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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere Hunde. -- Seidenhunde.
verrichten, während seine Kräfte noch frisch waren; dann wurde es ihm leicht, die übrigen zu ver-
tilgen, selbst wenn er schon etwas angegriffen von seiner Arbeit war. Jn seinen jungen Jahren
rannte er mit solch außerordentlicher Behendigkeit auf dem Sandplatze herum, daß es hieß, man
könne den Schwanz von seinem Kopfe nicht unterscheiden. Jn seinen alten Tagen saß er jeden Abend
an günstigen Stellen, wie eine Katze, lauernd an den Rattenlöchern und paßte an ihnen mit großer
Sorgfalt auf. Selten blieb seine Jagd erfolglos. Die Jagdbegierde auf sein Wild wurde der Grund
zu seinem Tode. Er war in einem Zimmer eingesperrt und hörte in einem andern Raum eine Ratte
nagen, welche er nicht bekommen konnte. Dies versetzte ihn in so große Aufregung, daß er schließlich
ein hitziges Fieber davon trug und an diesem zu Grunde ging.

Dieser Hund gehörte einem Reichen und hatte es deshalb verhältnißmäßig gut, während es den
gewöhnlichen Schaustellerhunden oft, nachdem sie ihre Pflicht und Schuldigkeit im vollsten Maße ge-
than haben, ebenso zu ergehen pflegt, wie es den Ratten durch sie erging. Die biedern Engländer
sind nämlich noch nicht zufrieden, die Mörderei unter den Ratten mit angesehen zu haben, sondern
verlangen noch mehr und kaufen am Ende des Schauspiels regelmäßig dem Besitzer seinen Hund ab,
verschaffen sich einen größern Bulldoggen und lassen durch diesen nunmehr den kleinen Hund zer-
reißen. Daß an solcher Barberei nicht gewöhnliche Leute, nicht blos die niederen Volksklassen,
sondern gerade die Vornehmen und Hochstehenden besondern Gefallen finden, versteht sich von selbst;
denn gerade sie pflegen der Barbarei und Unmenschlichkeit nach besten Kräften Vorschub zu leisten.

Eine größere Abart des Bullenpintschers wurde früher angewandt, um Füchse aus ihrem Bau
zu treiben, und einer oder zwei von ihnen genügten vollkommen zu diesem Zweck. Man nannte sie
Fuchspintscher und hielt sie in großen Ehren. Gegenwärtig sind sie außer Gebrauch gekommen.

Die geistigen Fähigkeiten aller Pintscher sind sehr beachtenswerth. Sie zeigen einen großen
Verstand, viel Selbstüberlegung und Geschicklichkeit, sich in alle Lagen möglichst gut zu finden. Man
kennt viel Beispiele, daß solche Hunde den Werth des Geldes zu würdigen und sich daher Münzen zu
verschaffen wußten, um dafür Eßwaaren zu kaufen. Ein Hund mit Namen Peter stahl kleine Geld-
münzen, wo er sie nur finden konnte und lief damit zum Bäcker hin, um sich dort Gebäck zu kaufen.
Als ihm einmal der Bäcker, dessen eifriger Kunde er war, einen angebrannten Zwieback hinlegte,
verließ er ihn im Augenblick und besuchte fortan einen auf der andern Seite der Straße, welcher seinen
neuen Kunden nach Verdienst ehrte.

