kleine Junge. Gewöhnlich aber fällt die Paarungszeit in das Ende des Februar oder den Anfang des März. Männchen und Weibchen locken sich dann durch einen starken, anhaltenden Pfiff gegenseitig herbei und spielen gar allerliebst mit einander im Wasser umher. Sie verfolgen einander, necken und foppen sich; das Weibchen entflieht spröde, und das Männchen wird immer ungestümer, bis ihm endlich Sieg und Gewähr zum Lohne wird. Neun Wochen nach der Paarungszeit, bei uns gewöhnlich im Mai, wirft das Weibchen in einem sichern, d. h. unter alten Bäumen oder starken Wurzeln gelegenen Uferbau, zwei bis vier blinde Junge auf ein weiches und warmes Graspolster. Die Mutter liebt diese zärtlich und pflegt sie mit der größten Sorgfalt. Aengstlich sucht sie das Lager zu ver- bergen und vermeidet, um ja nicht entdeckt zu werden, in der Nähe desselben irgend eine Spur von ihrem Raube oder ihrer Losung zurückzulassen. Letztere setzt sie blos auf Steine und Stöcke, welche aus dem Wasser hervorragen, ab, niemals im Wasser, welches sie fortführen und dadurch verrathen könnte! Nach etwa neun bis zehn Tagen öffnen die niedlichen Kleinen ihre Augen, und nach Verlauf von acht Wochen werden sie von der Mutter auf den Fischfang ausgeführt. Sie bleiben nun noch etwa ein halbes Jahr lang unter Aufsicht der Alten und werden von ihr in allen Künsten des Gewerbes gehörig unterrichtet. Jm dritten Jahre sind sie erwachsen, oder wenigstens zur Fort- pflanzung fähig.
Junge, aus dem Nest genommene und mit Milch und Brod aufgezogene Fischottern können sehr zahm werden. Die schlauen Chinesen benutzen eine Art dieser Thiere ganz regelmäßig zum Fischfang für ihre Rechnung, und auch bei uns zu Lande hat man mehrmals Fischottern zu demselben Zwecke abgerichtet. Ein zahmer Fischotter ist ein sehr niedliches und gemüthliches Thier. Seinen Herrn lernt er bald kennen und folgt ihm zuletzt wie ein treuer Hund auf Schritt und Tritt nach. Er gewöhnt sich fast lieber an Milch- und Pflanzenkost, als an Fleischspeise, und kann dahin gebracht werden, die Fische gar nicht anzurühren. Auch Frauen haben sich mit der Zähmung der Fischottern abgegeben, und Dies ist gewiß ein Beweis von der Liebenswürdigkeit dieser Geschöpfe. Erst vor Kurzem erhielt mein Vater eine ausführliche Beschreibung über das Betragen eines Fischotters in der Gefangenschaft von einem Fräulein, welches den Verlust ihres Lieblings heute noch bedauert. Die Dame hatte das junge Thier mit Milch aufgezogen und so an sich gewöhnt, daß es ihr überall nachlief und, sobald es konnte, an ihrem Kleid emporstieg, um sich in ihren Schos zu legen. Der Otter spielte mit seiner Herrin oder in drolliger Weise mit sich selbst. Er suchte sich einen zu diesem Zweck hingelegten Pelz auf, wälzte sich auf demselben herum, legte sich auf den Rücken, haschte nach dem Schwanze, biß sich in die Vorderpfoten und spielte solange, bis er sich selbst in Schlummer wiegte. Die Dame konnte mit ihm machen, was sie wollte. "So sehr ich das liebe Thierchen", schreibt sie, "mit meinen Liebkosungen plagte, so ruhig duldete es dieselben. Jch legte es minutenlang um meinen Hals, dann auf den Rücken, ergriff es mit beiden Händen und vergrub mein Gesicht in seinem Fellchen; dann hielt ich es unter den Vorderfüßen umfaßt, und drehte es wie einen Quirl herum; alles Dieses ließ es sich geduldig gefallen. -- Nur wenn ich es von mir that, bekam es wieder eigenen Willen, den es dadurch kund gab, daß es an mir in die Höhe zu klettern suchte. Da- durch hatte es sich einige Male unangenehm gemacht, indem es dann in mein Kleid biß, wodurch sofort Löcher entstanden, welche, weil ich sie nicht sogleich bemerkte, oft zu einer bedeutenden Größe herauwuchsen. Mit diesem Beißen und seinen schmuzigen Pfötchen konnte es mich recht plagen; denn nie blieb ein Unterkleid einen Tag lang sauber. Jch konnte aber doch nicht umhin, das Thierchen schlafen zu lassen, wo es wünschte. So wurde unsere Liebe gegenseitig und immer inniger, je größer und verständiger der Otter wurde."
