List und Frechheit bei seinen Jagden. Familienleben.
kurzes Gekläff, welches mit einem stärkern und höhern Kreischen endet. Man vernimmt es übrigens von erwachsenen Füchsen blos vor stürmischem Wetter, bei Gewittern, bei großer Kälte und zur Zeit der Paarung; die Jungen freilich schreien und kläffen, sobald sie hungrig sind oder sich lang- weilen. Jm Zorn oder bei großer Gefahr knurrt oder heult der Fuchs; einen Schmerzenslaut ver- nimmt man von ihm blos dann, wenn er von einer Kugel getroffen worden ist: bei jeder andern Verwundung schweigt er hartnäckig still. Jm Winter, namentlich bei Schnee und Frost, schreit er laut und klagend, am öftersten aber hört man ihn zur Zeit der Paarung.
Die Ranzzeit fällt auf das Ende Februars und dauert einige Wochen. Dabei werden unter den verschiedenen Mitbewerbern lebhafte Händel ausgekämpft. Zwei Füchse beißen sich oft mit großer Wuth einer Füchsin wegen. Jn Egypten, wo sie bei weitem nicht so vorsichtig sind, als bei uns, treiben sie die Paarung ganz offen im Felde und vergessen sich in der Liebesaufregung so weit, daß sie den Menschen oft nahe herankommen lassen. Jch selbst habe einmal die Füchsin eines sich gerade be- gattenden Paares mit der Kugel erlegt und Dasselbe von einem meiner dortigen Jagdgefährten ge- sehen. Sechszig Tage oder auch neun Wochen nach der Begattung, nämlich Ende Aprils oder Anfangs Mai, wölft die Füchsin im hintersten Kessel ihres Baues drei bis sechs, zuweilen aber acht bis neun Junge, welche zehn bis vierzehn Tage blind bleiben. Sie verläßt nun den Bau fast gar nicht mehr, und wird anfangs durch den Fuchs mit Nahrung versehen und auch später bei den Jagden zu Gunsten ihrer Jungen von ihm unterstützt. Schon einen Monat nach ihrer Geburt wagen sich die netten, mit röthlichgrauer Wolle bedeckten Raubjunker in stiller Stunde heraus vor den Bau, um sich zu sonnen und unter einander oder mit der gefälligen Alten zu spielen. Beide Eltern tragen ihnen Nahrung in Menge zu, von allem Anfange an auch lebendiges Wildpret: Mäuse, Vögelchen, Frösche und Käfer; die Mutter lehrt die hoffnungsvollen Sprößlinge, diese Thiere zu fangen, zu quälen und zu verzehren. Sie ist jetzt vorsichtiger, als je, sieht in dem unschuldigsten Dinge schon Gefahr für ihr Gewölfe und führt es bei dem geringsten Geräusche in den Bau zurück. Daher kommt es, daß es nur höchst selten dem Beobachter gelingt, die spielende Familie zu bemerken. Wenn die Kleinen eine gewisse Größe erlangt haben, liegen sie bei gutem Wetter gern morgens und abends vor dem Baue und erwarten die Heimkunft der Alten: währt ihnen diese zu lange, so bellen sie und verrathen sich hierdurch zu- weilen selbst. Sobald die Alte irgend eine Nachstellung merkt, trägt sie die Jungen im Maule nach einem andern Baue, oft ziemlich weit weg. Schon im Juli begleitet das Gewölfe die jagende Alte oder macht sich wohl auch allein auf die Jagd, sucht in der Dämmerung ein junges Häschen, Mäuschen, Vögelchen und andere Thierchen zu überraschen, und wäre es auch nur ein Käfer. "Sie haben," sagt Tschudi, "schon ganz die Art der Alten. Die längliche, spitze Schnauze sucht emsig am Boden die Fährte, die feinen Oehrchen stehen gerade aufgerichtet, die kleinen, graugrünen, schief blitzenden Aeuglein visiren scharf das Revier, die reichwollige Standarte folgt leise dem leisen Auftritte der Sohlen. Bald steht der junge Jäger mit den Vorderfüßen auf einem Steine und spürt umher, bald duckt er sich in den Busch, um die Ankunft der Nestvögel zu erwarten, bald steht er heuchlerisch harmlos am Bergstalle, um den nächtlicher Weile das muntere Volk der Mäuse das Heugesäme durchsucht." Schon Ende Juli verlassen die jungen Füchslein den Bau gänzlich, und beziehen mit ihrer Mutter die Getreidefelder, welche ihnen reichen Fang versprechen und vollkommene Sicherheit gewähren. Nach der Ernte suchen sie dichte Gebüsche, Haiden und Röhricht auf, bilden sich inzwischen zu vollkommen gerechten Jägern und schlauen Strauchdieben aus, und trennen sich endlich im Spätherbst gänzlich von der Mutter, um auf eigene Faust ihr Heil zu versuchen.
