Die Sitten des Thieres hat der Naturforscher Bennett in seinen Wanderungen in Neusüdwales vortrefflich beschrieben. "Am 14. Mai 1833," so erzählt er, "erhielt ich einen Musang von einem Eingebornen, welcher in der Nähe der Küste von Java mit seiner Beute an unser Schiff und zu uns an Bord kam. Das Thier war noch jung und schien ziemlich zahm zu sein. Sein früherer Besitzer hatte es in einem Käfig aus Bambusrohr eingesperrt gehabt, und ich benutzte denselben die nächste Zeit ebenfalls zu seinem Gefängniß. Sein Futter bestand in Pisang und anderen Früchten; aber der Musang verzehrte auch Fleisch und namentlich Geflügel. "Das Thier frißt nur Pisang," sagte mir der Javanese; allein das Thier sprach für sich selbst und zeigte, daß ihm alle Arten von Geflügel sehr willkommene Speisen wären."
"Mein Musang war zahm und spiellustig wie junge Kätzchen. Er legte sich auf den Rücken, vergnügte sich mit einem Stück Bindfaden und ließ dabei einen leisen, trommelnden Ton hören. Wurde er aber beim Fressen gestört, so stieß er höchst unwillige Töne aus und gab sein eigent- liches Wesen zu erkennen. Scharfe, quiekende Laute, sowie ein leises Murmeln, ließ er zur Nacht- zeit hören, zumal wenn er hungrig oder durstig war. Das Wasser trank er lappend, wie Hunde
[Abbildung]
Der Musang (Paradoxurus Musanga).
oder Katzen, nahm sich dabei wenig in Acht und setzte oft seine Vorderfüße, während er trank, in die Wasserschale."
"So spiellustig er war, wenn man ihn in Ruhe ließ, so wüthend zeigte er sich, so oft er gestört wurde. Er war ein mürrisches, ungeduldiges Geschöpf, und wenn man ihm nicht allen Willen that, wurde er schrecklich wüthend oder zeigte sich vielmehr in einer Weise, welche man nicht gut beschreiben kann. Er schnappte dann grimmig nach der Hand, welche man ihm näherte, und würde gewiß tüchtig zugebissen haben, wenn seine jungen Zähne ihm Dies gestattet hätten. Dabei blies er die Wangen auf und sträubte seinen langen Bart, eine Art von eigensinnigem Schreien und Knurren ausstoßend. Wenn man ihn gestört oder mit der Hand berührt hatte, leckte er sein Fell mit der Zunge glatt und schien dann gern die Dunkelheit zu suchen. Als er eines Morgens auf meinem Bette lag, nahm ich ihn auf und legte ihn so sauft als möglich auf einen andern Platz in meiner Kajüte, welchen ich ihm zurecht gemacht hatte. Allein er gerieth vor Zorn ganz außer sich, wollte durchaus nicht leiden, daß ich ihm ohne seinen Willen die bezügliche Stelle angewiesen, und ruhte auch nicht eher, als bis ich ihn auf den alten Platz gebracht hatte. Dort streckte er sich dann, nachdem er sich gehörig geglättet hatte, bald wieder aus und schlief friedlich ein. Sehr häufig spielte er mit seinem langen Schwanze oder
Bennetts Beobachtungen.
Die Sitten des Thieres hat der Naturforſcher Bennett in ſeinen Wanderungen in Neuſüdwales vortrefflich beſchrieben. „Am 14. Mai 1833,‟ ſo erzählt er, „erhielt ich einen Muſang von einem Eingebornen, welcher in der Nähe der Küſte von Java mit ſeiner Beute an unſer Schiff und zu uns an Bord kam. Das Thier war noch jung und ſchien ziemlich zahm zu ſein. Sein früherer Beſitzer hatte es in einem Käfig aus Bambusrohr eingeſperrt gehabt, und ich benutzte denſelben die nächſte Zeit ebenfalls zu ſeinem Gefängniß. Sein Futter beſtand in Piſang und anderen Früchten; aber der Muſang verzehrte auch Fleiſch und namentlich Geflügel. „Das Thier frißt nur Piſang,‟ ſagte mir der Javaneſe; allein das Thier ſprach für ſich ſelbſt und zeigte, daß ihm alle Arten von Geflügel ſehr willkommene Speiſen wären.‟
„Mein Muſang war zahm und ſpielluſtig wie junge Kätzchen. Er legte ſich auf den Rücken, vergnügte ſich mit einem Stück Bindfaden und ließ dabei einen leiſen, trommelnden Ton hören. Wurde er aber beim Freſſen geſtört, ſo ſtieß er höchſt unwillige Töne aus und gab ſein eigent- liches Weſen zu erkennen. Scharfe, quiekende Laute, ſowie ein leiſes Murmeln, ließ er zur Nacht- zeit hören, zumal wenn er hungrig oder durſtig war. Das Waſſer trank er lappend, wie Hunde
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Der Muſang (Paradoxurus Musanga).
