ähnliche Gegenden bewohnt, reicht weiter nach Norden herab, wahrscheinlich bis in die Steppen zwischen dem Gleicher und dem zehnten oder zwölften Grade nördlicher Breite; das Zebra endlich lebt ausschließlich in Gebirgsgegenden des südlichen und östlichen Afrika vom Kap bis nach Abis- sinien hin.
Alle drei Arten halten in ziemlich starken Herden zusammen. Die Reisenden sahen sie zu zehn, zwanzig, dreißig Stücken vereinigt; ältere Beobachter sprechen auch von Herden, welche ihrer 80 bis 100 zählten. Jmmer sieht man jede einzelne Art für sich allein; nicht einmal das Quagga und der Dauw, welche nicht nur die gleichen Länder, sondern auch die gleichen Gegenden bewohnen, vereinigen sich. Vielleicht fürchtet ein Tigerpferd das andere; denn vor anderen Thieren scheut es sich nicht. So geben alle genaueren Beobachter übereinstimmend an, daß man zwischen den Quagga- herden fast regelmäßig Spring- und Buntböcke, Gnus und Strauße findet; zumal die letz- teren sollen die beständigen Begleiter der Pferde sein, jedenfalls deshalb, weil diese aus der Wach- samkeit und Vorsicht jener Riesenvögel den besten Vortheil zu ziehen wissen. Derartige Freund- schaften gewisser Thiere mit scheueren, klügeren sind gar nichts Seltenes; unter der Klasse der Vögel kommen sie sehr häufig vor. Die wachsamsten Mitglieder solcher gemischten Gesellschaften geben dann immer den Ton an; solange sie sich ruhig verhalten, bekümmert sich das ganze übrige Heer um nichts Anderes, als um ihre Ernährung oder ihren Zeitvertreib; sobald jene aber stutzig werden, erregen sie die Aufmerksamkeit der Gesammtheit, und wenn sie die Flucht ergreifen, folgt Alles ihnen nach. Bisjetzt hat man nur bei dem Quagga diese Freundschaften beobachtet; doch ist es gar nicht unwahr- scheinlich, daß auch die übrigen Arten den Warnungen anderer Thiere folgen, und sie als ihre Hüter und Wächter betrachten. Gewöhnlich laufen die alten und jungen Tigerpferde mit einander; zuweilen aber, wahrscheinlich um die Zeit der Paarung, sind alte und junge getrennt.
Alle Tigerpferde sind ungemein schnelle, flüchtige Thiere. Sie jagen mit Windeseile dahin, über die Ebene sowohl, als über die Berge; denn das Zebra klettert vortrefflich. Jhre Scheu und Wachsamkeit ist sehr groß. Bei annähernder Gefahr ergreifen sie im schnellsten Trabe die Flucht, und gewöhnlich sind sie nach wenigen Minuten aller Verfolgung entrückt. Ein gutes Jagdpferd ver- mag sie auf günstigem Boden einzuholen, doch immer nur nach längerer Hatze. Man erzählt, daß die jungen Quaggas, wenn es dem Verfolger gelingt, mit dem Pferde in die Herde zu sprengen und die Fohlen von den Müttern zu trennen, sich willig gefangen geben und zugleich dem Pferde nachfolgen, wie früher der eigenen Mutter. Es scheint überhaupt zwischen den Tiger- pferden und den einhufigen Hausthieren eine gewisse Freundschaft zu bestehen: das Quagga wenig- stens folgt gar nicht selten dem Vieh der Reisenden und weidet ruhig unter ihm. Jn ihrer Nahrung sind die Tigerpferde nicht besonders wählerisch; doch besitzen sie nicht die Anspruchslosigkeit der Esel. Jhre reiche Heimat bietet ihnen fast das ganze Jahr hindurch genug zu ihrem Unterhalte, und wenn die Nahrung an einem Orte ausgeht, suchen sie andere günstige Stellen auf. So unternimmt das Dauw, wie die übrigen in Herden lebenden Thiere Südafrikas, zeitweilige Wanderungen, wenn die Trockenheit in jenen wüstenartigen Strecken, welche seinen bevorzugten Aufenthalt ausmachten, alles Grün vernichtet hat. Man hat mehrfach beobachtet, daß es dann im Freien mit verschiedenen Antilopen das bebaute Land besucht und, plündernd und raubend, den Ansiedlern lästig wird. Mit der beginnenden Regenzeit verläßt es jedoch freiwillig die bewohnten Gegenden, in denen es so viele Verfolgungen oder wenigstens Störungen erleiden muß, und wendet sich wieder seinen alten Weideplätzen zu. -- Die Stimme der Tigerpferde erinnert noch einigermaßen an das Wiehern des Pferdes und auch an das Röhren des Esels, ist aber von beiden doch sehr verschieden. Nach der Cuvier'schen Beschreibung stößt das Quagga wohl zwanzig Mal hinter einander die Silben "Oa, Oa" aus, andere Reisende geben sie durch "Qua, Qua" oder "Quaha" wieder, und erklären uns hierdurch zugleich den hottentottischen Namen. Ueber die Stimme des Dauw finde ich keine Angabe; ich selbst aber habe die Thiere nur kurze Zeit beobachten und eigene Erfahrungen nicht sam- meln können.
