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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Sagen über die Hiäne. Kennzeichnung. Stimme.
Anzahl immer noch groß genug, und sie sind übermächtig, zum Schaden der Gläubigen. Zwar wird
sie Allah in den tiefsten Pfuhl der Hölle schleudern: allein während sie leben, thut der Gläubige wohl,
ihnen aus dem Wege zu gehen und den Bewahrer zu bitten, daß er ihn vor den aus seinem Himmel
herabgeschleuderten Teufeln in Gnaden bewahre. Jener Fürst starb eines frühen Todes, denn er ver-
fuhr hart gegen alle Zauberer, und wahrlich! -- nur der Blick des bösen Auges hat ihn unter die
Erde gebracht. Glaube mir, ich selbst war in großer Gefahr; nur der Allmächtige hat mir geholfen
und mein Herz gutem Rath geöffnet. Meine Ohren waren bereit, die Stimme des Warners zu
meinem Herzen zu führen. Jch wollte mit einem meiner Brüder Jagd anstellen auf jene nächtlichen
Geister der Hölle, die sich gar heftig auf dem Leichnam eines Kameles stritten. Allein noch zur rechten
Zeit wurde ich durch den Sohn eines weisen Scheich davon abgehalten. "Hört, o Jhr Gläubigen,
auf die Stimme der Wesen, welche Jhr für Hiänen haltet; gleicht sie wohl der Stimme eines Thieres?
Sicherlich nicht! Gleicht sie nicht vielmehr dem Weherufe eines jammernden Menschen? Gewiß! O,
so glaubet mir, daß diese, welche Jhr für Thiere haltet, nichts Anderes, als große Sünder sind, welche
über ihre entsetzliche Missethat jammern und klagen. Und wird diese Stimme nicht zugleich dem Ge-
lächter eines Teufels gleich? So glaubet, daß der Verworfene aus ihnen spricht! Wisset, daß von
diesen Zauberwesen schon großes Unheil gestiftet worden ist. Jch kenne einen jungen Mann, der
eine Hiäne tödtete. Er fühlte sich am andern Tage schon vollkommen entmannt; er war zu einem
Weibe gewandelt worden. Jch kenne einen Andern, dessen Gebein von Stunde an vertrocknete, nach-
dem er einen solchen Zauberer getödtet hatte. Laßt ab, meine Brüder!" Wir thaten es, und die ganze
Nacht hindurch hörte ich das Heulen der Hiänen. Es war, als ob sich die Diener des Teufels (Gott
schütze uns vor ihm!) gestritten hätten. Das waren keine Thiere, das waren wirkliche Zauberer, das
waren die Söhne des Verfluchten. Meine Glieder zitterten vor Schrecken, meine Zunge ward dürr;
meine Augen dunkelten, ich schlich mich unter Zagen hinweg und suchte mein Lager. So glaube auch
Du mir, daß Du Uebles thust, wenn Du Dein Gewehr auf Jene abfeuerst, die Du für Thiere hältst.
Zwar sind sie, die höllischen Zauberer, verflucht und die Söhne des Verfluchten, ihnen wird nie das
Glück blühen, sie werden nimmermehr die Freuden des Vaters genießen und besäßen sie einen Harem
gleich dem des Sultan; sie werden das Paradies nie zu sehen bekommen, sondern in der tiefsten Nacht
der Hölle wimmern und ewig verloren sein: aber dem Frommen ist es nicht zuträglich, sie aufzusuchen,
und Dich, o Herr, habe ich als gerechten Mann erkannt; darum vernimm denn meine Warnung!"

Das Märchen und die Sage sucht sich immer seine Gestalten. Ein Thier, von welchem soviel
Wunderbares berichtet oder geglaubt wird, muß irgend etwas Absonderliches in seiner Gestalt zeigen.
Dies finden wir denn auch bei den Hiänen bestätigt. Sie ähneln den Hunden und unterscheiden sich
gleichwohl in jedem Stücke von ihnen. Sie gehören zur ganzen Familie und stehen vereinzelt für sich
da. Jhr Anblick ist keineswegs anmuthig, sondern entschieden abstoßend. Alle Hiänen sind häßlich,
weil sie eben blos Andeutungen von einer Gestalt sind, welche wir in viel vollendeterer Weise kennen.
Einzelne Forscher sehen sie als Zwittergestalten zwischen Hund und Katze an. Wir aber können dieser
Anschauung nicht beipflichten, weil die Hiänen eine ganz eigenthümliche Gestalt für sich selbst haben.
