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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Haushunde.
Eskimos und der Hund von der Baffinsbay; ebenso auch der Zigeunerhund, der chinesische,
der isländische, der sibirische Hund und andere. Als allgemeine Keunzeichen der Thiere gelten
folgende Eigenschaften: der Leib ist etwas gedrungen, ziemlich dick, nur gegen die Weichen ein wenig
eingezogen, der Rücken ist leicht gekrümmt, die Brust kaum vorstehend; der Hals ist ziemlich kurz und
dick, der Kopf länglich, wenig erhoben; die Stirn ist schwach gewölbt, die Schnauze nicht sehr lang,
nach vorn ziemlich stark verschmälert und zugespitzt; die Füße sind von mittler Höhe, dick und stark,
die vorderen vollkommen gerade; der Schwanz ist nicht sehr dünn, oft sogar buschig, ziemlich lang,
reicht etwas unter das Fersengelenk und wird entweder gerade nach rückwärts gestreckt oder nach
links geringelt aufwärtsgebogen getragen; die Ohren sind kurz, nicht sehr schmal, zugespitzt und auf-
rechtstehend mit mittellangen Haaren besetzt; die Lippen sind kurz und straff; an den Hinterpfoten ist
keine Afterzehe vorhanden; eine zottige, lange und grobe Behaarung, welche auf der Schnauze und
der Vorderseite der Beine sich bedeutend verkürzt, sind noch Gemeingut aller hierhergehörigen Hunde.
Die Färbung ist natürlich sehr verschieden: bei allen dunkleren aber befindet sich über dem Auge jeder-
seits ein rundlicher, bräunlichgelber Flecken. Als mittle Größe des Körpers gilt etwa eine Länge von
zwei Fuß drei Zoll, die Höhe am Widerrist beträgt 20 bis 22 Zoll. Der Schwanz mißt etwas
über einen Fuß.

Der eigentliche Haushund wird als einer von den Hauptstammarten aller Hunde angesehen,
und von einigen Naturforschern als ursprünglich in Frankreich heimisches Thier betrachtet. Er ist ein
starker, aber keineswegs besonders schwerer Gesell; deshalb ist er in seinem Laufe ziemlich rasch und
ausdauernd. Dabei besitzt er Verstand in hohem Grade und zeichnet sich ebenso durch seinen Scharf-
sinn und seine Klugheit, wie durch seine Wachsamkeit, Anhänglichkeit, Treue oder seinen Muth und
seine Tapferkeit aus. Alle diese Eigenschaften stempeln ihn ganz von selbst zu Dem, was er ist. Man
verwendet ihn mit dem größten Vortheil als Wächter des Hauses, wie als Hüter und Lenker der
Herden oder aber auch als Zugthier, und jede seiner Aufgaben weiß er zur größten Zufriedenheit
seines Herrn zu lösen. Er ist derjenige Hund, welcher vielen Völkerschaften geradezu unentbehrlich ist
und die Leistungen der verschiedenartigsten Hausthiere in sich vereinigt. Einige Völker halten ihn wie
ein Kind, andere mißhandeln ihn auf die schnödeste Weise: und gleichwohl bleibt sich seine Treue und
sein Diensteifer überall gleich. Er lernt alle seine Fertigkeiten von selbst, ohne seinem Herrn be-
sondere Mühe zu machen, und zeigt dabei eine Geduld, eine Ausdauer, eine Lust an seinen eignen
Fortschritten und zu gleicher Zeit einen Muth, welcher manchem Menschen als Vorbild dienen könnte.

Von allen diesen Hunden verdient der eigentliche Schäferhund (Canis peeuarius) zunächst
genannt zu werden. Er zeichnet sich vor den anderen Haushunden dadurch aus, daß die Spitzen
seiner Ohren nicht überhängen; im Uebrigen ähnelt er seinen nächsten Verwandten. Er ist ein
ganz vortreffliches Thier, welches nach kurzer Zeit jeden Blick und Wink des Schäfers kennen und
mit seltner Ausdauer jegliche Beschwerde ertragen lernt. Es giebt solche Schäferhunde, welche
wirklich jedes Wort ihres Herrn verstehen. Ein glaubenswürdiger Beobachter erzählte mir, daß
er selbst gehört habe, wie ein Schäfer seinem Hund befahl, den "Raps" besonders in Acht zu
nehmen. Das Thier stutzte einen Augenblick, wahrscheinlich, weil er das Wort früher noch nicht gehört
hatte. Weizen und Roggen, Gerste und Hafer, Wiese und Feld waren ihm bekannte Dinge: vom
Raps jedoch wußte er noch Nichts. Nach kurzer Ueberlegung machte er die Runde um die Herde,
untersuchte die einzelnen Felder und blieb endlich bei demjenigen stehen, dessen Frucht sich von den ihm
bekannten Getreidearten unterschied: -- das mußte das Rapsfeld sein, und dem war auch wirklich so!
