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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Aguarachay. Eisfuchs.
nahe am Boden, spürt auf der Fährte hin und windet dann mit emporgehaltener Nase von Zeit zu
Zeit. Sind die Zuckerrohre ihrer Reise nahe, so besucht er die Pflanzung, und zwar nicht allein der
vielen dort lebenden Mäuse, sondern auch des Zuckerrohrs selbst wegen. Er frißt nur einen kleinen
Theil der Pflanzen, denjenigen nämlich, der sich gleich über der Wurzel findet und den meisten Zucker
enthält, beißt aber jedesmal zehn und mehr Pflanzen an oder ab und richtet bedeutenden Schaden an."

Jn weniger bewohnten Gegenden wird der Aguarachay oder die Zorra der spanischen Süd-
amerikaner, oft außerordentlich frech. Göring erzählte mir, daß er unsern Fuchs auch bei Tage ganz in
der Nähe der Gehöfte gesehen habe. Das Thier besitzt ein ganz vortreffliches Gedächtniß und merkt es
sich genau, wo es einmal Beute gemacht hat. Auf dem Hühnerhofe, welchem es einen Besuch abstattete,
mag man die Hühner gut hüten: sonst kommt die Zorra sicherlich so lange wieder, als noch ein
Huhn zu finden ist.

Wo er sich ungestört weiß, treibt er sich überhaupt ebensoviel bei Tage, als bei Nacht umher.
Jn den Sümpfen weiß er mit großer Geschicklichkeit Wege zu finden. Dort stellt er eifrig dem
Wasser- und Sumpfgeflügel, namentlich den Enten, Rallen, Wasserhühnchen und Wehrvögeln
(Palamedea) nach und weiß immer eins oder das andere der tölpischen Jungen, ja selbst die Alten zu
berücken. Die Gauchos, welche ihn vortrefflich kennen, erzählten Göring, daß er sich gerade dann nach
den Sümpfen verfüge, wenn Jäger dort wären: die Leute glauben, er wäre so klug, um zu wissen, daß
die Jäger doch einen oder den andern Vogel für ihn erlegen würden.

Einzelnen Reitern gegenüber zeigt er sich oft sehr neugierig: er kommt, wenn er den Tritt eines
Pferdes vernimmt aus dem Gebüsch hervor, stellt sich offen mitten auf die Straße und schaut Reiter
und Pferd unverwandt an, läßt auch Beide manchmal bis auf funfzig Schritte und noch näher an sich
herankommen, bevor er sich zurückzieht. Ein solcher Rückzug geschieht keineswegs mit großer Eile,
sondern langsam, Schritt für Schritt. Der Fuchs trollt in aller Gemüthlichkeit davon und schaut sich
noch viele Male nach der ihn fesselnden Erscheinung um, fast als wolle er Roß und Reiter verhöhnen.
Merkt er dagegen, daß man Miene macht, ihn zu verfolgen, so sucht er so eilig als möglich sein Heil
in der Flucht und ist dann in kürzester Frist im dichten Gestrüpp verschwunden.

"Jm Winter, zur Zeit der Begattung," fährt Rengger fort, "suchen sich beide Geschlechter auf,
und lassen dann häufig abends und bei Nacht den Laut A-gua-a vernehmen, welchen man sonst nur
hört, wenn eine Wetterveränderung bevorsteht. Männchen und Weibchen bauen sich nun ein gemein-
schaftliches Lager im Gebüsch, unter losen Baumwurzeln, in den verlassenen Höhlen des Tatu u. s. w.
Einen eignen Bau graben sie nicht. Jm Frühjahr, d. h. im Weinmonat, wirft das Weibchen hier
drei bis fünf Junge, welche sie in den ersten Wochen nur selten verläßt. Das Männchen trägt ihnen
Raub zu. Sobald die Jungen fressen können, gehen beide Alten auf die Jagd aus und versorgen
ihre Brut gemeinschaftlich. Gegen Ende des Christmonds trifft man schon junge Aguarachays an, welche
der Mutter auf ihren Streifereien folgen. Um diese Zeit trennt sich der Fuchs von der Familie, und
später verläßt auch das Weibchen die Jungen."