Der Leib ist gedrungen, der Hals dick, der Kopf stark und die Schnauze kräftig und unschön. Die
krummen, vorderen Läufe sind länger, als die hinteren, der Rücken wird dadurch abschüssig, das
Thier hinten niederer, als es am Widerrist ist. Die Lauscher sind nur spärlich behaart und unedel
geformt, die Seher liegen schief, funkeln unheimlich, sind unstät und zeigen einen abstoßenden Aus-
druck. Der dicke, scheinbar steife Hals, die buschig behaarte Lunte, welche nicht über das Fersengelenk
hinabreicht, und der lange, lockere, rauhe Pelz, welcher sich längs des Rückens in eine schweineähnliche
Vorstenmähne verlängert, die düstere, nächtige Färbung der Haare endlich, dies Alles vereinigt sich,
den ganzen Eindruck zu einem recht unangenehmen zu machen. Zudem sind alle Hiänen Nachtthiere,
besitzen eine widerwärtige, mißtönende, kreischende oder wirklich gräßlich lachende Stimme, sind gierig,
gefräßig, verbreiten einen üblen Geruch und haben nur unedle, fast hinkende Bewegungen, offenbaren
auch gewöhnlich etwas ganz Absonderliches in ihrem Wesen: -- kurz, man kann sie unmöglich schön

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Sagen über die Hiäne. Kennzeichnung. Stimme.
Anzahl immer noch groß genug, und ſie ſind übermächtig, zum Schaden der Gläubigen. Zwar wird
ſie Allah in den tiefſten Pfuhl der Hölle ſchleudern: allein während ſie leben, thut der Gläubige wohl,
ihnen aus dem Wege zu gehen und den Bewahrer zu bitten, daß er ihn vor den aus ſeinem Himmel
herabgeſchleuderten Teufeln in Gnaden bewahre. Jener Fürſt ſtarb eines frühen Todes, denn er ver-
fuhr hart gegen alle Zauberer, und wahrlich! — nur der Blick des böſen Auges hat ihn unter die
Erde gebracht. Glaube mir, ich ſelbſt war in großer Gefahr; nur der Allmächtige hat mir geholfen
und mein Herz gutem Rath geöffnet. Meine Ohren waren bereit, die Stimme des Warners zu
meinem Herzen zu führen. Jch wollte mit einem meiner Brüder Jagd anſtellen auf jene nächtlichen
Geiſter der Hölle, die ſich gar heftig auf dem Leichnam eines Kameles ſtritten. Allein noch zur rechten
Zeit wurde ich durch den Sohn eines weiſen Scheich davon abgehalten. „Hört, o Jhr Gläubigen,
auf die Stimme der Weſen, welche Jhr für Hiänen haltet; gleicht ſie wohl der Stimme eines Thieres?
Sicherlich nicht! Gleicht ſie nicht vielmehr dem Weherufe eines jammernden Menſchen? Gewiß! O,
ſo glaubet mir, daß dieſe, welche Jhr für Thiere haltet, nichts Anderes, als große Sünder ſind, welche
über ihre entſetzliche Miſſethat jammern und klagen. Und wird dieſe Stimme nicht zugleich dem Ge-
lächter eines Teufels gleich? So glaubet, daß der Verworfene aus ihnen ſpricht! Wiſſet, daß von
dieſen Zauberweſen ſchon großes Unheil geſtiftet worden iſt. Jch kenne einen jungen Mann, der
eine Hiäne tödtete. Er fühlte ſich am andern Tage ſchon vollkommen entmannt; er war zu einem
Weibe gewandelt worden. Jch kenne einen Andern, deſſen Gebein von Stunde an vertrocknete, nach-
dem er einen ſolchen Zauberer getödtet hatte. Laßt ab, meine Brüder!‟ Wir thaten es, und die ganze
Nacht hindurch hörte ich das Heulen der Hiänen. Es war, als ob ſich die Diener des Teufels (Gott
ſchütze uns vor ihm!) geſtritten hätten. Das waren keine Thiere, das waren wirkliche Zauberer, das
waren die Söhne des Verfluchten. Meine Glieder zitterten vor Schrecken, meine Zunge ward dürr;
meine Augen dunkelten, ich ſchlich mich unter Zagen hinweg und ſuchte mein Lager. So glaube auch
Du mir, daß Du Uebles thuſt, wenn Du Dein Gewehr auf Jene abfeuerſt, die Du für Thiere hältſt.
