Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Nahrung. Seine Sinne, besonders der Geruch. in seiner eigenthümlichen schiefen Richtung, wie Jeder, der ihn genau beobachtet, bemerken kann. Beieiligem Laufe ist er im Stande, große Sprünge zu machen, nicht aber auch jähe Wendungen, Kreuz- und Querbewegungen auszuführen. Das Schwimmen versteht jeder Hund von Hause aus, obwohl einige Arten weit besser, als andere. Einige lieben das Wasser außerordentlich; verwöhnte Hunde scheuen es in hohem Grade. Das Klettern habe ich von den Hunden hauptsächlich in Afrika beobachtet. Hier erklimmen sie mit großer Gewandtheit Mauern und die wenig geneigten Hausdächer, und laufen mit unfehlbarer Sicherheit wie Katzen auf den schmalsten Absätzen hin. -- Jn der Ruhe sitzt der Hund ent- weder auf den Hinterbeinen oder legt sich auf die Seite oder den Bauch, indem er die Hinterfüße auswärtslegt, die Vorderfüße vorwärtsstreckt und zwischen sie seinen Kopf legt; selten streckt er die Hinterbeine dabei auch nach rückwärts aus. Große, schwere Hunde legen sich im Sommer gern in den Schatten und zuweilen auf den Rücken. Bei Kühle ziehen sie die Füße an sich und stecken die Schnauze zwischen die Hinterbeine. Die Wärme lieben alle und ebenso eine weiche Unterlage; dagegen ver- tragen sie nur äußerst selten eine Decke, welche sie birgt, und die Nase wenigstens muß stets unter einer solchen hervorschauen. Ehe sich der Hund niederlegt, geht er einige Male im Kreis umher und scharrt sein Lager auf, oder versucht Dies wenigstens zu thun. Das Scharren macht ihm Ver- gnügen; er kratzt oft mit den Vorder- oder Hinterbeinen gleichsam zu seiner Unterhaltung. Alle Hunde schlafen gern und viel, aber in Absätzen, und ihr Schlaf ist sehr leise und unruhig, Die Sinne des Hundes sind scharf, aber bei den verschiedenen Arten nicht gleichmäßig aus- Nahrung. Seine Sinne, beſonders der Geruch. in ſeiner eigenthümlichen ſchiefen Richtung, wie Jeder, der ihn genau beobachtet, bemerken kann. Beieiligem Laufe iſt er im Stande, große Sprünge zu machen, nicht aber auch jähe Wendungen, Kreuz- und Querbewegungen auszuführen. Das Schwimmen verſteht jeder Hund von Hauſe aus, obwohl einige Arten weit beſſer, als andere. Einige lieben das Waſſer außerordentlich; verwöhnte Hunde ſcheuen es in hohem Grade. Das Klettern habe ich von den Hunden hauptſächlich in Afrika beobachtet. Hier erklimmen ſie mit großer Gewandtheit Mauern und die wenig geneigten Hausdächer, und laufen mit unfehlbarer Sicherheit wie Katzen auf den ſchmalſten Abſätzen hin. — Jn der Ruhe ſitzt der Hund ent- weder auf den Hinterbeinen oder legt ſich auf die Seite oder den Bauch, indem er die Hinterfüße auswärtslegt, die Vorderfüße vorwärtsſtreckt und zwiſchen ſie ſeinen Kopf legt; ſelten ſtreckt er die Hinterbeine dabei auch nach rückwärts aus. Große, ſchwere Hunde legen ſich im Sommer gern in den Schatten und zuweilen auf den Rücken. Bei Kühle ziehen ſie die Füße an ſich und ſtecken die Schnauze zwiſchen die Hinterbeine. Die Wärme lieben alle und ebenſo eine weiche Unterlage; dagegen ver- tragen ſie nur äußerſt ſelten eine Decke, welche ſie birgt, und die Naſe wenigſtens muß ſtets unter einer ſolchen hervorſchauen. Ehe ſich der Hund niederlegt, geht er einige Male im Kreis umher und ſcharrt ſein Lager auf, oder verſucht Dies wenigſtens zu thun. Das Scharren macht ihm Ver- gnügen; er kratzt oft mit den Vorder- oder Hinterbeinen gleichſam zu ſeiner Unterhaltung. Alle Hunde ſchlafen gern und viel, aber in Abſätzen, und ihr Schlaf iſt ſehr leiſe und unruhig, Die Sinne des Hundes ſind ſcharf, aber bei den verſchiedenen Arten nicht gleichmäßig aus- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0399" n="333"/><fw place="top" type="header">Nahrung. Seine Sinne, beſonders der Geruch.