Burchell’s Tigerpferd.
ähnliche Gegenden bewohnt, reicht weiter nach Norden herab, wahrſcheinlich bis in die Steppen zwiſchen dem Gleicher und dem zehnten oder zwölften Grade nördlicher Breite; das Zebra endlich lebt ausſchließlich in Gebirgsgegenden des ſüdlichen und öſtlichen Afrika vom Kap bis nach Abiſ- ſinien hin.
Alle drei Arten halten in ziemlich ſtarken Herden zuſammen. Die Reiſenden ſahen ſie zu zehn, zwanzig, dreißig Stücken vereinigt; ältere Beobachter ſprechen auch von Herden, welche ihrer 80 bis 100 zählten. Jmmer ſieht man jede einzelne Art für ſich allein; nicht einmal das Quagga und der Dauw, welche nicht nur die gleichen Länder, ſondern auch die gleichen Gegenden bewohnen, vereinigen ſich. Vielleicht fürchtet ein Tigerpferd das andere; denn vor anderen Thieren ſcheut es ſich nicht. So geben alle genaueren Beobachter übereinſtimmend an, daß man zwiſchen den Quagga- herden faſt regelmäßig Spring- und Buntböcke, Gnus und Strauße findet; zumal die letz- teren ſollen die beſtändigen Begleiter der Pferde ſein, jedenfalls deshalb, weil dieſe aus der Wach- ſamkeit und Vorſicht jener Rieſenvögel den beſten Vortheil zu ziehen wiſſen. Derartige Freund- ſchaften gewiſſer Thiere mit ſcheueren, klügeren ſind gar nichts Seltenes; unter der Klaſſe der Vögel kommen ſie ſehr häufig vor. Die wachſamſten Mitglieder ſolcher gemiſchten Geſellſchaften geben dann immer den Ton an; ſolange ſie ſich ruhig verhalten, bekümmert ſich das ganze übrige Heer um nichts Anderes, als um ihre Ernährung oder ihren Zeitvertreib; ſobald jene aber ſtutzig werden, erregen ſie die Aufmerkſamkeit der Geſammtheit, und wenn ſie die Flucht ergreifen, folgt Alles ihnen nach. Bisjetzt hat man nur bei dem Quagga dieſe Freundſchaften beobachtet; doch iſt es gar nicht unwahr- ſcheinlich, daß auch die übrigen Arten den Warnungen anderer Thiere folgen, und ſie als ihre Hüter und Wächter betrachten. Gewöhnlich laufen die alten und jungen Tigerpferde mit einander; zuweilen aber, wahrſcheinlich um die Zeit der Paarung, ſind alte und junge getrennt.