Zwar ſind ſie, die hölliſchen Zauberer, verflucht und die Söhne des Verfluchten, ihnen wird nie das
Glück blühen, ſie werden nimmermehr die Freuden des Vaters genießen und beſäßen ſie einen Harem
gleich dem des Sultan; ſie werden das Paradies nie zu ſehen bekommen, ſondern in der tiefſten Nacht
der Hölle wimmern und ewig verloren ſein: aber dem Frommen iſt es nicht zuträglich, ſie aufzuſuchen,
und Dich, o Herr, habe ich als gerechten Mann erkannt; darum vernimm denn meine Warnung!‟

Das Märchen und die Sage ſucht ſich immer ſeine Geſtalten. Ein Thier, von welchem ſoviel
Wunderbares berichtet oder geglaubt wird, muß irgend etwas Abſonderliches in ſeiner Geſtalt zeigen.
Dies finden wir denn auch bei den Hiänen beſtätigt. Sie ähneln den Hunden und unterſcheiden ſich
gleichwohl in jedem Stücke von ihnen. Sie gehören zur ganzen Familie und ſtehen vereinzelt für ſich
da. Jhr Anblick iſt keineswegs anmuthig, ſondern entſchieden abſtoßend. Alle Hiänen ſind häßlich,
weil ſie eben blos Andeutungen von einer Geſtalt ſind, welche wir in viel vollendeterer Weiſe kennen.
Einzelne Forſcher ſehen ſie als Zwittergeſtalten zwiſchen Hund und Katze an. Wir aber können dieſer
Anſchauung nicht beipflichten, weil die Hiänen eine ganz eigenthümliche Geſtalt für ſich ſelbſt haben.
Der Leib iſt gedrungen, der Hals dick, der Kopf ſtark und die Schnauze kräftig und unſchön. Die
krummen, vorderen Läufe ſind länger, als die hinteren, der Rücken wird dadurch abſchüſſig, das
Thier hinten niederer, als es am Widerriſt iſt. Die Lauſcher ſind nur ſpärlich behaart und unedel
geformt, die Seher liegen ſchief, funkeln unheimlich, ſind unſtät und zeigen einen abſtoßenden Aus-
druck. Der dicke, ſcheinbar ſteife Hals, die buſchig behaarte Lunte, welche nicht über das Ferſengelenk
hinabreicht, und der lange, lockere, rauhe Pelz, welcher ſich längs des Rückens in eine ſchweineähnliche
Vorſtenmähne verlängert, die düſtere, nächtige Färbung der Haare endlich, dies Alles vereinigt ſich,
den ganzen Eindruck zu einem recht unangenehmen zu machen. Zudem ſind alle Hiänen Nachtthiere,
beſitzen eine widerwärtige, mißtönende, kreiſchende oder wirklich gräßlich lachende Stimme, ſind gierig,
gefräßig, verbreiten einen üblen Geruch und haben nur unedle, faſt hinkende Bewegungen, offenbaren
auch gewöhnlich etwas ganz Abſonderliches in ihrem Weſen: — kurz, man kann ſie unmöglich ſchön

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[451/0521] Sagen über die Hiäne. Kennzeichnung. Stimme. Anzahl immer noch groß genug, und ſie ſind übermächtig, zum Schaden der Gläubigen. Zwar wird ſie Allah in den tiefſten Pfuhl der Hölle ſchleudern: allein während ſie leben, thut der Gläubige wohl, ihnen aus dem Wege zu gehen und den Bewahrer zu bitten, daß er ihn vor den aus ſeinem Himmel herabgeſchleuderten Teufeln in Gnaden bewahre. Jener Fürſt ſtarb eines frühen Todes, denn er ver- fuhr hart gegen alle Zauberer, und wahrlich! — nur der Blick des böſen Auges hat ihn unter die Erde gebracht. Glaube mir, ich ſelbſt war in großer Gefahr; nur der Allmächtige hat mir geholfen und mein Herz gutem Rath geöffnet. Meine Ohren waren bereit, die Stimme des Warners zu meinem Herzen zu führen. Jch wollte mit einem meiner Brüder Jagd anſtellen auf jene nächtlichen Geiſter der Hölle, die ſich gar heftig auf dem Leichnam eines Kameles ſtritten. Allein noch zur rechten Zeit wurde ich durch den Sohn eines weiſen Scheich davon abgehalten. „Hört, o Jhr Gläubigen, auf die Stimme der Weſen, welche Jhr für Hiänen haltet; gleicht ſie wohl der Stimme eines Thieres? Sicherlich nicht! Gleicht ſie nicht vielmehr dem Weherufe eines jammernden Menſchen? Gewiß! O, ſo