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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Gemeiner, indischer und Schabrakenschakal.
auch schwarz gewellt erscheint. Die Unterseite ist gelblichroth oder lichtgelb, die Kehle weißlich, der
Kopf aber röthlich, mit Grau gemischt. Die Lippen sind schwarz, die Lauscher an der Jnnenseite weiß.
Die Läufe sind ebenfalls fahl oder gelbroth. Seine Leibeslänge beträgt zwei Fuß und etwas darüber,
die des Schwanzes zehn Zoll, die Höhe am Widerrist 11/2 Fuß.

Namentlich in Kleinasien, Persien und den Euphratländern, in Palästina und Nordegypten ist
der Schakal einer der häufigsten Wildhunde überhaupt. Jn Europa findet er sich nur in Morea
und auf wenigen Halbinseln Dalmatiens, überall selten. Er bewohnt bergige Gegenden lieber, als
Ebenen. Wälder bilden seine bevorzugte Heimatsstätte.

Jn seiner Lebensweise stellt er sich so recht eigentlich als Bindeglied zwischen Wolf und Fuchs
dar. Dem Letztern ähnelt er mehr, als dem Erstern. Bei Tage hält er sich zurückgezogen; gegen
Abend begiebt er sich auf seine Jagdzüge, heult laut, um andere seiner Art herbeizulocken, und streift
nun mit diesen umher. Er liebt die Geselligkeit sehr, obwohl er auch einzeln umherjagt. Man darf
ihn vielleicht den dreistesten und zudringlichsten aller Hunde nennen. Er scheut sich nicht im geringsten
vor menschlichen Niederlassungen, sondern dringt frech in das Junere der Dörfer, ja selbst der Ge-
höfte und Wohnungen ein und nimmt dort weg, was sich grade findet. Durch diese Zudringlichkeit
wird der Schakal weit unangenehmer und lästiger, als durch seinen berühmten Nachtgesang, welchen er
mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vorzutragen pflegt. Sobald die Nacht wirklich hereinge-
brochen ist, vernimmt man ein vielstimmiges, im höchsten Grade klägliches Geheul, welches dem unserer
Hunde ähnelt, sich aber durch größere Vielseitigkeit auszeichnet. Wahrscheinlich dient dieses Geheul
hauptsächlich anderen der gleichen Art zum Zeichen: die Schakale heulen sich gegenseitig zusammen.
Jedenfalls ist es nicht als ein Ausdruck der Wehmuth unsrer lieben Thiere anzusehen; denn der
Schakal heult auch bei reichlicher Mahlzeit, z. B. in der Nähe eines großen Aases, gar erbärmlich und
kläglich, daß man meint, er habe seit wenigstens acht Tagen keinen Bissen zu sich genommen. Sobald
der eine seine Stimme erhebt, fallen die anderen regelmäßig ein, und so kann es kommen, daß man von
einzelnliegenden Gehöften aus zuweilen die allersonderbarste Musik vernehmen kann, weil die Töne
aus allen Gegenden der Windrose heranschallen. Unter Umständen wird man ordentlich erschreckt durch
das Geheul; denn es ähnelt manchmal dem Hilferuf oder Schmerzenslaut eines Menschen. Durch
die Ausdauer, mit welcher die Schakale ihre Nachtgesänge vortragen, können sie unerträglich werden.
Zumal wenn man im Freien schläft, verderben sie oft die Nachtruhe vollständig. Somit kann man es
den Morgenländern nicht verdenken, wenn sie die überall häufigen Thiere sehr hassen und diesem Haß
durch grauenvolle Flüche Ausdruck geben.