Der Muth der Pintscher ist wirklich großartig, und zumal der Bulldoggpintscher beweist sich
hierin ganz als echter Abkömmling des Bulldoggen. Anderson erzähkt in seinem Werk über den
See Ngami einige sehr anziehende Thatsachen. Einer dieser Hunde, Namens Benus, wagte sich
sogar an ein verwundetes Nashorn, welches fliehen wollte, und verbiß sich so geschickt in dessen
Oberlippe, daß der gewaltige Riese nicht im Stande war, den kleinen Kläffer abzuschütteln, und so
den Jägern zu einem zweiten Schusse, welcher tödlich wurde, Gelegenheit geben mußte. Jn einer
sehr jagdreichen Gegend, in welcher es namentlich viele Schakale gab, erlegte dieser kleine Hund
einen seiner wilden und bedeutend stärkern Vettern auf sehr listige Art. An demselben Ort, welchen
er sich zum Baden und Trinken auserkoren hatte, streifte eines Tages ein Schakal vorbei und erblickte
den kleinen Hund. Dieser verkroch sich augenblicklich vor ihm und sah so kläglich aus, daß dem
Schakal der Gedanke kommen mochte, hier sei mit leichter Mühe eine Mahlzeit zu gewinnen. Er nahte
sich also kühn seiner vermutheten Beute, mußte aber sehr bald einsehen, daß er es mit einem Wesen
zu thun hatte, das ihm nicht nur gewachsen, sondern überlegen war. Denn kaum war er nahe genug,
als Venus ihm mit einem geschickten Satz an die Gurgel sprang und sich hier so fest verbiß, daß der
Schakal nach wenigen Minuten erstickend verendete.

Sehr verschieden von dem gewöhnlichen Pintscher ist einer der sonderbarsten Hunde, was Gestalt
und Aussehen anlangt, der Affenpintscher nämlich. Jhn macht seine Häßlichkeit schön, und deshalb

Die Raubthiere Hunde. — Seidenhunde.
verrichten, während ſeine Kräfte noch friſch waren; dann wurde es ihm leicht, die übrigen zu ver-
tilgen, ſelbſt wenn er ſchon etwas angegriffen von ſeiner Arbeit war. Jn ſeinen jungen Jahren
rannte er mit ſolch außerordentlicher Behendigkeit auf dem Sandplatze herum, daß es hieß, man
könne den Schwanz von ſeinem Kopfe nicht unterſcheiden. Jn ſeinen alten Tagen ſaß er jeden Abend
an günſtigen Stellen, wie eine Katze, lauernd an den Rattenlöchern und paßte an ihnen mit großer
Sorgfalt auf. Selten blieb ſeine Jagd erfolglos. Die Jagdbegierde auf ſein Wild wurde der Grund
zu ſeinem Tode. Er war in einem Zimmer eingeſperrt und hörte in einem andern Raum eine Ratte
nagen, welche er nicht bekommen konnte. Dies verſetzte ihn in ſo große Aufregung, daß er ſchließlich
ein hitziges Fieber davon trug und an dieſem zu Grunde ging.

Dieſer Hund gehörte einem Reichen und hatte es deshalb verhältnißmäßig gut, während es den
gewöhnlichen Schauſtellerhunden oft, nachdem ſie ihre Pflicht und Schuldigkeit im vollſten Maße ge-
than haben, ebenſo zu ergehen pflegt, wie es den Ratten durch ſie erging. Die biedern Engländer
ſind nämlich noch nicht zufrieden, die Mörderei unter den Ratten mit angeſehen zu haben, ſondern
verlangen noch mehr und kaufen am Ende des Schauſpiels regelmäßig dem Beſitzer ſeinen Hund ab,
verſchaffen ſich einen größern Bulldoggen und laſſen durch dieſen nunmehr den kleinen Hund zer-
reißen. Daß an ſolcher Barberei nicht gewöhnliche Leute, nicht blos die niederen Volksklaſſen,
ſondern gerade die Vornehmen und Hochſtehenden beſondern Gefallen finden, verſteht ſich von ſelbſt;
denn gerade ſie pflegen der Barbarei und Unmenſchlichkeit nach beſten Kräften Vorſchub zu leiſten.

Eine größere Abart des Bullenpintſchers wurde früher angewandt, um Füchſe aus ihrem Bau
zu treiben, und einer oder zwei von ihnen genügten vollkommen zu dieſem Zweck. Man nannte ſie
Fuchspintſcher und hielt ſie in großen Ehren. Gegenwärtig ſind ſie außer Gebrauch gekommen.

