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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Bullenbeißer.
gegen das Ende zu verschmälert, ziemlich lang; er reicht bis an das Fersengelenk. Selten wird er
gerade oder nach rückwärts gestreckt, sondern meistens in die Höhe gerichtet und vorwärts gebeugt.
Die Färbung ist entweder fahl oder bräunlichgelb, bisweilen mit einem schwärzlichen Ueberfluge, oder
auch bräunlich; die Schnauze, die Lippen und die äußeren Enden der Ohren sind schwarz: doch giebt
es, wie bei allen Hunden, vielfache Abänderungen. Gewöhnlich beträgt die Körperlänge 21/2 Fuß,
die des Schwanzes etwas über 1 Fuß, die Höhe am Widerrist gegen 2 Fuß.

Als muthmaßliche Heimat des Bullenbeißers kann Jrland betrachtet werden; wenigstens
finden sich dort die ausgezeichnetsten Rassen, welche man überhaupt kennt. Die Thiere sind schwer und
plump, und ihr Lauf ist deswegen weder anhaltend, noch rasch. Dagegen besitzen sie eine überaus große
Stärke, viel Entschlossenheit und einen unglaublichen Muth, ja, man kann sagen, daß sie mit wenigen

[Abbildung] Der dänische Hund (Canis danicus).
Ausnahmen als die muthigsten aller Thiere angesehen werden können. Diese hervorragende Eigen-
schaft ist so wohl bekannt, daß sie zum Sprichwort geworden ist. Jhrer Stärke wegen sind die Bullen-
beißer zu schwerer und gefährlicher Jagd und zu Kämpfen mit wilden Thieren besonders geeignet.
Noch im Anfange dieses Jahrhunderts veranstalteten die Engländer Kampfspiele zwischen Bullen-
beißern und Stieren; selbst gegen Bären und Löwen kämpften die Hunde mit vielem Glück: man
rechnete nur drei Doggen auf einen Bären, vier auf einen Löwen.

Die geistigen Fähigkeiten des Bullenbeißers sind nicht so ausgezeichnet, wie die der übrigen
gescheiten Hunde, keineswegs aber so tief stehend, wie man gewöhnlich angenommen hat. Man glaubte,
in dem Bullenbeißer ein Thier der rohen Stärke vor sich zu sehen, und gab sich vom Anfang an dem
Glauben hin, daß es in geistiger Hinsicht durchaus Nichts leisten könne. Doch ist diese Ansicht unbe-
gründet; denn jeder Bullenbeißer gewöhnt sich an den Menschen und opfert mit Vergnügen sein Leben
für ihn auf. Er eignet sich vortrefflich zum Wachen und Hüten unsers Hauses oder unserer Güter

Die Raubthiere. Hunde. — Bullenbeißer.
gegen das Ende zu verſchmälert, ziemlich lang; er reicht bis an das Ferſengelenk. Selten wird er
gerade oder nach rückwärts geſtreckt, ſondern meiſtens in die Höhe gerichtet und vorwärts gebeugt.
Die Färbung iſt entweder fahl oder bräunlichgelb, bisweilen mit einem ſchwärzlichen Ueberfluge, oder
auch bräunlich; die Schnauze, die Lippen und die äußeren Enden der Ohren ſind ſchwarz: doch giebt
es, wie bei allen Hunden, vielfache Abänderungen. Gewöhnlich beträgt die Körperlänge 2½ Fuß,
die des Schwanzes etwas über 1 Fuß, die Höhe am Widerriſt gegen 2 Fuß.

Als muthmaßliche Heimat des Bullenbeißers kann Jrland betrachtet werden; wenigſtens
finden ſich dort die ausgezeichnetſten Raſſen, welche man überhaupt kennt. Die Thiere ſind ſchwer und
plump, und ihr Lauf iſt deswegen weder anhaltend, noch raſch. Dagegen beſitzen ſie eine überaus große
Stärke, viel Entſchloſſenheit und einen unglaublichen Muth, ja, man kann ſagen, daß ſie mit wenigen

[Abbildung] Der däniſche Hund (Canis danicus).
Ausnahmen als die muthigſten aller Thiere angeſehen werden können. Dieſe hervorragende Eigen-
ſchaft iſt ſo wohl bekannt, daß ſie zum Sprichwort geworden iſt. Jhrer Stärke wegen ſind die Bullen-
beißer zu ſchwerer und gefährlicher Jagd und zu Kämpfen mit wilden Thieren beſonders geeignet.
Noch im Anfange dieſes Jahrhunderts veranſtalteten die Engländer Kampfſpiele zwiſchen Bullen-
beißern und Stieren; ſelbſt gegen Bären und Löwen kämpften die Hunde mit vielem Glück: man
rechnete nur drei Doggen auf einen Bären, vier auf einen Löwen.

