verhandelte mit den Leuten über den angerichteten Schaden, ritt dann weiter und freute sich, seine scheußlichen Begleiter los zu sein. Jndeß war der Halbtodte wieder auf die Beine gekommen, fühlte sich an dem Ort, wo er die Niederlage erlitten, nicht ganz sicher und zog seinem Herrn nach. Dieser ritt aus Mitleid langsam. Dem Hunde wurde es dennoch schwer, mitzukommen; er legte sich daher quer vor das Pferd, um es zum Stehen zu bringen. Der Herr ritt um ihn herum und langsam weiter. Das wiederholte sich einigemal. Endlich bekam's der Hund satt, sprang, wie das Pferd um ihn herum wollte, an dessen Schnauze und biß sich da fest ein. Der Herr zog eine Pistole und schoß ihn todt."
Die Eigenschaften der Doggen waren schon den Römern bekannt und sie deshalb außerordent- lich geschätzt, weil sie sich mehr, als alle übrigen Hunde, eigneten, eine Hauptrolle in den blutigen Spielen des Circus zu übernehmen. Nachdem England römische Provinz geworden war, gab es daselbst besondere Beamte, welchen die Erziehung und Auswahl der nach Rom zu sendenden Doggen oblag. Dort kämpften diese zur Freude des Volks mit zahlreichen wilden Thieren, und diese römische Belustigung erbte sich auch auf spätere Zeiten fort, indem namentlich in England noch zu Zeiten der Elisabeth und Jacobs I. große Thierkämpfe angestellt wurden. Stow schildert ein Gefecht, welches drei Doggen einem Löwen lieferten. Der erste Hund wurde sogleich am Nacken gefaßt und um- gebracht, dem zweiten erging's nicht besser; der dritte aber faßte den König der Thiere an der Lippe, hielt ihn fest, bis er durch Krallenhiebe abzulassen genöthigt wurde, überlebte, obgleich schwer ver- wundet, allein den Sieg über den Gegner, welcher, sobald er sich frei fühlte, erschöpft und zu ferne- rem Kampfe ungeneigt, über die Hunde wegsprang und in dem geeignetsten Winkel seines Käfigs Schutz suchte.
Jhre Eigenschaften machen die Doggen nicht gerade zu angenehmen Gefährten des Menschen. Man kennt viele Beispiele, daß sie ihren eignen Herrn in Belagerungszustand erklärten und ihn nicht von der Stelle ließen, und namentlich eine Geschichte, welche erzählt wird, ist sehr lustig. Ein ein- sam wohnender Junggesell nämlich hatte eine große Bulldogge gekauft und brachte sie hoch erfreut mit Hilfe ihres früheren Besitzers auf sein Zimmer. Am andern Morgen will er sich aus dem Bett erheben: in demselben Augenblick aber springt die Dogge auf ihn zu, stemmt trotzig beide Füße gegen das Bett und droht ihm mit ihrem furchtbaren Gebiß so verständlich, daß er augenblicklich einsieht, nur die größte Ruhe könne ihn vor dem Viehe schützen. So oft er den Versuch erneuert, sich anzukleiden, wiederholt sich dieselbe Geschichte, und so ist er gezwungen, hungernd und dürstend im Bette zu bleiben. Nun will aber der Zufall, daß ihn gerade an diesem Tage Niemand be- sucht, und er hat das Vergnügen, seinem schönen Hunde zu Liebe den ganzen Tag hungernd und dürstend im Bette zu bleiben. Der frühere Herr errettet ihn endlich von dem ungeschlachten und unhöflichen Thiere.