Die geiſtigen Fähigkeiten aller Pintſcher ſind ſehr beachtenswerth. Sie zeigen einen großen
Verſtand, viel Selbſtüberlegung und Geſchicklichkeit, ſich in alle Lagen möglichſt gut zu finden. Man
kennt viel Beiſpiele, daß ſolche Hunde den Werth des Geldes zu würdigen und ſich daher Münzen zu
verſchaffen wußten, um dafür Eßwaaren zu kaufen. Ein Hund mit Namen Peter ſtahl kleine Geld-
münzen, wo er ſie nur finden konnte und lief damit zum Bäcker hin, um ſich dort Gebäck zu kaufen.
Als ihm einmal der Bäcker, deſſen eifriger Kunde er war, einen angebrannten Zwieback hinlegte,
verließ er ihn im Augenblick und beſuchte fortan einen auf der andern Seite der Straße, welcher ſeinen
neuen Kunden nach Verdienſt ehrte.

Der Muth der Pintſcher iſt wirklich großartig, und zumal der Bulldoggpintſcher beweiſt ſich
hierin ganz als echter Abkömmling des Bulldoggen. Anderſon erzähkt in ſeinem Werk über den
See Ngami einige ſehr anziehende Thatſachen. Einer dieſer Hunde, Namens Benus, wagte ſich
ſogar an ein verwundetes Nashorn, welches fliehen wollte, und verbiß ſich ſo geſchickt in deſſen
Oberlippe, daß der gewaltige Rieſe nicht im Stande war, den kleinen Kläffer abzuſchütteln, und ſo
den Jägern zu einem zweiten Schuſſe, welcher tödlich wurde, Gelegenheit geben mußte. Jn einer
ſehr jagdreichen Gegend, in welcher es namentlich viele Schakale gab, erlegte dieſer kleine Hund
einen ſeiner wilden und bedeutend ſtärkern Vettern auf ſehr liſtige Art. An demſelben Ort, welchen
er ſich zum Baden und Trinken auserkoren hatte, ſtreifte eines Tages ein Schakal vorbei und erblickte
den kleinen Hund. Dieſer verkroch ſich augenblicklich vor ihm und ſah ſo kläglich aus, daß dem
Schakal der Gedanke kommen mochte, hier ſei mit leichter Mühe eine Mahlzeit zu gewinnen. Er nahte
ſich alſo kühn ſeiner vermutheten Beute, mußte aber ſehr bald einſehen, daß er es mit einem Weſen
zu thun hatte, das ihm nicht nur gewachſen, ſondern überlegen war. Denn kaum war er nahe genug,
als Venus ihm mit einem geſchickten Satz an die Gurgel ſprang und ſich hier ſo feſt verbiß, daß der
Schakal nach wenigen Minuten erſtickend verendete.

