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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Bären. -- Einsamer und geselliger Coati.
gestreckt, sonst aber rollt es sich auf der Seite liegend zusammen und versteckt den Kopf zwischen den
Vorderbeinen. Wirft man ihm seine Nahrung vor, so ergreift es diese erst mit den Zähnen und ent-
fernt sich von seinem Wärter damit, soweit es ihm seine Fesseln erlauben.

Vor dem Verzehren zerkratzt der Coati das Fleisch mit den Nägeln der Vorderfüße; Eier zerbeißt
er oder zerbricht sie durch Aufschlagen gegen den Boden und lappt dann die auslaufende Flüssigkeit
behaglich auf. Er zerbeißt auch die Melonen und Pomeranzen; doch steckt er zuweilen eine seiner
Vorderpfoten in die Frucht, reißt ein Stück ab und bringt es mit den Nägeln zum Munde. Ein
Rüsselbär, welchen Bennett hielt, trank leidenschaftlich gern Blut und suchte sich an den Thieren,
welche ihm zur Nahrung vorgeworfen wurden, jedesmal die blutigste Stelle aus. Außer dem Fleisch
fraß er sehr gern Feigen und besuchte deshalb bei seinen Ausflügen regelmäßig die Bäume, welche
diese Leckerei trugen, schnupperte dann nach den reifsten von den abgefallenen herum, öffnete sie und
saugte das Junere aus. Die ihm vorgeworfenen Thiere rollte er, nachdem er sie von dem Blute rein
geleckt hatte, zuerst zwischen seinen Vorderhänden hin und her, zog sodann die Eingeweide aus der
inzwischen geöffneten Bauchhöhle heraus und verschlang davon eine ziemliche Menge, ehe er die
eigentlich fleischigen Theile seines Opfers berührte. Bei seinen Lustwandelungen im Garten wühlte
er wie ein Schwein in der Erde und zog dann regelmäßig einen Wurm oder eine Kerflarve hervor,
deren Vorhandensein ihm unzweifelhaft sein scharfer Geruch angezeigt hatte. Beim Trinken stülpte
er die bewegliche Nase soviel als möglich in die Höhe, um mit ihr ja nicht das Wasser zu berühren.

Kein Nasenbär verlangt in der Gefangenschaft eine sorgfältige Behandlung. Ohne Umstände
fügt er sich in jede Lage. Er schließt sich dem Menschen an, zeigt aber niemals eine besondere Vor-
liebe für seinen Wärter, so zahm er auch werden mag. Nach Affenart spielt er mit Jedermann und
auch mit seinen thierischen Hausgenossen, als mit Hunden, Katzen, Hühnern und Euten. Nur beim
Fressen darf man ihn nicht stören, denn auch der zahmste Coati beißt Menschen und Thiere, wenn sie
ihm seine Nahrung entreißen wollen.

Jn seinem Wesen hat der Rüsselbär viel Selbstständiges, ja Unbändiges. Er unterwirft sich
keineswegs dem Willen des Menschen, sondern geräth in großen Zorn, wenn man ihm irgend einen
Zwang anthut. Nicht einmal durch Schläge läßt er sich zwingen, denn er setzt sich herzhaft zur Wehre
und beißt tüchtig, wenn er gezüchtigt wird, seinen Wärter ebensowohl, als jeden Andern. Erst, wenn
er so geschlagen wird, daß er die Uebermacht seines Gegners fühlt, rollt er sich zusammen und sucht,
seinen Kopf vor den Streichen zu schützen, indem er denselben an die Brust legt und mit seinen beiden
Vorderpfoten bedeckt; wahrscheinlich fürchtet er am meisten für seine empfindliche Nase. Während der
Züchtigung pfeift er stark und anhaltend (sonst vernimmt man blos Laute von ihm, wenn er Hunger,
Durst oder Langeweile hat), er achtet dabei aber auf jede Gelegenheit, seinem Gegner Eins zu ver-
setzen. Gegen Hunde, welche ihn angreifen, zeigt er gar keine Furcht; er vertheidigt sich gegen sie noch
muthvoller, als gegen den Menschen. Seine scharfen, zweischneidigen Eckzähne kommen ihm dabei
sehr wohl zustatten; mit ihnen weiß er tiefe und gefährliche Wunden beizubringen. Auch unangegriffen
geht er zuweilen auf fremde Hunde los und jagt sie in die Flucht.

