Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.Einhufer. -- Mustangs. bungen bekannt. Sie beriechen Alles, was ihnen fremd erscheint. Durch diesen Sinn lenken sieihren Reiter, das Reitzeug, den Schoppen, wo sie gesattelt werden etc., kennen, durch ihn wissen sie in sumpfigen Gegenden die bodenlosen Stellen auszumitteln, durch ihn finden sie in dunkler Nacht oder bei dichtem Nebel den Weg nach ihrem Wohnorte oder nach ihrer Weide. Gute Pferde beriechen ihren Reiter im Augenblick, wo er aufsteigt, und ich habe solche gesehen, welche denselben gar nicht aufsteigen ließen oder sich seiner Leitung widersetzten, wenn er nicht einen Poncho oder Mantel mit sich führte, wie ihn die Landleute, welche die Pferde bändigen und zureiten, immer tragen. Falls sie durch den Anblick irgend eines Gegenstandes erschreckt werden, bändigt man sie am leichtesten, wenn man denselben von ihnen beriechen läßt. Auf größere Entfernung hin wittern sie freilich nicht. Jch habe selten ein Pferd gesehen, welches einen Jaguar auf funfzig und noch weniger Schritte ge- [Abbildung]
Mustangs. wittert hätte. Sie machen daher in den bewohnten Gegenden von Paraguay die häufigste Beutedieses Raubthieres aus. Wenn in trockenen Jahren die Quellen, aus denen sie zu trinken gewohnt sind, versiegen, kommen sie eher vor Durst um, als daß sie andere aufsuchten, während das Hornvieh dem Wasser oft 5 bis 10 Stunden weit nachgeht. Der Geschmack ist bei ihnen verschieden; einige gewöhnen sich leicht an das Stallfutter und lernen allerlei Früchte und selbst an der Sonne getrock- netes Fleisch fressen, andere verhungern lieber, ehe sie außer dem gemeinen Grase eine andere Nah- rung berühren. Das Gefühl ist durch ihr Leben unter freiem Himmel, durch die Qual, welche Mücken und Bremsen ihnen zufügen, von Jugend auf sehr abgestumpft." "Das paraguanische Pferd ist gewöhnlich gutartig; es wird aber oft durch gewaltsame Handlung Einhufer. — Muſtangs. bungen bekannt. Sie beriechen Alles, was ihnen fremd erſcheint. Durch dieſen Sinn lenken ſieihren Reiter, das Reitzeug, den Schoppen, wo ſie geſattelt werden ꝛc., kennen, durch ihn wiſſen ſie in ſumpfigen Gegenden die bodenloſen Stellen auszumitteln, durch ihn finden ſie in dunkler Nacht oder bei dichtem Nebel den Weg nach ihrem Wohnorte oder nach ihrer Weide. Gute Pferde beriechen ihren Reiter im Augenblick, wo er aufſteigt, und ich habe ſolche geſehen, welche denſelben gar nicht aufſteigen ließen oder ſich ſeiner Leitung widerſetzten, wenn er nicht einen Poncho oder Mantel mit ſich führte, wie ihn die Landleute, welche die Pferde bändigen und zureiten, immer tragen. Falls ſie durch den Anblick irgend eines Gegenſtandes erſchreckt werden, bändigt man ſie am leichteſten, wenn man denſelben von ihnen beriechen läßt. Auf größere Entfernung hin wittern ſie freilich nicht. Jch habe ſelten ein Pferd geſehen, welches einen Jaguar auf funfzig und noch weniger Schritte ge- [Abbildung]
Muſtangs. wittert hätte. Sie machen daher in den bewohnten Gegenden von Paraguay die häufigſte Beutedieſes Raubthieres aus. Wenn in trockenen Jahren die Quellen, aus denen ſie zu trinken gewohnt ſind, verſiegen, kommen ſie eher vor Durſt um, als daß ſie andere aufſuchten, während das Hornvieh dem Waſſer oft 5 bis 10 Stunden weit nachgeht. Der Geſchmack iſt bei ihnen verſchieden; einige gewöhnen ſich leicht an das Stallfutter und lernen allerlei Früchte und ſelbſt an der Sonne getrock- netes Fleiſch freſſen, andere verhungern lieber, ehe ſie außer dem gemeinen Graſe eine andere Nah- rung berühren. Das Gefühl iſt durch ihr Leben unter freiem Himmel, durch die Qual, welche Mücken und Bremſen ihnen zufügen, von Jugend auf ſehr abgeſtumpft.‟ „Das paraguaniſche Pferd iſt gewöhnlich gutartig; es wird aber oft durch gewaltſame Handlung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0360" n="340"/><fw place="top" type="header">Einhufer. — Muſtangs.