau zu dieſem Zwecke. Keine Züchtigung konnte

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/281>, abgerufen am 22.11.2024.