Alle Tigerpferde ſind ungemein ſchnelle, flüchtige Thiere. Sie jagen mit Windeseile dahin, über die Ebene ſowohl, als über die Berge; denn das Zebra klettert vortrefflich. Jhre Scheu und Wachſamkeit iſt ſehr groß. Bei annähernder Gefahr ergreifen ſie im ſchnellſten Trabe die Flucht, und gewöhnlich ſind ſie nach wenigen Minuten aller Verfolgung entrückt. Ein gutes Jagdpferd ver- mag ſie auf günſtigem Boden einzuholen, doch immer nur nach längerer Hatze. Man erzählt, daß die jungen Quaggas, wenn es dem Verfolger gelingt, mit dem Pferde in die Herde zu ſprengen und die Fohlen von den Müttern zu trennen, ſich willig gefangen geben und zugleich dem Pferde nachfolgen, wie früher der eigenen Mutter. Es ſcheint überhaupt zwiſchen den Tiger- pferden und den einhufigen Hausthieren eine gewiſſe Freundſchaft zu beſtehen: das Quagga wenig- ſtens folgt gar nicht ſelten dem Vieh der Reiſenden und weidet ruhig unter ihm. Jn ihrer Nahrung ſind die Tigerpferde nicht beſonders wähleriſch; doch beſitzen ſie nicht die Anſpruchsloſigkeit der Eſel. Jhre reiche Heimat bietet ihnen faſt das ganze Jahr hindurch genug zu ihrem Unterhalte, und wenn die Nahrung an einem Orte ausgeht, ſuchen ſie andere günſtige Stellen auf. So unternimmt das Dauw, wie die übrigen in Herden lebenden Thiere Südafrikas, zeitweilige Wanderungen, wenn die Trockenheit in jenen wüſtenartigen Strecken, welche ſeinen bevorzugten Aufenthalt ausmachten, alles Grün vernichtet hat. Man hat mehrfach beobachtet, daß es dann im Freien mit verſchiedenen Antilopen das bebaute Land beſucht und, plündernd und raubend, den Anſiedlern läſtig wird. Mit der beginnenden Regenzeit verläßt es jedoch freiwillig die bewohnten Gegenden, in denen es ſo viele Verfolgungen oder wenigſtens Störungen erleiden muß, und wendet ſich wieder ſeinen alten Weideplätzen zu. — Die Stimme der Tigerpferde erinnert noch einigermaßen an das Wiehern des Pferdes und auch an das Röhren des Eſels, iſt aber von beiden doch ſehr verſchieden. Nach der Cuvier’ſchen Beſchreibung ſtößt das Quagga wohl zwanzig Mal hinter einander die Silben „Oa, Oa‟ aus, andere Reiſende geben ſie durch „Qua, Qua‟ oder „Quaha‟ wieder, und erklären uns hierdurch zugleich den hottentottiſchen Namen. Ueber die Stimme des Dauw finde ich keine Angabe; ich ſelbſt aber habe die Thiere nur kurze Zeit beobachten und eigene Erfahrungen nicht ſam- meln können.
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[377/0401]
Burchell’s Tigerpferd.
ähnliche Gegenden bewohnt, reicht weiter nach Norden herab, wahrſcheinlich bis in die Steppen
zwiſchen dem Gleicher und dem zehnten oder zwölften Grade nördlicher Breite; das Zebra endlich
lebt ausſchließlich in Gebirgsgegenden des ſüdlichen und öſtlichen Afrika vom Kap bis nach Abiſ-
ſinien hin.
Alle drei Arten halten in ziemlich ſtarken Herden zuſammen. Die Reiſenden ſahen ſie zu
zehn, zwanzig, dreißig Stücken vereinigt; ältere Beobachter ſprechen auch von Herden, welche ihrer
80 bis 100 zählten. Jmmer ſieht man jede einzelne Art für ſich allein; nicht einmal das Quagga
und der Dauw, welche nicht nur die gleichen Länder, ſondern auch die gleichen Gegenden bewohnen,
vereinigen ſich. Vielleicht fürchtet ein Tigerpferd das andere; denn vor anderen Thieren ſcheut es
ſich nicht. So geben alle genaueren Beobachter übereinſtimmend an, daß man zwiſchen den Quagga-
herden faſt regelmäßig Spring- und Buntböcke, Gnus und Strauße findet; zumal die letz-
teren ſollen die beſtändigen Begleiter der Pferde ſein, jedenfalls deshalb, weil dieſe aus der Wach-
ſamkeit und Vorſicht jener Rieſenvögel den beſten Vortheil zu ziehen wiſſen. Derartige Freund-
ſchaften gewiſſer Thiere mit ſcheueren, klügeren ſind gar nichts Seltenes; unter der Klaſſe der Vögel
kommen ſie ſehr häufig vor. Die wachſamſten Mitglieder ſolcher gemiſchten Geſellſchaften geben dann
immer den Ton an; ſolange ſie ſich ruhig verhalten, bekümmert ſich das ganze übrige Heer um nichts
Anderes, als um ihre Ernährung oder ihren Zeitvertreib; ſobald jene aber ſtutzig werden, erregen ſie
die Aufmerkſamkeit der Geſammtheit, und wenn ſie die Flucht ergreifen, folgt Alles ihnen nach.