</fw><lb/> in ſeiner eigenthümlichen ſchiefen Richtung, wie Jeder, der ihn genau beobachtet, bemerken kann. Bei<lb/> eiligem Laufe iſt er im Stande, große Sprünge zu machen, nicht aber auch jähe Wendungen, Kreuz-<lb/> und Querbewegungen auszuführen. Das Schwimmen verſteht jeder Hund von Hauſe aus, obwohl einige<lb/> Arten weit beſſer, als andere. Einige lieben das Waſſer außerordentlich; verwöhnte Hunde ſcheuen<lb/> es in hohem Grade. Das Klettern habe ich von den Hunden hauptſächlich in Afrika beobachtet. Hier<lb/> erklimmen ſie mit großer Gewandtheit Mauern und die wenig geneigten Hausdächer, und laufen mit<lb/> unfehlbarer Sicherheit wie Katzen auf den ſchmalſten Abſätzen hin. — Jn der Ruhe ſitzt der Hund ent-<lb/> weder auf den Hinterbeinen oder legt ſich auf die Seite oder den Bauch, indem er die Hinterfüße<lb/> auswärtslegt, die Vorderfüße vorwärtsſtreckt und zwiſchen ſie ſeinen Kopf legt; ſelten ſtreckt er die<lb/> Hinterbeine dabei auch nach rückwärts aus. Große, ſchwere Hunde legen ſich im Sommer gern in den<lb/> Schatten und zuweilen auf den Rücken. Bei Kühle ziehen ſie die Füße an ſich und ſtecken die Schnauze<lb/> zwiſchen die Hinterbeine. Die Wärme lieben alle und ebenſo eine weiche Unterlage; dagegen ver-<lb/> tragen ſie nur äußerſt ſelten eine Decke, welche ſie birgt, und die Naſe wenigſtens muß ſtets unter<lb/> einer ſolchen hervorſchauen. Ehe ſich der Hund niederlegt, geht er einige Male im Kreis umher und<lb/> ſcharrt ſein Lager auf, oder verſucht Dies wenigſtens zu thun. Das Scharren macht ihm Ver-<lb/> gnügen; er kratzt oft mit den Vorder- oder Hinterbeinen gleichſam zu ſeiner Unterhaltung.</p><lb/> <p>Alle Hunde ſchlafen gern und viel, aber in Abſätzen, und ihr Schlaf iſt ſehr leiſe und unruhig,<lb/> häufig auch von Träumen begleitet, welche ſie durch Wedeln mit dem Schwanze, durch Zuckungen,<lb/> Knurren und leiſes Bellen kundgeben. Reinlichkeit lieben ſie über Alles, und der Ort, wo ſie<lb/> gehalten werden und namentlich, wo ſie ſchlafen ſollen, muß immer rein ſein. Jhren Unrath ſetzen<lb/> ſie gern auf kahlen Plätzen, beſonders auf Steinen ab und decken ihn zuweilen mit Miſt oder Erde zu,<lb/> welche ſie mit den Hinterfüßen nach rückwärts werfen. Selten gehen die männlichen Hunde an einem<lb/> Haufen, Stein, Pfahl oder Strauch vorüber, ohne ſich hierbei ihres Harns zu entledigen, und zwar<lb/> thun ſie Dies, wenn ſie über neun Monate alt geworden ſind, nach <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é</hi></hi>’ſcher Angabe. Dagegen<lb/> ſchwitzen ſie wenig am Körper, ſelbſt beim ſtärkſten und anhaltendſten Laufe; ihr Schweiß ſondert ſich<lb/> auf der Zunge ab, welche ſie, wenn ſie erhitzt ſind, keuchend aus dem Munde ſtrecken.</p><lb/> <p>Die Sinne des Hundes ſind ſcharf, aber bei den verſchiedenen Arten nicht gleichmäßig aus-<lb/> gebildet. Geruch, Gehör und Geſicht ſcheinen obenanzuſtehen, und zwar zeichnen ſich die einen durch<lb/> beſſeres Gehör, die anderen durch beſſern Geruch vor den übrigen aus. Auch der Geſchmack iſt<lb/> ihnen nicht abzuſprechen, obwohl ſich derſelbe in eigenthümlicher Weiſe äußert. Alle Reizungen,<lb/> welche ihre Sinneswerkzeuge zu ſehr anregen, ſind ihnen verhaßt. Am unempfindlichſten ſind ſie noch<lb/> gegen das Licht; ſehr