Mein Bruder und ich erhielten in Spanien, wo der Fischotter überall häufig ist, einmal drei Junge und hatten sie zu unserer größten Freude schon nach wenigen Tagen so gezähmt, daß wir alles Mögliche mit ihnen anfangen konnten. Unser unstetes Jägerleben gestattete uns leider nicht, die angenehmen Geschöpfe so zu pflegen, wie wir wünschten. Sie verschieden nach und nach auf der Reise.
Jagd auf ihn. Zähmung.
kleine Junge. Gewöhnlich aber fällt die Paarungszeit in das Ende des Februar oder den Anfang des März. Männchen und Weibchen locken ſich dann durch einen ſtarken, anhaltenden Pfiff gegenſeitig herbei und ſpielen gar allerliebſt mit einander im Waſſer umher. Sie verfolgen einander, necken und foppen ſich; das Weibchen entflieht ſpröde, und das Männchen wird immer ungeſtümer, bis ihm endlich Sieg und Gewähr zum Lohne wird. Neun Wochen nach der Paarungszeit, bei uns gewöhnlich im Mai, wirft das Weibchen in einem ſichern, d. h. unter alten Bäumen oder ſtarken Wurzeln gelegenen Uferbau, zwei bis vier blinde Junge auf ein weiches und warmes Graspolſter. Die Mutter liebt dieſe zärtlich und pflegt ſie mit der größten Sorgfalt. Aengſtlich ſucht ſie das Lager zu ver- bergen und vermeidet, um ja nicht entdeckt zu werden, in der Nähe deſſelben irgend eine Spur von ihrem Raube oder ihrer Loſung zurückzulaſſen. Letztere ſetzt ſie blos auf Steine und Stöcke, welche aus dem Waſſer hervorragen, ab, niemals im Waſſer, welches ſie fortführen und dadurch verrathen könnte! Nach etwa neun bis zehn Tagen öffnen die niedlichen Kleinen ihre Augen, und nach Verlauf von acht Wochen werden ſie von der Mutter auf den Fiſchfang ausgeführt. Sie bleiben nun noch etwa ein halbes Jahr lang unter Aufſicht der Alten und werden von ihr in allen Künſten des Gewerbes gehörig unterrichtet. Jm dritten Jahre ſind ſie erwachſen, oder wenigſtens zur Fort- pflanzung fähig.
Junge, aus dem Neſt genommene und mit Milch und Brod aufgezogene Fiſchottern können ſehr zahm werden. Die ſchlauen Chineſen benutzen eine Art dieſer Thiere ganz regelmäßig zum Fiſchfang für ihre Rechnung, und auch bei uns zu Lande hat man mehrmals Fiſchottern zu demſelben Zwecke abgerichtet. Ein zahmer Fiſchotter iſt ein ſehr niedliches und gemüthliches Thier. Seinen Herrn lernt er bald kennen und folgt ihm zuletzt wie ein treuer Hund auf Schritt und Tritt nach. Er gewöhnt ſich faſt lieber an Milch- und Pflanzenkoſt, als an Fleiſchſpeiſe, und kann dahin gebracht werden, die Fiſche gar nicht anzurühren. Auch Frauen haben ſich mit der Zähmung der Fiſchottern abgegeben, und Dies iſt gewiß ein Beweis von der Liebenswürdigkeit dieſer Geſchöpfe. Erſt vor Kurzem erhielt mein Vater eine ausführliche Beſchreibung über das Betragen eines Fiſchotters in der Gefangenſchaft von einem Fräulein, welches den Verluſt ihres Lieblings heute noch bedauert. Die Dame hatte das junge Thier mit Milch aufgezogen und ſo an ſich gewöhnt, daß es ihr überall nachlief und, ſobald es konnte, an ihrem Kleid emporſtieg, um ſich in ihren Schos zu legen. Der Otter ſpielte mit ſeiner Herrin oder in drolliger Weiſe mit ſich ſelbſt. Er ſuchte ſich einen zu dieſem Zweck hingelegten Pelz auf, wälzte ſich auf demſelben