oder Katzen, nahm ſich dabei wenig in Acht und ſetzte oft ſeine Vorderfüße, während er trank, in die Waſſerſchale.‟
„So ſpielluſtig er war, wenn man ihn in Ruhe ließ, ſo wüthend zeigte er ſich, ſo oft er geſtört wurde. Er war ein mürriſches, ungeduldiges Geſchöpf, und wenn man ihm nicht allen Willen that, wurde er ſchrecklich wüthend oder zeigte ſich vielmehr in einer Weiſe, welche man nicht gut beſchreiben kann. Er ſchnappte dann grimmig nach der Hand, welche man ihm näherte, und würde gewiß tüchtig zugebiſſen haben, wenn ſeine jungen Zähne ihm Dies geſtattet hätten. Dabei blies er die Wangen auf und ſträubte ſeinen langen Bart, eine Art von eigenſinnigem Schreien und Knurren ausſtoßend. Wenn man ihn geſtört oder mit der Hand berührt hatte, leckte er ſein Fell mit der Zunge glatt und ſchien dann gern die Dunkelheit zu ſuchen. Als er eines Morgens auf meinem Bette lag, nahm ich ihn auf und legte ihn ſo ſauft als möglich auf einen andern Platz in meiner Kajüte, welchen ich ihm zurecht gemacht hatte. Allein er gerieth vor Zorn ganz außer ſich, wollte durchaus nicht leiden, daß ich ihm ohne ſeinen Willen die bezügliche Stelle angewieſen, und ruhte auch nicht eher, als bis ich ihn auf den alten Platz gebracht hatte. Dort ſtreckte er ſich dann, nachdem er ſich gehörig geglättet hatte, bald wieder aus und ſchlief friedlich ein. Sehr häufig ſpielte er mit ſeinem langen Schwanze oder
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Bennetts Beobachtungen.
Die Sitten des Thieres hat der Naturforſcher Bennett in ſeinen Wanderungen in Neuſüdwales
vortrefflich beſchrieben. „Am 14. Mai 1833,‟ ſo erzählt er, „erhielt ich einen Muſang von einem
Eingebornen, welcher in der Nähe der Küſte von Java mit ſeiner Beute an unſer Schiff und zu uns
an Bord kam. Das Thier war noch jung und ſchien ziemlich zahm zu ſein. Sein früherer Beſitzer
hatte es in einem Käfig aus Bambusrohr eingeſperrt gehabt, und ich benutzte denſelben die nächſte
Zeit ebenfalls zu ſeinem Gefängniß. Sein Futter beſtand in Piſang und anderen Früchten; aber der
Muſang verzehrte auch Fleiſch und namentlich Geflügel. „Das Thier frißt nur Piſang,‟ ſagte mir
der Javaneſe; allein das Thier ſprach für ſich ſelbſt und zeigte, daß ihm alle Arten von Geflügel
ſehr willkommene Speiſen wären.‟
„Mein Muſang war zahm und ſpielluſtig wie junge Kätzchen. Er legte ſich auf den Rücken,
vergnügte ſich mit einem Stück Bindfaden und ließ dabei einen leiſen, trommelnden Ton hören.
Wurde er aber beim Freſſen geſtört, ſo ſtieß er höchſt unwillige Töne aus und gab ſein eigent-
liches Weſen zu erkennen. Scharfe, quiekende Laute, ſowie ein leiſes Murmeln, ließ er zur Nacht-
zeit hören, zumal wenn er hungrig oder durſtig war. Das Waſſer trank er lappend, wie Hunde
[Abbildung Der Muſang (Paradoxurus Musanga).]
oder Katzen, nahm ſich dabei wenig in Acht und ſetzte oft ſeine Vorderfüße, während er trank, in
die Waſſerſchale.‟
„So ſpielluſtig er war, wenn man ihn in Ruhe ließ, ſo wüthend zeigte er ſich, ſo oft er geſtört
wurde. Er war ein mürriſches, ungeduldiges Geſchöpf, und wenn man ihm nicht allen Willen that,
wurde er ſchrecklich wüthend oder zeigte ſich vielmehr in einer Weiſe, welche man nicht gut beſchreiben
kann. Er ſchnappte dann grimmig nach der Hand, welche man ihm näherte, und würde gewiß tüchtig
zugebiſſen haben, wenn ſeine jungen Zähne ihm Dies geſtattet hätten. Dabei blies er die Wangen
auf und ſträubte ſeinen langen Bart, eine Art von eigenſinnigem Schreien und Knurren ausſtoßend.
Wenn man ihn geſtört oder mit der Hand berührt hatte, leckte er ſein Fell mit der Zunge glatt und
ſchien dann gern die Dunkelheit zu ſuchen. Als er eines Morgens auf meinem Bette lag, nahm ich
ihn auf und legte ihn ſo ſauft als möglich auf einen andern Platz in meiner Kajüte, welchen ich ihm
zurecht gemacht hatte. Allein er gerieth vor Zorn ganz außer ſich, wollte durchaus nicht leiden, daß ich
ihm ohne ſeinen Willen die bezügliche Stelle angewieſen, und ruhte auch nicht eher, als bis ich ihn
auf den alten Platz gebracht hatte. Dort ſtreckte er ſich dann, nachdem er ſich gehörig geglättet hatte,
bald wieder aus und ſchlief friedlich ein. Sehr häufig ſpielte er mit ſeinem langen Schwanze oder
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/563>, abgerufen am 28.11.2024.
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