Man verwendet den Hund gewöhnlich schon im ersten Jahre seines Alters als Wächter der Herden,
muß ihn aber in der Jugend seiner ihm angebornen Biffigkeit und Heftigkeit wegen zuweilen züchtigen.
Mit der Zeit lernt er seinen ganzen Wirkungskreis vollständig ausfüllen. Es ist keineswegs gleich-
giltig, welches Thier er zu hüten hat; denn er muß nach den verschiedenen Hausthieren sein Betragen
einrichten. Der Hund des Kuhhirten muß stets seinen Herrn beobachten und aufmerken, was er be-

Die Raubthiere. Hunde. — Haushunde.
Eskimos und der Hund von der Baffinsbay; ebenſo auch der Zigeunerhund, der chineſiſche,
der isländiſche, der ſibiriſche Hund und andere. Als allgemeine Keunzeichen der Thiere gelten
folgende Eigenſchaften: der Leib iſt etwas gedrungen, ziemlich dick, nur gegen die Weichen ein wenig
eingezogen, der Rücken iſt leicht gekrümmt, die Bruſt kaum vorſtehend; der Hals iſt ziemlich kurz und
dick, der Kopf länglich, wenig erhoben; die Stirn iſt ſchwach gewölbt, die Schnauze nicht ſehr lang,
nach vorn ziemlich ſtark verſchmälert und zugeſpitzt; die Füße ſind von mittler Höhe, dick und ſtark,
die vorderen vollkommen gerade; der Schwanz iſt nicht ſehr dünn, oft ſogar buſchig, ziemlich lang,
reicht etwas unter das Ferſengelenk und wird entweder gerade nach rückwärts geſtreckt oder nach
links geringelt aufwärtsgebogen getragen; die Ohren ſind kurz, nicht ſehr ſchmal, zugeſpitzt und auf-
rechtſtehend mit mittellangen Haaren beſetzt; die Lippen ſind kurz und ſtraff; an den Hinterpfoten iſt
keine Afterzehe vorhanden; eine zottige, lange und grobe Behaarung, welche auf der Schnauze und
der Vorderſeite der Beine ſich bedeutend verkürzt, ſind noch Gemeingut aller hierhergehörigen Hunde.
Die Färbung iſt natürlich ſehr verſchieden: bei allen dunkleren aber befindet ſich über dem Auge jeder-
ſeits ein rundlicher, bräunlichgelber Flecken. Als mittle Größe des Körpers gilt etwa eine Länge von
zwei Fuß drei Zoll, die Höhe am Widerriſt beträgt 20 bis 22 Zoll. Der Schwanz mißt etwas
über einen Fuß.

Der eigentliche Haushund wird als einer von den Hauptſtammarten aller Hunde angeſehen,
und von einigen Naturforſchern als urſprünglich in Frankreich heimiſches Thier betrachtet. Er iſt ein
ſtarker, aber keineswegs beſonders ſchwerer Geſell; deshalb iſt er in ſeinem Laufe ziemlich raſch und
ausdauernd. Dabei beſitzt er Verſtand in hohem Grade und zeichnet ſich ebenſo durch ſeinen Scharf-
ſinn und ſeine Klugheit, wie durch ſeine Wachſamkeit, Anhänglichkeit, Treue oder ſeinen Muth und
ſeine Tapferkeit aus. Alle dieſe Eigenſchaften ſtempeln ihn ganz von ſelbſt zu Dem, was er iſt. Man
verwendet ihn mit dem größten Vortheil als Wächter des Hauſes, wie als Hüter und Lenker der
Herden oder aber auch als Zugthier, und jede ſeiner Aufgaben weiß er zur größten Zufriedenheit
ſeines Herrn zu löſen. Er iſt derjenige Hund, welcher vielen Völkerſchaften geradezu unentbehrlich iſt
und die Leiſtungen der verſchiedenartigſten Hausthiere in ſich vereinigt. Einige Völker halten ihn wie
ein Kind, andere mißhandeln ihn auf die ſchnödeſte Weiſe: und gleichwohl bleibt ſich ſeine Treue und
ſein Dienſteifer überall gleich. Er lernt alle ſeine Fertigkeiten von ſelbſt, ohne ſeinem Herrn be-
ſondere Mühe zu machen, und zeigt dabei eine Geduld, eine Ausdauer, eine Luſt an ſeinen eignen
Fortſchritten und zu gleicher Zeit einen Muth, welcher manchem Menſchen als Vorbild dienen könnte.

