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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Schuppenthiere. -- Das kurzschwänzige Schuppenthier.
der Ameisenhaufen steckt, oder auf ihren Weg legt; diese laufen sogleich, durch den Geruch angezogen,
darauf und bleiben hängen. Merkt das Thier, daß seine Zunge mit den Thieren beladen ist, so zieht
es sie ein und hält seinen Schmaus. Es ist nicht bösartig, greift Niemand an, will blos leben, und
wenn es nur Ameisen findet, so ist es zufrieden und lebt vollauf!"

Das kurzschwänzige Schuppenthier (Mauis pentadactyla), welches das südliche Asien be-
wohnt und sich sowohl auf dem Festlande, als auch auf Ceylon, Sumatra und auf der Jnsel For-
mosa
findet, ist schon weit länger bekannt; denn der alte Aelian erwähnt es bereits. Er sagt, daß
es in Jndien ein Thier gebe, welches wie ein Erdkrokodil aussähe. Es habe etwa die Größe eines
malteser Hundes, seine Haut sei mit einer so rauhen und dichten Rinde bewassnet, daß sie abgezogen
als Feile diene und selbst Erz und Eisen angreife. Die Jndier hätten ihm den Namen Phattagen
gegeben. Diesen Namen trägt das Thier heute noch, und somit unterliegt es gar keinem Zweifel,
daß der alte Naturforscher das asiatische Schuppenthier meinte, obgleich Buffon den Namen Phatta-
gen auf das afrikanische anwandte. Jn Bengalen heißt es Badjarkit oder Bajjerkeit, zu deutsch

[Abbildung] Das kurzschwänzige Schuppenthier (Manis pentadactyla).
Steinwurm, weil es, wie man sagt, immer eine Hand voll Steine im Magen habe, wahrscheinlich
aber, weil seine äußere Bedeckung so steinhart ist.

Von den übrigen Schuppenthieren, mit Ausnahme des Temminckschen, unterscheidet sich der Bad-
jarkit durch seine Größe und dadurch, daß die Schuppen in elf bis dreizehn Reihen geordnet, am
Rücken und Schwanze sehr breit und nirgends gekielt sind; auch ist der Schwanz am Grunde ebenso
dick als der Leib, d. h. von diesem gar nicht abgesetzt. Ein ausgewachsenes Männchen kann bis 4 Fuß
und darüber an Gesammtlänge erreichen; hiervon kommen einige 20 Zoll auf den Leib. Die
Schuppen des Leibes sind am freien Ende ungefähr doppelt so breit als lang, dreieckig und gegen die
Spitze hin etwas ausgebogen, von der Spitze an bis über die Hälfte glatt, gewöhnlich in elf, zuweilen
aber auch in dreizehn Längsreihen, indem zu der regelmäßigen Zahl an der Seite noch zwei kleinere
hinzukommen. Die Mittelreihe zählt auf dem Kopfe elf, auf dem Rücken und dem Schwanze je sechzehn
Schuppen. Ueber seine Lebensweise wissen wir ebenfalls nur sehr wenig. Burt erzählt, daß es
Nichts als Ameisen fresse und sehr viel davon vertilge, aber auch zwei Monate lang hungern könne;

Die Schuppenthiere. — Das kurzſchwänzige Schuppenthier.
der Ameiſenhaufen ſteckt, oder auf ihren Weg legt; dieſe laufen ſogleich, durch den Geruch angezogen,
darauf und bleiben hängen. Merkt das Thier, daß ſeine Zunge mit den Thieren beladen iſt, ſo zieht
es ſie ein und hält ſeinen Schmaus. Es iſt nicht bösartig, greift Niemand an, will blos leben, und
wenn es nur Ameiſen findet, ſo iſt es zufrieden und lebt vollauf!‟

Das kurzſchwänzige Schuppenthier (Mauis pentadactyla), welches das ſüdliche Aſien be-
wohnt und ſich ſowohl auf dem Feſtlande, als auch auf Ceylon, Sumatra und auf der Jnſel For-
moſa
findet, iſt ſchon weit länger bekannt; denn der alte Aelian erwähnt es bereits. Er ſagt, daß
es in Jndien ein Thier gebe, welches wie ein Erdkrokodil ausſähe. Es habe etwa die Größe eines
malteſer Hundes, ſeine Haut ſei mit einer ſo rauhen und dichten Rinde bewaſſnet, daß ſie abgezogen
als Feile diene und ſelbſt Erz und Eiſen angreife. Die Jndier hätten ihm den Namen Phattagen
gegeben. Dieſen Namen trägt das Thier heute noch, und ſomit unterliegt es gar keinem Zweifel,
daß der alte Naturforſcher das aſiatiſche Schuppenthier meinte, obgleich Buffon den Namen Phatta-
gen auf das afrikaniſche anwandte. Jn Bengalen heißt es Badjarkit oder Bajjerkeit, zu deutſch

[Abbildung] Das kurzſchwänzige Schuppenthier (Manis pentadactyla).
Steinwurm, weil es, wie man ſagt, immer eine Hand voll Steine im Magen habe, wahrſcheinlich
aber, weil ſeine äußere Bedeckung ſo ſteinhart iſt.

