Die Mumien und Abbildungen auf den Denkmälern in Theben und in anderen egyptischen Ruinen stimmen mit dieser Katzenart am meisten überein und scheinen zu beweisen, daß sie es war, welche bei den alten Egyptern als Hausthier gehalten wurde. Vielleicht brachten die Priester das heilige Thier von Meroe in Südnubien nach Egypten; von hieraus könnte sie nach Arabien und Syrien und später über Griechenland oder Jtalien nach dem westlichen und nördlichen Europa ver- breitet worden sein und in neuerer Zeit durch die wandernden Europäer eine noch größere Verbrei- tung erhalten haben. Für mich erhalten diese Muthmaßungen Gewicht durch Beobachtungen, welche ich auf meinem letzten Jagdausfluge nach Habesch machte. Die Hauskatzen der Jemenesen und der Araber der Westküste des Rothen Meeres zeigen nicht nur eine ganz ähnliche Färbung, wie die Falb- katzen, sondern auch dieselbe Schlankheit und Schmächtigkeit, welche diese vor ihren Verwandten aus- zeichnet. Allerdings hat dort die Hauskatze nicht dasselbe Los, wie bei uns: ihre Herrschaft kümmert sich kaum um sie und überläßt es ihr auch selbst, sich zu ernähren. Dies dürfte aber schwerlich als Grund ihres schlechten Aussehens anzunehmen sein; denn an Nahrung fehlt es einem Raubthiere in dortiger Gegend nicht. Jch glaube, daß die Katze Nordostafrikas am treuesten sich ihre ursprüngliche Gestalt erhalten hat, d. h. am wenigsten den Einflüssen der Züchtung unterworfen gewesen ist. Die gewöhnliche Färbung der afrikanischen Hauskatze kommt der ihrer wahrscheinlichen Stammmutter am nächsten; doch findet man auch hier schon, obgleich sehr selten, eine ausgeartete, nämlich weiße, schwarze, rothgelbe und sogenannte dreifarbige Hauskatze.
Jch war eine Zeitlang im Besitz einer Falbkatze, habe mich aber vergeblich bemüht, ihr nur einigermaßen die Wildheit abzugewöhnen, welche sie zeigte. Das Thier war in den Steppen Ost- Sudahus alt gefangen worden und wurde mir in einem Käfig gebracht, welcher schon durch seine außerordentliche Festigkeit zeigte, daß man ein bedenkliches Raubthier in ihm verwahre, und ich habe die Katze niemals aus diesem Käsig nehmen dürfen, weil sie es überhaupt nicht gestattete, daß man sich ihr irgendwie näherte. Sobald man an sie herankam, fauchte und tobte sie wie unsinnig und bemühte sich nach Kräften, Einem Etwas zu versetzen. Strafen fruchteten gar Nichts. Jung aus dem Neste genommene habe ich nie gesehen und kann deshalb auch nicht darüber urtheilen, ob diese sich vollständig zähmen lassen.
Nach diesem Ueberblick der Wildkatzen können wir uns zu der für den Haushalt des Menschen nützlichsten Katze, unserm Hausfreunde Hinz (Catus domestieus), wenden. Die Unterschiede zwischen ihm und der Wildkatze sind etwa folgende: Der Leib der Hauskatze ist um ein Drittheil kleiner und weniger kräftig, der Schwanz länger und schlanker und gegen das Ende zu allmählich verdünnt, der Kopf stärker abgeplattet und der Darm fünf Mal -- bei der Wildkatze nur drei Mal -- so lang, als der Körper. Die Länge des Leibes beträgt gewöhnlich einen Fuß sechs Zoll, in seltneren Fällen aber noch drei bis vier Zoll mehr, die Länge des Schwanzes durchschnittlich einen Fuß und die Höhe am Widerrist zehn Zoll.
