Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Gewohnheiten. Lebensschilderung. Fuchs ähnelt er auch darin, daß er nur selten in großen Gesellschaften jagt. Gewöhnlich sieht manTrupps von fünf bis sechs Stück, meistens eine Mutter mit ihren Kindern; doch kommt es auch vor, daß sich bei einem Aase viele Dingos versammeln: manche Ansiedler wollen bei solchen Gelegenheiten schon ihrer achtzig bis hundert vereinigt gesehen haben. Man behauptet, daß die Familien sehr treu zusammenhalten, ein eignes Gebiet haben und niemals in das einer andern Meute eintreten, aber ebensowenig leiden, daß diese ihre Grenzen überschreitet. Ehe die Ansiedler regelrecht gegen diesen Erzfeind ihrer Herden zu Felde zogen, verloren sie durch [Abbildung]
Der Dingo oder Warragal (Canis Dingo). weil die Schafe beim Erscheinen des Raubthieres wie unsinnig davon rennen, blind in die Steppehinausjagen und dann entweder anderen Dingos oder dem Durst zum Opfer fallen. Außer den Schafen frißt der "Wildhund" Kängurus aller Art und andere größere und kleinere Buschthiere. Er greift jedes lebende, eingeborne Thier Australiens mit unbeschreiblicher Gier und Wuth an, nur vor den Hunden fürchtet er sich. Die Hirten- und die Jagdhunde und die Dingos leben in ewiger Feindschaft: sie verfolgen sich gegenseitig mit wirklich beispiellosem Haß. Wenn mehrere Haushunde einen Dingo sehen, fallen sie über ihn her und reißen ihn in Stücke; daß Umgekehrte ist der Fall, wenn ein verirrter Haushund von Dingos gefunden wird. Doch kommt es vor, daß sich zur Paarungs- zeit eine Dingohündin zu den Schäferhunden gesellt und mit diesen sich verträgt. "Als ich eines Morgens aus meinem Zelte trat," sagt ein alter Buschmann in seinen "Forschergängen durch den Wald. "sah ich einen weiblichen Dingo mit allen unseren Hunden spielen. Sobald sie mich sah ging sie davon. Einer unserer Hunde folgte ihr aber und blieb drei Tage lang aus; er kam zurück, Gewohnheiten. Lebensſchilderung. Fuchs ähnelt er auch darin, daß er nur ſelten in großen Geſellſchaften jagt. Gewöhnlich ſieht manTrupps von fünf bis ſechs Stück, meiſtens eine Mutter mit ihren Kindern; doch kommt es auch vor, daß ſich bei einem Aaſe viele Dingos verſammeln: manche Anſiedler wollen bei ſolchen Gelegenheiten ſchon ihrer achtzig bis hundert vereinigt geſehen haben. Man behauptet, daß die Familien ſehr treu zuſammenhalten, ein eignes Gebiet haben und niemals in das einer andern Meute eintreten, aber ebenſowenig leiden, daß dieſe ihre Grenzen überſchreitet. Ehe die Anſiedler regelrecht gegen dieſen Erzfeind ihrer Herden zu Felde zogen, verloren ſie durch [Abbildung]
Der Dingo oder Warragal (Canis Dingo). weil die Schafe beim Erſcheinen des Raubthieres wie unſinnig davon rennen, blind in die Steppehinausjagen und dann entweder anderen Dingos oder dem Durſt zum Opfer fallen. Außer den Schafen frißt der „Wildhund‟ Kängurus aller Art und andere größere und kleinere Buſchthiere. Er greift jedes lebende, eingeborne Thier Auſtraliens mit unbeſchreiblicher Gier und Wuth an, nur vor den Hunden fürchtet er ſich. Die Hirten- und die Jagdhunde und die Dingos leben in ewiger Feindſchaft: ſie verfolgen ſich gegenſeitig mit wirklich beiſpielloſem Haß. Wenn mehrere Haushunde einen Dingo ſehen, fallen ſie über ihn her und reißen ihn in Stücke; daß Umgekehrte iſt der Fall, wenn ein verirrter Haushund von Dingos gefunden wird. Doch kommt es vor, daß ſich zur Paarungs- zeit eine Dingohündin zu den Schäferhunden geſellt und mit dieſen ſich verträgt. „Als ich eines Morgens aus meinem Zelte trat,‟ ſagt ein alter Buſchmann in ſeinen „Forſchergängen durch den Wald. „ſah ich einen weiblichen Dingo mit allen unſeren Hunden ſpielen. Sobald ſie mich ſah ging ſie davon. Einer unſerer Hunde folgte ihr aber und blieb drei Tage lang aus; er kam zurück, <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0391" n="325"/><fw place="top" type="header">Gewohnheiten. Lebensſchilderung.</fw><lb/> Fuchs ähnelt er auch darin, daß er nur ſelten in großen Geſellſchaften jagt. Gewöhnlich ſieht man<lb/> Trupps von fünf bis ſechs Stück, meiſtens eine Mutter mit ihren Kindern; doch kommt es auch vor,<lb/> daß ſich bei einem Aaſe viele Dingos verſammeln: manche Anſiedler wollen bei ſolchen Gelegenheiten<lb/> ſchon ihrer achtzig bis hundert vereinigt geſehen haben. Man behauptet, daß die Familien ſehr treu<lb/> zuſammenhalten, ein eignes Gebiet haben und niemals in das einer andern Meute eintreten, aber<lb/> ebenſowenig leiden, daß dieſe ihre Grenzen überſchreitet.