Die Raubthiere. Schleichkatzen. Mangusten. -- Jchneumon. Mungos.
Auch ich habe einen in unserm Thiergarten lebenden Jchneumon beobachten können. Es ist ein schönes, ausgewachsenes Männchen, welches sich sehr wohl zu befinden scheint. Das Thier sieht höchst gutmüthig aus, obschon es die entgegengesetzten Eigenschaften schon mehrmals bethätigt hat. Andere Mangusten pflegen sich mit ihres Gleichen und ähnlichen Arten ausgezeichnet zu vertragen, sodaß man ohne Furcht zahlreiche Gesellschaften in einen Raum zusammensperren kann. Der Jchneumon aber scheint nur in gewissem Sinne gesellig zu sein. Als ich eines Tages einen Mungos zu ihm setzte, sträubte er augenblicklich sein Fell, sodaß er ganz borstig erschien und fuhr mit einer beispiellosen Wuth auf den Ankömmling los. Jm Käfig begann eine tolle Jagd. Der Mungos suchte, seinem stärkern Verwandten zu entgehen, und dieser, ihn so schnell als möglich abzuwürgen. Beide Thiere jagten wie rasend im Raume umher und entfalteten dabei Künste der Bewegung, welche man gar nicht vermuthet hätte. Sie kletterten wie Katzen oder Eichhörnchen auf den Baumstämmen herum oder an dem Gitter hinauf und machten Sätze von auffallender Höhe, durchschlüpften Engen mit Wieselgewandtheit, kurz, bewiesen eine wirklich wunderbare Beweglichkeit. Wir mußten den Mungos so schnell als möglich wieder einfangen, weil ihn der erregte Jchneumon sicher getödtet haben würde. Dieser war auch, nachdem wir seinen Gast entfernt hatten, noch den ganzen Tag in der größten Un-
[Abbildung]
Der Mungos (Herpestes javanicus).
ruhe. Nicht freundlicher zeigte sich unser Jchneumon gegen einen seiner Nachbarn, mit welchem er, wegen der mangelhaften Bauart des Hauses, durch das Gitter hindurch verkehren konnte, mit einer jungen Wildkatze nämlich. Dieses kleine Thier war schon sehr hübsch eingewohnt und begann, sich durch allerlei Spiele zu ergötzen. Da fiel es ihr unglücklicher Weise ein, auch mit ihren Neben- gefangenen spielen zu wollen. Der Jchneumon aber packte das arme Thierchen, welches unvorsichtig mit der Tatze durch das Gitter gelangt hatte, sofort am Fuße, zog es dicht an das Gitter heran, erwürgte es und fraß ihm beide Vorderläufe ab.
Alle Mangusten ähneln sich in ihrem Leibesbau und die meisten auch in ihrem Betragen. Somit könnte die gegebene Beschreibung des Jchneumon für unsere Zwecke genügen, wären nicht noch einige einer besondern Besprechung werth. Eine derselben und zwar die zweitberühmteste Art ist der Mungos oder Mungo (Herpestes javanicus), ein Thier, welches die Ratte der Pharaonen in Asien vertritt und sich bis heutiges Tages den Ruhm seiner Verwandten gewahrt hat. Er ist halb so groß, als der Jchneumon. Seine Leibeslänge beträgt ungefähr 17 Zoll, die des Schwanzes kaum weniger. Der Pelz ist reich, namentlich an der Schwanzwurzel sehr dicht. Die Färbung des Haares ist ein blasses Rothbraun mit gelber Sprenkelung, welche dem Fell einen goldgelben Schimmer verleiht.
Die Raubthiere. Schleichkatzen. Manguſten. — Jchneumon. Mungos.
Auch ich habe einen in unſerm Thiergarten lebenden Jchneumon beobachten können. Es iſt ein ſchönes, ausgewachſenes Männchen, welches ſich ſehr wohl zu befinden ſcheint. Das Thier ſieht höchſt gutmüthig aus, obſchon es die entgegengeſetzten Eigenſchaften ſchon mehrmals bethätigt hat. Andere Manguſten pflegen ſich mit ihres Gleichen und ähnlichen Arten ausgezeichnet zu vertragen, ſodaß man ohne Furcht zahlreiche Geſellſchaften in einen Raum zuſammenſperren kann. Der Jchneumon aber ſcheint nur in gewiſſem Sinne geſellig zu ſein. Als ich eines Tages einen Mungos zu ihm ſetzte, ſträubte er augenblicklich ſein Fell, ſodaß er ganz borſtig erſchien und fuhr mit einer beiſpielloſen Wuth auf den Ankömmling los. Jm Käfig begann eine tolle Jagd. Der Mungos ſuchte, ſeinem ſtärkern Verwandten zu entgehen, und dieſer, ihn ſo ſchnell als möglich abzuwürgen. Beide Thiere jagten wie raſend im Raume umher und entfalteten dabei Künſte der Bewegung, welche man gar nicht vermuthet hätte. Sie kletterten wie Katzen oder Eichhörnchen auf den Baumſtämmen herum oder an dem Gitter hinauf und machten Sätze von auffallender Höhe, durchſchlüpften Engen mit Wieſelgewandtheit, kurz, bewieſen eine wirklich wunderbare Beweglichkeit. Wir mußten den Mungos ſo ſchnell als möglich wieder einfangen, weil ihn der erregte Jchneumon ſicher getödtet haben würde. Dieſer war auch, nachdem wir ſeinen Gaſt entfernt hatten, noch den ganzen Tag in der größten Un-
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Der Mungos (Herpestes javanicus).
ruhe. Nicht freundlicher zeigte ſich unſer Jchneumon gegen einen ſeiner Nachbarn, mit welchem er, wegen der mangelhaften Bauart des Hauſes, durch das Gitter hindurch verkehren konnte, mit einer jungen Wildkatze nämlich. Dieſes kleine Thier war ſchon ſehr hübſch eingewohnt und begann, ſich durch allerlei Spiele zu ergötzen. Da fiel es ihr unglücklicher Weiſe ein, auch mit ihren Neben- gefangenen ſpielen zu wollen. Der Jchneumon aber packte das arme Thierchen, welches unvorſichtig mit der Tatze durch das Gitter gelangt hatte, ſofort am Fuße, zog es dicht an das Gitter heran, erwürgte es und fraß ihm beide Vorderläufe ab.