herum, legte ſich auf den Rücken, haſchte nach dem Schwanze, biß ſich in die Vorderpfoten und ſpielte ſolange, bis er ſich ſelbſt in Schlummer wiegte. Die Dame konnte mit ihm machen, was ſie wollte. „So ſehr ich das liebe Thierchen‟, ſchreibt ſie, „mit meinen Liebkoſungen plagte, ſo ruhig duldete es dieſelben. Jch legte es minutenlang um meinen Hals, dann auf den Rücken, ergriff es mit beiden Händen und vergrub mein Geſicht in ſeinem Fellchen; dann hielt ich es unter den Vorderfüßen umfaßt, und drehte es wie einen Quirl herum; alles Dieſes ließ es ſich geduldig gefallen. — Nur wenn ich es von mir that, bekam es wieder eigenen Willen, den es dadurch kund gab, daß es an mir in die Höhe zu klettern ſuchte. Da- durch hatte es ſich einige Male unangenehm gemacht, indem es dann in mein Kleid biß, wodurch ſofort Löcher entſtanden, welche, weil ich ſie nicht ſogleich bemerkte, oft zu einer bedeutenden Größe herauwuchſen. Mit dieſem Beißen und ſeinen ſchmuzigen Pfötchen konnte es mich recht plagen; denn nie blieb ein Unterkleid einen Tag lang ſauber. Jch konnte aber doch nicht umhin, das Thierchen ſchlafen zu laſſen, wo es wünſchte. So wurde unſere Liebe gegenſeitig und immer inniger, je größer und verſtändiger der Otter wurde.‟
Mein Bruder und ich erhielten in Spanien, wo der Fiſchotter überall häufig iſt, einmal drei Junge und hatten ſie zu unſerer größten Freude ſchon nach wenigen Tagen ſo gezähmt, daß wir alles Mögliche mit ihnen anfangen konnten. Unſer unſtetes Jägerleben geſtattete uns leider nicht, die angenehmen Geſchöpfe ſo zu pflegen, wie wir wünſchten. Sie verſchieden nach und nach auf der Reiſe.
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[567/0643]
Jagd auf ihn. Zähmung.
kleine Junge. Gewöhnlich aber fällt die Paarungszeit in das Ende des Februar oder den Anfang
des März. Männchen und Weibchen locken ſich dann durch einen ſtarken, anhaltenden Pfiff gegenſeitig
herbei und ſpielen gar allerliebſt mit einander im Waſſer umher. Sie verfolgen einander, necken und
foppen ſich; das Weibchen entflieht ſpröde, und das Männchen wird immer ungeſtümer, bis ihm
endlich Sieg und Gewähr zum Lohne wird. Neun Wochen nach der Paarungszeit, bei uns gewöhnlich
im Mai, wirft das Weibchen in einem ſichern, d. h. unter alten Bäumen oder ſtarken Wurzeln
gelegenen Uferbau, zwei bis vier blinde Junge auf ein weiches und warmes Graspolſter. Die Mutter
liebt dieſe zärtlich und pflegt ſie mit der größten Sorgfalt. Aengſtlich ſucht ſie das Lager zu ver-
bergen und vermeidet, um ja nicht entdeckt zu werden, in der Nähe deſſelben irgend eine Spur von
ihrem Raube oder ihrer Loſung zurückzulaſſen. Letztere ſetzt ſie blos auf Steine und Stöcke, welche
aus dem Waſſer hervorragen, ab, niemals im Waſſer, welches ſie fortführen und dadurch verrathen
könnte! Nach etwa neun bis zehn Tagen öffnen die niedlichen Kleinen ihre Augen, und nach Verlauf
von acht Wochen werden ſie von der Mutter auf den Fiſchfang ausgeführt. Sie bleiben nun noch
etwa ein halbes Jahr lang unter Aufſicht der Alten und werden von ihr in allen Künſten des
Gewerbes gehörig unterrichtet. Jm dritten Jahre ſind ſie erwachſen, oder wenigſtens zur Fort-
pflanzung fähig.
