Schwanz los und stürzen vom Baume. Aber nur gewisse Leute besitzen die Eigenschaft, die Kuskus von den Bäumen "herabzusehen". Die Thiere springen von einem Baume zum anderen, wie die Eichhörnchen, und machen dann den Schwanz krumm wie einen Haken. Sie hängen sich an Zweige an, damit sie um so besser die Früchte erreichen können, welche sie fressen. Grüne Blätter, die äußere Schale der Canari-Nüsse, Pisang und andere saftige Früchte werden von ihnen gefressen. Dabei setzen sie sich wie die Eichhörnchen. Wenn sie auf der Erde herumgehen und überrascht werden, sind sie in einem Augenblicke auf dem Baume. Aengstigt man sie, so harnen sie vor Schrecken. Zwischen den Hinterfüßen befindet sich ein Beutel, worin zwei bis vier Junge aufbewahrt werden, welche so fest an den Saugwarzen hängen, daß beim Abreißen Blut fließt. Fast jedes Weibchen, welches man findet, hat Junge im Sacke; sie müssen mithin immer trächtig gehen."
Später berichten uns Lesson und Garnot, welche die Kusus in Neu-Jrland trafen: "Die Eingeborenen brachten täglich eine ganze Menge lebendig aus Schiff. Sie hatten ihnen die Beine ge- brochen und ein Stück Holz ins Maul gesteckt, wahrscheinlich um das Beißen zu verhindern. Jhren
[Abbildung]
Der gefleckte Kuskus (Cuscus maculatus).
Erzählungen nach verriethen sich die Thiere durch ihren Gestank und würden dann durch Anstarren mit den Augen gebannt, und wenn sie aus Ermüdung den Schwanz losließen und herunterfielen, ge- fangen. Die Eingeborenen sollen das fette Fleisch ungemein lieben; sie weiden die Gefangenen aus und braten sie mit Haut und Haaren auf Kohlen. Halsschnüre, Gürtel und Verzierungen der Waffen, oft von Klafterlänge, werden aus den Zähnen des Kuskus bereitet."
Quoy und Gaimard erzählen, daß der gefleckte Kuskus, welchen unsere Abbildung darstellt, in Jndien die Faulthiere Amerikas vorzustellen scheine. Er sei eben so stumpf und bringe den größten Theil seines Lebens in der Dunkelheit zu. Von dem Lichte belästigt, steckt er den Kopf zwischen die Beine und verändert diese Lage blos dann, wenn er fressen will; dabei beweist er eine große Begierde, so stumpf er sonst auch ist. Jn den Wäldern nähren sie sich von würzigen Früchten; in der Gefangenschaft fressen sie, wenn ihnen Pflanzennahrung mangelt, auch rohes Fleisch. Das Betragen in der Gefangenschaft ist ebensowenig angenehm, wie ihr Ansehen. Sie sind langsam und still, schläfrig und grämlich, fressen gierig und saufen sehr viel. Sie vertragen sich schlecht mit ihres Gleichen, wenigstens wenn man mehr als zwei in einen Käfig thut, hauen oft unter
Der gefleckte Kuskus.
Schwanz los und ſtürzen vom Baume. Aber nur gewiſſe Leute beſitzen die Eigenſchaft, die Kuskus von den Bäumen „herabzuſehen‟. Die Thiere ſpringen von einem Baume zum anderen, wie die Eichhörnchen, und machen dann den Schwanz krumm wie einen Haken. Sie hängen ſich an Zweige an, damit ſie um ſo beſſer die Früchte erreichen können, welche ſie freſſen. Grüne Blätter, die äußere Schale der Canari-Nüſſe, Piſang und andere ſaftige Früchte werden von ihnen gefreſſen. Dabei ſetzen ſie ſich wie die Eichhörnchen. Wenn ſie auf der Erde herumgehen und überraſcht werden, ſind ſie in einem Augenblicke auf dem Baume. Aengſtigt man ſie, ſo harnen ſie vor Schrecken. Zwiſchen den Hinterfüßen befindet ſich ein Beutel, worin zwei bis vier Junge aufbewahrt werden, welche ſo feſt an den Saugwarzen hängen, daß beim Abreißen Blut fließt. Faſt jedes Weibchen, welches man findet, hat Junge im Sacke; ſie müſſen mithin immer trächtig gehen.‟
Später berichten uns Leſſon und Garnot, welche die Kuſus in Neu-Jrland trafen: „Die Eingeborenen brachten täglich eine ganze Menge lebendig aus Schiff. Sie hatten ihnen die Beine ge- brochen und ein Stück Holz ins Maul geſteckt, wahrſcheinlich um das Beißen zu verhindern. Jhren
[Abbildung]
Der gefleckte Kuskus (Cuscus maculatus).