Die Katze hat als Hausthier eine sehr weite Verbreitung gefunden und zwar hauptsächlich seit der Einwanderung der Ratten, dieser abscheulichen, nächtlichen Plagegeister des Hauses. Es ist wohl anzunehmen, daß sie von Egypten aus zuerst verbreitet worden ist; wenigstens erhalten wir von dort aus die ersten geschichtlichen Nachrichten über sie. Gegen das Jahr 430 v. Chr. berichtet Herodot über den Aielurus, wie er Freund Hinz benennt, Folgendes: "Entsteht in Egypten irgendwo eine Feuersbrunst, so kümmern sich die Leute nicht ums Feuer, sondern um ihre Katzen. Sie stellen sich um sie herum und halten Wache. Entweicht aber eine Katze aus dem Kreise und stürzt sich in die Flammen, so kommt über die Egypter große Trauer. Stirbt eine Katze von selbst, so scheren alle Bewohner des Hauses ihre Augenbraunen ab. Die todten Katzen werden in heilige Ge- mächer geschafft, einbalsamirt und dann in der Stadt Bubastis beigesetzt." Aristoteles beschreibt die Katze ums Jahr 330 v. Chr. so genau, daß man unbedingt annehmen muß, er habe sie selbst beobachtet. Diodorus Siculus sagt ums Jahr 30 v. Chr.: "Wer in Egypten eine Katze ums
Die Raubthiere. Katzen. — Hinz.
Die Mumien und Abbildungen auf den Denkmälern in Theben und in anderen egyptiſchen Ruinen ſtimmen mit dieſer Katzenart am meiſten überein und ſcheinen zu beweiſen, daß ſie es war, welche bei den alten Egyptern als Hausthier gehalten wurde. Vielleicht brachten die Prieſter das heilige Thier von Meroë in Südnubien nach Egypten; von hieraus könnte ſie nach Arabien und Syrien und ſpäter über Griechenland oder Jtalien nach dem weſtlichen und nördlichen Europa ver- breitet worden ſein und in neuerer Zeit durch die wandernden Europäer eine noch größere Verbrei- tung erhalten haben. Für mich erhalten dieſe Muthmaßungen Gewicht durch Beobachtungen, welche ich auf meinem letzten Jagdausfluge nach Habeſch machte. Die Hauskatzen der Jemeneſen und der Araber der Weſtküſte des Rothen Meeres zeigen nicht nur eine ganz ähnliche Färbung, wie die Falb- katzen, ſondern auch dieſelbe Schlankheit und Schmächtigkeit, welche dieſe vor ihren Verwandten aus- zeichnet. Allerdings hat dort die Hauskatze nicht daſſelbe Los, wie bei uns: ihre Herrſchaft kümmert ſich kaum um ſie und überläßt es ihr auch ſelbſt, ſich zu ernähren. Dies dürfte aber ſchwerlich als Grund ihres ſchlechten Ausſehens anzunehmen ſein; denn an Nahrung fehlt es einem Raubthiere in dortiger Gegend nicht. Jch glaube, daß die Katze Nordoſtafrikas am treueſten ſich ihre urſprüngliche Geſtalt erhalten hat, d. h. am wenigſten den Einflüſſen der Züchtung unterworfen geweſen iſt. Die gewöhnliche Färbung der afrikaniſchen Hauskatze kommt der ihrer wahrſcheinlichen Stammmutter am nächſten; doch findet man auch hier ſchon, obgleich ſehr ſelten, eine ausgeartete, nämlich weiße, ſchwarze, rothgelbe und ſogenannte dreifarbige Hauskatze.
Jch war eine Zeitlang im Beſitz einer Falbkatze, habe mich aber vergeblich bemüht, ihr nur einigermaßen die Wildheit abzugewöhnen, welche ſie zeigte. Das Thier war in den Steppen Oſt- Sudahus alt gefangen worden und wurde mir in einem Käfig gebracht, welcher ſchon durch ſeine außerordentliche Feſtigkeit zeigte, daß man ein bedenkliches Raubthier in ihm verwahre, und ich habe die Katze niemals aus dieſem Käſig nehmen dürfen, weil ſie es überhaupt nicht geſtattete, daß man ſich ihr irgendwie näherte. Sobald man an ſie herankam, fauchte und tobte ſie wie unſinnig und bemühte ſich nach Kräften, Einem Etwas zu verſetzen. Strafen fruchteten gar Nichts. Jung aus dem Neſte genommene habe ich nie geſehen und kann deshalb auch nicht darüber urtheilen, ob dieſe ſich vollſtändig zähmen laſſen.