Alle Manguſten ähneln ſich in ihrem Leibesbau und die meiſten auch in ihrem Betragen. Somit könnte die gegebene Beſchreibung des Jchneumon für unſere Zwecke genügen, wären nicht noch einige einer beſondern Beſprechung werth. Eine derſelben und zwar die zweitberühmteſte Art iſt der Mungos oder Mungo (Herpestes javanicus), ein Thier, welches die Ratte der Pharaonen in Aſien vertritt und ſich bis heutiges Tages den Ruhm ſeiner Verwandten gewahrt hat. Er iſt halb ſo groß, als der Jchneumon. Seine Leibeslänge beträgt ungefähr 17 Zoll, die des Schwanzes kaum weniger. Der Pelz iſt reich, namentlich an der Schwanzwurzel ſehr dicht. Die Färbung des Haares iſt ein blaſſes Rothbraun mit gelber Sprenkelung, welche dem Fell einen goldgelben Schimmer verleiht.
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Die Raubthiere. Schleichkatzen. Manguſten. — Jchneumon. Mungos.
Auch ich habe einen in unſerm Thiergarten lebenden Jchneumon beobachten können. Es iſt ein
ſchönes, ausgewachſenes Männchen, welches ſich ſehr wohl zu befinden ſcheint. Das Thier ſieht höchſt
gutmüthig aus, obſchon es die entgegengeſetzten Eigenſchaften ſchon mehrmals bethätigt hat. Andere
Manguſten pflegen ſich mit ihres Gleichen und ähnlichen Arten ausgezeichnet zu vertragen, ſodaß man
ohne Furcht zahlreiche Geſellſchaften in einen Raum zuſammenſperren kann. Der Jchneumon aber
ſcheint nur in gewiſſem Sinne geſellig zu ſein. Als ich eines Tages einen Mungos zu ihm ſetzte,
ſträubte er augenblicklich ſein Fell, ſodaß er ganz borſtig erſchien und fuhr mit einer beiſpielloſen
Wuth auf den Ankömmling los. Jm Käfig begann eine tolle Jagd. Der Mungos ſuchte, ſeinem
ſtärkern Verwandten zu entgehen, und dieſer, ihn ſo ſchnell als möglich abzuwürgen. Beide Thiere
jagten wie raſend im Raume umher und entfalteten dabei Künſte der Bewegung, welche man gar
nicht vermuthet hätte. Sie kletterten wie Katzen oder Eichhörnchen auf den Baumſtämmen herum
oder an dem Gitter hinauf und machten Sätze von auffallender Höhe, durchſchlüpften Engen mit
Wieſelgewandtheit, kurz, bewieſen eine wirklich wunderbare Beweglichkeit. Wir mußten den Mungos
ſo ſchnell als möglich wieder einfangen, weil ihn der erregte Jchneumon ſicher getödtet haben würde.
Dieſer war auch, nachdem wir ſeinen Gaſt entfernt hatten, noch den ganzen Tag in der größten Un-
[Abbildung Der Mungos (Herpestes javanicus).]
ruhe. Nicht freundlicher zeigte ſich unſer Jchneumon gegen einen ſeiner Nachbarn, mit welchem er,
wegen der mangelhaften Bauart des Hauſes, durch das Gitter hindurch verkehren konnte, mit einer
jungen Wildkatze nämlich. Dieſes kleine Thier war ſchon ſehr hübſch eingewohnt und begann, ſich
durch allerlei Spiele zu ergötzen. Da fiel es ihr unglücklicher Weiſe ein, auch mit ihren Neben-
gefangenen ſpielen zu wollen. Der Jchneumon aber packte das arme Thierchen, welches unvorſichtig
mit der Tatze durch das Gitter gelangt hatte, ſofort am Fuße, zog es dicht an das Gitter heran,
erwürgte es und fraß ihm beide Vorderläufe ab.
Alle Manguſten ähneln ſich in ihrem Leibesbau und die meiſten auch in ihrem Betragen. Somit
könnte die gegebene Beſchreibung des Jchneumon für unſere Zwecke genügen, wären nicht noch
einige einer beſondern Beſprechung werth. Eine derſelben und zwar die zweitberühmteſte Art iſt der
Mungos oder Mungo (Herpestes javanicus), ein Thier, welches die Ratte der Pharaonen in Aſien
vertritt und ſich bis heutiges Tages den Ruhm ſeiner Verwandten gewahrt hat. Er iſt halb ſo groß,
als der Jchneumon. Seine Leibeslänge beträgt ungefähr 17 Zoll, die des Schwanzes kaum weniger.
Der Pelz iſt reich, namentlich an der Schwanzwurzel ſehr dicht. Die Färbung des Haares iſt ein
blaſſes Rothbraun mit gelber Sprenkelung, welche dem Fell einen goldgelben Schimmer verleiht.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/552>, abgerufen am 27.11.2024.
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