erschienen sie auch schon in der nächsten Nacht wieder. Einer aber, welcher bereits zwei Stück Ge- flügel ertappt hatte, mußte mit dem Leben büßen, indem Abdallah ihm durch einen glücklichen Schuß die Wirbelsäule zerschmetterte."
Von seiner kühnen Mordlust lieferte der Leopard auch mir einen schlagenden Beweis. Wir ritten Vormittags durch einen Theil des Bogosgebirges. Da hörten wir über uns wieder einmal das stets zur Jagd herausfordernde Gebell der großen Paviane, und beschlossen sofort, unsere Büchsen an ihnen zu erproben. Unsere Leute, unter denen sich der egyptische Koch meines Freundes van Arkeld'Ablaing befand, blieben unten im Thale stehen, um die Maulthiere zu halten; wir kletterten langsam an der Bergwand empor, wählten uns einen ziemlich passenden Platz und feuerten von da aus nach den oben sitzenden Affen. Es war ziemlich hoch, und mancher von den Schüssen ging fehl; einige hatten jedoch getroffen: die Opfer derselben brachen entweder zusammen oder suchten verwundet das Weite. So sahen wir einen uralten Hamadryas, welcher leicht am Halse verletzt worden war, taumelnd und unsicher den Felsen herabkommen und an uns vorüberschwanken, sich mehr und mehr dem Thale zuwendend, woselbst wir ihn als Leiche zu finden hofften. Wir be- achteten ihn deshalb auch gar nicht weiter, sondern ließen ihn ruhig seines Weges ziehen und feuerten unsere Büchsen wieder nach den anderen Affen ab, welche noch da oben saßen. Urplötzlich entstand ein fürchterlicher Aufruhr unter den Affen und wenige Sekunden später ein wüster Lärm unten im Thale. Sämmtliche männliche Mantelpaviane rückten auf der Felskante vor, grunzten, brummten, brüllten und schlugen wüthend mit den Händen auf den Boden. Aller Augen richteten sich zur Tiefe, die ganze Bande rannte hin und her; einige besonders grimmige Männchen begannen an der Felswand herabzuklettern. Wir glaubten schon, daß jetzt wir angegriffen werden sollten, und beeilten uns etwas mehr, als gewöhnlich, mit dem Laden der Büchse. Da machte uns der Lärm unten auf die Tiefe aufmerksam. Wir hörten unsere Hunde bellen, die Leute rufen und vernahmen endlich die Worte: "zu Hilfe! zu Hilfe! ein Leopard!" An der Bergwand hinabschauend, erkannten wir denn auch wirklich das Raubthier, welches auf geradem Wege unseren Leuten zueilte, sich aber bereits mit einem Gegenstand beschäftigte, welcher uns unkenntlich blieb, weil er durch den Leoparden verdeckt war. Gleich darauf fielen unten zwei Schüsse. Die Hunde bellten laut auf, und die bis auf den Egypter wehrlosen Leute riefen von neuem mehrmals zu Hilfe. Dann wurde es bis auf das fort und fort dauernde Gebell der Hunde ruhig.
Die ganze Geschichte war so schnell vorübergegangen, daß wir noch immer nicht wußten, worum es sich eigentlich handelte. Wir stiegen deshalb ziemlich eilfertig an der Bergwand hinunter in das Thal. Hier trafen wir unsere Leute in den verschiedensten Stellungen. Der Egypter hatte sich auf einen Felsblock gestellt, hielt krampfhaft die Doppelbüchse seines Herrn in der Hand und starrte nach einem ziemlich dichten Busche hin, vor welchem die Hunde standen, jedoch in achtungsvoller Ent- nung. Der eine Abissinier war noch immer beschäftigt, die aufs äußerste erregten Maulthiere zu be- ruhigen, und der dritte Diener, ein junger Mensch von etwa 15 Jahren, war an der andern Thal- seite empor geklettert und schien von dort aus das Ganze überwachen zu wollen, seine eigne Sicherheit natürlich nebenbei auch im Auge behaltend.