Lenz theilt Beobachtungen mit, welche die Mutterliebe der alten Füchsin auf das glänzendste beweisen. "Am 19. April 1830 grub der Jäger des Herrn von Mergenbaum zu Nilsheim, in Gesellschaft des Hauptmanns Deßloch, Hofgärtners Resserl und mehrerer Andrer, einen Bau mit jungen Füchsen aus. Nachdem ein scharfer Dachshund eine kurze Zeit den Füchsen vorgelegen hatte und die Röhren mit Schützen besetzt waren, wurde an der Stelle, wo der Hund die Füchse verrathen, stark auf den Bau geklopft, welches Klopfen die Füchsin zu dem schnellen Entschluß brachte,
Liſt und Frechheit bei ſeinen Jagden. Familienleben.
kurzes Gekläff, welches mit einem ſtärkern und höhern Kreiſchen endet. Man vernimmt es übrigens von erwachſenen Füchſen blos vor ſtürmiſchem Wetter, bei Gewittern, bei großer Kälte und zur Zeit der Paarung; die Jungen freilich ſchreien und kläffen, ſobald ſie hungrig ſind oder ſich lang- weilen. Jm Zorn oder bei großer Gefahr knurrt oder heult der Fuchs; einen Schmerzenslaut ver- nimmt man von ihm blos dann, wenn er von einer Kugel getroffen worden iſt: bei jeder andern Verwundung ſchweigt er hartnäckig ſtill. Jm Winter, namentlich bei Schnee und Froſt, ſchreit er laut und klagend, am öfterſten aber hört man ihn zur Zeit der Paarung.
Die Ranzzeit fällt auf das Ende Februars und dauert einige Wochen. Dabei werden unter den verſchiedenen Mitbewerbern lebhafte Händel ausgekämpft. Zwei Füchſe beißen ſich oft mit großer Wuth einer Füchſin wegen. Jn Egypten, wo ſie bei weitem nicht ſo vorſichtig ſind, als bei uns, treiben ſie die Paarung ganz offen im Felde und vergeſſen ſich in der Liebesaufregung ſo weit, daß ſie den Menſchen oft nahe herankommen laſſen. Jch ſelbſt habe einmal die Füchſin eines ſich gerade be- gattenden Paares mit der Kugel erlegt und Daſſelbe von einem meiner dortigen Jagdgefährten ge- ſehen. Sechszig Tage oder auch neun Wochen nach der Begattung, nämlich Ende Aprils oder Anfangs Mai, wölft die Füchſin im hinterſten Keſſel ihres Baues drei bis ſechs, zuweilen aber acht bis neun Junge, welche zehn bis vierzehn Tage blind bleiben. Sie verläßt nun den Bau faſt gar nicht mehr, und wird anfangs durch den Fuchs mit Nahrung verſehen und auch ſpäter bei den Jagden zu Gunſten ihrer Jungen von ihm unterſtützt. Schon einen Monat nach ihrer Geburt wagen ſich die netten, mit röthlichgrauer Wolle bedeckten Raubjunker in ſtiller Stunde heraus vor den Bau, um ſich zu ſonnen und unter einander oder mit der gefälligen Alten zu ſpielen. Beide Eltern tragen ihnen Nahrung in Menge zu, von allem Anfange an auch lebendiges Wildpret: Mäuſe, Vögelchen, Fröſche und Käfer; die Mutter lehrt die hoffnungsvollen Sprößlinge, dieſe Thiere zu fangen, zu quälen und zu verzehren. Sie iſt jetzt vorſichtiger, als je, ſieht in dem unſchuldigſten Dinge ſchon Gefahr für ihr Gewölfe und führt es bei dem geringſten Geräuſche in den Bau zurück. Daher kommt es, daß es nur höchſt ſelten dem Beobachter gelingt, die ſpielende Familie zu bemerken. Wenn