empfindlich aber gegen laute und gellende Töne oder ſcharfe Gerüche. Glocken-<lb/> geläute und Muſik bewegt ſie zum Heulen; kölniſches Waſſer, Salmiakgeiſt, Aether und dergleichen<lb/> ruft wahres Entſetzen bei ihnen hervor, wenn man ſolche Dinge ihnen unter die Naſe hält. Der<lb/> Geruch iſt bei manchen in wunderbarer Weiſe entwickelt und erreicht eine Höhe, welche wir geradezu<lb/> nicht begreifen können. Wie wichtig der Geruchſinn für das Leben der Hunde iſt, geht ſchlagend aus<lb/> Unterſuchungen hervor, welche <hi rendition="#g">Biffi</hi> und nach ihm <hi rendition="#g">Schiff</hi> anſtellten. Sie zerſchnitten ſäugenden<lb/> Hunden den <hi rendition="#g">Riechnerven</hi> (<hi rendition="#aq">Tractus olfactorius</hi>) und den <hi rendition="#g">Riechkolben</hi> (<hi rendition="#aq">Bulbus olfactorius</hi>). Nach-<lb/> dem Dies geſchehen war, krochen die Hündchen ſcheinbar geſund im Lager umher; aber ſie konnten die<lb/> Zitzen der Mutter nicht mehr finden, und es blieb gar nichts Anderes übrig, als ſie mittelſt einer<lb/> Spritze zu ernähren. Sie machten Saugverſuche an einem erwärmten Schafspelz, und merkten die<lb/> Nähe der Mutter gewöhnlich erſt durch Berührung. Als ſie zu laufen begannen, verirrten ſie ſich<lb/> oft und fanden das Lager nicht wieder. Fleiſch und Brod in der Milch ließen ſie liegen, zogen<lb/> ſpäter das Fleiſch dem Brod nicht vor, merkten das Futter nur durch das Geſicht und ließen ſich<lb/> deshalb leicht täuſchen in der allerſonderbarſten Weiſe. Die Feuchtigkeit und Wärme eines Gegen-<lb/> ſtandes leitete ſie dabei oft gänzlich falſch. Sie ließen trocknes Fleiſch liegen, leckten aber den eigenen<lb/> Harn und den eigenen Koth auf. Schweflige Säure und andere ſtarke Gerüche beachteten ſie gar<lb/> nicht; Ammoniak und Aether bewirkten nach längerer Zeit Nieſen, aber erſt viel ſpäter, als bei<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [333/0399]
Nahrung. Seine Sinne, beſonders der Geruch.
in ſeiner eigenthümlichen ſchiefen Richtung, wie Jeder, der ihn genau beobachtet, bemerken kann. Bei
eiligem Laufe iſt er im Stande, große Sprünge zu machen, nicht aber auch jähe Wendungen, Kreuz-
und Querbewegungen auszuführen. Das Schwimmen verſteht jeder Hund von Hauſe aus, obwohl einige
Arten weit beſſer, als andere. Einige lieben das Waſſer außerordentlich; verwöhnte Hunde ſcheuen
es in hohem Grade. Das Klettern habe ich von den Hunden hauptſächlich in Afrika beobachtet. Hier
erklimmen ſie mit großer Gewandtheit Mauern und die wenig geneigten Hausdächer, und laufen mit
unfehlbarer Sicherheit wie Katzen auf den ſchmalſten Abſätzen hin. — Jn der Ruhe ſitzt der Hund ent-
weder auf den Hinterbeinen oder legt ſich auf die Seite oder den Bauch, indem er die Hinterfüße
auswärtslegt, die Vorderfüße vorwärtsſtreckt und zwiſchen ſie ſeinen Kopf legt; ſelten ſtreckt er die
Hinterbeine dabei auch nach rückwärts aus. Große, ſchwere Hunde legen ſich im Sommer gern in den
Schatten und zuweilen auf den Rücken. Bei Kühle ziehen ſie die Füße an ſich und ſtecken die Schnauze
zwiſchen die Hinterbeine. Die Wärme lieben alle und ebenſo eine weiche Unterlage; dagegen ver-
tragen ſie nur äußerſt ſelten eine Decke, welche ſie birgt, und die Naſe wenigſtens muß ſtets unter
einer ſolchen hervorſchauen. Ehe ſich der Hund niederlegt, geht er einige Male im Kreis umher und
ſcharrt ſein Lager auf, oder verſucht Dies wenigſtens zu thun. Das Scharren macht ihm Ver-
gnügen; er kratzt oft mit den Vorder- oder Hinterbeinen gleichſam zu ſeiner Unterhaltung.
