Die Kloaken- oder Gabelthiere. -- Das Schnabelthier.
Eines Tages unterließ es seine gewöhnliche Lustwandelung; Garnot zog es deshalb aus seinem Winkel hervor und rüttelte es derb. Es zeigte so schwache Bewegungen, daß er glaubte, es würde sterben; daher trug er es in die Sonne, rieb ihm den Bauch mit einem warmen Tuche und siehe da, es erholte sich wieder und bekam nach und nach seine frühere Munterkeit zurück. Einige Zeit darauf blieb es 48, später 72 und zuletzt sogar 80 Stunden hinter einander liegen; allein man kannte es nun und störte es nicht mehr in seinem Schlafe. Weckte man es auf, so wiederholte sich derselbe Vorgang, wie das erste Mal, und es erhielt seine Munterkeit nur, wenn es selbst aufwachte. Manch- mal lief es auch des Nachts umher, aber so still, daß man es nicht bemerkt haben würde, wenn es nicht ab und zu an den Füßen geschüffelt hätte.
Junge Ameisenigel wurden leicht mit Milch erhalten; wenn sie aber heranwuchsen und die Stacheln sich aufzurichten begannen, verlangten sie eine stoffreichere Nahrung. Man mußte sie dann ab und zu einen Besuch an einem Ameisenhaufen machen lassen, oder ihnen hart gekochtes, sehr fein ge- riebenes Eidotter mit dem nöthigen Zusatz von Sand geben, um sie bei vollem Wohlsein zu erhalten. Mit solcher Kost gediehen alle sehr gut.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß wir diese Thiere noch einmal lebend in Europa zu sehen bekom- men, da ja die Winterschläfer sich vortrefflich eignen, auf weite Strecken hingeführt zu werden.
Die Eingeborenen nennen den Ameisenigel Nikobejan, Janokumbine und Cogera; die Ansiedler ohne weiteres "Jgel". Manche Australier braten das Thier in seinem Felle, wie die Zigeuner unseren Jgel, und essen es; aber auch die Europäer versichern, daß ein so zubereiteter Ameisenigel vortreffliche Speise gebe. Hierin beruht der einzige Nutzen, welchen der Ameisenigel dem Menschen bringen kann.
Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus) ist der einzige bekannte Vertreter der zweiten Familie unserer Ordnung. Wir verdanken dem englischen Naturforscher Bennett die beste Schilderung dieses in der That "auffallenden" Geschöpfes, welches noch lange nach seiner Entdeckung Forscher und Laien gleich beschäftigte. Gestalt und Lebensweise erschienen so seltsam, daß Bennett blos zu dem Zwecke nach Neuholland reiste, um das Thier kennen zu lernen. Bis dahin waren nur unbestimmte Nachrichten zu uns gekommen. Die Lebensweise mußte um so länger unaufgeklärt bleiben, als Beobachten natürlich nicht gerade Sache jedes neuholländischen Ansiedlers ist. Man erfuhr eben nur, daß das Geschöpf im Wasser lebe und von den Eingeborenen eifrig gejagt werde, weil es einen schmackhaften Braten liefere. "Die Neuholländer," so erzählt einer der ersten Bericht- erstatter, "sitzen mit kleinen Speeren bewaffnet am Ufer und lauern, bis ein solches Thier auftaucht. Ersehen sie dann eine Gelegenheit, so werfen sie den Spieß mit großer Geschicklichkeit nach ihrem Wildpret und fangen es ganz geschickt auf diese Weise. Oft sitzt ein Eingeborener eine volle Stunde auf der Lauer, ehe er den Versuch macht, ein Schnabelthier zu spießen; dann aber durchbohrt er immer mit sicherem Wurfe den Körper."
Nun kamen eine Menge von Fabeln, welche zum Theil den Berichten der Eingeborenen ihre Ent- stehung verdankten. Man sagte, daß das Schnabelthier Eier lege und diese nach Entenart aus- brüte; man sprach von den giftigen Wirkungen des Sporen, welchen das Männchen am Hinterfuße trägt, wußte aber im übrigen so gut als gar Nichts mitzutheilen: und so hatte jener englische Natur- forscher Ursache genug, durch eigene Anschauung die Sache aufzuklären. Er reiste also zuerst im Jahre 1832 und dann noch ein Mal 1858 nach Australien, und theilte dann seine Erfahrungen erst in einer gelehrten englischen Zeitschrift und vor vier Jahren (1860) in einem ganz besonderen Werke, in seinen "Gatherings of a Naturalist" sehr ausführlich mit. Seine Arbeit ist bisjetzt die einzige sichere Quelle über die Lebensweise des Schnabelthieres, und deshalb muß ich sie unserer Schilderung zu Grunde legen.
Die Kloaken- oder Gabelthiere. — Das Schnabelthier.
