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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Scharrthiere. -- Die Gürtelthiere.
bog und mit den beweglichen Lippen das Laub abfraß. Möglicher Weise scharrte es auch mit seinen
starken Krallen weiche Wurzeln aus dem Boden. Die äußere Bedeckung war ein Haarkleid. Gegen-
wärtig kennt man ähnliche Gerippe und zwar ebensowohl aus Süd- als aus Nordamerika. Jn der
Neuzeit fand man noch andere ähnliche Thiere auf, welche mehr oder weniger dem Riesenthier ähnel-
ten. Das Riesenkrallenthier (Megalonyx) besaß etwas längere Vorder- und kürzere Hintersüße,
als das eben erwähnte. Der Schwanz berührte den Boden und war sehr stark. Die Riesenfaul-
thiere
(Mylodon) zeigen noch den plumpen Gliederbau der vorigen, weichen aber in Einigem ab. Der
Schwanz war lang und bestand aus zahlreichen, sehr kräftigen Wirbeln, welche darauf deuteten, daß das
Thier das Glied gegen den Boden stemmte und sich darauf stützte. Die Gliedmaßen waren von gleicher
Länge, die vorderen fünf-, die hinteren vierzehig. Alle diese Thiere vereinigt man in einer besonderen
Familie, welche als Mittelglied zwischen den Faulthieren und den Gürtelthieren angesehen werden
muß. Die Letzteren haben ebenfalls ähnliche Vorahnen aufzuweisen.



Neunte Ordnung.
Scharrthiere (Effodientia).

Fitzinger erkennt mit vollem Rechte den drei Thiergruppen, welche er in der zweiten Ord-
nung der Zahnarmen vereinigt, den Rang von Familien zu, während Andere in ihnen nur Sippen
einer Familie sehen wollen. Die Gürtelthiere, Ameisenfresser und Schuppenthiere unter-
scheiden sich, was Gestalt und Lebensweise anlangt, so auffallend von einander, daß eine Gesammt-
beschreibung der Ordnung der dritten Reihe -- oder Familie im Sinne vieler Forscher -- kaum mög-
lich ist, oder mindestens nur sehr ungenügend ausfallen muß. Wir wenden uns deshalb auch hier
unmittelbar zur Betrachtung der einzelnen Familien.

Die Gürtelthiere (Dasypodes) sind, wie die Faulthiere, eine durchaus verkommene Familie.
Jm Vergleich zu Dem, was in der Vorzeit sie waren, kann man sie höchstens Zwerge nennen. Das
Glyptodon oder Riesengürtelthier erreichte die Größe des Nashorns, und die Vertreter anderer
Sippen wenigstens den Umfang des Ochsen, während in der Jetztzeit die Gürtelthiere im ganzen höch-
stens 41/2 Fuß, ohne Schwanz aber nur 3 Fuß lang, und etwa 1 Fuß hoch werden. Alle Gürtelthiere
sind plumpe Geschöpfe mit gestrecktem langschnäuzigen Kopfe, großen Schweinsohren, langem starken
Schwanz und kurzen Füßen, welche sehr starke Grabklauen tragen. Jhren Namen haben sie von der
eigenthümlichen Beschaffenheit ihres Panzers; derselbe ist nämlich durch die, mitten auf dem Rücken
aufliegenden Gürtelreihen besonders ausgezeichnet und unterscheidet sich gerade durch die Reihenord-
nung der Schilder von dem Schuppenkleide anderer Säugethiere. Die mittelsten Gürtel, welche
zur Unterscheidung der Arten dienen, obgleich sie auch bei ein und derselben Art nicht immer in gleicher
Anzahl vorkommen, bestehen aus länglich viereckigen Tafeln, während das Schulter- und Kreuzschild
aus Querreihen vier- oder sechseckiger Platten gebildet wird, zwischen denen sich kleine unregelmäßige
Platten einschieben. Auch der Scheitelpanzer ist aus unregelmäßigen, meistens fünf- oder sechseckigen
Schildchen zusammen gesetzt, und der Schwanz vollends ist durchaus unregelmäßig bepanzert. Un-
sere Thiere sind übrigens nur auf ihrer Oberseite bepanzert; die Unterseite ihres Leibes wird von
gröberen oder feineren borstenartigen Haaren bedeckt, und solche Borsten schieben sich auch überall
zwischen den Schildern hindurch.