Nach dieſem Ueberblick der Wildkatzen können wir uns zu der für den Haushalt des Menſchen nützlichſten Katze, unſerm Hausfreunde Hinz (Catus domestieus), wenden. Die Unterſchiede zwiſchen ihm und der Wildkatze ſind etwa folgende: Der Leib der Hauskatze iſt um ein Drittheil kleiner und weniger kräftig, der Schwanz länger und ſchlanker und gegen das Ende zu allmählich verdünnt, der Kopf ſtärker abgeplattet und der Darm fünf Mal — bei der Wildkatze nur drei Mal — ſo lang, als der Körper. Die Länge des Leibes beträgt gewöhnlich einen Fuß ſechs Zoll, in ſeltneren Fällen aber noch drei bis vier Zoll mehr, die Länge des Schwanzes durchſchnittlich einen Fuß und die Höhe am Widerriſt zehn Zoll.
Die Katze hat als Hausthier eine ſehr weite Verbreitung gefunden und zwar hauptſächlich ſeit der Einwanderung der Ratten, dieſer abſcheulichen, nächtlichen Plagegeiſter des Hauſes. Es iſt wohl anzunehmen, daß ſie von Egypten aus zuerſt verbreitet worden iſt; wenigſtens erhalten wir von dort aus die erſten geſchichtlichen Nachrichten über ſie. Gegen das Jahr 430 v. Chr. berichtet Herodot über den Aielurus, wie er Freund Hinz benennt, Folgendes: „Entſteht in Egypten irgendwo eine Feuersbrunſt, ſo kümmern ſich die Leute nicht ums Feuer, ſondern um ihre Katzen. Sie ſtellen ſich um ſie herum und halten Wache. Entweicht aber eine Katze aus dem Kreiſe und ſtürzt ſich in die Flammen, ſo kommt über die Egypter große Trauer. Stirbt eine Katze von ſelbſt, ſo ſcheren alle Bewohner des Hauſes ihre Augenbraunen ab. Die todten Katzen werden in heilige Ge- mächer geſchafft, einbalſamirt und dann in der Stadt Bubaſtis beigeſetzt.‟ Ariſtoteles beſchreibt die Katze ums Jahr 330 v. Chr. ſo genau, daß man unbedingt annehmen muß, er habe ſie ſelbſt beobachtet. Diodorus Siculus ſagt ums Jahr 30 v. Chr.: „Wer in Egypten eine Katze ums
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Die Raubthiere. Katzen. — Hinz.
Die Mumien und Abbildungen auf den Denkmälern in Theben und in anderen egyptiſchen
Ruinen ſtimmen mit dieſer Katzenart am meiſten überein und ſcheinen zu beweiſen, daß ſie es war,
welche bei den alten Egyptern als Hausthier gehalten wurde. Vielleicht brachten die Prieſter das
heilige Thier von Meroë in Südnubien nach Egypten; von hieraus könnte ſie nach Arabien und
Syrien und ſpäter über Griechenland oder Jtalien nach dem weſtlichen und nördlichen Europa ver-
breitet worden ſein und in neuerer Zeit durch die wandernden Europäer eine noch größere Verbrei-
tung erhalten haben. Für mich erhalten dieſe Muthmaßungen Gewicht durch Beobachtungen, welche
ich auf meinem letzten Jagdausfluge nach Habeſch machte. Die Hauskatzen der Jemeneſen und der
Araber der Weſtküſte des Rothen Meeres zeigen nicht nur eine ganz ähnliche Färbung, wie die Falb-
katzen, ſondern auch dieſelbe Schlankheit und Schmächtigkeit, welche dieſe vor ihren Verwandten aus-
zeichnet. Allerdings hat dort die Hauskatze nicht daſſelbe Los, wie bei uns: ihre Herrſchaft kümmert
ſich kaum um ſie und überläßt es ihr auch ſelbſt, ſich zu ernähren. Dies dürfte aber ſchwerlich als
Grund ihres ſchlechten Ausſehens anzunehmen ſein; denn an Nahrung fehlt es einem Raubthiere in
dortiger Gegend nicht. Jch glaube, daß die Katze Nordoſtafrikas am treueſten ſich ihre urſprüngliche
Geſtalt erhalten hat, d. h. am wenigſten den Einflüſſen der Züchtung unterworfen geweſen iſt. Die
gewöhnliche Färbung der afrikaniſchen Hauskatze kommt der ihrer wahrſcheinlichen Stammmutter am
nächſten; doch findet man auch hier ſchon, obgleich ſehr ſelten, eine ausgeartete, nämlich weiße,
ſchwarze, rothgelbe und ſogenannte dreifarbige Hauskatze.