Von allen dieſen Hunden verdient der eigentliche Schäferhund (Canis peeuarius) zunächſt
genannt zu werden. Er zeichnet ſich vor den anderen Haushunden dadurch aus, daß die Spitzen
ſeiner Ohren nicht überhängen; im Uebrigen ähnelt er ſeinen nächſten Verwandten. Er iſt ein
ganz vortreffliches Thier, welches nach kurzer Zeit jeden Blick und Wink des Schäfers kennen und
mit ſeltner Ausdauer jegliche Beſchwerde ertragen lernt. Es giebt ſolche Schäferhunde, welche
wirklich jedes Wort ihres Herrn verſtehen. Ein glaubenswürdiger Beobachter erzählte mir, daß
er ſelbſt gehört habe, wie ein Schäfer ſeinem Hund befahl, den „Raps‟ beſonders in Acht zu
nehmen. Das Thier ſtutzte einen Augenblick, wahrſcheinlich, weil er das Wort früher noch nicht gehört
hatte. Weizen und Roggen, Gerſte und Hafer, Wieſe und Feld waren ihm bekannte Dinge: vom
Raps jedoch wußte er noch Nichts. Nach kurzer Ueberlegung machte er die Runde um die Herde,
unterſuchte die einzelnen Felder und blieb endlich bei demjenigen ſtehen, deſſen Frucht ſich von den ihm
bekannten Getreidearten unterſchied: — das mußte das Rapsfeld ſein, und dem war auch wirklich ſo!
Man verwendet den Hund gewöhnlich ſchon im erſten Jahre ſeines Alters als Wächter der Herden,
muß ihn aber in der Jugend ſeiner ihm angebornen Biffigkeit und Heftigkeit wegen zuweilen züchtigen.
Mit der Zeit lernt er ſeinen ganzen Wirkungskreis vollſtändig ausfüllen. Es iſt keineswegs gleich-
giltig, welches Thier er zu hüten hat; denn er muß nach den verſchiedenen Hausthieren ſein Betragen
einrichten. Der Hund des Kuhhirten muß ſtets ſeinen Herrn beobachten und aufmerken, was er be-

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[392/0458] Die Raubthiere. Hunde. — Haushunde. Eskimos und der Hund von der Baffinsbay; ebenſo auch der Zigeunerhund, der chineſiſche, der isländiſche, der ſibiriſche Hund und andere. Als allgemeine Keunzeichen der Thiere gelten folgende Eigenſchaften: der Leib iſt etwas gedrungen, ziemlich dick, nur gegen die Weichen ein wenig eingezogen, der Rücken iſt leicht gekrümmt, die Bruſt kaum vorſtehend; der Hals iſt ziemlich kurz und dick, der Kopf länglich, wenig erhoben; die Stirn iſt ſchwach gewölbt, die Schnauze nicht ſehr lang, nach vorn ziemlich ſtark verſchmälert und zugeſpitzt; die Füße ſind von mittler Höhe, dick und ſtark, die vorderen vollkommen gerade; der Schwanz iſt nicht ſehr dünn, oft ſogar buſchig, ziemlich lang, reicht etwas unter das Ferſengelenk und wird entweder gerade nach rückwärts geſtreckt oder nach links geringelt aufwärtsgebogen getragen; die Ohren ſind kurz, nicht ſehr ſchmal, zugeſpitzt und auf- rechtſtehend mit mittellangen Haaren beſetzt; die Lippen ſind kurz und ſtraff; an den Hinterpfoten iſt keine Afterzehe vorhanden; eine zottige, lange und grobe Behaarung, welche auf der Schnauze und der Vorderſeite der Beine ſich bedeutend verkürzt, ſind noch Gemeingut aller hierhergehörigen Hunde. Die Färbung iſt natürlich ſehr verſchieden: bei allen dunkleren aber befindet ſich über dem Auge jeder- ſeits ein rundlicher, bräunlichgelber Flecken. Als mittle Größe des Körpers gilt etwa eine Länge von zwei Fuß drei Zoll, die Höhe am