reißen. Was sie des Tags über an Beute gemacht haben, das theilen sie des Abends unter einander, und wenn Etwas übrig geblieben ist, so schleppen sie es bis in die Dörfer hinein, damit auch die Menschen Etwas zu genießen bekommen. So fahren sie einen Tag und eine Woche fort, bis die Gegend von allen wilden Thieren gereinigt ist; dann gehen sie an einen andern Ort und setzen ihre Jagd in derselben Weise fort."
Man erkennt aus dieser Darstellung leicht die Zeit, in welcher sie geschrieben wurde, und die Unklarheit der Beobachtung. Gleichwohl habe ich sie hier mittheilen wollen, weil ich es für sehr lehr- reich und unterhaltend ansehe, auch die ersten Nachrichten über ein Thier zu berücksichtigen. Ganz anders ist der Bericht von Kolbe, welcher dieselben Thiere an dem Vorgebirge der guten Hoffnung bemerkte. Hier heißen sie "wilde Hunde", welche oft in die Dörfer der Hottentotten und in die Häuser der Europäer laufen. Sie fügen dem Menschen kein Leid zu, richten aber unter den Schafen großen Schaden an, wenn sie nicht vertrieben werden; denn sie reißen oft 60 bis 100 Stück Schafe nieder, beißen ihnen den Bauch auf, fressen ihnen die Eingeweide aus und laufen dann davon.
Nun vergeht eine lange Zeit, bis desselben Thieres wieder Erwähnung geschieht. Erst Burchell fand den Hiänenhund in der Nähe des Kigariep wieder auf und beobachtete ihn vielfach, brachte auch ein Stück lebendig mit nach England. Dieser Forscher, welcher unsern gemalten Hund Jagd- hiäne nennt, bestätigt, daß er bei Tage und in Gesellschaft jagt und eine Art von Gebell hören läßt, welches lebhaft an das der Hunde erinnert. Er rühmt auch den Muth und die Munterkeit des Thieres den Hiänen gegenüber, welche nur bei Nacht wie feige Diebe herumschleichen.
Rüpell brachte sieben Stück von seiner ersten afrikanischen Reise mit nach Hause. Er hatte sie in der Bahindawüste in Südunbien erbeutet. Sie waren dort unter dem Namen Simr wohlbekannt und wurden als sehr schädliche Thiere betrachtet. Man redete ihnen sogar nach, daß sie den Menschen angriffen, obwohl Dies unwahrscheinlich ist. Gewöhnlich lagen sie in der Nähe der Brunnen im Hinterhalt, um auf Antilopen und andere kleine Thiere zu lauern.
Jch selbst habe mich vergeblich bemüht, eines der schönen Thiere habhaft zu werden, obgleich mir wiederholt von seinem Vorhandensein erzählt wurde.
Das Neueste, welches wir über das Leben der in mehr als einer Hinsicht merkwürdigen Thiere haben, berichtet Gordon Cumming, ein sehr eifriger Jäger und guter Beobachter. Er lernte die Steppenhunde im Norden der Kapansiedelung genau kennen. Als er einstmals in einem Versteck bei einer Quelle auf Wild lauerte, sah er ein von vier gemalten Hunden verfolgtes, von Blut triefendes Gnu heranspringen und sich in das Wasser stürzen. Hier machte es Halt und bot den Hunden die Stirn. Alle vier waren an Kopf und Schultern mit Blut bedeckt, ihre Augen glänzten in gieriger Mordlust, und sie wollten eben ihre Beute packen, als Cumming mit dem einen Lauf seiner Doppelbüchse das Gnu, mit dem andern einen Hund niederschoß. Die drei noch übriggebliebenen Steppenhunde begriffen nicht, woher das Unheil gekommen, und umkreuzten äugend und sichernd den Ort; da schoß Cumming einen zweiten an, und alle drei eilten davon. "Diese Hunde", erzählt er, "jagen im Junern der An- siedelung in Meuten, deren Zahl bis auf sechzig steigt, mit einer ungeheuern Ausdauer, so daß sie selbst die größte und stärkste Antilope ermatten und überwältigen. An die Büffel wagen sie sich, soviel ich weiß, nicht. Sie verfolgen das Wild, bis es nicht weiter kann, reißen es dann augen- blicklich zu Boden und verzehren es in wenigen Minuten. Vor dem Meuschen fürchten sie sich we- niger, als irgend ein reißendes Thier. Die Weibchen erziehen ihre Jungen in großen Höhlen, die sie in den öden Ebenen graben. Nähert sich der Mensch den Höhlen, so laufen die Hunde weg, ohne ihre Brut zu vertheidigen. Die Verheerung, welche sie unter den Herden der Boers anrichten, sind unglaublich. Sie tödten und verstümmeln viel mehr Schafe, als sie verzehren können. Jhre Stimme ist dreifach verschieden: sehen sie plötzlich einen gefährlich scheinenden Gegenstand, so bellen sie laut; des Nachts, wenn sie in Menge beisammen und durch irgend Etwas aufgeregt sind, geben sie Töne von sich, welche klingen, als ob Menschen sprächen, denen dabei die Zähne vor Frost klappern; wenn sie sich sammeln, so stoßen sie einen wohlklingenden Laut aus, der etwa so klingt, wie der zweite Laut des
Die Raubthiere. Hunde. — Steppenhund.