glaubet mir, daß dieſe, welche Jhr für Thiere haltet, nichts Anderes, als große Sünder ſind, welche über ihre entſetzliche Miſſethat jammern und klagen. Und wird dieſe Stimme nicht zugleich dem Ge- lächter eines Teufels gleich? So glaubet, daß der Verworfene aus ihnen ſpricht! Wiſſet, daß von dieſen Zauberweſen ſchon großes Unheil geſtiftet worden iſt. Jch kenne einen jungen Mann, der eine Hiäne tödtete. Er fühlte ſich am andern Tage ſchon vollkommen entmannt; er war zu einem Weibe gewandelt worden. Jch kenne einen Andern, deſſen Gebein von Stunde an vertrocknete, nach- dem er einen ſolchen Zauberer getödtet hatte. Laßt ab, meine Brüder!‟ Wir thaten es, und die ganze Nacht hindurch hörte ich das Heulen der Hiänen. Es war, als ob ſich die Diener des Teufels (Gott ſchütze uns vor ihm!) geſtritten hätten. Das waren keine Thiere, das waren wirkliche Zauberer, das waren die Söhne des Verfluchten. Meine Glieder zitterten vor Schrecken, meine Zunge ward dürr; meine Augen dunkelten, ich ſchlich mich unter Zagen hinweg und ſuchte mein Lager. So glaube auch Du mir, daß Du Uebles thuſt, wenn Du Dein Gewehr auf Jene abfeuerſt, die Du für Thiere hältſt. Zwar ſind ſie, die hölliſchen Zauberer, verflucht und die Söhne des Verfluchten, ihnen wird nie das Glück blühen, ſie werden nimmermehr die Freuden des Vaters genießen und beſäßen ſie einen Harem gleich dem des Sultan; ſie werden das Paradies nie zu ſehen bekommen, ſondern in der tiefſten Nacht der Hölle wimmern und ewig verloren ſein: aber dem Frommen iſt es nicht zuträglich, ſie aufzuſuchen, und Dich, o Herr, habe ich als gerechten Mann erkannt; darum vernimm denn meine Warnung!‟ Das Märchen und die Sage ſucht ſich immer ſeine Geſtalten. Ein Thier, von welchem ſoviel Wunderbares berichtet oder geglaubt wird, muß irgend etwas Abſonderliches in ſeiner Geſtalt zeigen. Dies finden wir denn auch bei den Hiänen beſtätigt. Sie ähneln den Hunden und unterſcheiden ſich gleichwohl in jedem Stücke von ihnen. Sie gehören zur ganzen Familie und ſtehen vereinzelt für ſich da. Jhr Anblick iſt keineswegs anmuthig, ſondern entſchieden abſtoßend. Alle Hiänen ſind häßlich, weil ſie eben blos Andeutungen von einer Geſtalt ſind, welche wir in viel vollendeterer Weiſe kennen. Einzelne Forſcher ſehen ſie als Zwittergeſtalten zwiſchen Hund und Katze an. Wir aber können dieſer Anſchauung nicht beipflichten, weil die Hiänen eine ganz eigenthümliche Geſtalt für ſich ſelbſt haben. Der Leib iſt gedrungen, der Hals dick, der Kopf ſtark und die Schnauze kräftig und unſchön. Die krummen, vorderen Läufe ſind länger, als die hinteren, der Rücken wird dadurch abſchüſſig, das Thier hinten niederer, als es am Widerriſt iſt. Die Lauſcher ſind nur ſpärlich behaart und unedel geformt, die Seher liegen ſchief, funkeln unheimlich, ſind unſtät und zeigen einen abſtoßenden Aus- druck. Der dicke, ſcheinbar ſteife Hals, die buſchig behaarte Lunte, welche nicht über das Ferſengelenk hinabreicht, und der lange, lockere, rauhe Pelz, welcher ſich längs des Rückens in eine ſchweineähnliche Vorſtenmähne verlängert, die düſtere, nächtige Färbung der Haare endlich, dies Alles vereinigt ſich, den ganzen Eindruck zu einem recht unangenehmen zu machen. Zudem ſind alle Hiänen Nachtthiere, beſitzen eine widerwärtige, mißtönende, kreiſchende oder wirklich gräßlich lachende Stimme, ſind gierig, gefräßig, verbreiten einen üblen Geruch und haben nur unedle, faſt hinkende Bewegungen, offenbaren auch gewöhnlich etwas ganz Abſonderliches in ihrem Weſen: — kurz, man kann ſie unmöglich ſchön 29*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/521>, abgerufen am 25.11.2024.