Die geiſtigen Fähigkeiten des Bullenbeißers ſind nicht ſo ausgezeichnet, wie die der übrigen
geſcheiten Hunde, keineswegs aber ſo tief ſtehend, wie man gewöhnlich angenommen hat. Man glaubte,
in dem Bullenbeißer ein Thier der rohen Stärke vor ſich zu ſehen, und gab ſich vom Anfang an dem
Glauben hin, daß es in geiſtiger Hinſicht durchaus Nichts leiſten könne. Doch iſt dieſe Anſicht unbe-
gründet; denn jeder Bullenbeißer gewöhnt ſich an den Menſchen und opfert mit Vergnügen ſein Leben
für ihn auf. Er eignet ſich vortrefflich zum Wachen und Hüten unſers Hauſes oder unſerer Güter

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[354/0420] Die Raubthiere. Hunde. — Bullenbeißer. gegen das Ende zu verſchmälert, ziemlich lang; er reicht bis an das Ferſengelenk. Selten wird er gerade oder nach rückwärts geſtreckt, ſondern meiſtens in die Höhe gerichtet und vorwärts gebeugt. Die Färbung iſt entweder fahl oder bräunlichgelb, bisweilen mit einem ſchwärzlichen Ueberfluge, oder auch bräunlich; die Schnauze, die Lippen und die äußeren Enden der Ohren ſind ſchwarz: doch giebt es, wie bei allen Hunden, vielfache Abänderungen. Gewöhnlich beträgt die Körperlänge 2½ Fuß, die des Schwanzes etwas über 1 Fuß, die Höhe am Widerriſt gegen 2 Fuß. Als muthmaßliche Heimat des Bullenbeißers kann Jrland betrachtet werden; wenigſtens finden ſich dort die ausgezeichnetſten Raſſen, welche man überhaupt kennt. Die Thiere ſind ſchwer und plump, und ihr Lauf iſt deswegen weder anhaltend, noch raſch. Dagegen beſitzen ſie eine überaus große Stärke, viel Entſchloſſenheit und einen unglaublichen Muth, ja, man kann ſagen, daß ſie mit wenigen [Abbildung Der däniſche Hund (Canis danicus).] Ausnahmen als die muthigſten aller Thiere angeſehen werden können. Dieſe hervorragende Eigen- ſchaft iſt ſo wohl bekannt, daß ſie zum Sprichwort geworden iſt. Jhrer Stärke wegen ſind die Bullen- beißer zu ſchwerer und gefährlicher Jagd und zu Kämpfen mit wilden Thieren beſonders geeignet. Noch im Anfange dieſes Jahrhunderts veranſtalteten die Engländer Kampfſpiele zwiſchen Bullen- beißern und Stieren; ſelbſt gegen Bären und Löwen kämpften die Hunde mit vielem Glück: man rechnete nur drei Doggen auf einen Bären, vier auf einen Löwen. Die geiſtigen Fähigkeiten des Bullenbeißers ſind nicht ſo ausgezeichnet, wie die der übrigen geſcheiten Hunde, keineswegs aber ſo tief ſtehend, wie man gewöhnlich angenommen hat. Man glaubte, in dem Bullenbeißer ein Thier der rohen Stärke vor ſich zu ſehen, und gab ſich vom Anfang an dem Glauben hin, daß es in geiſtiger Hinſicht durchaus Nichts leiſten könne. Doch iſt dieſe Anſicht unbe- gründet; denn jeder Bullenbeißer gewöhnt ſich an den Menſchen und opfert mit Vergnügen ſein Leben für ihn auf. Er eignet ſich vortrefflich zum Wachen und Hüten unſers Hauſes oder unſerer Güter

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/420>, abgerufen am 22.11.2024.