Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.Scheitlins Verherrlichung des "Barry". -- Der Altejungserhund. freundliche Kloster trügest. Angelangt, zogst du an der Klingel der heiligen Pforte, auf daß du denbarmherzigen Brüdern den köstlichen Findling zur Pflege übergeben könntest. Und als die süße Last dir abgenommen war, eiltest du sogleich aufs neue zum Suchen aus, auf und davon. Jedes Gelingen belehrte dich und machte dich froher und theilnehmender. Das ist der Segen der guten That, daß sie fortwährend Gutes muß gebären! Aber wie sprachst du mit den Gefundenen? Wie flößtest du ihnen Muth und Trost ein? Jch würde dir die Sprache verliehen haben, damit mancher Mensch von dir hätte lernen können. Ja, du wartetest nicht, bis man dich suchen hieß, du erinnertest dich selbst an deine heilige Pflicht, wie ein frommer, Gott wohlgefälliger Mensch. Sowie du nur von fern die Ankunft von Nebel und Schneewetter sahst, eiltest du fort." "Was wäre aus dir geworden, wenn du ein Mensch gewesen wärst? Ein heiliger Vincenz, Auch auf dem Gotthard, dem Simplon, der Grimsel, Furka und allen anderen Hospizen Zu den eigentlichen Doggen gehört auch noch das Zerrbild der Hunde, wenn ich so sagen kann, Eine von den Genannten sehr verschiedene Gruppe ist die der Dächsel. Der eigentliche Dachs- Scheitlins Verherrlichung des „Barry‟. — Der Altejungſerhund. freundliche Kloſter trügeſt. Angelangt, zogſt du an der Klingel der heiligen Pforte, auf daß du denbarmherzigen Brüdern den köſtlichen Findling zur Pflege übergeben könnteſt. Und als die ſüße Laſt dir abgenommen war, eilteſt du ſogleich aufs neue zum Suchen aus, auf und davon. Jedes Gelingen belehrte dich und machte dich froher und theilnehmender. Das iſt der Segen der guten That, daß ſie fortwährend Gutes muß gebären! Aber wie ſprachſt du mit den Gefundenen? Wie flößteſt du ihnen Muth und Troſt ein? Jch würde dir die Sprache verliehen haben, damit mancher Menſch von dir hätte lernen können. Ja, du warteteſt nicht, bis man dich ſuchen hieß, du erinnerteſt dich ſelbſt an deine heilige Pflicht, wie ein frommer, Gott wohlgefälliger Menſch. Sowie du nur von fern die Ankunft von Nebel und Schneewetter ſahſt, eilteſt du fort.‟ „Was wäre aus dir geworden, wenn du ein Menſch geweſen wärſt? Ein heiliger Vincenz, Auch auf dem Gotthard, dem Simplon, der Grimſel, Furka und allen anderen Hoſpizen Zu den eigentlichen Doggen gehört auch noch das Zerrbild der Hunde, wenn ich ſo ſagen kann, Eine von den Genannten ſehr verſchiedene Gruppe iſt die der Dächſel. Der eigentliche Dachs- <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0429" n="363"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Scheitlins</hi> Verherrlichung des <hi rendition="#g">„Barry‟.</hi> — Der Altejungſerhund.</fw><lb/> freundliche Kloſter trügeſt. 