Man begreift, warum die Bulldoggen gegenwärtig wenig gehalten werden. So ganz geistes- arm, als man gewöhnlich glaubt, sind sie jedoch nicht, es giebt sogar einzelne, welche an Verstand fast mit dem Pudel wetteifern. So kannte ich einen solchen Hund, welcher durch seine Verständigkeit viel Vergnügen machte. Er war auf alles Mögliche abgerichtet und verstand, so zu sagen, jedes Wort. Sein Herr konnte ihn z. B. nach mancherlei Dingen aussenden, er brachte sie gewiß. Sagte er: "geh, hole eine Kutsche!" so lief er auf den Warteplatz der Lohnfuhrwerke, sprang in einen Wagen hinein und bellte so lange, bis der Kutscher Anstalt machte fortzufahren; fuhr er nicht richtig, so begann der Hund von neuem zu bellen, und unter Umständen lief er wohl auch vor dem Wagen her bis vor die Thür seines Herrn. Derselbe Hund trank bairisches Bier leidenschaftlich gern und unterschied es von anderen Biersorten mit untrüglicher Sicherheit. Hatte er nun eine gehörige Menge zu sich genom- men, so wurde er oft betrunken, und dann ergötzte er Jedermann durch tolle Streiche aller Art.
Eine große Rasse dieser Hunde benutzte man in früheren Zeiten in der scheußlichsten Weise. Man richtete sie ab, Menschen einzufangen, niederzuwerfen oder sogar umzubringen. Schon bei der Eroberung von Mejiko wandten die Spanier derartige Hunde gegen die Jndianer an und einer der-
Die Raubthiere. Hunde. — Doggen.
verhandelte mit den Leuten über den angerichteten Schaden, ritt dann weiter und freute ſich, ſeine ſcheußlichen Begleiter los zu ſein. Jndeß war der Halbtodte wieder auf die Beine gekommen, fühlte ſich an dem Ort, wo er die Niederlage erlitten, nicht ganz ſicher und zog ſeinem Herrn nach. Dieſer ritt aus Mitleid langſam. Dem Hunde wurde es dennoch ſchwer, mitzukommen; er legte ſich daher quer vor das Pferd, um es zum Stehen zu bringen. Der Herr ritt um ihn herum und langſam weiter. Das wiederholte ſich einigemal. Endlich bekam’s der Hund ſatt, ſprang, wie das Pferd um ihn herum wollte, an deſſen Schnauze und biß ſich da feſt ein. Der Herr zog eine Piſtole und ſchoß ihn todt.‟
Die Eigenſchaften der Doggen waren ſchon den Römern bekannt und ſie deshalb außerordent- lich geſchätzt, weil ſie ſich mehr, als alle übrigen Hunde, eigneten, eine Hauptrolle in den blutigen Spielen des Circus zu übernehmen. Nachdem England römiſche Provinz geworden war, gab es daſelbſt beſondere Beamte, welchen die Erziehung und Auswahl der nach Rom zu ſendenden Doggen oblag. Dort kämpften dieſe zur Freude des Volks mit zahlreichen wilden Thieren, und dieſe römiſche Beluſtigung erbte ſich auch auf ſpätere Zeiten fort, indem namentlich in England noch zu Zeiten der Eliſabeth und Jacobs I. große Thierkämpfe angeſtellt wurden. Stow ſchildert ein Gefecht, welches drei Doggen einem Löwen lieferten. Der erſte Hund wurde ſogleich am Nacken gefaßt und um- gebracht, dem zweiten erging’s nicht beſſer; der dritte aber faßte den König der Thiere an der Lippe, hielt ihn feſt, bis er durch Krallenhiebe abzulaſſen genöthigt wurde, überlebte, obgleich ſchwer ver- wundet, allein den Sieg über den Gegner, welcher, ſobald er ſich frei fühlte, erſchöpft und zu ferne- rem Kampfe ungeneigt, über die Hunde wegſprang und in dem geeignetſten Winkel ſeines Käfigs Schutz ſuchte.