Zum Haß berechtigen übrigens auch noch andere Thaten der Schakale. Der geringe Nutzen,
welchen sie bringen, steht mit dem Schaden, den sie verursachen, in gar keinem Verhältnisse. Nützlich
werden sie nur durch Wegräumen des Aases und Vertilgung allerhand Ungeziefers, hauptsächlich durch
Mäusefang, schädlich aber wegen ihrer unverschämten Spitzbübereien. Sie fressen nicht nur alles Ge-
nießbare weg, sondern stehlen noch allerhand Ungenießbares aus Haus und Hof, Zelt und Zimmer,
Stall und Küche. Sie nehmen mit, was ihnen gerade paßt, und ihre Freude am Diebstahl ist vielleicht
ebenso groß, als ihre Gefräßigkeit. Jm Hühnerhofe spielen sie ganz die Rolle unsers Reinecke. Sie
morden mit der Gier des Marders und stehlen, wenn auch nicht mit der List, doch mit der Frechheit
des Fuchses. Unter Umständen machen sie sich übrigens auch über ein vereinzeltes Herdenthier, über
Lämmer und Ziegen her, verfolgen ein kleines Wild oder plündern die Obstgärten und Weinberge.
An der Meeresküste nähren sie sich von todten Fischen, Weichthieren und dergleichen. Den größeren
Raubthieren folgen sie in Rudeln nach, um alle Ueberreste seiner Mahlzeit zu vertilgen. Die Reise-
züge begleiten sie oft Tage lang, drängen sich bei jeder Gelegenheit ins Lager hinein und stehlen
und plündern hier nach Herzenslust. Bei ihren Raubzügen gehen sie Anfangs langsam, in Absätzen,
heulen dazwischen einmal, wittern, lauschen, äugen und folgen dann, sowie sie eine Spur aufgefunden
haben, irgend welchem Wilde mit großem Eifer, fallen, wenn sie nahe genug sind, plötzlich über ihre
Beute her und würgen sie ab. Tritt ihnen bei solchen Jagdzügen ein Mensch in den Weg, so weichen

Die Raubthiere. Hunde. — Gemeiner, indiſcher und Schabrakenſchakal.
auch ſchwarz gewellt erſcheint. Die Unterſeite iſt gelblichroth oder lichtgelb, die Kehle weißlich, der
Kopf aber röthlich, mit Grau gemiſcht. Die Lippen ſind ſchwarz, die Lauſcher an der Jnnenſeite weiß.
Die Läufe ſind ebenfalls fahl oder gelbroth. Seine Leibeslänge beträgt zwei Fuß und etwas darüber,
die des Schwanzes zehn Zoll, die Höhe am Widerriſt 1½ Fuß.

Namentlich in Kleinaſien, Perſien und den Euphratländern, in Paläſtina und Nordegypten iſt
der Schakal einer der häufigſten Wildhunde überhaupt. Jn Europa findet er ſich nur in Morea
und auf wenigen Halbinſeln Dalmatiens, überall ſelten. Er bewohnt bergige Gegenden lieber, als
Ebenen. Wälder bilden ſeine bevorzugte Heimatsſtätte.

Jn ſeiner Lebensweiſe ſtellt er ſich ſo recht eigentlich als Bindeglied zwiſchen Wolf und Fuchs
dar. Dem Letztern ähnelt er mehr, als dem Erſtern. Bei Tage hält er ſich zurückgezogen; gegen
Abend begiebt er ſich auf ſeine Jagdzüge, heult laut, um andere ſeiner Art herbeizulocken, und ſtreift
nun mit dieſen umher. Er liebt die Geſelligkeit ſehr, obwohl er auch einzeln umherjagt. Man darf
ihn vielleicht den dreiſteſten und zudringlichſten aller Hunde nennen. Er ſcheut ſich nicht im geringſten
vor menſchlichen Niederlaſſungen, ſondern dringt frech in das Junere der Dörfer, ja ſelbſt der Ge-
höfte und Wohnungen ein und nimmt dort weg, was ſich grade findet. Durch dieſe Zudringlichkeit
wird der Schakal weit unangenehmer und läſtiger, als durch ſeinen berühmten Nachtgeſang, welchen er
mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vorzutragen pflegt. Sobald die Nacht wirklich hereinge-
brochen iſt, vernimmt man ein vielſtimmiges, im höchſten Grade klägliches Geheul, welches dem unſerer
Hunde ähnelt, ſich aber durch größere Vielſeitigkeit auszeichnet. Wahrſcheinlich dient dieſes Geheul
hauptſächlich anderen der gleichen Art zum Zeichen: die Schakale heulen ſich gegenſeitig zuſammen.
Jedenfalls iſt es nicht als ein Ausdruck der Wehmuth unſrer lieben Thiere anzuſehen; denn der
Schakal heult auch bei reichlicher Mahlzeit, z. B. in der Nähe eines großen Aaſes, gar erbärmlich und
kläglich, daß man meint, er habe ſeit wenigſtens acht Tagen keinen Biſſen zu ſich genommen. Sobald
der eine ſeine Stimme erhebt, fallen die anderen regelmäßig ein, und ſo kann es kommen, daß man von
einzelnliegenden Gehöften aus zuweilen die allerſonderbarſte Muſik vernehmen kann, weil die Töne
aus allen Gegenden der Windroſe heranſchallen. Unter Umſtänden wird man ordentlich erſchreckt durch
das Geheul; denn es ähnelt manchmal dem Hilferuf oder Schmerzenslaut eines Menſchen. Durch
die Ausdauer, mit welcher die Schakale ihre Nachtgeſänge vortragen, können ſie unerträglich werden.
Zumal wenn man im Freien ſchläft, verderben ſie oft die Nachtruhe vollſtändig. Somit kann man es
den Morgenländern nicht verdenken, wenn ſie die überall häufigen Thiere ſehr haſſen und dieſem Haß
durch grauenvolle Flüche Ausdruck geben.