</fw><lb/> bungen bekannt. Sie beriechen Alles, was ihnen fremd erſcheint. Durch dieſen Sinn lenken ſie<lb/> ihren Reiter, das Reitzeug, den Schoppen, wo ſie geſattelt werden ꝛc., kennen, durch ihn wiſſen<lb/> ſie in ſumpfigen Gegenden die bodenloſen Stellen auszumitteln, durch ihn finden ſie in dunkler Nacht<lb/> oder bei dichtem Nebel den Weg nach ihrem Wohnorte oder nach ihrer Weide. Gute Pferde beriechen<lb/> ihren Reiter im Augenblick, wo er aufſteigt, und ich habe ſolche geſehen, welche denſelben gar nicht<lb/> aufſteigen ließen oder ſich ſeiner Leitung widerſetzten, wenn er nicht einen <hi rendition="#g">Poncho</hi> oder Mantel mit<lb/> ſich führte, wie ihn die Landleute, welche die Pferde bändigen und zureiten, immer tragen. Falls<lb/> ſie durch den Anblick irgend eines Gegenſtandes erſchreckt werden, bändigt man ſie am leichteſten,<lb/> wenn man denſelben von ihnen beriechen läßt. Auf größere Entfernung hin wittern ſie freilich nicht.<lb/> Jch habe ſelten ein Pferd geſehen, welches einen Jaguar auf funfzig und noch weniger Schritte ge-<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Muſtangs.</hi></hi></head></figure><lb/> wittert hätte. Sie machen daher in den bewohnten Gegenden von Paraguay die häufigſte Beute<lb/> dieſes Raubthieres aus. Wenn in trockenen Jahren die Quellen, aus denen ſie zu trinken gewohnt<lb/> ſind, verſiegen, kommen ſie eher vor Durſt um, als daß ſie andere aufſuchten, während das Hornvieh<lb/> dem Waſſer oft 5 bis 10 Stunden weit nachgeht. Der Geſchmack iſt bei ihnen verſchieden; einige<lb/> gewöhnen ſich leicht an das Stallfutter und lernen allerlei Früchte und ſelbſt an der Sonne getrock-<lb/> netes Fleiſch freſſen, andere verhungern lieber, ehe ſie außer dem gemeinen Graſe eine andere Nah-<lb/> rung berühren. Das Gefühl iſt durch ihr Leben unter freiem Himmel, durch die Qual, welche<lb/> Mücken und Bremſen ihnen zufügen, von Jugend auf ſehr abgeſtumpft.‟</p><lb/> <p>„Das paraguaniſche Pferd iſt gewöhnlich gutartig; es wird aber oft durch gewaltſame Handlung<lb/> bei der Bändigung verdorben. Wenn nämlich das Pferd ein Alter von 4 bis 5 Jahren erreicht hat,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [340/0360]
Einhufer. — Muſtangs.
bungen bekannt. Sie beriechen Alles, was ihnen fremd erſcheint. Durch dieſen Sinn lenken ſie
ihren Reiter, das Reitzeug, den Schoppen, wo ſie geſattelt werden ꝛc., kennen, durch ihn wiſſen
ſie in ſumpfigen Gegenden die bodenloſen Stellen auszumitteln, durch ihn finden ſie in dunkler Nacht
oder bei dichtem Nebel den Weg nach ihrem Wohnorte oder nach ihrer Weide. Gute Pferde beriechen
ihren Reiter im Augenblick, wo er aufſteigt, und ich habe ſolche geſehen, welche denſelben gar nicht
aufſteigen ließen oder ſich ſeiner Leitung widerſetzten, wenn er nicht einen Poncho oder Mantel mit
ſich führte, wie ihn die Landleute, welche die Pferde bändigen und zureiten, immer tragen. Falls
ſie durch den Anblick irgend eines Gegenſtandes erſchreckt werden, bändigt man ſie am leichteſten,
wenn man denſelben von ihnen beriechen läßt. Auf größere Entfernung hin wittern ſie freilich nicht.
Jch habe ſelten ein Pferd geſehen, welches einen Jaguar auf funfzig und noch weniger Schritte ge-
[Abbildung Muſtangs.]
wittert hätte. Sie machen daher in den bewohnten Gegenden von Paraguay die häufigſte Beute
dieſes Raubthieres aus. Wenn in trockenen Jahren die Quellen, aus denen ſie zu trinken gewohnt
ſind, verſiegen, kommen ſie eher vor Durſt um, als daß ſie andere aufſuchten, während das Hornvieh
dem Waſſer oft 5 bis 10 Stunden weit nachgeht. Der Geſchmack iſt bei ihnen verſchieden; einige
gewöhnen ſich leicht an das Stallfutter und lernen allerlei Früchte und ſelbſt an der Sonne getrock-
netes Fleiſch freſſen, andere verhungern lieber, ehe ſie außer dem gemeinen Graſe eine andere Nah-
rung berühren. Das Gefühl iſt durch ihr Leben unter freiem Himmel, durch die Qual, welche
Mücken und Bremſen ihnen zufügen, von Jugend auf ſehr abgeſtumpft.‟
„Das paraguaniſche Pferd iſt gewöhnlich gutartig; es wird aber oft durch gewaltſame Handlung
bei der Bändigung verdorben. Wenn nämlich das Pferd ein Alter von 4 bis 5 Jahren erreicht hat,
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