Jhre Eigenſchaften machen die Doggen nicht gerade zu angenehmen Gefährten des Menſchen. Man kennt viele Beiſpiele, daß ſie ihren eignen Herrn in Belagerungszuſtand erklärten und ihn nicht von der Stelle ließen, und namentlich eine Geſchichte, welche erzählt wird, iſt ſehr luſtig. Ein ein- ſam wohnender Junggeſell nämlich hatte eine große Bulldogge gekauft und brachte ſie hoch erfreut mit Hilfe ihres früheren Beſitzers auf ſein Zimmer. Am andern Morgen will er ſich aus dem Bett erheben: in demſelben Augenblick aber ſpringt die Dogge auf ihn zu, ſtemmt trotzig beide Füße gegen das Bett und droht ihm mit ihrem furchtbaren Gebiß ſo verſtändlich, daß er augenblicklich einſieht, nur die größte Ruhe könne ihn vor dem Viehe ſchützen. So oft er den Verſuch erneuert, ſich anzukleiden, wiederholt ſich dieſelbe Geſchichte, und ſo iſt er gezwungen, hungernd und dürſtend im Bette zu bleiben. Nun will aber der Zufall, daß ihn gerade an dieſem Tage Niemand be- ſucht, und er hat das Vergnügen, ſeinem ſchönen Hunde zu Liebe den ganzen Tag hungernd und dürſtend im Bette zu bleiben. Der frühere Herr errettet ihn endlich von dem ungeſchlachten und unhöflichen Thiere.
Man begreift, warum die Bulldoggen gegenwärtig wenig gehalten werden. So ganz geiſtes- arm, als man gewöhnlich glaubt, ſind ſie jedoch nicht, es giebt ſogar einzelne, welche an Verſtand faſt mit dem Pudel wetteifern. So kannte ich einen ſolchen Hund, welcher durch ſeine Verſtändigkeit viel Vergnügen machte. Er war auf alles Mögliche abgerichtet und verſtand, ſo zu ſagen, jedes Wort. Sein Herr konnte ihn z. B. nach mancherlei Dingen ausſenden, er brachte ſie gewiß. Sagte er: „geh, hole eine Kutſche!‟ ſo lief er auf den Warteplatz der Lohnfuhrwerke, ſprang in einen Wagen hinein und bellte ſo lange, bis der Kutſcher Anſtalt machte fortzufahren; fuhr er nicht richtig, ſo begann der Hund von neuem zu bellen, und unter Umſtänden lief er wohl auch vor dem Wagen her bis vor die Thür ſeines Herrn. Derſelbe Hund trank bairiſches Bier leidenſchaftlich gern und unterſchied es von anderen Bierſorten mit untrüglicher Sicherheit. Hatte er nun eine gehörige Menge zu ſich genom- men, ſo wurde er oft betrunken, und dann ergötzte er Jedermann durch tolle Streiche aller Art.
Eine große Raſſe dieſer Hunde benutzte man in früheren Zeiten in der ſcheußlichſten Weiſe. Man richtete ſie ab, Menſchen einzufangen, niederzuwerfen oder ſogar umzubringen. Schon bei der Eroberung von Mejiko wandten die Spanier derartige Hunde gegen die Jndianer an und einer der-
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[358/0424]
Die Raubthiere. Hunde. — Doggen.
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ſich an dem Ort, wo er die Niederlage erlitten, nicht ganz ſicher und zog ſeinem Herrn nach. Dieſer
ritt aus Mitleid langſam. Dem Hunde wurde es dennoch ſchwer, mitzukommen; er legte ſich daher
quer vor das Pferd, um es zum Stehen zu bringen. Der Herr ritt um ihn herum und langſam
weiter. Das wiederholte ſich einigemal. Endlich bekam’s der Hund ſatt, ſprang, wie das Pferd um
ihn herum wollte, an deſſen Schnauze und biß ſich da feſt ein. Der Herr zog eine Piſtole und
ſchoß ihn todt.‟
Die Eigenſchaften der Doggen waren ſchon den Römern bekannt und ſie deshalb außerordent-
lich geſchätzt, weil ſie ſich mehr, als alle übrigen Hunde, eigneten, eine Hauptrolle in den blutigen
Spielen des Circus zu übernehmen. Nachdem England römiſche Provinz geworden war, gab es
daſelbſt beſondere Beamte, welchen die Erziehung und Auswahl der nach Rom zu ſendenden Doggen
oblag. Dort kämpften dieſe zur Freude des Volks mit zahlreichen wilden Thieren, und dieſe römiſche
Beluſtigung erbte ſich auch auf ſpätere Zeiten fort, indem namentlich in England noch zu Zeiten der
Eliſabeth und Jacobs I. große Thierkämpfe angeſtellt wurden. Stow ſchildert ein Gefecht, welches
drei Doggen einem Löwen lieferten. Der erſte Hund wurde ſogleich am Nacken gefaßt und um-
gebracht, dem zweiten erging’s nicht beſſer; der dritte aber faßte den König der Thiere an der Lippe,
hielt ihn feſt, bis er durch Krallenhiebe abzulaſſen genöthigt wurde, überlebte, obgleich ſchwer ver-
wundet, allein den Sieg über den Gegner, welcher, ſobald er ſich frei fühlte, erſchöpft und zu ferne-
rem Kampfe ungeneigt, über die Hunde wegſprang und in dem geeignetſten Winkel ſeines Käfigs
Schutz ſuchte.