Von den übrigen Schuppenthieren, mit Ausnahme des Temminckſchen, unterſcheidet ſich der Bad-
jarkit durch ſeine Größe und dadurch, daß die Schuppen in elf bis dreizehn Reihen geordnet, am
Rücken und Schwanze ſehr breit und nirgends gekielt ſind; auch iſt der Schwanz am Grunde ebenſo
dick als der Leib, d. h. von dieſem gar nicht abgeſetzt. Ein ausgewachſenes Männchen kann bis 4 Fuß
und darüber an Geſammtlänge erreichen; hiervon kommen einige 20 Zoll auf den Leib. Die
Schuppen des Leibes ſind am freien Ende ungefähr doppelt ſo breit als lang, dreieckig und gegen die
Spitze hin etwas ausgebogen, von der Spitze an bis über die Hälfte glatt, gewöhnlich in elf, zuweilen
aber auch in dreizehn Längsreihen, indem zu der regelmäßigen Zahl an der Seite noch zwei kleinere
hinzukommen. Die Mittelreihe zählt auf dem Kopfe elf, auf dem Rücken und dem Schwanze je ſechzehn
Schuppen. Ueber ſeine Lebensweiſe wiſſen wir ebenfalls nur ſehr wenig. Burt erzählt, daß es
Nichts als Ameiſen freſſe und ſehr viel davon vertilge, aber auch zwei Monate lang hungern könne;

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[314/0334] Die Schuppenthiere. — Das kurzſchwänzige Schuppenthier. der Ameiſenhaufen ſteckt, oder auf ihren Weg legt; dieſe laufen ſogleich, durch den Geruch angezogen, darauf und bleiben hängen. Merkt das Thier, daß ſeine Zunge mit den Thieren beladen iſt, ſo zieht es ſie ein und hält ſeinen Schmaus. Es iſt nicht bösartig, greift Niemand an, will blos leben, und wenn es nur Ameiſen findet, ſo iſt es zufrieden und lebt vollauf!‟ Das kurzſchwänzige Schuppenthier (Mauis pentadactyla), welches das ſüdliche Aſien be- wohnt und ſich ſowohl auf dem Feſtlande, als auch auf Ceylon, Sumatra und auf der Jnſel For- moſa findet, iſt ſchon weit länger bekannt; denn der alte Aelian erwähnt es bereits. Er ſagt, daß es in Jndien ein Thier gebe, welches wie ein Erdkrokodil ausſähe. Es habe etwa die Größe eines malteſer Hundes, ſeine Haut ſei mit einer ſo rauhen und dichten Rinde bewaſſnet, daß ſie abgezogen als Feile diene und ſelbſt Erz und Eiſen angreife. Die Jndier hätten ihm den Namen Phattagen gegeben. Dieſen Namen trägt das Thier heute noch, und ſomit unterliegt es gar keinem Zweifel, daß der alte Naturforſcher das aſiatiſche Schuppenthier meinte, obgleich Buffon den Namen Phatta- gen auf das afrikaniſche anwandte. Jn Bengalen heißt es Badjarkit oder Bajjerkeit, zu deutſch [Abbildung Das kurzſchwänzige Schuppenthier (Manis pentadactyla).] Steinwurm, weil es, wie man ſagt, immer eine Hand voll Steine im Magen habe, wahrſcheinlich aber, weil ſeine äußere Bedeckung ſo ſteinhart iſt. Von den übrigen Schuppenthieren, mit Ausnahme des Temminckſchen, unterſcheidet ſich der Bad- jarkit durch ſeine Größe und dadurch, daß die Schuppen in elf bis dreizehn Reihen geordnet, am Rücken und Schwanze ſehr breit und nirgends gekielt ſind; auch iſt der Schwanz am Grunde ebenſo dick als der Leib, d. h. von dieſem gar nicht abgeſetzt. Ein ausgewachſenes Männchen kann bis 4 Fuß und darüber an Geſammtlänge erreichen; hiervon kommen einige 20 Zoll auf den Leib. Die Schuppen des Leibes ſind am freien Ende ungefähr doppelt ſo breit als lang, dreieckig und gegen die Spitze hin etwas ausgebogen, von der Spitze an bis über die Hälfte glatt, gewöhnlich in elf, zuweilen aber auch in dreizehn Längsreihen, indem zu der regelmäßigen Zahl an der Seite noch zwei kleinere hinzukommen. Die Mittelreihe zählt auf dem Kopfe elf, auf dem Rücken und dem Schwanze je ſechzehn Schuppen. Ueber ſeine Lebensweiſe wiſſen wir ebenfalls nur ſehr wenig. Burt erzählt, daß es Nichts als Ameiſen freſſe und ſehr viel davon vertilge, aber auch zwei Monate lang hungern könne;

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/334>, abgerufen am 23.11.2024.