Sehr verſchieden von dem gewöhnlichen Pintſcher iſt einer der ſonderbarſten Hunde, was Geſtalt
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[390/0456] Die Raubthiere Hunde. — Seidenhunde. verrichten, während ſeine Kräfte noch friſch waren; dann wurde es ihm leicht, die übrigen zu ver- tilgen, ſelbſt wenn er ſchon etwas angegriffen von ſeiner Arbeit war. Jn ſeinen jungen Jahren rannte er mit ſolch außerordentlicher Behendigkeit auf dem Sandplatze herum, daß es hieß, man könne den Schwanz von ſeinem Kopfe nicht unterſcheiden. Jn ſeinen alten Tagen ſaß er jeden Abend an günſtigen Stellen, wie eine Katze, lauernd an den Rattenlöchern und paßte an ihnen mit großer Sorgfalt auf. Selten blieb ſeine Jagd erfolglos. Die Jagdbegierde auf ſein Wild wurde der Grund zu ſeinem Tode. Er war in einem Zimmer eingeſperrt und hörte in einem andern Raum eine Ratte nagen, welche er nicht bekommen konnte. Dies verſetzte ihn in ſo große Aufregung, daß er ſchließlich ein hitziges Fieber davon trug und an dieſem zu Grunde ging. Dieſer Hund gehörte einem Reichen und hatte es deshalb verhältnißmäßig gut, während es den gewöhnlichen Schauſtellerhunden oft, nachdem ſie ihre Pflicht und Schuldigkeit im vollſten Maße ge- than haben, ebenſo zu ergehen pflegt, wie es den Ratten durch ſie erging. Die biedern Engländer ſind nämlich noch nicht zufrieden, die Mörderei unter den Ratten mit angeſehen zu haben, ſondern verlangen noch mehr und kaufen am Ende des Schauſpiels regelmäßig dem Beſitzer ſeinen Hund ab, verſchaffen ſich einen größern Bulldoggen und laſſen durch dieſen nunmehr den kleinen Hund zer- reißen. Daß an ſolcher Barberei nicht gewöhnliche Leute, nicht blos die niederen Volksklaſſen, ſondern gerade die Vornehmen und Hochſtehenden beſondern Gefallen finden, verſteht ſich von ſelbſt; denn gerade ſie pflegen der Barbarei und Unmenſchlichkeit nach beſten Kräften Vorſchub zu leiſten. Eine größere Abart des Bullenpintſchers wurde früher angewandt, um Füchſe aus ihrem Bau zu treiben, und einer oder zwei von ihnen genügten vollkommen zu dieſem Zweck. Man nannte ſie Fuchspintſcher und hielt ſie in großen Ehren. Gegenwärtig ſind ſie außer Gebrauch gekommen. Die geiſtigen Fähigkeiten aller Pintſcher ſind ſehr beachtenswerth. Sie zeigen einen großen Verſtand, viel Selbſtüberlegung und Geſchicklichkeit, ſich in alle Lagen möglichſt gut zu finden. Man kennt viel Beiſpiele, daß ſolche Hunde den Werth des Geldes zu würdigen und ſich daher Münzen zu verſchaffen wußten, um dafür Eßwaaren zu kaufen. Ein Hund mit Namen Peter ſtahl kleine Geld- münzen, wo er ſie nur finden konnte und lief damit zum Bäcker hin, um ſich dort Gebäck zu kaufen. Als ihm einmal der Bäcker, deſſen eifriger Kunde er war, einen angebrannten Zwieback hinlegte, verließ er ihn im Augenblick und beſuchte fortan einen auf der andern Seite der Straße, welcher ſeinen neuen Kunden nach Verdienſt ehrte. Der Muth der Pintſcher iſt wirklich großartig, und zumal der Bulldoggpintſcher beweiſt ſich hierin ganz als echter Abkömmling des Bulldoggen. Anderſon erzähkt in ſeinem Werk über den See Ngami einige ſehr anziehende Thatſachen. Einer dieſer Hunde, Namens Benus, wagte ſich ſogar an ein verwundetes Nashorn, welches fliehen wollte, und verbiß ſich ſo geſchickt in deſſen Oberlippe, daß der gewaltige Rieſe nicht im Stande war, den kleinen Kläffer abzuſchütteln, und ſo den Jägern zu einem zweiten Schuſſe, welcher tödlich wurde, Gelegenheit geben mußte. Jn einer ſehr jagdreichen Gegend, in welcher es namentlich viele Schakale gab, erlegte dieſer kleine Hund einen ſeiner wilden und bedeutend ſtärkern Vettern auf ſehr liſtige Art. An demſelben Ort, welchen er ſich zum Baden und Trinken auserkoren hatte, ſtreifte eines Tages ein Schakal vorbei und erblickte den kleinen Hund. Dieſer verkroch ſich augenblicklich vor ihm und ſah ſo kläglich aus, daß dem Schakal der Gedanke kommen mochte, hier ſei mit leichter Mühe eine Mahlzeit zu gewinnen. Er nahte ſich alſo kühn ſeiner vermutheten Beute, mußte aber ſehr bald einſehen, daß er es mit einem Weſen zu thun hatte, das ihm nicht nur gewachſen, ſondern überlegen war. Denn kaum war er nahe genug, als Venus ihm mit einem geſchickten Satz an die Gurgel ſprang und ſich hier ſo feſt verbiß, daß der Schakal nach wenigen Minuten erſtickend verendete. Sehr verſchieden von dem gewöhnlichen Pintſcher iſt einer der ſonderbarſten Hunde, was Geſtalt und Ausſehen anlangt, der Affenpintſcher nämlich. Jhn macht ſeine Häßlichkeit ſchön, und deshalb

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/456>, abgerufen am 26.06.2024.