"Der Aguarachay wird in Paraguay sehr häufig als Säugling eingefangen und gezähmt. Geschieht
das Letztere mit Sorgfalt, so kann er zum Hausthier gemacht werden. Jch sah ihrer zwei, welche fast so
zahm waren, wie Haushunde, obgleich nicht so folgsam. Beide waren ganz jung einer säugenden
Hündin angelegt und mit deren Gewölfe aufgezogen worden. Jhren Herrn lernten sie bald kennen,
kamen auf seinen Ruf zu ihm, suchten ihn zuweilen von selbst auf, spielten mit ihm und beleckten seine
Hände. Gegen unbekannte Personen waren sie gleichgiltig. Mit ihren Stiefgeschwistern hatten sie
sich gut vertragen; beim Anblick fremder Hunde sträubten sie ihr Haar und fingen an zu bellen. Sie
liefen frei umher, ohne daß sie zu entfliehen suchten, obgleich sie oft ganze Nächte hindurch vom Hause
abwesend waren. Durch Schläge konnten sie von einer Handlung abgehalten, aber weder durch Güte
noch durch Gewalt zu Etwas gezwungen werden. Die Gefangenschaft hatte ihre angestammte Lebens-
weise nur wenig verändert. Sie schliefen den größten Theil des Tages hindurch, wachten gegen
Abend auf, liefen dann einige Zeit im Hause herum und suchten sich ihre Nahrung auf oder spielten

Die Raubthiere. Hunde. — Aguarachay. Eisfuchs.
nahe am Boden, ſpürt auf der Fährte hin und windet dann mit emporgehaltener Naſe von Zeit zu
Zeit. Sind die Zuckerrohre ihrer Reiſe nahe, ſo beſucht er die Pflanzung, und zwar nicht allein der
vielen dort lebenden Mäuſe, ſondern auch des Zuckerrohrs ſelbſt wegen. Er frißt nur einen kleinen
Theil der Pflanzen, denjenigen nämlich, der ſich gleich über der Wurzel findet und den meiſten Zucker
enthält, beißt aber jedesmal zehn und mehr Pflanzen an oder ab und richtet bedeutenden Schaden an.‟

Jn weniger bewohnten Gegenden wird der Aguarachay oder die Zorra der ſpaniſchen Süd-
amerikaner, oft außerordentlich frech. Göring erzählte mir, daß er unſern Fuchs auch bei Tage ganz in
der Nähe der Gehöfte geſehen habe. Das Thier beſitzt ein ganz vortreffliches Gedächtniß und merkt es
ſich genau, wo es einmal Beute gemacht hat. Auf dem Hühnerhofe, welchem es einen Beſuch abſtattete,
mag man die Hühner gut hüten: ſonſt kommt die Zorra ſicherlich ſo lange wieder, als noch ein
Huhn zu finden iſt.

Wo er ſich ungeſtört weiß, treibt er ſich überhaupt ebenſoviel bei Tage, als bei Nacht umher.
Jn den Sümpfen weiß er mit großer Geſchicklichkeit Wege zu finden. Dort ſtellt er eifrig dem
Waſſer- und Sumpfgeflügel, namentlich den Enten, Rallen, Waſſerhühnchen und Wehrvögeln
(Palamedea) nach und weiß immer eins oder das andere der tölpiſchen Jungen, ja ſelbſt die Alten zu
berücken. Die Gauchos, welche ihn vortrefflich kennen, erzählten Göring, daß er ſich gerade dann nach
den Sümpfen verfüge, wenn Jäger dort wären: die Leute glauben, er wäre ſo klug, um zu wiſſen, daß
die Jäger doch einen oder den andern Vogel für ihn erlegen würden.

Einzelnen Reitern gegenüber zeigt er ſich oft ſehr neugierig: er kommt, wenn er den Tritt eines
Pferdes vernimmt aus dem Gebüſch hervor, ſtellt ſich offen mitten auf die Straße und ſchaut Reiter
und Pferd unverwandt an, läßt auch Beide manchmal bis auf funfzig Schritte und noch näher an ſich
herankommen, bevor er ſich zurückzieht. Ein ſolcher Rückzug geſchieht keineswegs mit großer Eile,
ſondern langſam, Schritt für Schritt. Der Fuchs trollt in aller Gemüthlichkeit davon und ſchaut ſich
noch viele Male nach der ihn feſſelnden Erſcheinung um, faſt als wolle er Roß und Reiter verhöhnen.
Merkt er dagegen, daß man Miene macht, ihn zu verfolgen, ſo ſucht er ſo eilig als möglich ſein Heil
in der Flucht und iſt dann in kürzeſter Friſt im dichten Geſtrüpp verſchwunden.