Junge, aus dem Neſt genommene und mit Milch und Brod aufgezogene Fiſchottern können
ſehr zahm werden. Die ſchlauen Chineſen benutzen eine Art dieſer Thiere ganz regelmäßig zum
Fiſchfang für ihre Rechnung, und auch bei uns zu Lande hat man mehrmals Fiſchottern zu demſelben
Zwecke abgerichtet. Ein zahmer Fiſchotter iſt ein ſehr niedliches und gemüthliches Thier. Seinen
Herrn lernt er bald kennen und folgt ihm zuletzt wie ein treuer Hund auf Schritt und Tritt nach. Er
gewöhnt ſich faſt lieber an Milch- und Pflanzenkoſt, als an Fleiſchſpeiſe, und kann dahin gebracht
werden, die Fiſche gar nicht anzurühren. Auch Frauen haben ſich mit der Zähmung der Fiſchottern
abgegeben, und Dies iſt gewiß ein Beweis von der Liebenswürdigkeit dieſer Geſchöpfe. Erſt vor
Kurzem erhielt mein Vater eine ausführliche Beſchreibung über das Betragen eines Fiſchotters in der
Gefangenſchaft von einem Fräulein, welches den Verluſt ihres Lieblings heute noch bedauert. Die
Dame hatte das junge Thier mit Milch aufgezogen und ſo an ſich gewöhnt, daß es ihr überall
nachlief und, ſobald es konnte, an ihrem Kleid emporſtieg, um ſich in ihren Schos zu legen. Der
Otter ſpielte mit ſeiner Herrin oder in drolliger Weiſe mit ſich ſelbſt. Er ſuchte ſich einen zu
dieſem Zweck hingelegten Pelz auf, wälzte ſich auf demſelben herum, legte ſich auf den Rücken,
haſchte nach dem Schwanze, biß ſich in die Vorderpfoten und ſpielte ſolange, bis er ſich ſelbſt in
Schlummer wiegte. Die Dame konnte mit ihm machen, was ſie wollte. „So ſehr ich das liebe
Thierchen‟, ſchreibt ſie, „mit meinen Liebkoſungen plagte, ſo ruhig duldete es dieſelben. Jch legte es
minutenlang um meinen Hals, dann auf den Rücken, ergriff es mit beiden Händen und vergrub mein
Geſicht in ſeinem Fellchen; dann hielt ich es unter den Vorderfüßen umfaßt, und drehte es wie einen
Quirl herum; alles Dieſes ließ es ſich geduldig gefallen. — Nur wenn ich es von mir that, bekam es
wieder eigenen Willen, den es dadurch kund gab, daß es an mir in die Höhe zu klettern ſuchte. Da-
durch hatte es ſich einige Male unangenehm gemacht, indem es dann in mein Kleid biß, wodurch
ſofort Löcher entſtanden, welche, weil ich ſie nicht ſogleich bemerkte, oft zu einer bedeutenden Größe
herauwuchſen. Mit dieſem Beißen und ſeinen ſchmuzigen Pfötchen konnte es mich recht plagen;
denn nie blieb ein Unterkleid einen Tag lang ſauber. Jch konnte aber doch nicht umhin, das Thierchen
ſchlafen zu laſſen, wo es wünſchte. So wurde unſere Liebe gegenſeitig und immer inniger, je größer
und verſtändiger der Otter wurde.‟
Mein Bruder und ich erhielten in Spanien, wo der Fiſchotter überall häufig iſt, einmal drei
Junge und hatten ſie zu unſerer größten Freude ſchon nach wenigen Tagen ſo gezähmt, daß wir
alles Mögliche mit ihnen anfangen konnten. Unſer unſtetes Jägerleben geſtattete uns leider nicht,
die angenehmen Geſchöpfe ſo zu pflegen, wie wir wünſchten. Sie verſchieden nach und nach auf
der Reiſe.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/643>, abgerufen am 16.07.2024.
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