reißen. Was ſie des Tags über an Beute gemacht haben, das theilen ſie des Abends unter einander, und wenn Etwas übrig geblieben iſt, ſo ſchleppen ſie es bis in die Dörfer hinein, damit auch die Menſchen Etwas zu genießen bekommen. So fahren ſie einen Tag und eine Woche fort, bis die Gegend von allen wilden Thieren gereinigt iſt; dann gehen ſie an einen andern Ort und ſetzen ihre Jagd in derſelben Weiſe fort.‟
Man erkennt aus dieſer Darſtellung leicht die Zeit, in welcher ſie geſchrieben wurde, und die Unklarheit der Beobachtung. Gleichwohl habe ich ſie hier mittheilen wollen, weil ich es für ſehr lehr- reich und unterhaltend anſehe, auch die erſten Nachrichten über ein Thier zu berückſichtigen. Ganz anders iſt der Bericht von Kolbe, welcher dieſelben Thiere an dem Vorgebirge der guten Hoffnung bemerkte. Hier heißen ſie „wilde Hunde‟, welche oft in die Dörfer der Hottentotten und in die Häuſer der Europäer laufen. Sie fügen dem Menſchen kein Leid zu, richten aber unter den Schafen großen Schaden an, wenn ſie nicht vertrieben werden; denn ſie reißen oft 60 bis 100 Stück Schafe nieder, beißen ihnen den Bauch auf, freſſen ihnen die Eingeweide aus und laufen dann davon.
Nun vergeht eine lange Zeit, bis deſſelben Thieres wieder Erwähnung geſchieht. Erſt Burchell fand den Hiänenhund in der Nähe des Kigariep wieder auf und beobachtete ihn vielfach, brachte auch ein Stück lebendig mit nach England. Dieſer Forſcher, welcher unſern gemalten Hund Jagd- hiäne nennt, beſtätigt, daß er bei Tage und in Geſellſchaft jagt und eine Art von Gebell hören läßt, welches lebhaft an das der Hunde erinnert. Er rühmt auch den Muth und die Munterkeit des Thieres den Hiänen gegenüber, welche nur bei Nacht wie feige Diebe herumſchleichen.
Rüpell brachte ſieben Stück von ſeiner erſten afrikaniſchen Reiſe mit nach Hauſe. Er hatte ſie in der Bahindawüſte in Südunbien erbeutet. Sie waren dort unter dem Namen Simr wohlbekannt und wurden als ſehr ſchädliche Thiere betrachtet. Man redete ihnen ſogar nach, daß ſie den Menſchen angriffen, obwohl Dies unwahrſcheinlich iſt. Gewöhnlich lagen ſie in der Nähe der Brunnen im Hinterhalt, um auf Antilopen und andere kleine Thiere zu lauern.
Jch ſelbſt habe mich vergeblich bemüht, eines der ſchönen Thiere habhaft zu werden, obgleich mir wiederholt von ſeinem Vorhandenſein erzählt wurde.