Scharrthiere. — Die Gürtelthiere.
bog und mit den beweglichen Lippen das Laub abfraß. Möglicher Weiſe ſcharrte es auch mit ſeinen
ſtarken Krallen weiche Wurzeln aus dem Boden. Die äußere Bedeckung war ein Haarkleid. Gegen-
wärtig kennt man ähnliche Gerippe und zwar ebenſowohl aus Süd- als aus Nordamerika. Jn der
Neuzeit fand man noch andere ähnliche Thiere auf, welche mehr oder weniger dem Rieſenthier ähnel-
ten. Das Rieſenkrallenthier (Megalonyx) beſaß etwas längere Vorder- und kürzere Hinterſüße,
als das eben erwähnte. Der Schwanz berührte den Boden und war ſehr ſtark. Die Rieſenfaul-
thiere
(Mylodon) zeigen noch den plumpen Gliederbau der vorigen, weichen aber in Einigem ab. Der
Schwanz war lang und beſtand aus zahlreichen, ſehr kräftigen Wirbeln, welche darauf deuteten, daß das
Thier das Glied gegen den Boden ſtemmte und ſich darauf ſtützte. Die Gliedmaßen waren von gleicher
Länge, die vorderen fünf-, die hinteren vierzehig. Alle dieſe Thiere vereinigt man in einer beſonderen
Familie, welche als Mittelglied zwiſchen den Faulthieren und den Gürtelthieren angeſehen werden
muß. Die Letzteren haben ebenfalls ähnliche Vorahnen aufzuweiſen.



Neunte Ordnung.
Scharrthiere (Effodientia).

Fitzinger erkennt mit vollem Rechte den drei Thiergruppen, welche er in der zweiten Ord-
nung der Zahnarmen vereinigt, den Rang von Familien zu, während Andere in ihnen nur Sippen
einer Familie ſehen wollen. Die Gürtelthiere, Ameiſenfreſſer und Schuppenthiere unter-
ſcheiden ſich, was Geſtalt und Lebensweiſe anlangt, ſo auffallend von einander, daß eine Geſammt-
beſchreibung der Ordnung der dritten Reihe — oder Familie im Sinne vieler Forſcher — kaum mög-
lich iſt, oder mindeſtens nur ſehr ungenügend ausfallen muß. Wir wenden uns deshalb auch hier
unmittelbar zur Betrachtung der einzelnen Familien.