"Jm Busche liegt der Leopard," sagte mir der Egypter; "ich habe auf ihn geschossen."
"Er ist, auf einem Affen reitend, den Berg heruntergekommen," fügte der Abissinier hinzu; "gerade auf uns los kam er; wahrscheinlich wollte er die Maulthiere oder uns auch noch verschlingen."
"Dicht an Euch vorüber ist er gelaufen," schloß der Dritte; "ich habe ihn schon oben auf dem Berge gesehen, als er auf den Affen sprang."
Vorsichtig die gespannte und abgestochne Büchse in der Hand haltend, näherte ich mich dem Busche bis auf zehn, acht, fünf Schritte, aber ich konnte, so sehr ich mich auch anstrengte, noch immer Nichts von dem Leoparden gewahren. Endlich verließ der Wächter oben, welcher durch mein Vor- gehen Muth gefaßt zu haben schien, seine Warte und deutete mit der Hand auf einen ganz bestimmten
Weſen. Nahrung. Frechheit.
erſchienen ſie auch ſchon in der nächſten Nacht wieder. Einer aber, welcher bereits zwei Stück Ge- flügel ertappt hatte, mußte mit dem Leben büßen, indem Abdallah ihm durch einen glücklichen Schuß die Wirbelſäule zerſchmetterte.‟
Von ſeiner kühnen Mordluſt lieferte der Leopard auch mir einen ſchlagenden Beweis. Wir ritten Vormittags durch einen Theil des Bogosgebirges. Da hörten wir über uns wieder einmal das ſtets zur Jagd herausfordernde Gebell der großen Paviane, und beſchloſſen ſofort, unſere Büchſen an ihnen zu erproben. Unſere Leute, unter denen ſich der egyptiſche Koch meines Freundes van Arkeld’Ablaing befand, blieben unten im Thale ſtehen, um die Maulthiere zu halten; wir kletterten langſam an der Bergwand empor, wählten uns einen ziemlich paſſenden Platz und feuerten von da aus nach den oben ſitzenden Affen. Es war ziemlich hoch, und mancher von den Schüſſen ging fehl; einige hatten jedoch getroffen: die Opfer derſelben brachen entweder zuſammen oder ſuchten verwundet das Weite. So ſahen wir einen uralten Hamadryas, welcher leicht am Halſe verletzt worden war, taumelnd und unſicher den Felſen herabkommen und an uns vorüberſchwanken, ſich mehr und mehr dem Thale zuwendend, woſelbſt wir ihn als Leiche zu finden hofften. Wir be- achteten ihn deshalb auch gar nicht weiter, ſondern ließen ihn ruhig ſeines Weges ziehen und feuerten unſere Büchſen wieder nach den anderen Affen ab, welche noch da oben ſaßen. Urplötzlich entſtand ein fürchterlicher Aufruhr unter den Affen und wenige Sekunden ſpäter ein wüſter Lärm unten im Thale. Sämmtliche männliche Mantelpaviane rückten auf der Felskante vor, grunzten, brummten, brüllten und ſchlugen wüthend mit den Händen auf den Boden. Aller Augen richteten ſich zur Tiefe, die ganze Bande rannte hin und her; einige beſonders grimmige Männchen begannen an der Felswand herabzuklettern. Wir glaubten ſchon, daß jetzt wir angegriffen werden ſollten, und beeilten uns etwas mehr, als gewöhnlich, mit dem Laden der Büchſe. Da machte uns der Lärm unten auf die Tiefe aufmerkſam. Wir hörten unſere Hunde bellen, die Leute rufen und vernahmen endlich die Worte: „zu Hilfe! zu Hilfe! ein Leopard!‟ An der Bergwand hinabſchauend, erkannten wir denn auch wirklich das Raubthier, welches auf geradem Wege unſeren Leuten zueilte, ſich aber bereits mit einem Gegenſtand beſchäftigte, welcher uns unkenntlich blieb, weil er durch den Leoparden verdeckt war. Gleich darauf fielen unten zwei Schüſſe. Die Hunde bellten laut auf, und die bis auf den Egypter wehrloſen Leute riefen von neuem mehrmals zu Hilfe. Dann wurde es bis auf das fort und fort dauernde Gebell der Hunde ruhig.