Alle Hunde ſchlafen gern und viel, aber in Abſätzen, und ihr Schlaf iſt ſehr leiſe und unruhig,
häufig auch von Träumen begleitet, welche ſie durch Wedeln mit dem Schwanze, durch Zuckungen,
Knurren und leiſes Bellen kundgeben. Reinlichkeit lieben ſie über Alles, und der Ort, wo ſie
gehalten werden und namentlich, wo ſie ſchlafen ſollen, muß immer rein ſein. Jhren Unrath ſetzen
ſie gern auf kahlen Plätzen, beſonders auf Steinen ab und decken ihn zuweilen mit Miſt oder Erde zu,
welche ſie mit den Hinterfüßen nach rückwärts werfen. Selten gehen die männlichen Hunde an einem
Haufen, Stein, Pfahl oder Strauch vorüber, ohne ſich hierbei ihres Harns zu entledigen, und zwar
thun ſie Dies, wenn ſie über neun Monate alt geworden ſind, nach Linné’ſcher Angabe. Dagegen
ſchwitzen ſie wenig am Körper, ſelbſt beim ſtärkſten und anhaltendſten Laufe; ihr Schweiß ſondert ſich
auf der Zunge ab, welche ſie, wenn ſie erhitzt ſind, keuchend aus dem Munde ſtrecken.
Die Sinne des Hundes ſind ſcharf, aber bei den verſchiedenen Arten nicht gleichmäßig aus-
gebildet. Geruch, Gehör und Geſicht ſcheinen obenanzuſtehen, und zwar zeichnen ſich die einen durch
beſſeres Gehör, die anderen durch beſſern Geruch vor den übrigen aus. Auch der Geſchmack iſt
ihnen nicht abzuſprechen, obwohl ſich derſelbe in eigenthümlicher Weiſe äußert. Alle Reizungen,
welche ihre Sinneswerkzeuge zu ſehr anregen, ſind ihnen verhaßt. Am unempfindlichſten ſind ſie noch
gegen das Licht; ſehr empfindlich aber gegen laute und gellende Töne oder ſcharfe Gerüche. Glocken-
geläute und Muſik bewegt ſie zum Heulen; kölniſches Waſſer, Salmiakgeiſt, Aether und dergleichen
ruft wahres Entſetzen bei ihnen hervor, wenn man ſolche Dinge ihnen unter die Naſe hält. Der
Geruch iſt bei manchen in wunderbarer Weiſe entwickelt und erreicht eine Höhe, welche wir geradezu
nicht begreifen können. Wie wichtig der Geruchſinn für das Leben der Hunde iſt, geht ſchlagend aus
Unterſuchungen hervor, welche Biffi und nach ihm Schiff anſtellten. Sie zerſchnitten ſäugenden
Hunden den Riechnerven (Tractus olfactorius) und den Riechkolben (Bulbus olfactorius). Nach-
dem Dies geſchehen war, krochen die Hündchen ſcheinbar geſund im Lager umher; aber ſie konnten die
Zitzen der Mutter nicht mehr finden, und es blieb gar nichts Anderes übrig, als ſie mittelſt einer
Spritze zu ernähren. Sie machten Saugverſuche an einem erwärmten Schafspelz, und merkten die
Nähe der Mutter gewöhnlich erſt durch Berührung. Als ſie zu laufen begannen, verirrten ſie ſich
oft und fanden das Lager nicht wieder. Fleiſch und Brod in der Milch ließen ſie liegen, zogen
ſpäter das Fleiſch dem Brod nicht vor, merkten das Futter nur durch das Geſicht und ließen ſich
deshalb leicht täuſchen in der allerſonderbarſten Weiſe. Die Feuchtigkeit und Wärme eines Gegen-
ſtandes leitete ſie dabei oft gänzlich falſch. Sie ließen trocknes Fleiſch liegen, leckten aber den eigenen
Harn und den eigenen Koth auf. Schweflige Säure und andere ſtarke Gerüche beachteten ſie gar
nicht; Ammoniak und Aether bewirkten nach längerer Zeit Nieſen, aber erſt viel ſpäter, als bei
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