Widerriſt beträgt 20 bis 22 Zoll. Der Schwanz mißt etwas über einen Fuß. Der eigentliche Haushund wird als einer von den Hauptſtammarten aller Hunde angeſehen, und von einigen Naturforſchern als urſprünglich in Frankreich heimiſches Thier betrachtet. Er iſt ein ſtarker, aber keineswegs beſonders ſchwerer Geſell; deshalb iſt er in ſeinem Laufe ziemlich raſch und ausdauernd. Dabei beſitzt er Verſtand in hohem Grade und zeichnet ſich ebenſo durch ſeinen Scharf- ſinn und ſeine Klugheit, wie durch ſeine Wachſamkeit, Anhänglichkeit, Treue oder ſeinen Muth und ſeine Tapferkeit aus. Alle dieſe Eigenſchaften ſtempeln ihn ganz von ſelbſt zu Dem, was er iſt. Man verwendet ihn mit dem größten Vortheil als Wächter des Hauſes, wie als Hüter und Lenker der Herden oder aber auch als Zugthier, und jede ſeiner Aufgaben weiß er zur größten Zufriedenheit ſeines Herrn zu löſen. Er iſt derjenige Hund, welcher vielen Völkerſchaften geradezu unentbehrlich iſt und die Leiſtungen der verſchiedenartigſten Hausthiere in ſich vereinigt. Einige Völker halten ihn wie ein Kind, andere mißhandeln ihn auf die ſchnödeſte Weiſe: und gleichwohl bleibt ſich ſeine Treue und ſein Dienſteifer überall gleich. Er lernt alle ſeine Fertigkeiten von ſelbſt, ohne ſeinem Herrn be- ſondere Mühe zu machen, und zeigt dabei eine Geduld, eine Ausdauer, eine Luſt an ſeinen eignen Fortſchritten und zu gleicher Zeit einen Muth, welcher manchem Menſchen als Vorbild dienen könnte. Von allen dieſen Hunden verdient der eigentliche Schäferhund (Canis peeuarius) zunächſt genannt zu werden. Er zeichnet ſich vor den anderen Haushunden dadurch aus, daß die Spitzen ſeiner Ohren nicht überhängen; im Uebrigen ähnelt er ſeinen nächſten Verwandten. Er iſt ein ganz vortreffliches Thier, welches nach kurzer Zeit jeden Blick und Wink des Schäfers kennen und mit ſeltner Ausdauer jegliche Beſchwerde ertragen lernt. Es giebt ſolche Schäferhunde, welche wirklich jedes Wort ihres Herrn verſtehen. Ein glaubenswürdiger Beobachter erzählte mir, daß er ſelbſt gehört habe, wie ein Schäfer ſeinem Hund befahl, den „Raps‟ beſonders in Acht zu nehmen. Das Thier ſtutzte einen Augenblick, wahrſcheinlich, weil er das Wort früher noch nicht gehört hatte. Weizen und Roggen, Gerſte und Hafer, Wieſe und Feld waren ihm bekannte Dinge: vom Raps jedoch wußte er noch Nichts. Nach kurzer Ueberlegung machte er die Runde um die Herde, unterſuchte die einzelnen Felder und blieb endlich bei demjenigen ſtehen, deſſen Frucht ſich von den ihm bekannten Getreidearten unterſchied: — das mußte das Rapsfeld ſein, und dem war auch wirklich ſo! Man verwendet den Hund gewöhnlich ſchon im erſten Jahre ſeines Alters als Wächter der Herden, muß ihn aber in der Jugend ſeiner ihm angebornen Biffigkeit und Heftigkeit wegen zuweilen züchtigen. Mit der Zeit lernt er ſeinen ganzen Wirkungskreis vollſtändig ausfüllen. Es iſt keineswegs gleich- giltig, welches Thier er zu hüten hat; denn er muß nach den verſchiedenen Hausthieren ſein Betragen einrichten. Der Hund des Kuhhirten muß ſtets ſeinen Herrn beobachten und aufmerken, was er be-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/458>, abgerufen am 22.11.2024.