Jhre Eigenſchaften machen die Doggen nicht gerade zu angenehmen Gefährten des Menſchen.
Man kennt viele Beiſpiele, daß ſie ihren eignen Herrn in Belagerungszuſtand erklärten und ihn nicht
von der Stelle ließen, und namentlich eine Geſchichte, welche erzählt wird, iſt ſehr luſtig. Ein ein-
ſam wohnender Junggeſell nämlich hatte eine große Bulldogge gekauft und brachte ſie hoch erfreut
mit Hilfe ihres früheren Beſitzers auf ſein Zimmer. Am andern Morgen will er ſich aus dem Bett
erheben: in demſelben Augenblick aber ſpringt die Dogge auf ihn zu, ſtemmt trotzig beide Füße
gegen das Bett und droht ihm mit ihrem furchtbaren Gebiß ſo verſtändlich, daß er augenblicklich
einſieht, nur die größte Ruhe könne ihn vor dem Viehe ſchützen. So oft er den Verſuch erneuert,
ſich anzukleiden, wiederholt ſich dieſelbe Geſchichte, und ſo iſt er gezwungen, hungernd und dürſtend
im Bette zu bleiben. Nun will aber der Zufall, daß ihn gerade an dieſem Tage Niemand be-
ſucht, und er hat das Vergnügen, ſeinem ſchönen Hunde zu Liebe den ganzen Tag hungernd und
dürſtend im Bette zu bleiben. Der frühere Herr errettet ihn endlich von dem ungeſchlachten und
unhöflichen Thiere.
Man begreift, warum die Bulldoggen gegenwärtig wenig gehalten werden. So ganz geiſtes-
arm, als man gewöhnlich glaubt, ſind ſie jedoch nicht, es giebt ſogar einzelne, welche an Verſtand faſt
mit dem Pudel wetteifern. So kannte ich einen ſolchen Hund, welcher durch ſeine Verſtändigkeit viel
Vergnügen machte. Er war auf alles Mögliche abgerichtet und verſtand, ſo zu ſagen, jedes Wort.
Sein Herr konnte ihn z. B. nach mancherlei Dingen ausſenden, er brachte ſie gewiß. Sagte er: „geh,
hole eine Kutſche!‟ ſo lief er auf den Warteplatz der Lohnfuhrwerke, ſprang in einen Wagen hinein
und bellte ſo lange, bis der Kutſcher Anſtalt machte fortzufahren; fuhr er nicht richtig, ſo begann der
Hund von neuem zu bellen, und unter Umſtänden lief er wohl auch vor dem Wagen her bis vor die
Thür ſeines Herrn. Derſelbe Hund trank bairiſches Bier leidenſchaftlich gern und unterſchied es von
anderen Bierſorten mit untrüglicher Sicherheit. Hatte er nun eine gehörige Menge zu ſich genom-
men, ſo wurde er oft betrunken, und dann ergötzte er Jedermann durch tolle Streiche aller Art.
Eine große Raſſe dieſer Hunde benutzte man in früheren Zeiten in der ſcheußlichſten Weiſe.
Man richtete ſie ab, Menſchen einzufangen, niederzuwerfen oder ſogar umzubringen. Schon bei der
Eroberung von Mejiko wandten die Spanier derartige Hunde gegen die Jndianer an und einer der-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/424>, abgerufen am 22.11.2024.
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