„Jm Winter, zur Zeit der Begattung,‟ fährt Rengger fort, „ſuchen ſich beide Geſchlechter auf,
und laſſen dann häufig abends und bei Nacht den Laut A-gua-a vernehmen, welchen man ſonſt nur
hört, wenn eine Wetterveränderung bevorſteht. Männchen und Weibchen bauen ſich nun ein gemein-
ſchaftliches Lager im Gebüſch, unter loſen Baumwurzeln, in den verlaſſenen Höhlen des Tatu u. ſ. w.
Einen eignen Bau graben ſie nicht. Jm Frühjahr, d. h. im Weinmonat, wirft das Weibchen hier
drei bis fünf Junge, welche ſie in den erſten Wochen nur ſelten verläßt. Das Männchen trägt ihnen
Raub zu. Sobald die Jungen freſſen können, gehen beide Alten auf die Jagd aus und verſorgen
ihre Brut gemeinſchaftlich. Gegen Ende des Chriſtmonds trifft man ſchon junge Aguarachays an, welche
der Mutter auf ihren Streifereien folgen. Um dieſe Zeit trennt ſich der Fuchs von der Familie, und
ſpäter verläßt auch das Weibchen die Jungen.‟

„Der Aguarachay wird in Paraguay ſehr häufig als Säugling eingefangen und gezähmt. Geſchieht
das Letztere mit Sorgfalt, ſo kann er zum Hausthier gemacht werden. Jch ſah ihrer zwei, welche faſt ſo
zahm waren, wie Haushunde, obgleich nicht ſo folgſam. Beide waren ganz jung einer ſäugenden
Hündin angelegt und mit deren Gewölfe aufgezogen worden. Jhren Herrn lernten ſie bald kennen,
kamen auf ſeinen Ruf zu ihm, ſuchten ihn zuweilen von ſelbſt auf, ſpielten mit ihm und beleckten ſeine
Hände. Gegen unbekannte Perſonen waren ſie gleichgiltig. Mit ihren Stiefgeſchwiſtern hatten ſie
ſich gut vertragen; beim Anblick fremder Hunde ſträubten ſie ihr Haar und fingen an zu bellen. Sie
liefen frei umher, ohne daß ſie zu entfliehen ſuchten, obgleich ſie oft ganze Nächte hindurch vom Hauſe
abweſend waren. Durch Schläge konnten ſie von einer Handlung abgehalten, aber weder durch Güte
noch durch Gewalt zu Etwas gezwungen werden. Die Gefangenſchaft hatte ihre angeſtammte Lebens-
weiſe nur wenig verändert. Sie ſchliefen den größten Theil des Tages hindurch, wachten gegen
Abend auf, liefen dann einige Zeit im Hauſe herum und ſuchten ſich ihre Nahrung auf oder ſpielten