</p><lb/> <p>Ehe die Anſiedler regelrecht gegen dieſen Erzfeind ihrer Herden zu Felde zogen, verloren ſie durch<lb/> ihn erſtaunlich viel Schafe. Man verſichert, daß in einer einzigen Schäferei binnen drei Monaten<lb/> nicht weniger als 1200 Stück Schafe und Lämmer von den Dingos geraubt wurden. Größer noch,<lb/> als die Verluſte, welche ein Einfall des Raubthieres unmittelbar zur Folge hat, ſind die mittelbaren,<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Dingo</hi> oder <hi rendition="#g">Warragal</hi> (<hi rendition="#aq">Canis Dingo</hi>).</hi></head></figure><lb/> weil die Schafe beim Erſcheinen des Raubthieres wie unſinnig davon rennen, blind in die Steppe<lb/> hinausjagen und dann entweder anderen Dingos oder dem Durſt zum Opfer fallen. Außer den<lb/> Schafen frißt der <hi rendition="#g">„Wildhund‟ Kängurus</hi> aller Art und andere größere und kleinere Buſchthiere.<lb/> Er greift jedes lebende, eingeborne Thier Auſtraliens mit unbeſchreiblicher Gier und Wuth an, nur<lb/> vor den Hunden fürchtet er ſich. Die Hirten- und die Jagdhunde und die Dingos leben in ewiger<lb/> Feindſchaft: ſie verfolgen ſich gegenſeitig mit wirklich beiſpielloſem Haß. Wenn mehrere Haushunde<lb/> einen Dingo ſehen, fallen ſie über ihn her und reißen ihn in Stücke; daß Umgekehrte iſt der Fall,<lb/> wenn ein verirrter Haushund von Dingos gefunden wird. Doch kommt es vor, daß ſich zur Paarungs-<lb/> zeit eine Dingohündin zu den Schäferhunden geſellt und mit dieſen ſich verträgt. „Als ich eines<lb/> Morgens aus meinem Zelte trat,‟ ſagt <hi rendition="#g">ein alter Buſchmann</hi> in ſeinen „<hi rendition="#g">Forſchergängen durch<lb/> den Wald.</hi> „ſah ich einen weiblichen Dingo mit allen unſeren Hunden ſpielen. Sobald ſie mich ſah<lb/> ging ſie davon. Einer unſerer Hunde folgte ihr aber und blieb drei Tage lang aus; er kam zurück,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [325/0391]
Gewohnheiten. Lebensſchilderung.
Fuchs ähnelt er auch darin, daß er nur ſelten in großen Geſellſchaften jagt. Gewöhnlich ſieht man
Trupps von fünf bis ſechs Stück, meiſtens eine Mutter mit ihren Kindern; doch kommt es auch vor,
daß ſich bei einem Aaſe viele Dingos verſammeln: manche Anſiedler wollen bei ſolchen Gelegenheiten
ſchon ihrer achtzig bis hundert vereinigt geſehen haben. Man behauptet, daß die Familien ſehr treu
zuſammenhalten, ein eignes Gebiet haben und niemals in das einer andern Meute eintreten, aber
ebenſowenig leiden, daß dieſe ihre Grenzen überſchreitet.
Ehe die Anſiedler regelrecht gegen dieſen Erzfeind ihrer Herden zu Felde zogen, verloren ſie durch
ihn erſtaunlich viel Schafe. Man verſichert, daß in einer einzigen Schäferei binnen drei Monaten
nicht weniger als 1200 Stück Schafe und Lämmer von den Dingos geraubt wurden. Größer noch,
als die Verluſte, welche ein Einfall des Raubthieres unmittelbar zur Folge hat, ſind die mittelbaren,
[Abbildung Der Dingo oder Warragal (Canis Dingo).]
weil die Schafe beim Erſcheinen des Raubthieres wie unſinnig davon rennen, blind in die Steppe
hinausjagen und dann entweder anderen Dingos oder dem Durſt zum Opfer fallen. Außer den
Schafen frißt der „Wildhund‟ Kängurus aller Art und andere größere und kleinere Buſchthiere.
Er greift jedes lebende, eingeborne Thier Auſtraliens mit unbeſchreiblicher Gier und Wuth an, nur
vor den Hunden fürchtet er ſich. Die Hirten- und die Jagdhunde und die Dingos leben in ewiger
Feindſchaft: ſie verfolgen ſich gegenſeitig mit wirklich beiſpielloſem Haß. Wenn mehrere Haushunde
einen Dingo ſehen, fallen ſie über ihn her und reißen ihn in Stücke; daß Umgekehrte iſt der Fall,
wenn ein verirrter Haushund von Dingos gefunden wird. Doch kommt es vor, daß ſich zur Paarungs-
zeit eine Dingohündin zu den Schäferhunden geſellt und mit dieſen ſich verträgt. „Als ich eines
Morgens aus meinem Zelte trat,‟ ſagt ein alter Buſchmann in ſeinen „Forſchergängen durch
den Wald. „ſah ich einen weiblichen Dingo mit allen unſeren Hunden ſpielen. Sobald ſie mich ſah
ging ſie davon. Einer unſerer Hunde folgte ihr aber und blieb drei Tage lang aus; er kam zurück,
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