Die Gürtelthiere (Dasypodes) ſind, wie die Faulthiere, eine durchaus verkommene Familie.
Jm Vergleich zu Dem, was in der Vorzeit ſie waren, kann man ſie höchſtens Zwerge nennen. Das
Glyptodon oder Rieſengürtelthier erreichte die Größe des Nashorns, und die Vertreter anderer
Sippen wenigſtens den Umfang des Ochſen, während in der Jetztzeit die Gürtelthiere im ganzen höch-
ſtens 4½ Fuß, ohne Schwanz aber nur 3 Fuß lang, und etwa 1 Fuß hoch werden. Alle Gürtelthiere
ſind plumpe Geſchöpfe mit geſtrecktem langſchnäuzigen Kopfe, großen Schweinsohren, langem ſtarken
Schwanz und kurzen Füßen, welche ſehr ſtarke Grabklauen tragen. Jhren Namen haben ſie von der
eigenthümlichen Beſchaffenheit ihres Panzers; derſelbe iſt nämlich durch die, mitten auf dem Rücken
aufliegenden Gürtelreihen beſonders ausgezeichnet und unterſcheidet ſich gerade durch die Reihenord-
nung der Schilder von dem Schuppenkleide anderer Säugethiere. Die mittelſten Gürtel, welche
zur Unterſcheidung der Arten dienen, obgleich ſie auch bei ein und derſelben Art nicht immer in gleicher
Anzahl vorkommen, beſtehen aus länglich viereckigen Tafeln, während das Schulter- und Kreuzſchild
aus Querreihen vier- oder ſechseckiger Platten gebildet wird, zwiſchen denen ſich kleine unregelmäßige
Platten einſchieben. Auch der Scheitelpanzer iſt aus unregelmäßigen, meiſtens fünf- oder ſechseckigen
Schildchen zuſammen geſetzt, und der Schwanz vollends iſt durchaus unregelmäßig bepanzert. Un-
ſere Thiere ſind übrigens nur auf ihrer Oberſeite bepanzert; die Unterſeite ihres Leibes wird von
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[284/0304] Scharrthiere. — Die Gürtelthiere. bog und mit den beweglichen Lippen das Laub abfraß. Möglicher Weiſe ſcharrte es auch mit ſeinen ſtarken Krallen weiche Wurzeln aus dem Boden. Die äußere Bedeckung war ein Haarkleid. Gegen- wärtig kennt man ähnliche Gerippe und zwar ebenſowohl aus Süd- als aus Nordamerika. Jn der Neuzeit fand man noch andere ähnliche Thiere auf, welche mehr oder weniger dem Rieſenthier ähnel- ten. Das Rieſenkrallenthier (Megalonyx) beſaß etwas längere Vorder- und kürzere Hinterſüße, als das eben erwähnte. Der Schwanz berührte den Boden und war ſehr ſtark. Die Rieſenfaul- thiere (Mylodon) zeigen noch den plumpen Gliederbau der vorigen, weichen aber in Einigem ab. Der Schwanz war lang und beſtand aus zahlreichen, ſehr kräftigen Wirbeln, welche darauf deuteten, daß das Thier das Glied gegen den Boden ſtemmte und ſich darauf ſtützte. Die Gliedmaßen waren von gleicher Länge, die vorderen fünf-, die hinteren vierzehig. Alle dieſe Thiere vereinigt man in einer beſonderen Familie, welche als Mittelglied zwiſchen den Faulthieren und den Gürtelthieren angeſehen werden muß. Die Letzteren haben ebenfalls ähnliche Vorahnen aufzuweiſen. Neunte Ordnung. Scharrthiere (Effodientia). Fitzinger erkennt mit vollem Rechte den drei Thiergruppen, welche er in der zweiten Ord- nung der Zahnarmen vereinigt, den Rang von Familien zu, während Andere in ihnen nur Sippen einer Familie ſehen wollen. Die Gürtelthiere, Ameiſenfreſſer und Schuppenthiere unter- ſcheiden ſich, was Geſtalt und Lebensweiſe anlangt, ſo auffallend von einander, daß eine Geſammt- beſchreibung der Ordnung der dritten Reihe — oder Familie im Sinne vieler Forſcher — kaum mög- lich iſt, oder mindeſtens nur ſehr ungenügend ausfallen muß. Wir wenden uns deshalb auch hier unmittelbar zur Betrachtung der einzelnen Familien. Die Gürtelthiere (Dasypodes) ſind, wie die Faulthiere, eine durchaus verkommene Familie. Jm Vergleich zu Dem, was in der Vorzeit ſie waren, kann man ſie höchſtens Zwerge nennen. Das Glyptodon oder Rieſengürtelthier erreichte die Größe des Nashorns, und die Vertreter anderer Sippen wenigſtens den Umfang des Ochſen, während in der Jetztzeit die Gürtelthiere im ganzen höch- ſtens 4½ Fuß, ohne Schwanz aber nur 3 Fuß lang, und etwa 1 Fuß hoch werden. Alle Gürtelthiere ſind plumpe Geſchöpfe mit geſtrecktem langſchnäuzigen Kopfe, großen Schweinsohren, langem ſtarken Schwanz und kurzen Füßen, welche ſehr ſtarke Grabklauen tragen. Jhren Namen haben ſie von der eigenthümlichen Beſchaffenheit ihres Panzers; derſelbe iſt nämlich durch die, mitten auf dem Rücken aufliegenden Gürtelreihen beſonders ausgezeichnet und unterſcheidet ſich gerade durch die Reihenord- nung der Schilder von dem Schuppenkleide anderer Säugethiere. Die mittelſten Gürtel, welche zur Unterſcheidung der Arten dienen, obgleich ſie auch bei ein und derſelben Art nicht immer in gleicher Anzahl vorkommen, beſtehen aus länglich viereckigen Tafeln, während das Schulter- und Kreuzſchild aus Querreihen vier- oder ſechseckiger Platten gebildet wird, zwiſchen denen ſich kleine unregelmäßige Platten einſchieben. Auch der Scheitelpanzer iſt aus unregelmäßigen, meiſtens fünf- oder ſechseckigen Schildchen zuſammen geſetzt, und der Schwanz vollends iſt durchaus unregelmäßig bepanzert. Un- ſere Thiere ſind übrigens nur auf ihrer Oberſeite bepanzert; die Unterſeite ihres Leibes wird von gröberen oder feineren borſtenartigen Haaren bedeckt, und ſolche Borſten ſchieben ſich auch überall zwiſchen den Schildern hindurch.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/304>, abgerufen am 23.11.2024.