Von einem so reizbaren, unbiegsamen Wesen läßt sich nicht viel Gelehrigkeit erwarten. Man kann
den Coati kaum zu Etwas abrichten. Reugger sah zwar einen, welcher auf Befehl seines Herrn
wie ein Pudel aufwartete und auf den nachgeahmten Knall eines Gewehrs wie todt zu Boden fiel:
aber so gelehrige Nasenbäre sind Ausnahmen von der Regel. Gewöhnlich bemerkt man bald, daß
es nicht viele andere Säugethiere seiner Größe giebt, welche weniger Verstand besitzen, als der Coati.
Jn seinen Handlungen nimmt man keinen Zusammenhang wahr. Sein Gedächtniß ist schwach, und
er erinnert sich weder an Beleidigungen, noch an Wohlthaten, welche er erfahren, und ebensowenig an
Unfälle, die er sich zugezogen hat. Deshalb kennt er keine Gefahr und rennt nicht selten zu wieder-
holten Malen in die nämliche.

Wenn man ihn frei herumlaufen läßt, wird er im Hause sehr unangenehm. Er durchwühlt
Alles mit der Nase und wirft alle Gegenstände um. Jn der Nase besitzt er große Kraft, in den

Die Raubthiere. Bären. — Einſamer und geſelliger Coati.
geſtreckt, ſonſt aber rollt es ſich auf der Seite liegend zuſammen und verſteckt den Kopf zwiſchen den
Vorderbeinen. Wirft man ihm ſeine Nahrung vor, ſo ergreift es dieſe erſt mit den Zähnen und ent-
fernt ſich von ſeinem Wärter damit, ſoweit es ihm ſeine Feſſeln erlauben.

Vor dem Verzehren zerkratzt der Coati das Fleiſch mit den Nägeln der Vorderfüße; Eier zerbeißt
er oder zerbricht ſie durch Aufſchlagen gegen den Boden und lappt dann die auslaufende Flüſſigkeit
behaglich auf. Er zerbeißt auch die Melonen und Pomeranzen; doch ſteckt er zuweilen eine ſeiner
Vorderpfoten in die Frucht, reißt ein Stück ab und bringt es mit den Nägeln zum Munde. Ein
Rüſſelbär, welchen Bennett hielt, trank leidenſchaftlich gern Blut und ſuchte ſich an den Thieren,
welche ihm zur Nahrung vorgeworfen wurden, jedesmal die blutigſte Stelle aus. Außer dem Fleiſch
fraß er ſehr gern Feigen und beſuchte deshalb bei ſeinen Ausflügen regelmäßig die Bäume, welche
dieſe Leckerei trugen, ſchnupperte dann nach den reifſten von den abgefallenen herum, öffnete ſie und
ſaugte das Junere aus. Die ihm vorgeworfenen Thiere rollte er, nachdem er ſie von dem Blute rein
geleckt hatte, zuerſt zwiſchen ſeinen Vorderhänden hin und her, zog ſodann die Eingeweide aus der
inzwiſchen geöffneten Bauchhöhle heraus und verſchlang davon eine ziemliche Menge, ehe er die
eigentlich fleiſchigen Theile ſeines Opfers berührte. Bei ſeinen Luſtwandelungen im Garten wühlte
er wie ein Schwein in der Erde und zog dann regelmäßig einen Wurm oder eine Kerflarve hervor,
deren Vorhandenſein ihm unzweifelhaft ſein ſcharfer Geruch angezeigt hatte. Beim Trinken ſtülpte
er die bewegliche Naſe ſoviel als möglich in die Höhe, um mit ihr ja nicht das Waſſer zu berühren.

Kein Naſenbär verlangt in der Gefangenſchaft eine ſorgfältige Behandlung. Ohne Umſtände
fügt er ſich in jede Lage. Er ſchließt ſich dem Menſchen an, zeigt aber niemals eine beſondere Vor-
liebe für ſeinen Wärter, ſo zahm er auch werden mag. Nach Affenart ſpielt er mit Jedermann und
auch mit ſeinen thieriſchen Hausgenoſſen, als mit Hunden, Katzen, Hühnern und Euten. Nur beim
Freſſen darf man ihn nicht ſtören, denn auch der zahmſte Coati beißt Menſchen und Thiere, wenn ſie
ihm ſeine Nahrung entreißen wollen.