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Ein heiliger <hi rendition="#g">Vincenz,</hi><lb/> ein Stifter von hundert barmherzigen Orden und Klöſtern. So thateſt du unermüdlich, ohne Dank zu<lb/> wollen, zwölf Jahre. Jch hatte die Ehre, auf dem Bernhard dich kennen zu lernen. Jch zog den<lb/> Hut, wie ſich’s gebührte, ehrerbietig vor dir ab. Du ſpielteſt ſoeben mit deinen Kameraden, wie<lb/><hi rendition="#g">Tiger</hi> mit einander ſpielen. Jch wollte mich mit dir befreunden, aber du murrteſt, denn du kannteſt<lb/> mich nicht. Jch aber kannte ſchon deinen Ruhm und deinen Namen und ſeinen guten Klang. Wäre<lb/> ich unglücklich geweſen, du würdeſt mich nicht angemurrt haben. Nun iſt dein Körper ausgeſtopft im<lb/> Muſeum zu Bern. Die Stadt that wohl daran, daß ſie dich, da du alt und ſchwach geworden und<lb/> der Welt nicht mehr dienen konnteſt, ernährte, bis du ſtarbſt. Wer deinen Körper wohl ausgeſtopft<lb/> nun in Bern ſieht, ziehe den Hut ab und kaufe dein Bild daſelbſt, und hänge es in Rahmen und<lb/> Glas an die Wände ſeines Zimmers, und kaufe dazu auch das Bild des zarten Knaben auf deinem<lb/> Rücken, wie du mit ihm vor der Kloſterpforte ſtehſt und klingelſt, und zeige es den Kindern und<lb/> Schülern und ſage: gehe hin und thue desgleichen, wie dieſer barmherzige Samariter that, und werfe<lb/> dafür von den Wänden die Bilder von <hi rendition="#g">Robespierre, Marat, Hannickel, Abellino</hi> und andere<lb/> Mörder- und Raubbildniſſe zum Fenſter hinaus, auf daß das junge Gemüth von Hunden lerne, was<lb/> es beim Menſchen verlernte.‟</p><lb/> <p>Auch auf dem <hi rendition="#g">Gotthard,</hi> dem <hi rendition="#g">Simplon,</hi> der <hi rendition="#g">Grimſel, Furka</hi> und allen anderen Hoſpizen<lb/> werden, nach <hi rendition="#g">Tſchudi,</hi> vorzügliche Hunde gehalten, welche eine äußerſt ſeine Witterung des Menſchen<lb/> beſitzen, öfters <hi rendition="#g">Neufundländer</hi> oder Baſtarde von ſolchen. 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Nur in Rußland<lb/> finden ſie ſich noch einzeln: unſerm Maler ſtand ein Paar, welches der Thierſchauſteller <hi rendition="#g">Kreuzberg</hi><lb/> im Jnnern Rußlands angekauft hatte. Der Mops iſt oder war der echte Altejungferhund und ein<lb/> treues Spiegelbild ſolcher Frauenzimmer, bei denen die Bezeichnung „Alte Jungfer‟ als Schmähwort<lb/> gilt. Er war nämlich launenhaft, unartig, verzärtelt und verhätſchelt im höchſten Grade, und jedem<lb/> vernünftigen Menſchen ein Greuel. Die Welt wird alſo Nichts verlieren, wenn dieſes abſchenliche<lb/> Thier mit ſammt ſeiner Nachkommenſchaft den Weg alles Fleiſches geht. 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Scheitlins Verherrlichung des „Barry‟. — Der Altejungſerhund.
freundliche Kloſter trügeſt. Angelangt, zogſt du an der Klingel der heiligen Pforte, auf daß du den
barmherzigen Brüdern den köſtlichen Findling zur Pflege übergeben könnteſt. Und als die ſüße Laſt
dir abgenommen war, eilteſt du ſogleich aufs neue zum Suchen aus, auf und davon. Jedes Gelingen
belehrte dich und machte dich froher und theilnehmender. Das iſt der Segen der guten That, daß ſie
fortwährend Gutes muß gebären! Aber wie ſprachſt du mit den Gefundenen? Wie flößteſt du ihnen
Muth und Troſt ein? Jch würde dir die Sprache verliehen haben, damit mancher Menſch von dir
hätte lernen können. Ja, du warteteſt nicht, bis man dich ſuchen hieß, du erinnerteſt dich ſelbſt an
deine heilige Pflicht, wie ein frommer, Gott wohlgefälliger Menſch. Sowie du nur von fern die
Ankunft von Nebel und Schneewetter ſahſt, eilteſt du fort.‟
„Was wäre aus dir geworden, wenn du ein Menſch geweſen wärſt? Ein heiliger Vincenz,
ein Stifter von hundert barmherzigen Orden und Klöſtern. So thateſt du unermüdlich, ohne Dank zu