Die ganze Geſchichte war ſo ſchnell vorübergegangen, daß wir noch immer nicht wußten, worum es ſich eigentlich handelte. Wir ſtiegen deshalb ziemlich eilfertig an der Bergwand hinunter in das Thal. Hier trafen wir unſere Leute in den verſchiedenſten Stellungen. Der Egypter hatte ſich auf einen Felsblock geſtellt, hielt krampfhaft die Doppelbüchſe ſeines Herrn in der Hand und ſtarrte nach einem ziemlich dichten Buſche hin, vor welchem die Hunde ſtanden, jedoch in achtungsvoller Ent- nung. Der eine Abiſſinier war noch immer beſchäftigt, die aufs äußerſte erregten Maulthiere zu be- ruhigen, und der dritte Diener, ein junger Menſch von etwa 15 Jahren, war an der andern Thal- ſeite empor geklettert und ſchien von dort aus das Ganze überwachen zu wollen, ſeine eigne Sicherheit natürlich nebenbei auch im Auge behaltend.
„Jm Buſche liegt der Leopard,‟ ſagte mir der Egypter; „ich habe auf ihn geſchoſſen.‟
„Er iſt, auf einem Affen reitend, den Berg heruntergekommen,‟ fügte der Abiſſinier hinzu; „gerade auf uns los kam er; wahrſcheinlich wollte er die Maulthiere oder uns auch noch verſchlingen.‟
„Dicht an Euch vorüber iſt er gelaufen,‟ ſchloß der Dritte; „ich habe ihn ſchon oben auf dem Berge geſehen, als er auf den Affen ſprang.‟
Vorſichtig die geſpannte und abgeſtochne Büchſe in der Hand haltend, näherte ich mich dem Buſche bis auf zehn, acht, fünf Schritte, aber ich konnte, ſo ſehr ich mich auch anſtrengte, noch immer Nichts von dem Leoparden gewahren. Endlich verließ der Wächter oben, welcher durch mein Vor- gehen Muth gefaßt zu haben ſchien, ſeine Warte und deutete mit der Hand auf einen ganz beſtimmten
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[261/0325]
Weſen. Nahrung. Frechheit.
erſchienen ſie auch ſchon in der nächſten Nacht wieder. Einer aber, welcher bereits zwei Stück Ge-
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die Wirbelſäule zerſchmetterte.‟
Von ſeiner kühnen Mordluſt lieferte der Leopard auch mir einen ſchlagenden Beweis. Wir
ritten Vormittags durch einen Theil des Bogosgebirges. Da hörten wir über uns wieder einmal
das ſtets zur Jagd herausfordernde Gebell der großen Paviane, und beſchloſſen ſofort, unſere
Büchſen an ihnen zu erproben. Unſere Leute, unter denen ſich der egyptiſche Koch meines Freundes
van Arkeld’Ablaing befand, blieben unten im Thale ſtehen, um die Maulthiere zu halten; wir
kletterten langſam an der Bergwand empor, wählten uns einen ziemlich paſſenden Platz und feuerten
von da aus nach den oben ſitzenden Affen. Es war ziemlich hoch, und mancher von den Schüſſen
ging fehl; einige hatten jedoch getroffen: die Opfer derſelben brachen entweder zuſammen oder
ſuchten verwundet das Weite. So ſahen wir einen uralten Hamadryas, welcher leicht am Halſe
verletzt worden war, taumelnd und unſicher den Felſen herabkommen und an uns vorüberſchwanken,
ſich mehr und mehr dem Thale zuwendend, woſelbſt wir ihn als Leiche zu finden hofften. Wir be-
achteten ihn deshalb auch gar nicht weiter, ſondern ließen ihn ruhig ſeines Weges ziehen und feuerten