Jn ſeinem Weſen hat der Rüſſelbär viel Selbſtſtändiges, ja Unbändiges. Er unterwirft ſich
keineswegs dem Willen des Menſchen, ſondern geräth in großen Zorn, wenn man ihm irgend einen
Zwang anthut. Nicht einmal durch Schläge läßt er ſich zwingen, denn er ſetzt ſich herzhaft zur Wehre
und beißt tüchtig, wenn er gezüchtigt wird, ſeinen Wärter ebenſowohl, als jeden Andern. Erſt, wenn
er ſo geſchlagen wird, daß er die Uebermacht ſeines Gegners fühlt, rollt er ſich zuſammen und ſucht,
ſeinen Kopf vor den Streichen zu ſchützen, indem er denſelben an die Bruſt legt und mit ſeinen beiden
Vorderpfoten bedeckt; wahrſcheinlich fürchtet er am meiſten für ſeine empfindliche Naſe. Während der
Züchtigung pfeift er ſtark und anhaltend (ſonſt vernimmt man blos Laute von ihm, wenn er Hunger,
Durſt oder Langeweile hat), er achtet dabei aber auf jede Gelegenheit, ſeinem Gegner Eins zu ver-
ſetzen. Gegen Hunde, welche ihn angreifen, zeigt er gar keine Furcht; er vertheidigt ſich gegen ſie noch
muthvoller, als gegen den Menſchen. Seine ſcharfen, zweiſchneidigen Eckzähne kommen ihm dabei
ſehr wohl zuſtatten; mit ihnen weiß er tiefe und gefährliche Wunden beizubringen. Auch unangegriffen
geht er zuweilen auf fremde Hunde los und jagt ſie in die Flucht.

Von einem ſo reizbaren, unbiegſamen Weſen läßt ſich nicht viel Gelehrigkeit erwarten. Man kann
den Coati kaum zu Etwas abrichten. Reugger ſah zwar einen, welcher auf Befehl ſeines Herrn
wie ein Pudel aufwartete und auf den nachgeahmten Knall eines Gewehrs wie todt zu Boden fiel:
aber ſo gelehrige Naſenbäre ſind Ausnahmen von der Regel. Gewöhnlich bemerkt man bald, daß
es nicht viele andere Säugethiere ſeiner Größe giebt, welche weniger Verſtand beſitzen, als der Coati.
Jn ſeinen Handlungen nimmt man keinen Zuſammenhang wahr. Sein Gedächtniß iſt ſchwach, und
er erinnert ſich weder an Beleidigungen, noch an Wohlthaten, welche er erfahren, und ebenſowenig an
Unfälle, die er ſich zugezogen hat. Deshalb kennt er keine Gefahr und rennt nicht ſelten zu wieder-
holten Malen in die nämliche.

Wenn man ihn frei herumlaufen läßt, wird er im Hauſe ſehr unangenehm. Er durchwühlt
Alles mit der Naſe und wirft alle Gegenſtände um. Jn der Naſe beſitzt er große Kraft, in den