Das Neueſte, welches wir über das Leben der in mehr als einer Hinſicht merkwürdigen Thiere haben, berichtet Gordon Cumming, ein ſehr eifriger Jäger und guter Beobachter. Er lernte die Steppenhunde im Norden der Kapanſiedelung genau kennen. Als er einſtmals in einem Verſteck bei einer Quelle auf Wild lauerte, ſah er ein von vier gemalten Hunden verfolgtes, von Blut triefendes Gnu heranſpringen und ſich in das Waſſer ſtürzen. Hier machte es Halt und bot den Hunden die Stirn. Alle vier waren an Kopf und Schultern mit Blut bedeckt, ihre Augen glänzten in gieriger Mordluſt, und ſie wollten eben ihre Beute packen, als Cumming mit dem einen Lauf ſeiner Doppelbüchſe das Gnu, mit dem andern einen Hund niederſchoß. Die drei noch übriggebliebenen Steppenhunde begriffen nicht, woher das Unheil gekommen, und umkreuzten äugend und ſichernd den Ort; da ſchoß Cumming einen zweiten an, und alle drei eilten davon. „Dieſe Hunde‟, erzählt er, „jagen im Junern der An- ſiedelung in Meuten, deren Zahl bis auf ſechzig ſteigt, mit einer ungeheuern Ausdauer, ſo daß ſie ſelbſt die größte und ſtärkſte Antilope ermatten und überwältigen. An die Büffel wagen ſie ſich, ſoviel ich weiß, nicht. Sie verfolgen das Wild, bis es nicht weiter kann, reißen es dann augen- blicklich zu Boden und verzehren es in wenigen Minuten. Vor dem Meuſchen fürchten ſie ſich we- niger, als irgend ein reißendes Thier. Die Weibchen erziehen ihre Jungen in großen Höhlen, die ſie in den öden Ebenen graben. Nähert ſich der Menſch den Höhlen, ſo laufen die Hunde weg, ohne ihre Brut zu vertheidigen. Die Verheerung, welche ſie unter den Herden der Boers anrichten, ſind unglaublich. Sie tödten und verſtümmeln viel mehr Schafe, als ſie verzehren können. Jhre Stimme iſt dreifach verſchieden: ſehen ſie plötzlich einen gefährlich ſcheinenden Gegenſtand, ſo bellen ſie laut; des Nachts, wenn ſie in Menge beiſammen und durch irgend Etwas aufgeregt ſind, geben ſie Töne von ſich, welche klingen, als ob Menſchen ſprächen, denen dabei die Zähne vor Froſt klappern; wenn ſie ſich ſammeln, ſo ſtoßen ſie einen wohlklingenden Laut aus, der etwa ſo klingt, wie der zweite Laut des
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Die Raubthiere. Hunde. — Steppenhund.
reißen. Was ſie des Tags über an Beute gemacht haben, das theilen ſie des Abends unter einander,
und wenn Etwas übrig geblieben iſt, ſo ſchleppen ſie es bis in die Dörfer hinein, damit auch die
Menſchen Etwas zu genießen bekommen. So fahren ſie einen Tag und eine Woche fort, bis die
Gegend von allen wilden Thieren gereinigt iſt; dann gehen ſie an einen andern Ort und ſetzen ihre
Jagd in derſelben Weiſe fort.‟
Man erkennt aus dieſer Darſtellung leicht die Zeit, in welcher ſie geſchrieben wurde, und die
Unklarheit der Beobachtung. Gleichwohl habe ich ſie hier mittheilen wollen, weil ich es für ſehr lehr-
reich und unterhaltend anſehe, auch die erſten Nachrichten über ein Thier zu berückſichtigen. Ganz
anders iſt der Bericht von Kolbe, welcher dieſelben Thiere an dem Vorgebirge der guten Hoffnung
bemerkte. Hier heißen ſie „wilde Hunde‟, welche oft in die Dörfer der Hottentotten und in die Häuſer
der Europäer laufen. Sie fügen dem Menſchen kein Leid zu, richten aber unter den Schafen großen
Schaden an, wenn ſie nicht vertrieben werden; denn ſie reißen oft 60 bis 100 Stück Schafe nieder,
beißen ihnen den Bauch auf, freſſen ihnen die Eingeweide aus und laufen dann davon.