Eines Tages unterließ es ſeine gewöhnliche Luſtwandelung; Garnot zog es deshalb aus ſeinem Winkel hervor und rüttelte es derb. Es zeigte ſo ſchwache Bewegungen, daß er glaubte, es würde ſterben; daher trug er es in die Sonne, rieb ihm den Bauch mit einem warmen Tuche und ſiehe da, es erholte ſich wieder und bekam nach und nach ſeine frühere Munterkeit zurück. Einige Zeit darauf blieb es 48, ſpäter 72 und zuletzt ſogar 80 Stunden hinter einander liegen; allein man kannte es nun und ſtörte es nicht mehr in ſeinem Schlafe. Weckte man es auf, ſo wiederholte ſich derſelbe Vorgang, wie das erſte Mal, und es erhielt ſeine Munterkeit nur, wenn es ſelbſt aufwachte. Manch- mal lief es auch des Nachts umher, aber ſo ſtill, daß man es nicht bemerkt haben würde, wenn es nicht ab und zu an den Füßen geſchüffelt hätte.
Junge Ameiſenigel wurden leicht mit Milch erhalten; wenn ſie aber heranwuchſen und die Stacheln ſich aufzurichten begannen, verlangten ſie eine ſtoffreichere Nahrung. Man mußte ſie dann ab und zu einen Beſuch an einem Ameiſenhaufen machen laſſen, oder ihnen hart gekochtes, ſehr fein ge- riebenes Eidotter mit dem nöthigen Zuſatz von Sand geben, um ſie bei vollem Wohlſein zu erhalten. Mit ſolcher Koſt gediehen alle ſehr gut.
Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß wir dieſe Thiere noch einmal lebend in Europa zu ſehen bekom- men, da ja die Winterſchläfer ſich vortrefflich eignen, auf weite Strecken hingeführt zu werden.
Die Eingeborenen nennen den Ameiſenigel Nikobejan, Janokumbine und Cogera; die Anſiedler ohne weiteres „Jgel‟. Manche Auſtralier braten das Thier in ſeinem Felle, wie die Zigeuner unſeren Jgel, und eſſen es; aber auch die Europäer verſichern, daß ein ſo zubereiteter Ameiſenigel vortreffliche Speiſe gebe. Hierin beruht der einzige Nutzen, welchen der Ameiſenigel dem Menſchen bringen kann.
Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus) iſt der einzige bekannte Vertreter der zweiten Familie unſerer Ordnung. Wir verdanken dem engliſchen Naturforſcher Bennett die beſte Schilderung dieſes in der That „auffallenden‟ Geſchöpfes, welches noch lange nach ſeiner Entdeckung Forſcher und Laien gleich beſchäftigte. Geſtalt und Lebensweiſe erſchienen ſo ſeltſam, daß Bennett blos zu dem Zwecke nach Neuholland reiſte, um das Thier kennen zu lernen. Bis dahin waren nur unbeſtimmte Nachrichten zu uns gekommen. Die Lebensweiſe mußte um ſo länger unaufgeklärt bleiben, als Beobachten natürlich nicht gerade Sache jedes neuholländiſchen Anſiedlers iſt. Man erfuhr eben nur, daß das Geſchöpf im Waſſer lebe und von den Eingeborenen eifrig gejagt werde, weil es einen ſchmackhaften Braten liefere. „Die Neuholländer,‟ ſo erzählt einer der erſten Bericht- erſtatter, „ſitzen mit kleinen Speeren bewaffnet am Ufer und lauern, bis ein ſolches Thier auftaucht. Erſehen ſie dann eine Gelegenheit, ſo werfen ſie den Spieß mit großer Geſchicklichkeit nach ihrem Wildpret und fangen es ganz geſchickt auf dieſe Weiſe. Oft ſitzt ein Eingeborener eine volle Stunde auf der Lauer, ehe er den Verſuch macht, ein Schnabelthier zu ſpießen; dann aber durchbohrt er immer mit ſicherem Wurfe den Körper.‟
Nun kamen eine Menge von Fabeln, welche zum Theil den Berichten der Eingeborenen ihre Ent- ſtehung verdankten. Man ſagte, daß das Schnabelthier Eier lege und dieſe nach Entenart aus- brüte; man ſprach von den giftigen Wirkungen des Sporen, welchen das Männchen am Hinterfuße trägt, wußte aber im übrigen ſo gut als gar Nichts mitzutheilen: und ſo hatte jener engliſche Natur- forſcher Urſache genug, durch eigene Anſchauung die Sache aufzuklären. Er reiſte alſo zuerſt im Jahre 1832 und dann noch ein Mal 1858 nach Auſtralien, und theilte dann ſeine Erfahrungen erſt in einer gelehrten engliſchen Zeitſchrift und vor vier Jahren (1860) in einem ganz beſonderen Werke, in ſeinen „Gatherings of a Naturalist‟ ſehr ausführlich mit. Seine Arbeit iſt bisjetzt die einzige ſichere Quelle über die Lebensweiſe des Schnabelthieres, und deshalb muß ich ſie unſerer Schilderung zu Grunde legen.
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Die Kloaken- oder Gabelthiere. — Das Schnabelthier.