Bisjetzt hat man nur bei dem Quagga dieſe Freundſchaften beobachtet; doch iſt es gar nicht unwahr-
ſcheinlich, daß auch die übrigen Arten den Warnungen anderer Thiere folgen, und ſie als ihre Hüter
und Wächter betrachten. Gewöhnlich laufen die alten und jungen Tigerpferde mit einander; zuweilen
aber, wahrſcheinlich um die Zeit der Paarung, ſind alte und junge getrennt.
Alle Tigerpferde ſind ungemein ſchnelle, flüchtige Thiere. Sie jagen mit Windeseile dahin,
über die Ebene ſowohl, als über die Berge; denn das Zebra klettert vortrefflich. Jhre Scheu und
Wachſamkeit iſt ſehr groß. Bei annähernder Gefahr ergreifen ſie im ſchnellſten Trabe die Flucht,
und gewöhnlich ſind ſie nach wenigen Minuten aller Verfolgung entrückt. Ein gutes Jagdpferd ver-
mag ſie auf günſtigem Boden einzuholen, doch immer nur nach längerer Hatze. Man erzählt,
daß die jungen Quaggas, wenn es dem Verfolger gelingt, mit dem Pferde in die Herde zu
ſprengen und die Fohlen von den Müttern zu trennen, ſich willig gefangen geben und zugleich
dem Pferde nachfolgen, wie früher der eigenen Mutter. Es ſcheint überhaupt zwiſchen den Tiger-
pferden und den einhufigen Hausthieren eine gewiſſe Freundſchaft zu beſtehen: das Quagga wenig-
ſtens folgt gar nicht ſelten dem Vieh der Reiſenden und weidet ruhig unter ihm. Jn ihrer Nahrung
ſind die Tigerpferde nicht beſonders wähleriſch; doch beſitzen ſie nicht die Anſpruchsloſigkeit der Eſel.
Jhre reiche Heimat bietet ihnen faſt das ganze Jahr hindurch genug zu ihrem Unterhalte, und wenn
die Nahrung an einem Orte ausgeht, ſuchen ſie andere günſtige Stellen auf. So unternimmt das
Dauw, wie die übrigen in Herden lebenden Thiere Südafrikas, zeitweilige Wanderungen, wenn
die Trockenheit in jenen wüſtenartigen Strecken, welche ſeinen bevorzugten Aufenthalt ausmachten,
alles Grün vernichtet hat. Man hat mehrfach beobachtet, daß es dann im Freien mit verſchiedenen
Antilopen das bebaute Land beſucht und, plündernd und raubend, den Anſiedlern läſtig wird.
Mit der beginnenden Regenzeit verläßt es jedoch freiwillig die bewohnten Gegenden, in denen es ſo
viele Verfolgungen oder wenigſtens Störungen erleiden muß, und wendet ſich wieder ſeinen alten
Weideplätzen zu. — Die Stimme der Tigerpferde erinnert noch einigermaßen an das Wiehern des
Pferdes und auch an das Röhren des Eſels, iſt aber von beiden doch ſehr verſchieden. Nach der
Cuvier’ſchen Beſchreibung ſtößt das Quagga wohl zwanzig Mal hinter einander die Silben „Oa,
Oa‟ aus, andere Reiſende geben ſie durch „Qua, Qua‟ oder „Quaha‟ wieder, und erklären
uns hierdurch zugleich den hottentottiſchen Namen. Ueber die Stimme des Dauw finde ich keine
Angabe; ich ſelbſt aber habe die Thiere nur kurze Zeit beobachten und eigene Erfahrungen nicht ſam-
meln können.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/401>, abgerufen am 23.11.2024.
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