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[432/0500] Die Raubthiere. Hunde. — Aguarachay. Eisfuchs. nahe am Boden, ſpürt auf der Fährte hin und windet dann mit emporgehaltener Naſe von Zeit zu Zeit. Sind die Zuckerrohre ihrer Reiſe nahe, ſo beſucht er die Pflanzung, und zwar nicht allein der vielen dort lebenden Mäuſe, ſondern auch des Zuckerrohrs ſelbſt wegen. Er frißt nur einen kleinen Theil der Pflanzen, denjenigen nämlich, der ſich gleich über der Wurzel findet und den meiſten Zucker enthält, beißt aber jedesmal zehn und mehr Pflanzen an oder ab und richtet bedeutenden Schaden an.‟ Jn weniger bewohnten Gegenden wird der Aguarachay oder die Zorra der ſpaniſchen Süd- amerikaner, oft außerordentlich frech. Göring erzählte mir, daß er unſern Fuchs auch bei Tage ganz in der Nähe der Gehöfte geſehen habe. Das Thier beſitzt ein ganz vortreffliches Gedächtniß und merkt es ſich genau, wo es einmal Beute gemacht hat. Auf dem Hühnerhofe, welchem es einen Beſuch abſtattete, mag man die Hühner gut hüten: ſonſt kommt die Zorra ſicherlich ſo lange wieder, als noch ein Huhn zu finden iſt. Wo er ſich ungeſtört weiß, treibt er ſich überhaupt ebenſoviel bei Tage, als bei Nacht umher. Jn den Sümpfen weiß er mit großer Geſchicklichkeit Wege zu finden. Dort ſtellt er eifrig dem Waſſer- und Sumpfgeflügel, namentlich den Enten, Rallen, Waſſerhühnchen und Wehrvögeln (Palamedea) nach und weiß immer eins oder das andere der tölpiſchen Jungen, ja ſelbſt die Alten zu berücken. Die Gauchos, welche ihn vortrefflich kennen, erzählten Göring, daß er ſich gerade dann nach den Sümpfen verfüge, wenn Jäger dort wären: die Leute glauben, er wäre ſo klug, um zu wiſſen, daß die Jäger doch einen oder den andern Vogel für ihn erlegen würden. Einzelnen Reitern gegenüber zeigt er ſich oft ſehr neugierig: er kommt, wenn er den Tritt eines Pferdes vernimmt aus dem Gebüſch hervor, ſtellt ſich offen mitten auf die Straße und ſchaut Reiter und Pferd unverwandt an, läßt auch Beide manchmal bis auf funfzig Schritte und noch näher an ſich herankommen, bevor er ſich zurückzieht. Ein ſolcher Rückzug geſchieht keineswegs mit großer Eile, ſondern langſam, Schritt für Schritt. Der Fuchs trollt in aller Gemüthlichkeit davon und ſchaut ſich noch viele Male nach der ihn feſſelnden Erſcheinung um, faſt als wolle er Roß und Reiter verhöhnen. Merkt er dagegen, daß man Miene macht, ihn zu verfolgen, ſo ſucht er ſo eilig als möglich ſein Heil in der Flucht und iſt dann in kürzeſter Friſt im dichten Geſtrüpp verſchwunden. „Jm Winter, zur Zeit der Begattung,‟ fährt Rengger fort, „ſuchen ſich beide Geſchlechter auf, und laſſen dann häufig abends und bei Nacht den Laut A-gua-a vernehmen, welchen man ſonſt nur hört, wenn eine Wetterveränderung bevorſteht. Männchen und Weibchen bauen ſich nun ein gemein- ſchaftliches Lager im Gebüſch, unter loſen Baumwurzeln, in den verlaſſenen Höhlen des Tatu u. ſ. w. Einen eignen Bau graben ſie nicht. Jm Frühjahr, d. h. im Weinmonat, wirft das Weibchen hier drei bis fünf Junge, welche ſie in den erſten Wochen nur ſelten verläßt. Das Männchen trägt ihnen Raub zu. Sobald die Jungen freſſen können, gehen beide Alten auf die Jagd aus und verſorgen ihre Brut gemeinſchaftlich. Gegen Ende des Chriſtmonds trifft man ſchon junge Aguarachays an, welche der Mutter auf ihren Streifereien folgen. Um dieſe Zeit trennt ſich der Fuchs von der Familie, und ſpäter verläßt auch das Weibchen die Jungen.‟ „Der Aguarachay wird in Paraguay ſehr häufig als Säugling eingefangen und gezähmt. Geſchieht das Letztere mit Sorgfalt, ſo kann er zum Hausthier gemacht werden. Jch ſah ihrer zwei, welche faſt ſo zahm waren, wie Haushunde, obgleich nicht ſo folgſam. Beide waren ganz jung einer ſäugenden Hündin angelegt und mit deren Gewölfe aufgezogen worden. Jhren Herrn lernten ſie bald kennen, kamen auf ſeinen Ruf zu ihm, ſuchten ihn zuweilen von ſelbſt auf, ſpielten mit ihm und beleckten ſeine Hände. Gegen unbekannte Perſonen waren ſie gleichgiltig. Mit ihren Stiefgeſchwiſtern hatten ſie ſich gut vertragen; beim Anblick fremder Hunde ſträubten ſie ihr Haar und fingen an zu bellen. Sie liefen frei umher, ohne daß ſie zu entfliehen ſuchten, obgleich ſie oft ganze Nächte hindurch vom Hauſe abweſend waren. Durch Schläge konnten ſie von einer Handlung abgehalten, aber weder durch Güte noch durch Gewalt zu Etwas gezwungen werden. Die Gefangenſchaft hatte ihre angeſtammte Lebens- weiſe nur wenig verändert. Sie ſchliefen den größten Theil des Tages hindurch, wachten gegen Abend auf, liefen dann einige Zeit im Hauſe herum und ſuchten ſich ihre Nahrung auf oder ſpielten

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/500>, abgerufen am 22.11.2024.