die Kleinen eine gewiſſe Größe erlangt haben, liegen ſie bei gutem Wetter gern morgens und abends vor dem Baue und erwarten die Heimkunft der Alten: währt ihnen dieſe zu lange, ſo bellen ſie und verrathen ſich hierdurch zu- weilen ſelbſt. Sobald die Alte irgend eine Nachſtellung merkt, trägt ſie die Jungen im Maule nach einem andern Baue, oft ziemlich weit weg. Schon im Juli begleitet das Gewölfe die jagende Alte oder macht ſich wohl auch allein auf die Jagd, ſucht in der Dämmerung ein junges Häschen, Mäuschen, Vögelchen und andere Thierchen zu überraſchen, und wäre es auch nur ein Käfer. „Sie haben,‟ ſagt Tſchudi, „ſchon ganz die Art der Alten. Die längliche, ſpitze Schnauze ſucht emſig am Boden die Fährte, die feinen Oehrchen ſtehen gerade aufgerichtet, die kleinen, graugrünen, ſchief blitzenden Aeuglein viſiren ſcharf das Revier, die reichwollige Standarte folgt leiſe dem leiſen Auftritte der Sohlen. Bald ſteht der junge Jäger mit den Vorderfüßen auf einem Steine und ſpürt umher, bald duckt er ſich in den Buſch, um die Ankunft der Neſtvögel zu erwarten, bald ſteht er heuchleriſch harmlos am Bergſtalle, um den nächtlicher Weile das muntere Volk der Mäuſe das Heugeſäme durchſucht.‟ Schon Ende Juli verlaſſen die jungen Füchslein den Bau gänzlich, und beziehen mit ihrer Mutter die Getreidefelder, welche ihnen reichen Fang verſprechen und vollkommene Sicherheit gewähren. Nach der Ernte ſuchen ſie dichte Gebüſche, Haiden und Röhricht auf, bilden ſich inzwiſchen zu vollkommen gerechten Jägern und ſchlauen Strauchdieben aus, und trennen ſich endlich im Spätherbſt gänzlich von der Mutter, um auf eigene Fauſt ihr Heil zu verſuchen.
Lenz theilt Beobachtungen mit, welche die Mutterliebe der alten Füchſin auf das glänzendſte beweiſen. „Am 19. April 1830 grub der Jäger des Herrn von Mergenbaum zu Nilsheim, in Geſellſchaft des Hauptmanns Deßloch, Hofgärtners Reſſerl und mehrerer Andrer, einen Bau mit jungen Füchſen aus. Nachdem ein ſcharfer Dachshund eine kurze Zeit den Füchſen vorgelegen hatte und die Röhren mit Schützen beſetzt waren, wurde an der Stelle, wo der Hund die Füchſe verrathen, ſtark auf den Bau geklopft, welches Klopfen die Füchſin zu dem ſchnellen Entſchluß brachte,
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[425/0493]
Liſt und Frechheit bei ſeinen Jagden. Familienleben.
kurzes Gekläff, welches mit einem ſtärkern und höhern Kreiſchen endet. Man vernimmt es übrigens
von erwachſenen Füchſen blos vor ſtürmiſchem Wetter, bei Gewittern, bei großer Kälte und zur
Zeit der Paarung; die Jungen freilich ſchreien und kläffen, ſobald ſie hungrig ſind oder ſich lang-
weilen. Jm Zorn oder bei großer Gefahr knurrt oder heult der Fuchs; einen Schmerzenslaut ver-
nimmt man von ihm blos dann, wenn er von einer Kugel getroffen worden iſt: bei jeder andern
Verwundung ſchweigt er hartnäckig ſtill. Jm Winter, namentlich bei Schnee und Froſt, ſchreit er laut
und klagend, am öfterſten aber hört man ihn zur Zeit der Paarung.