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ſterben; daher trug er es in die Sonne, rieb ihm den Bauch mit einem warmen Tuche und ſiehe da,
es erholte ſich wieder und bekam nach und nach ſeine frühere Munterkeit zurück. Einige Zeit darauf
blieb es 48, ſpäter 72 und zuletzt ſogar 80 Stunden hinter einander liegen; allein man kannte es
nun und ſtörte es nicht mehr in ſeinem Schlafe. Weckte man es auf, ſo wiederholte ſich derſelbe
Vorgang, wie das erſte Mal, und es erhielt ſeine Munterkeit nur, wenn es ſelbſt aufwachte. Manch-
mal lief es auch des Nachts umher, aber ſo ſtill, daß man es nicht bemerkt haben würde, wenn es
nicht ab und zu an den Füßen geſchüffelt hätte.
Junge Ameiſenigel wurden leicht mit Milch erhalten; wenn ſie aber heranwuchſen und die
Stacheln ſich aufzurichten begannen, verlangten ſie eine ſtoffreichere Nahrung. Man mußte ſie dann
ab und zu einen Beſuch an einem Ameiſenhaufen machen laſſen, oder ihnen hart gekochtes, ſehr fein ge-
riebenes Eidotter mit dem nöthigen Zuſatz von Sand geben, um ſie bei vollem Wohlſein zu erhalten.
Mit ſolcher Koſt gediehen alle ſehr gut.
Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß wir dieſe Thiere noch einmal lebend in Europa zu ſehen bekom-
men, da ja die Winterſchläfer ſich vortrefflich eignen, auf weite Strecken hingeführt zu werden.
Die Eingeborenen nennen den Ameiſenigel Nikobejan, Janokumbine und Cogera; die
Anſiedler ohne weiteres „Jgel‟. Manche Auſtralier braten das Thier in ſeinem Felle, wie die
Zigeuner unſeren Jgel, und eſſen es; aber auch die Europäer verſichern, daß ein ſo zubereiteter
Ameiſenigel vortreffliche Speiſe gebe. Hierin beruht der einzige Nutzen, welchen der Ameiſenigel dem
Menſchen bringen kann.
Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus) iſt der einzige bekannte Vertreter der
zweiten Familie unſerer Ordnung. Wir verdanken dem engliſchen Naturforſcher Bennett die beſte
Schilderung dieſes in der That „auffallenden‟ Geſchöpfes, welches noch lange nach ſeiner Entdeckung
Forſcher und Laien gleich beſchäftigte. Geſtalt und Lebensweiſe erſchienen ſo ſeltſam, daß Bennett
blos zu dem Zwecke nach Neuholland reiſte, um das Thier kennen zu lernen. Bis dahin waren nur
unbeſtimmte Nachrichten zu uns gekommen. Die Lebensweiſe mußte um ſo länger unaufgeklärt
bleiben, als Beobachten natürlich nicht gerade Sache jedes neuholländiſchen Anſiedlers iſt. Man
erfuhr eben nur, daß das Geſchöpf im Waſſer lebe und von den Eingeborenen eifrig gejagt werde,
weil es einen ſchmackhaften Braten liefere. „Die Neuholländer,‟ ſo erzählt einer der erſten Bericht-
erſtatter, „ſitzen mit kleinen Speeren bewaffnet am Ufer und lauern, bis ein ſolches Thier auftaucht.
Erſehen ſie dann eine Gelegenheit, ſo werfen ſie den Spieß mit großer Geſchicklichkeit nach ihrem
Wildpret und fangen es ganz geſchickt auf dieſe Weiſe. Oft ſitzt ein Eingeborener eine volle Stunde
auf der Lauer, ehe er den Verſuch macht, ein Schnabelthier zu ſpießen; dann aber durchbohrt er
immer mit ſicherem Wurfe den Körper.‟
Nun kamen eine Menge von Fabeln, welche zum Theil den Berichten der Eingeborenen ihre Ent-
ſtehung verdankten. Man ſagte, daß das Schnabelthier Eier lege und dieſe nach Entenart aus-
brüte; man ſprach von den giftigen Wirkungen des Sporen, welchen das Männchen am Hinterfuße
trägt, wußte aber im übrigen ſo gut als gar Nichts mitzutheilen: und ſo hatte jener engliſche Natur-
forſcher Urſache genug, durch eigene Anſchauung die Sache aufzuklären. Er reiſte alſo zuerſt im
Jahre 1832 und dann noch ein Mal 1858 nach Auſtralien, und theilte dann ſeine Erfahrungen erſt in
einer gelehrten engliſchen Zeitſchrift und vor vier Jahren (1860) in einem ganz beſonderen
Werke, in ſeinen „Gatherings of a Naturalist‟ ſehr ausführlich mit. Seine Arbeit iſt bisjetzt die
einzige ſichere Quelle über die Lebensweiſe des Schnabelthieres, und deshalb muß ich ſie unſerer
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/342>, abgerufen am 23.11.2024.
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