Nun vergeht eine lange Zeit, bis deſſelben Thieres wieder Erwähnung geſchieht. Erſt Burchell
fand den Hiänenhund in der Nähe des Kigariep wieder auf und beobachtete ihn vielfach, brachte
auch ein Stück lebendig mit nach England. Dieſer Forſcher, welcher unſern gemalten Hund Jagd-
hiäne nennt, beſtätigt, daß er bei Tage und in Geſellſchaft jagt und eine Art von Gebell hören läßt,
welches lebhaft an das der Hunde erinnert. Er rühmt auch den Muth und die Munterkeit des Thieres
den Hiänen gegenüber, welche nur bei Nacht wie feige Diebe herumſchleichen.
Rüpell brachte ſieben Stück von ſeiner erſten afrikaniſchen Reiſe mit nach Hauſe. Er hatte ſie
in der Bahindawüſte in Südunbien erbeutet. Sie waren dort unter dem Namen Simr wohlbekannt
und wurden als ſehr ſchädliche Thiere betrachtet. Man redete ihnen ſogar nach, daß ſie den Menſchen
angriffen, obwohl Dies unwahrſcheinlich iſt. Gewöhnlich lagen ſie in der Nähe der Brunnen im
Hinterhalt, um auf Antilopen und andere kleine Thiere zu lauern.
Jch ſelbſt habe mich vergeblich bemüht, eines der ſchönen Thiere habhaft zu werden, obgleich
mir wiederholt von ſeinem Vorhandenſein erzählt wurde.
Das Neueſte, welches wir über das Leben der in mehr als einer Hinſicht merkwürdigen Thiere
haben, berichtet Gordon Cumming, ein ſehr eifriger Jäger und guter Beobachter. Er lernte die
Steppenhunde im Norden der Kapanſiedelung genau kennen. Als er einſtmals in einem Verſteck bei einer
Quelle auf Wild lauerte, ſah er ein von vier gemalten Hunden verfolgtes, von Blut triefendes Gnu
heranſpringen und ſich in das Waſſer ſtürzen. Hier machte es Halt und bot den Hunden die Stirn. Alle
vier waren an Kopf und Schultern mit Blut bedeckt, ihre Augen glänzten in gieriger Mordluſt, und
ſie wollten eben ihre Beute packen, als Cumming mit dem einen Lauf ſeiner Doppelbüchſe das Gnu,
mit dem andern einen Hund niederſchoß. Die drei noch übriggebliebenen Steppenhunde begriffen
nicht, woher das Unheil gekommen, und umkreuzten äugend und ſichernd den Ort; da ſchoß Cumming
einen zweiten an, und alle drei eilten davon. „Dieſe Hunde‟, erzählt er, „jagen im Junern der An-
ſiedelung in Meuten, deren Zahl bis auf ſechzig ſteigt, mit einer ungeheuern Ausdauer, ſo daß ſie
ſelbſt die größte und ſtärkſte Antilope ermatten und überwältigen. An die Büffel wagen ſie ſich,
ſoviel ich weiß, nicht. Sie verfolgen das Wild, bis es nicht weiter kann, reißen es dann augen-
blicklich zu Boden und verzehren es in wenigen Minuten. Vor dem Meuſchen fürchten ſie ſich we-
niger, als irgend ein reißendes Thier. Die Weibchen erziehen ihre Jungen in großen Höhlen, die
ſie in den öden Ebenen graben. Nähert ſich der Menſch den Höhlen, ſo laufen die Hunde weg, ohne
ihre Brut zu vertheidigen. Die Verheerung, welche ſie unter den Herden der Boers anrichten, ſind
unglaublich. Sie tödten und verſtümmeln viel mehr Schafe, als ſie verzehren können. Jhre Stimme
iſt dreifach verſchieden: ſehen ſie plötzlich einen gefährlich ſcheinenden Gegenſtand, ſo bellen ſie laut;
des Nachts, wenn ſie in Menge beiſammen und durch irgend Etwas aufgeregt ſind, geben ſie Töne
von ſich, welche klingen, als ob Menſchen ſprächen, denen dabei die Zähne vor Froſt klappern; wenn ſie
ſich ſammeln, ſo ſtoßen ſie einen wohlklingenden Laut aus, der etwa ſo klingt, wie der zweite Laut des
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/518>, abgerufen am 24.11.2024.
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