Zum Haß berechtigen übrigens auch noch andere Thaten der Schakale. Der geringe Nutzen,
welchen ſie bringen, ſteht mit dem Schaden, den ſie verurſachen, in gar keinem Verhältniſſe. Nützlich
werden ſie nur durch Wegräumen des Aaſes und Vertilgung allerhand Ungeziefers, hauptſächlich durch
Mäuſefang, ſchädlich aber wegen ihrer unverſchämten Spitzbübereien. Sie freſſen nicht nur alles Ge-
nießbare weg, ſondern ſtehlen noch allerhand Ungenießbares aus Haus und Hof, Zelt und Zimmer,
Stall und Küche. Sie nehmen mit, was ihnen gerade paßt, und ihre Freude am Diebſtahl iſt vielleicht
ebenſo groß, als ihre Gefräßigkeit. Jm Hühnerhofe ſpielen ſie ganz die Rolle unſers Reinecke. Sie
morden mit der Gier des Marders und ſtehlen, wenn auch nicht mit der Liſt, doch mit der Frechheit
des Fuchſes. Unter Umſtänden machen ſie ſich übrigens auch über ein vereinzeltes Herdenthier, über
Lämmer und Ziegen her, verfolgen ein kleines Wild oder plündern die Obſtgärten und Weinberge.
An der Meeresküſte nähren ſie ſich von todten Fiſchen, Weichthieren und dergleichen. Den größeren
Raubthieren folgen ſie in Rudeln nach, um alle Ueberreſte ſeiner Mahlzeit zu vertilgen. Die Reiſe-
züge begleiten ſie oft Tage lang, drängen ſich bei jeder Gelegenheit ins Lager hinein und ſtehlen
und plündern hier nach Herzensluſt. Bei ihren Raubzügen gehen ſie Anfangs langſam, in Abſätzen,
heulen dazwiſchen einmal, wittern, lauſchen, äugen und folgen dann, ſowie ſie eine Spur aufgefunden
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[412/0480] Die Raubthiere. Hunde. — Gemeiner, indiſcher und Schabrakenſchakal. auch ſchwarz gewellt erſcheint. Die Unterſeite iſt gelblichroth oder lichtgelb, die Kehle weißlich, der Kopf aber röthlich, mit Grau gemiſcht. Die Lippen ſind ſchwarz, die Lauſcher an der Jnnenſeite weiß. Die Läufe ſind ebenfalls fahl oder gelbroth. Seine Leibeslänge beträgt zwei Fuß und etwas darüber, die des Schwanzes zehn Zoll, die Höhe am Widerriſt 1½ Fuß. Namentlich in Kleinaſien, Perſien und den Euphratländern, in Paläſtina und Nordegypten iſt der Schakal einer der häufigſten Wildhunde überhaupt. Jn Europa findet er ſich nur in Morea und auf wenigen Halbinſeln Dalmatiens, überall ſelten. Er bewohnt bergige Gegenden lieber, als Ebenen. Wälder bilden ſeine bevorzugte Heimatsſtätte. Jn ſeiner Lebensweiſe ſtellt er ſich ſo recht eigentlich als Bindeglied zwiſchen Wolf und Fuchs dar. Dem Letztern ähnelt er mehr, als dem Erſtern. Bei Tage hält er ſich zurückgezogen; gegen Abend begiebt er ſich auf ſeine Jagdzüge, heult laut, um andere ſeiner Art herbeizulocken, und ſtreift nun mit dieſen umher. Er liebt die Geſelligkeit ſehr, obwohl er auch einzeln umherjagt. Man darf ihn vielleicht den dreiſteſten und zudringlichſten aller Hunde nennen. Er ſcheut ſich nicht im geringſten vor menſchlichen Niederlaſſungen, ſondern dringt frech in das Junere der Dörfer, ja ſelbſt der Ge- höfte und Wohnungen ein und nimmt dort weg, was ſich grade findet. Durch dieſe Zudringlichkeit wird der Schakal weit unangenehmer und läſtiger, als durch ſeinen berühmten Nachtgeſang, welchen er mit einer bewunderungswürdigen Ausdauer