Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Raubthiere. Marder. -- Gemeiner Vielfraß.

Der gemeine Vielfraß (Gulo borealis oder arcticus) ist 21/2 bis 3 Fuß lang, wovon 4 bis
5 Zoll auf den Schwanz kommen, und am Widerrist 14 Zoll bis 11/2 Fuß hoch. Die Augen sind klein,
mit braunem oder schwarzem Stern. Ueber denselben stehen fünf starke Borsten, auf der Oberlippe
aber vier Reihen langer Schnurren. Auf der Schnauze sind die Haare kurz und dünn, an den Füßen
stark und glänzend, am Rumpfe lang und zottig, um die Schenkel, an den hellen Seitenbinden und
am Schwanze endlich sehr lang. Scheitel und Rücken sind braunschwarz mit grauen Haaren gemischt,
der Rücken, die Unterseite und die Beine dunkelschwarz, die Schnauze ist braunschwarz. Ein hellgrauer
Flecken steht zwischen Augen und Ohren, und eine hellgraue Binde verläuft von jeder Schulter an
längs der Seiten hin. Das Wollhaar ist grau, an der Unterseite mehr braun.

[Abbildung] Der gemeine Vielfraß (Gulo borealis).

Wenn unser europäischer und asiatischer Vielfraß mit der nordamerikanischen Wolverene überein-
stimmt, bewohnt der Vielfraß den ganzen Norden der Erde. Von Südnorwegen an reicht er durch
Norland und Lappland hindurch, und von Finnmarken durch ganz Nordasien und Nordamerika bis
Grönland. Früher war die südliche Grenze seiner Verbreitung in Europa unter tieferen Breiten zu
suchen, als gegenwärtig. Eichwald versichert, daß er in den Wäldern von Lithauen vorgekommen
ist. Brincken hat ihn noch vor einigen Jahren im Walde von Bialowies beobachtet, wo er jetzt
auch nicht mehr vorhanden ist. Bechstein erzählt von einem Vielfraße, welcher bei Frauenstein in
Sachsen, und Zimmermann von einem andern, welcher bei Helmstedt im Braunschweig'schen erlegt
wurde. Die beiden letzteren werden jedoch als blos versprengte Thiere angesehen, weil man nicht
wohl annehmen kann, daß in früheren Zeiten der Vielfraß so weit nach Süden gegangen sein soll.

Die Raubthiere. Marder. — Gemeiner Vielfraß.

Der gemeine Vielfraß (Gulo borealis oder arcticus) iſt 2½ bis 3 Fuß lang, wovon 4 bis
5 Zoll auf den Schwanz kommen, und am Widerriſt 14 Zoll bis 1½ Fuß hoch. Die Augen ſind klein,
mit braunem oder ſchwarzem Stern. Ueber denſelben ſtehen fünf ſtarke Borſten, auf der Oberlippe
aber vier Reihen langer Schnurren. Auf der Schnauze ſind die Haare kurz und dünn, an den Füßen
ſtark und glänzend, am Rumpfe lang und zottig, um die Schenkel, an den hellen Seitenbinden und
am Schwanze endlich ſehr lang. Scheitel und Rücken ſind braunſchwarz mit grauen Haaren gemiſcht,
der Rücken, die Unterſeite und die Beine dunkelſchwarz, die Schnauze iſt braunſchwarz. Ein hellgrauer
Flecken ſteht zwiſchen Augen und Ohren, und eine hellgraue Binde verläuft von jeder Schulter an
längs der Seiten hin. Das Wollhaar iſt grau, an der Unterſeite mehr braun.

[Abbildung] Der gemeine Vielfraß (Gulo borealis).