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[636/0714] Die Raubthiere. Bären. — Einſamer und geſelliger Coati. geſtreckt, ſonſt aber rollt es ſich auf der Seite liegend zuſammen und verſteckt den Kopf zwiſchen den Vorderbeinen. Wirft man ihm ſeine Nahrung vor, ſo ergreift es dieſe erſt mit den Zähnen und ent- fernt ſich von ſeinem Wärter damit, ſoweit es ihm ſeine Feſſeln erlauben. Vor dem Verzehren zerkratzt der Coati das Fleiſch mit den Nägeln der Vorderfüße; Eier zerbeißt er oder zerbricht ſie durch Aufſchlagen gegen den Boden und lappt dann die auslaufende Flüſſigkeit behaglich auf. Er zerbeißt auch die Melonen und Pomeranzen; doch ſteckt er zuweilen eine ſeiner Vorderpfoten in die Frucht, reißt ein Stück ab und bringt es mit den Nägeln zum Munde. Ein Rüſſelbär, welchen Bennett hielt, trank leidenſchaftlich gern Blut und ſuchte ſich an den Thieren, welche ihm zur Nahrung vorgeworfen wurden, jedesmal die blutigſte Stelle aus. Außer dem Fleiſch fraß er ſehr gern Feigen und beſuchte deshalb bei ſeinen Ausflügen regelmäßig die Bäume, welche dieſe Leckerei trugen, ſchnupperte dann nach den reifſten von den abgefallenen herum, öffnete ſie und ſaugte das Junere aus. Die ihm vorgeworfenen Thiere rollte er, nachdem er ſie von dem Blute rein geleckt hatte, zuerſt zwiſchen ſeinen Vorderhänden hin und her, zog ſodann die Eingeweide aus der inzwiſchen geöffneten Bauchhöhle heraus und verſchlang davon eine ziemliche Menge, ehe er die eigentlich fleiſchigen Theile ſeines Opfers berührte. Bei ſeinen Luſtwandelungen im Garten wühlte er wie ein Schwein in der Erde und zog dann regelmäßig einen Wurm oder eine Kerflarve hervor, deren Vorhandenſein ihm unzweifelhaft ſein ſcharfer Geruch angezeigt hatte. Beim Trinken ſtülpte er die bewegliche Naſe ſoviel als möglich in die Höhe, um mit ihr ja nicht das Waſſer zu berühren. Kein Naſenbär verlangt in der Gefangenſchaft eine ſorgfältige Behandlung. Ohne Umſtände fügt er ſich in jede Lage. Er ſchließt ſich dem Menſchen an, zeigt aber niemals eine beſondere Vor- liebe für ſeinen Wärter, ſo zahm er auch werden mag. Nach Affenart ſpielt er mit Jedermann und auch mit ſeinen thieriſchen Hausgenoſſen, als mit Hunden, Katzen, Hühnern und Euten. Nur beim Freſſen darf man ihn nicht ſtören, denn auch der zahmſte Coati beißt Menſchen und Thiere, wenn ſie ihm ſeine Nahrung entreißen wollen. Jn ſeinem Weſen hat der Rüſſelbär viel Selbſtſtändiges, ja Unbändiges. Er unterwirft ſich keineswegs dem Willen des Menſchen, ſondern geräth in großen Zorn, wenn man ihm irgend einen Zwang anthut. Nicht einmal durch Schläge läßt er ſich zwingen, denn er ſetzt ſich herzhaft zur Wehre und beißt tüchtig, wenn er gezüchtigt wird, ſeinen Wärter ebenſowohl, als jeden Andern. Erſt, wenn er ſo geſchlagen wird, daß er die Uebermacht ſeines Gegners fühlt, rollt er ſich zuſammen und ſucht, ſeinen Kopf vor den Streichen zu ſchützen, indem er denſelben an die Bruſt legt und mit ſeinen beiden Vorderpfoten bedeckt; wahrſcheinlich fürchtet er am meiſten für ſeine empfindliche Naſe. Während der Züchtigung pfeift er ſtark und anhaltend (ſonſt vernimmt man blos Laute von ihm, wenn er Hunger, Durſt oder Langeweile hat), er achtet dabei aber auf jede Gelegenheit, ſeinem Gegner Eins zu ver- ſetzen. Gegen Hunde, welche ihn angreifen, zeigt er gar keine Furcht; er vertheidigt ſich gegen ſie noch muthvoller, als gegen den Menſchen. Seine ſcharfen, zweiſchneidigen Eckzähne kommen ihm dabei ſehr wohl zuſtatten; mit ihnen weiß er tiefe und gefährliche Wunden beizubringen. Auch unangegriffen geht er zuweilen auf fremde Hunde los und jagt ſie in die Flucht. Von einem ſo reizbaren, unbiegſamen Weſen läßt ſich nicht viel Gelehrigkeit erwarten. Man kann den Coati kaum zu Etwas abrichten. Reugger ſah zwar einen, welcher auf Befehl ſeines Herrn wie ein Pudel aufwartete und auf den nachgeahmten Knall eines Gewehrs wie todt zu Boden fiel: aber ſo gelehrige Naſenbäre ſind Ausnahmen von der Regel. Gewöhnlich bemerkt man bald, daß es nicht viele andere Säugethiere ſeiner Größe giebt, welche weniger Verſtand beſitzen, als der Coati. Jn ſeinen Handlungen nimmt man keinen Zuſammenhang wahr. Sein Gedächtniß iſt ſchwach, und er erinnert ſich weder an Beleidigungen, noch an Wohlthaten, welche er erfahren, und ebenſowenig an Unfälle, die er ſich zugezogen hat. Deshalb kennt er keine Gefahr und rennt nicht ſelten zu wieder- holten Malen in die nämliche. Wenn man ihn frei herumlaufen läßt, wird er im Hauſe ſehr unangenehm. Er durchwühlt Alles mit der Naſe und wirft alle Gegenſtände um. Jn der Naſe beſitzt er große Kraft, in den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/714>, abgerufen am 24.11.2024.