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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Raubbeutelthiere.
ein Stück los, wirft es springend in die Höhe, fängt es dann auf und verschlingt es. Hat das
Stück noch nicht die rechte Lage, so hilft er mit den Vorderpfoten nach. Nach vollbrachter Mahlzeit
setzt er sich auf den Hintertheil, reibt schnell die Vorderpfoten gegen einander und streicht sich damit
die feuchte Schnauze rein oder putzt sich am ganzen Leibe; denn er ist sehr reinlich.

Da man weder sein Fleisch genießt, noch das Fell verwendet, gewährt er nicht den geringsten
Nutzen.



Jn den Beutelbilchen (Phascologale) sehen wir kleine, mehr oder weniger den Spitzmäu-
sen
ähnliche Raubbeutler vor uns. Die Leibesgröße dieser Thiere erreicht niemals einen Fuß an
Länge; die meisten Arten sind nur einige Zoll lang, und ihr am Ende gewöhnlich buschiger, behaar-
ter Schwanz ist noch kürzer. Der gedrungene Leib ruht auf kurzen Beinen mit kleinen, fünfzehigen
Pfoten, welche mit Ausnahme des hinteren, nagellosen Daumens, durch gekrümmte, spitze Krallen

[Abbildung] Die Tapoa Tafa (Phascologale penicillata).
bewehrt sind. Der Kopf ist spitz, die Ohren und
Augen sind ziemlich groß. Jm Gebiß fallen die
merkwürdig vergrößerten, oberen Schneidezähne
auf. Die schlanken Eckzähne sind nur mäßig groß,
die spitzkegelförmigen Lückzähne erinnern wegen
ihrer Höcker an das Gebiß der Kerffresser. Unsere
Thiere bewohnen ausschließlich Australien, leben
auf Bäumen und nähren sich fast nur von Kerb-
thieren. Jhre Lebensweise und Gewohnheiten sind
noch nicht gehörig erforscht worden, und deshalb
können wir sie auch nur ganz flüchtig betrachten.
Man unterscheidet hauptsächlich zwei Gruppen,
für welche deutsche Namen fehlen.

Mit der ersten dieser Gruppen mag uns die
Tapoa Tafa, wie die Eingeborenen das Thier-
chen nennen (Phascologale penicillata), bekannt
machen. Jn der Größe gleicht sie etwa unserem
Eichhörnchen; ihre Leibeslänge beträgt näm-
lich neun Zoll und die des Schwanzes acht Zoll.
Der lange, weiche, wollige, nur leicht auf dem
Fell liegende Pelz ist auf der Oberseite grau, an den unteren Leibestheilen aber weiß oder gelblich-
weiß. Ein schwarzer Ring umgibt das Auge, ein heller Flecken liegt über ihm. Die Mitte der
Stirn und des Scheitels dunkelt und auch die Haare sind schwarzspitzig. Die Zehen sind weiß.
Eigenthümlich ist der Schwanz. Jn dem ersten Fünftheile seiner Länge ist er mit glatt anliegenden,
denen des Körpers ähnlichen Haaren bedeckt, die übrigen vier Fünftheile aber sind mit langen,
buschigen, dunklen Haaren besetzt; und deshalb sticht der Schwanz von der übrigen Körper-
färbung ab.

Die Tapoa Tafa erscheint als ein schmuckes, harmloses, kleines Geschöpf, unfähig, irgend wel-
chen Schaden zu bringen, und deshalb auch ganz geeignet, ein Liebling des Menschen zu sein. Aber
kaum ein anderes Thier kann durch sein Wesen dem ersten Eindruck, welchen es macht, so wider-
sprechen, wie dieser Raubbeutler; denn die Tapoa Tafa ist eine der größten Plagen der Ansiedler,
ein wildes, blutdürstiges und kühnes Naubthier, welches sich in dem Blute der von ihm getödteten
Thiere förmlich berauscht und auf seinen Ranbzügen bis in den innersten Theil der menschlichen Woh-

Die Raubbeutelthiere.
ein Stück los, wirft es ſpringend in die Höhe, fängt es dann auf und verſchlingt es. Hat das
Stück noch nicht die rechte Lage, ſo hilft er mit den Vorderpfoten nach. Nach vollbrachter Mahlzeit
ſetzt er ſich auf den Hintertheil, reibt ſchnell die Vorderpfoten gegen einander und ſtreicht ſich damit
die feuchte Schnauze rein oder putzt ſich am ganzen Leibe; denn er iſt ſehr reinlich.