Die Ranzzeit fällt auf das Ende Februars und dauert einige Wochen. Dabei werden unter den
verſchiedenen Mitbewerbern lebhafte Händel ausgekämpft. Zwei Füchſe beißen ſich oft mit großer
Wuth einer Füchſin wegen. Jn Egypten, wo ſie bei weitem nicht ſo vorſichtig ſind, als bei uns, treiben
ſie die Paarung ganz offen im Felde und vergeſſen ſich in der Liebesaufregung ſo weit, daß ſie den
Menſchen oft nahe herankommen laſſen. Jch ſelbſt habe einmal die Füchſin eines ſich gerade be-
gattenden Paares mit der Kugel erlegt und Daſſelbe von einem meiner dortigen Jagdgefährten ge-
ſehen. Sechszig Tage oder auch neun Wochen nach der Begattung, nämlich Ende Aprils oder Anfangs
Mai, wölft die Füchſin im hinterſten Keſſel ihres Baues drei bis ſechs, zuweilen aber acht bis neun
Junge, welche zehn bis vierzehn Tage blind bleiben. Sie verläßt nun den Bau faſt gar nicht mehr,
und wird anfangs durch den Fuchs mit Nahrung verſehen und auch ſpäter bei den Jagden zu Gunſten
ihrer Jungen von ihm unterſtützt. Schon einen Monat nach ihrer Geburt wagen ſich die netten, mit
röthlichgrauer Wolle bedeckten Raubjunker in ſtiller Stunde heraus vor den Bau, um ſich zu ſonnen
und unter einander oder mit der gefälligen Alten zu ſpielen. Beide Eltern tragen ihnen Nahrung in
Menge zu, von allem Anfange an auch lebendiges Wildpret: Mäuſe, Vögelchen, Fröſche und Käfer;
die Mutter lehrt die hoffnungsvollen Sprößlinge, dieſe Thiere zu fangen, zu quälen und zu verzehren.
Sie iſt jetzt vorſichtiger, als je, ſieht in dem unſchuldigſten Dinge ſchon Gefahr für ihr Gewölfe und
führt es bei dem geringſten Geräuſche in den Bau zurück. Daher kommt es, daß es nur höchſt ſelten
dem Beobachter gelingt, die ſpielende Familie zu bemerken. Wenn die Kleinen eine gewiſſe Größe
erlangt haben, liegen ſie bei gutem Wetter gern morgens und abends vor dem Baue und erwarten
die Heimkunft der Alten: währt ihnen dieſe zu lange, ſo bellen ſie und verrathen ſich hierdurch zu-
weilen ſelbſt. Sobald die Alte irgend eine Nachſtellung merkt, trägt ſie die Jungen im Maule nach
einem andern Baue, oft ziemlich weit weg. Schon im Juli begleitet das Gewölfe die jagende Alte
oder macht ſich wohl auch allein auf die Jagd, ſucht in der Dämmerung ein junges Häschen,
Mäuschen, Vögelchen und andere Thierchen zu überraſchen, und wäre es auch nur ein Käfer. „Sie
haben,‟ ſagt Tſchudi, „ſchon ganz die Art der Alten. Die längliche, ſpitze Schnauze ſucht emſig am
Boden die Fährte, die feinen Oehrchen ſtehen gerade aufgerichtet, die kleinen, graugrünen, ſchief
blitzenden Aeuglein viſiren ſcharf das Revier, die reichwollige Standarte folgt leiſe dem leiſen Auftritte
der Sohlen. Bald ſteht der junge Jäger mit den Vorderfüßen auf einem Steine und ſpürt umher,
bald duckt er ſich in den Buſch, um die Ankunft der Neſtvögel zu erwarten, bald ſteht er heuchleriſch
harmlos am Bergſtalle, um den nächtlicher Weile das muntere Volk der Mäuſe das Heugeſäme durchſucht.‟
Schon Ende Juli verlaſſen die jungen Füchslein den Bau gänzlich, und beziehen mit ihrer Mutter die
Getreidefelder, welche ihnen reichen Fang verſprechen und vollkommene Sicherheit gewähren. Nach
der Ernte ſuchen ſie dichte Gebüſche, Haiden und Röhricht auf, bilden ſich inzwiſchen zu vollkommen
gerechten Jägern und ſchlauen Strauchdieben aus, und trennen ſich endlich im Spätherbſt gänzlich von
der Mutter, um auf eigene Fauſt ihr Heil zu verſuchen.
Lenz theilt Beobachtungen mit, welche die Mutterliebe der alten Füchſin auf das glänzendſte
beweiſen. „Am 19. April 1830 grub der Jäger des Herrn von Mergenbaum zu Nilsheim, in
Geſellſchaft des Hauptmanns Deßloch, Hofgärtners Reſſerl und mehrerer Andrer, einen Bau
mit jungen Füchſen aus. Nachdem ein ſcharfer Dachshund eine kurze Zeit den Füchſen vorgelegen
hatte und die Röhren mit Schützen beſetzt waren, wurde an der Stelle, wo der Hund die Füchſe
verrathen, ſtark auf den Bau geklopft, welches Klopfen die Füchſin zu dem ſchnellen Entſchluß brachte,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/493>, abgerufen am 22.11.2024.
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