wollen, zwölf Jahre. Jch hatte die Ehre, auf dem Bernhard dich kennen zu lernen. Jch zog den
Hut, wie ſich’s gebührte, ehrerbietig vor dir ab. Du ſpielteſt ſoeben mit deinen Kameraden, wie
Tiger mit einander ſpielen. Jch wollte mich mit dir befreunden, aber du murrteſt, denn du kannteſt
mich nicht. Jch aber kannte ſchon deinen Ruhm und deinen Namen und ſeinen guten Klang. Wäre
ich unglücklich geweſen, du würdeſt mich nicht angemurrt haben. Nun iſt dein Körper ausgeſtopft im
Muſeum zu Bern. Die Stadt that wohl daran, daß ſie dich, da du alt und ſchwach geworden und
der Welt nicht mehr dienen konnteſt, ernährte, bis du ſtarbſt. Wer deinen Körper wohl ausgeſtopft
nun in Bern ſieht, ziehe den Hut ab und kaufe dein Bild daſelbſt, und hänge es in Rahmen und
Glas an die Wände ſeines Zimmers, und kaufe dazu auch das Bild des zarten Knaben auf deinem
Rücken, wie du mit ihm vor der Kloſterpforte ſtehſt und klingelſt, und zeige es den Kindern und
Schülern und ſage: gehe hin und thue desgleichen, wie dieſer barmherzige Samariter that, und werfe
dafür von den Wänden die Bilder von Robespierre, Marat, Hannickel, Abellino und andere
Mörder- und Raubbildniſſe zum Fenſter hinaus, auf daß das junge Gemüth von Hunden lerne, was
es beim Menſchen verlernte.‟
Auch auf dem Gotthard, dem Simplon, der Grimſel, Furka und allen anderen Hoſpizen
werden, nach Tſchudi, vorzügliche Hunde gehalten, welche eine äußerſt ſeine Witterung des Menſchen
beſitzen, öfters Neufundländer oder Baſtarde von ſolchen. Die Hoſpizbewohner verſichern überall,
daß dieſe Thiere beſonders im Winter das Nahen eines Wetters ſchon auf eine Stunde vernähmen
und durch unruhiges Umhergehen untrüglich anzeigten. So hoch berühmt aber, wie Barry, iſt kein
anderer Hund geworden von ihnen allen. —
Zu den eigentlichen Doggen gehört auch noch das Zerrbild der Hunde, wenn ich ſo ſagen kann,
der Mops (Canis fricator), eigentlich ein Bullenbeißer im Kleinen mit eigenthümlich abgeſtumpfter
Schnauze und ſchraubenförmig gerolltem Schwanze. Sein gedrungener, kräftiger Bau und das miß-
trauiſche, bösartige Weſen macht ihn den Bulldoggen ſehr ähnlich, und deshalb hat man ihn oft auch
für eine bloſe Spielart der Letzteren angeſehen. Jnwieweit Dies begründet iſt, laſſen wir dahingeſtellt
ſein und können es um ſo eher, als die Möpſe gegenwärtig faſt ausgeſtorben ſind. Nur in Rußland
finden ſie ſich noch einzeln: unſerm Maler ſtand ein Paar, welches der Thierſchauſteller Kreuzberg
im Jnnern Rußlands angekauft hatte. Der Mops iſt oder war der echte Altejungferhund und ein
treues Spiegelbild ſolcher Frauenzimmer, bei denen die Bezeichnung „Alte Jungfer‟ als Schmähwort
gilt. Er war nämlich launenhaft, unartig, verzärtelt und verhätſchelt im höchſten Grade, und jedem
vernünftigen Menſchen ein Greuel. Die Welt wird alſo Nichts verlieren, wenn dieſes abſchenliche
Thier mit ſammt ſeiner Nachkommenſchaft den Weg alles Fleiſches geht. Baſtarde vom Mops und
anderen Hunden findet man noch häufig genug.
Eine von den Genannten ſehr verſchiedene Gruppe iſt die der Dächſel. Der eigentliche Dachs-
hund (Canis vertagus) iſt jedenfalls einer der eigenthümlichſten und merkwürdigſten aller Hunde.
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