Da man weder ſein Fleiſch genießt, noch das Fell verwendet, gewährt er nicht den geringſten
Nutzen.



Jn den Beutelbilchen (Phascologale) ſehen wir kleine, mehr oder weniger den Spitzmäu-
ſen
ähnliche Raubbeutler vor uns. Die Leibesgröße dieſer Thiere erreicht niemals einen Fuß an
Länge; die meiſten Arten ſind nur einige Zoll lang, und ihr am Ende gewöhnlich buſchiger, behaar-
ter Schwanz iſt noch kürzer. Der gedrungene Leib ruht auf kurzen Beinen mit kleinen, fünfzehigen
Pfoten, welche mit Ausnahme des hinteren, nagelloſen Daumens, durch gekrümmte, ſpitze Krallen

[Abbildung] Die Tapoa Tafa (Phascologale penicillata).
bewehrt ſind. Der Kopf iſt ſpitz, die Ohren und
Augen ſind ziemlich groß. Jm Gebiß fallen die
merkwürdig vergrößerten, oberen Schneidezähne
auf. Die ſchlanken Eckzähne ſind nur mäßig groß,
die ſpitzkegelförmigen Lückzähne erinnern wegen
ihrer Höcker an das Gebiß der Kerffreſſer. Unſere
Thiere bewohnen ausſchließlich Auſtralien, leben
auf Bäumen und nähren ſich faſt nur von Kerb-
thieren. Jhre Lebensweiſe und Gewohnheiten ſind
noch nicht gehörig erforſcht worden, und deshalb
können wir ſie auch nur ganz flüchtig betrachten.
Man unterſcheidet hauptſächlich zwei Gruppen,
für welche deutſche Namen fehlen.

Mit der erſten dieſer Gruppen mag uns die
Tapoa Tafa, wie die Eingeborenen das Thier-
chen nennen (Phascologale penicillata), bekannt
machen. Jn der Größe gleicht ſie etwa unſerem
Eichhörnchen; ihre Leibeslänge beträgt näm-
lich neun Zoll und die des Schwanzes acht Zoll.
Der lange, weiche, wollige, nur leicht auf dem
Fell liegende Pelz iſt auf der Oberſeite grau, an den unteren Leibestheilen aber weiß oder gelblich-
weiß. Ein ſchwarzer Ring umgibt das Auge, ein heller Flecken liegt über ihm. Die Mitte der
Stirn und des Scheitels dunkelt und auch die Haare ſind ſchwarzſpitzig. Die Zehen ſind weiß.
Eigenthümlich iſt der Schwanz. Jn dem erſten Fünftheile ſeiner Länge iſt er mit glatt anliegenden,
denen des Körpers ähnlichen Haaren bedeckt, die übrigen vier Fünftheile aber ſind mit langen,
buſchigen, dunklen Haaren beſetzt; und deshalb ſticht der Schwanz von der übrigen Körper-
färbung ab.

Die Tapoa Tafa erſcheint als ein ſchmuckes, harmloſes, kleines Geſchöpf, unfähig, irgend wel-
chen Schaden zu bringen, und deshalb auch ganz geeignet, ein Liebling des Menſchen zu ſein. Aber
kaum ein anderes Thier kann durch ſein Weſen dem erſten Eindruck, welchen es macht, ſo wider-
ſprechen, wie dieſer Raubbeutler; denn die Tapoa Tafa iſt eine der größten Plagen der Anſiedler,
ein wildes, blutdürſtiges und kühnes Naubthier, welches ſich in dem Blute der von ihm getödteten
Thiere förmlich berauſcht und auf ſeinen Ranbzügen bis in den innerſten Theil der menſchlichen Woh-