Jch war eine Zeitlang im Beſitz einer Falbkatze, habe mich aber vergeblich bemüht, ihr nur
einigermaßen die Wildheit abzugewöhnen, welche ſie zeigte. Das Thier war in den Steppen Oſt-
Sudahus alt gefangen worden und wurde mir in einem Käfig gebracht, welcher ſchon durch ſeine
außerordentliche Feſtigkeit zeigte, daß man ein bedenkliches Raubthier in ihm verwahre, und ich habe
die Katze niemals aus dieſem Käſig nehmen dürfen, weil ſie es überhaupt nicht geſtattete, daß man
ſich ihr irgendwie näherte. Sobald man an ſie herankam, fauchte und tobte ſie wie unſinnig und
bemühte ſich nach Kräften, Einem Etwas zu verſetzen. Strafen fruchteten gar Nichts. Jung aus
dem Neſte genommene habe ich nie geſehen und kann deshalb auch nicht darüber urtheilen, ob dieſe
ſich vollſtändig zähmen laſſen.
Nach dieſem Ueberblick der Wildkatzen können wir uns zu der für den Haushalt des Menſchen
nützlichſten Katze, unſerm Hausfreunde Hinz (Catus domestieus), wenden. Die Unterſchiede
zwiſchen ihm und der Wildkatze ſind etwa folgende: Der Leib der Hauskatze iſt um ein Drittheil
kleiner und weniger kräftig, der Schwanz länger und ſchlanker und gegen das Ende zu allmählich
verdünnt, der Kopf ſtärker abgeplattet und der Darm fünf Mal — bei der Wildkatze nur drei Mal —
ſo lang, als der Körper. Die Länge des Leibes beträgt gewöhnlich einen Fuß ſechs Zoll, in ſeltneren
Fällen aber noch drei bis vier Zoll mehr, die Länge des Schwanzes durchſchnittlich einen Fuß und
die Höhe am Widerriſt zehn Zoll.
Die Katze hat als Hausthier eine ſehr weite Verbreitung gefunden und zwar hauptſächlich ſeit
der Einwanderung der Ratten, dieſer abſcheulichen, nächtlichen Plagegeiſter des Hauſes. Es iſt
wohl anzunehmen, daß ſie von Egypten aus zuerſt verbreitet worden iſt; wenigſtens erhalten wir
von dort aus die erſten geſchichtlichen Nachrichten über ſie. Gegen das Jahr 430 v. Chr. berichtet
Herodot über den Aielurus, wie er Freund Hinz benennt, Folgendes: „Entſteht in Egypten
irgendwo eine Feuersbrunſt, ſo kümmern ſich die Leute nicht ums Feuer, ſondern um ihre Katzen.
Sie ſtellen ſich um ſie herum und halten Wache. Entweicht aber eine Katze aus dem Kreiſe und ſtürzt
ſich in die Flammen, ſo kommt über die Egypter große Trauer. Stirbt eine Katze von ſelbſt, ſo
ſcheren alle Bewohner des Hauſes ihre Augenbraunen ab. Die todten Katzen werden in heilige Ge-
mächer geſchafft, einbalſamirt und dann in der Stadt Bubaſtis beigeſetzt.‟ Ariſtoteles beſchreibt
die Katze ums Jahr 330 v. Chr. ſo genau, daß man unbedingt annehmen muß, er habe ſie ſelbſt
beobachtet. Diodorus Siculus ſagt ums Jahr 30 v. Chr.: „Wer in Egypten eine Katze ums
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/344>, abgerufen am 22.11.2024.
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