Wenn unſer europäiſcher und aſiatiſcher Vielfraß mit der nordamerikaniſchen Wolverene überein-
ſtimmt, bewohnt der Vielfraß den ganzen Norden der Erde. Von Südnorwegen an reicht er durch
Norland und Lappland hindurch, und von Finnmarken durch ganz Nordaſien und Nordamerika bis
Grönland. Früher war die ſüdliche Grenze ſeiner Verbreitung in Europa unter tieferen Breiten zu
ſuchen, als gegenwärtig. Eichwald verſichert, daß er in den Wäldern von Lithauen vorgekommen
iſt. Brincken hat ihn noch vor einigen Jahren im Walde von Bialowies beobachtet, wo er jetzt
auch nicht mehr vorhanden iſt. Bechſtein erzählt von einem Vielfraße, welcher bei Frauenſtein in
Sachſen, und Zimmermann von einem andern, welcher bei Helmſtedt im Braunſchweig’ſchen erlegt
wurde. Die beiden letzteren werden jedoch als blos verſprengte Thiere angeſehen, weil man nicht
wohl annehmen kann, daß in früheren Zeiten der Vielfraß ſo weit nach Süden gegangen ſein ſoll.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <pb facs="#f0590" n="516"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Raubthiere.</hi> Marder. &#x2014; <hi rendition="#g">Gemeiner Vielfraß.</hi></fw><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">gemeine Vielfraß</hi> (<hi rendition="#aq">Gulo borealis</hi> oder <hi rendition="#aq">arcticus</hi>) i&#x017F;t 2½ bis 3 Fuß lang, wovon 4 bis<lb/>
5 Zoll auf den Schwanz kommen, und am Widerri&#x017F;t 14 Zoll bis 1½ Fuß hoch. Die Augen &#x017F;ind klein,<lb/>
mit braunem oder &#x017F;chwarzem Stern. Ueber den&#x017F;elben &#x017F;tehen fünf &#x017F;tarke Bor&#x017F;ten, auf der Oberlippe<lb/>
aber vier Reihen langer Schnurren. Auf der Schnauze &#x017F;ind die Haare kurz und dünn, an den Füßen<lb/>
&#x017F;tark und glänzend, am Rumpfe lang und zottig, um die Schenkel, an den hellen Seitenbinden und<lb/>
am Schwanze endlich &#x017F;ehr lang. Scheitel und Rücken &#x017F;ind braun&#x017F;chwarz mit grauen Haaren gemi&#x017F;cht,<lb/>
der Rücken, die Unter&#x017F;eite und die Beine dunkel&#x017F;chwarz, die Schnauze i&#x017F;t braun&#x017F;chwarz. Ein hellgrauer<lb/>
Flecken &#x017F;teht zwi&#x017F;chen Augen und Ohren, und eine hellgraue Binde verläuft von jeder Schulter an<lb/>
längs der Seiten hin. Das Wollhaar i&#x017F;t grau, an der Unter&#x017F;eite mehr braun.</p><lb/>
          <figure>
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der gemeine Vielfraß</hi> (<hi rendition="#aq">Gulo borealis</hi>).</hi> </head>
          </figure><lb/>
          <p>Wenn un&#x017F;er europäi&#x017F;cher und a&#x017F;iati&#x017F;cher Vielfraß mit der nordamerikani&#x017F;chen Wolverene überein-<lb/>
&#x017F;timmt, bewohnt der Vielfraß den ganzen Norden der Erde. Von Südnorwegen an reicht er durch<lb/>
Norland und Lappland hindurch, und von Finnmarken durch ganz Norda&#x017F;ien und Nordamerika bis<lb/>
Grönland. Früher war die &#x017F;üdliche Grenze &#x017F;einer Verbreitung in Europa unter tieferen Breiten zu<lb/>
&#x017F;uchen, als gegenwärtig. <hi rendition="#g">Eichwald</hi> ver&#x017F;ichert, daß er in den Wäldern von Lithauen vorgekommen<lb/>
i&#x017F;t. <hi rendition="#g">Brincken</hi> hat ihn noch vor einigen Jahren im Walde von <hi rendition="#g">Bialowies</hi> beobachtet, wo er jetzt<lb/>
auch nicht mehr vorhanden i&#x017F;t. <hi rendition="#g">Bech&#x017F;tein</hi> erzählt von einem Vielfraße, welcher bei Frauen&#x017F;tein in<lb/>
Sach&#x017F;en, und <hi rendition="#g">Zimmermann</hi> von einem andern, welcher bei Helm&#x017F;tedt im Braun&#x017F;chweig&#x2019;&#x017F;chen erlegt<lb/>
wurde. Die beiden letzteren werden jedoch als blos ver&#x017F;prengte Thiere ange&#x017F;ehen, weil man nicht<lb/>
wohl annehmen kann, daß in früheren Zeiten der Vielfraß &#x017F;o weit nach Süden gegangen &#x017F;ein &#x017F;oll.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[516/0590] Die Raubthiere. Marder. — Gemeiner Vielfraß. Der gemeine Vielfraß (Gulo borealis oder arcticus) iſt 2½ bis 3 Fuß lang, wovon 4 bis 5 Zoll auf den Schwanz kommen, und am Widerriſt 14 Zoll bis 1½ Fuß hoch. Die Augen ſind klein, mit braunem oder ſchwarzem Stern. Ueber denſelben ſtehen fünf ſtarke Borſten, auf der Oberlippe aber vier Reihen langer Schnurren. Auf der Schnauze ſind die Haare kurz und dünn, an den Füßen ſtark und glänzend, am Rumpfe lang und zottig, um die Schenkel, an den hellen Seitenbinden und am Schwanze endlich ſehr lang. Scheitel und Rücken ſind braunſchwarz mit grauen Haaren gemiſcht, der Rücken, die Unterſeite und die Beine dunkelſchwarz, die Schnauze iſt braunſchwarz. Ein hellgrauer Flecken ſteht zwiſchen Augen und Ohren, und eine hellgraue Binde verläuft von jeder Schulter an längs der Seiten hin. Das Wollhaar iſt grau, an der Unterſeite mehr braun. [Abbildung Der gemeine Vielfraß (Gulo borealis).] Wenn unſer europäiſcher und aſiatiſcher Vielfraß mit der nordamerikaniſchen Wolverene überein- ſtimmt, bewohnt der Vielfraß den ganzen Norden der Erde. Von Südnorwegen an reicht er durch Norland und Lappland hindurch, und von Finnmarken durch ganz Nordaſien und Nordamerika bis Grönland. Früher war die ſüdliche Grenze ſeiner Verbreitung in Europa unter tieferen Breiten zu ſuchen, als gegenwärtig. Eichwald verſichert, daß er in den Wäldern von Lithauen vorgekommen iſt. Brincken hat ihn noch vor einigen Jahren im Walde von Bialowies beobachtet, wo er jetzt auch nicht mehr vorhanden iſt. Bechſtein erzählt von einem Vielfraße, welcher bei Frauenſtein in Sachſen, und Zimmermann von einem andern, welcher bei Helmſtedt im Braunſchweig’ſchen erlegt wurde. Die beiden letzteren werden jedoch als blos verſprengte Thiere angeſehen, weil man nicht wohl annehmen kann, daß in früheren Zeiten der Vielfraß ſo weit nach Süden gegangen ſein ſoll.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/590
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/590>, abgerufen am 25.11.2024.