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[10/0022] Die Raubbeutelthiere. ein Stück los, wirft es ſpringend in die Höhe, fängt es dann auf und verſchlingt es. Hat das Stück noch nicht die rechte Lage, ſo hilft er mit den Vorderpfoten nach. Nach vollbrachter Mahlzeit ſetzt er ſich auf den Hintertheil, reibt ſchnell die Vorderpfoten gegen einander und ſtreicht ſich damit die feuchte Schnauze rein oder putzt ſich am ganzen Leibe; denn er iſt ſehr reinlich. Da man weder ſein Fleiſch genießt, noch das Fell verwendet, gewährt er nicht den geringſten Nutzen. Jn den Beutelbilchen (Phascologale) ſehen wir kleine, mehr oder weniger den Spitzmäu- ſen ähnliche Raubbeutler vor uns. Die Leibesgröße dieſer Thiere erreicht niemals einen Fuß an Länge; die meiſten Arten ſind nur einige Zoll lang, und ihr am Ende gewöhnlich buſchiger, behaar- ter Schwanz iſt noch kürzer. Der gedrungene Leib ruht auf kurzen Beinen mit kleinen, fünfzehigen Pfoten, welche mit Ausnahme des hinteren, nagelloſen Daumens, durch gekrümmte, ſpitze Krallen [Abbildung Die Tapoa Tafa (Phascologale penicillata).] bewehrt ſind. Der Kopf iſt ſpitz, die Ohren und Augen ſind ziemlich groß. Jm Gebiß fallen die merkwürdig vergrößerten, oberen Schneidezähne auf. Die ſchlanken Eckzähne ſind nur mäßig groß, die ſpitzkegelförmigen Lückzähne erinnern wegen ihrer Höcker an das Gebiß der Kerffreſſer. Unſere Thiere bewohnen ausſchließlich Auſtralien, leben auf Bäumen und nähren ſich faſt nur von Kerb- thieren. Jhre Lebensweiſe und Gewohnheiten ſind noch nicht gehörig erforſcht worden, und deshalb können wir ſie auch nur ganz flüchtig betrachten. Man unterſcheidet hauptſächlich zwei Gruppen, für welche deutſche Namen fehlen. Mit der erſten dieſer Gruppen mag uns die Tapoa Tafa, wie die Eingeborenen das Thier- chen nennen (Phascologale penicillata), bekannt machen. Jn der Größe gleicht ſie etwa unſerem Eichhörnchen; ihre Leibeslänge beträgt näm- lich neun Zoll und die des Schwanzes acht Zoll. Der lange, weiche, wollige, nur leicht auf dem Fell liegende Pelz iſt auf der Oberſeite grau, an den unteren Leibestheilen aber weiß oder gelblich- weiß. Ein ſchwarzer Ring umgibt das Auge, ein heller Flecken liegt über ihm. Die Mitte der Stirn und des Scheitels dunkelt und auch die Haare ſind ſchwarzſpitzig. Die Zehen ſind weiß. Eigenthümlich iſt der Schwanz. Jn dem erſten Fünftheile ſeiner Länge iſt er mit glatt anliegenden, denen des Körpers ähnlichen Haaren bedeckt, die übrigen vier Fünftheile aber ſind mit langen, buſchigen, dunklen Haaren beſetzt; und deshalb ſticht der Schwanz von der übrigen Körper- färbung ab. Die Tapoa Tafa erſcheint als ein ſchmuckes, harmloſes, kleines Geſchöpf, unfähig, irgend wel- chen Schaden zu bringen, und deshalb auch ganz geeignet, ein Liebling des Menſchen zu ſein. Aber kaum ein anderes Thier kann durch ſein Weſen dem erſten Eindruck, welchen es macht, ſo wider- ſprechen, wie dieſer Raubbeutler; denn die Tapoa Tafa iſt eine der größten Plagen der Anſiedler, ein wildes, blutdürſtiges und kühnes Naubthier, welches ſich in dem Blute der von ihm getödteten Thiere förmlich berauſcht und auf ſeinen Ranbzügen bis in den innerſten Theil der menſchlichen Woh-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/22>, abgerufen am 23.11.2024.