vorzutragen pflegt. Sobald die Nacht wirklich hereinge- brochen iſt, vernimmt man ein vielſtimmiges, im höchſten Grade klägliches Geheul, welches dem unſerer Hunde ähnelt, ſich aber durch größere Vielſeitigkeit auszeichnet. Wahrſcheinlich dient dieſes Geheul hauptſächlich anderen der gleichen Art zum Zeichen: die Schakale heulen ſich gegenſeitig zuſammen. Jedenfalls iſt es nicht als ein Ausdruck der Wehmuth unſrer lieben Thiere anzuſehen; denn der Schakal heult auch bei reichlicher Mahlzeit, z. B. in der Nähe eines großen Aaſes, gar erbärmlich und kläglich, daß man meint, er habe ſeit wenigſtens acht Tagen keinen Biſſen zu ſich genommen. Sobald der eine ſeine Stimme erhebt, fallen die anderen regelmäßig ein, und ſo kann es kommen, daß man von einzelnliegenden Gehöften aus zuweilen die allerſonderbarſte Muſik vernehmen kann, weil die Töne aus allen Gegenden der Windroſe heranſchallen. Unter Umſtänden wird man ordentlich erſchreckt durch das Geheul; denn es ähnelt manchmal dem Hilferuf oder Schmerzenslaut eines Menſchen. Durch die Ausdauer, mit welcher die Schakale ihre Nachtgeſänge vortragen, können ſie unerträglich werden. Zumal wenn man im Freien ſchläft, verderben ſie oft die Nachtruhe vollſtändig. Somit kann man es den Morgenländern nicht verdenken, wenn ſie die überall häufigen Thiere ſehr haſſen und dieſem Haß durch grauenvolle Flüche Ausdruck geben. Zum Haß berechtigen übrigens auch noch andere Thaten der Schakale. Der geringe Nutzen, welchen ſie bringen, ſteht mit dem Schaden, den ſie verurſachen, in gar keinem Verhältniſſe. Nützlich werden ſie nur durch Wegräumen des Aaſes und Vertilgung allerhand Ungeziefers, hauptſächlich durch Mäuſefang, ſchädlich aber wegen ihrer unverſchämten Spitzbübereien. Sie freſſen nicht nur alles Ge- nießbare weg, ſondern ſtehlen noch allerhand Ungenießbares aus Haus und Hof, Zelt und Zimmer, Stall und Küche. Sie nehmen mit, was ihnen gerade paßt, und ihre Freude am Diebſtahl iſt vielleicht ebenſo groß, als ihre Gefräßigkeit. Jm Hühnerhofe ſpielen ſie ganz die Rolle unſers Reinecke. Sie morden mit der Gier des Marders und ſtehlen, wenn auch nicht mit der Liſt, doch mit der Frechheit des Fuchſes. Unter Umſtänden machen ſie ſich übrigens auch über ein vereinzeltes Herdenthier, über Lämmer und Ziegen her, verfolgen ein kleines Wild oder plündern die Obſtgärten und Weinberge. An der Meeresküſte nähren ſie ſich von todten Fiſchen, Weichthieren und dergleichen. Den größeren Raubthieren folgen ſie in Rudeln nach, um alle Ueberreſte ſeiner Mahlzeit zu vertilgen. Die Reiſe- züge begleiten ſie oft Tage lang, drängen ſich bei jeder Gelegenheit ins Lager hinein und ſtehlen und plündern hier nach Herzensluſt. Bei ihren Raubzügen gehen ſie Anfangs langſam, in Abſätzen, heulen dazwiſchen einmal, wittern, lauſchen, äugen und folgen dann, ſowie ſie eine Spur aufgefunden haben, irgend welchem Wilde mit großem Eifer, fallen, wenn ſie nahe genug ſind, plötzlich über ihre Beute her und würgen ſie ab. Tritt ihnen bei ſolchen Jagdzügen ein Menſch in den Weg, ſo weichen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/480>, abgerufen am 22.11.2024.