unſere Büchſen wieder nach den anderen Affen ab, welche noch da oben ſaßen. Urplötzlich entſtand
ein fürchterlicher Aufruhr unter den Affen und wenige Sekunden ſpäter ein wüſter Lärm unten im
Thale. Sämmtliche männliche Mantelpaviane rückten auf der Felskante vor, grunzten, brummten,
brüllten und ſchlugen wüthend mit den Händen auf den Boden. Aller Augen richteten ſich zur
Tiefe, die ganze Bande rannte hin und her; einige beſonders grimmige Männchen begannen an der
Felswand herabzuklettern. Wir glaubten ſchon, daß jetzt wir angegriffen werden ſollten, und beeilten
uns etwas mehr, als gewöhnlich, mit dem Laden der Büchſe. Da machte uns der Lärm unten auf die
Tiefe aufmerkſam. Wir hörten unſere Hunde bellen, die Leute rufen und vernahmen endlich die
Worte: „zu Hilfe! zu Hilfe! ein Leopard!‟ An der Bergwand hinabſchauend, erkannten wir denn
auch wirklich das Raubthier, welches auf geradem Wege unſeren Leuten zueilte, ſich aber bereits mit
einem Gegenſtand beſchäftigte, welcher uns unkenntlich blieb, weil er durch den Leoparden verdeckt
war. Gleich darauf fielen unten zwei Schüſſe. Die Hunde bellten laut auf, und die bis auf den
Egypter wehrloſen Leute riefen von neuem mehrmals zu Hilfe. Dann wurde es bis auf das fort und
fort dauernde Gebell der Hunde ruhig.
Die ganze Geſchichte war ſo ſchnell vorübergegangen, daß wir noch immer nicht wußten, worum
es ſich eigentlich handelte. Wir ſtiegen deshalb ziemlich eilfertig an der Bergwand hinunter in das
Thal. Hier trafen wir unſere Leute in den verſchiedenſten Stellungen. Der Egypter hatte ſich auf
einen Felsblock geſtellt, hielt krampfhaft die Doppelbüchſe ſeines Herrn in der Hand und ſtarrte nach
einem ziemlich dichten Buſche hin, vor welchem die Hunde ſtanden, jedoch in achtungsvoller Ent-
nung. Der eine Abiſſinier war noch immer beſchäftigt, die aufs äußerſte erregten Maulthiere zu be-
ruhigen, und der dritte Diener, ein junger Menſch von etwa 15 Jahren, war an der andern Thal-
ſeite empor geklettert und ſchien von dort aus das Ganze überwachen zu wollen, ſeine eigne Sicherheit
natürlich nebenbei auch im Auge behaltend.
„Jm Buſche liegt der Leopard,‟ ſagte mir der Egypter; „ich habe auf ihn geſchoſſen.‟
„Er iſt, auf einem Affen reitend, den Berg heruntergekommen,‟ fügte der Abiſſinier hinzu;
„gerade auf uns los kam er; wahrſcheinlich wollte er die Maulthiere oder uns auch noch
verſchlingen.‟
„Dicht an Euch vorüber iſt er gelaufen,‟ ſchloß der Dritte; „ich habe ihn ſchon oben auf dem
Berge geſehen, als er auf den Affen ſprang.‟
Vorſichtig die geſpannte und abgeſtochne Büchſe in der Hand haltend, näherte ich mich dem
Buſche bis auf zehn, acht, fünf Schritte, aber ich konnte, ſo ſehr ich mich auch anſtrengte, noch immer
Nichts von dem Leoparden gewahren. Endlich verließ der Wächter oben, welcher durch mein Vor-
gehen Muth gefaßt zu haben ſchien, ſeine Warte und deutete mit der Hand auf einen ganz beſtimmten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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