Erzählungen nach verriethen ſich die Thiere durch ihren Geſtank und würden dann durch Anſtarren mit den Augen gebannt, und wenn ſie aus Ermüdung den Schwanz losließen und herunterfielen, ge- fangen. Die Eingeborenen ſollen das fette Fleiſch ungemein lieben; ſie weiden die Gefangenen aus und braten ſie mit Haut und Haaren auf Kohlen. Halsſchnüre, Gürtel und Verzierungen der Waffen, oft von Klafterlänge, werden aus den Zähnen des Kuskus bereitet.‟
Quoy und Gaimard erzählen, daß der gefleckte Kuskus, welchen unſere Abbildung darſtellt, in Jndien die Faulthiere Amerikas vorzuſtellen ſcheine. Er ſei eben ſo ſtumpf und bringe den größten Theil ſeines Lebens in der Dunkelheit zu. Von dem Lichte beläſtigt, ſteckt er den Kopf zwiſchen die Beine und verändert dieſe Lage blos dann, wenn er freſſen will; dabei beweiſt er eine große Begierde, ſo ſtumpf er ſonſt auch iſt. Jn den Wäldern nähren ſie ſich von würzigen Früchten; in der Gefangenſchaft freſſen ſie, wenn ihnen Pflanzennahrung mangelt, auch rohes Fleiſch. Das Betragen in der Gefangenſchaft iſt ebenſowenig angenehm, wie ihr Anſehen. Sie ſind langſam und ſtill, ſchläfrig und grämlich, freſſen gierig und ſaufen ſehr viel. Sie vertragen ſich ſchlecht mit ihres Gleichen, wenigſtens wenn man mehr als zwei in einen Käfig thut, hauen oft unter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0049"n="37"/><fwplace="top"type="header">Der gefleckte Kuskus.</fw><lb/>
Schwanz los und ſtürzen vom Baume. Aber nur gewiſſe Leute beſitzen die Eigenſchaft, die Kuskus<lb/>
von den Bäumen „herabzuſehen‟. Die Thiere ſpringen von einem Baume zum anderen, wie die<lb/>
Eichhörnchen, und machen dann den Schwanz krumm wie einen Haken. Sie hängen ſich an Zweige an,<lb/>
damit ſie um ſo beſſer die Früchte erreichen können, welche ſie freſſen. Grüne Blätter, die äußere<lb/>
Schale der Canari-Nüſſe, Piſang und andere ſaftige Früchte werden von ihnen gefreſſen. Dabei ſetzen<lb/>ſie ſich wie die Eichhörnchen. Wenn ſie auf der Erde herumgehen und überraſcht werden, ſind ſie in<lb/>
einem Augenblicke auf dem Baume. Aengſtigt man ſie, ſo harnen ſie vor Schrecken. Zwiſchen den<lb/>
Hinterfüßen befindet ſich ein Beutel, worin zwei bis vier Junge aufbewahrt werden, welche ſo feſt an<lb/>
den Saugwarzen hängen, daß beim Abreißen Blut fließt. Faſt jedes Weibchen, welches man findet,<lb/>
hat Junge im Sacke; ſie müſſen mithin immer trächtig gehen.‟</p><lb/><p>Später berichten uns <hirendition="#g">Leſſon</hi> und <hirendition="#g">Garnot,</hi> welche die Kuſus in Neu-Jrland trafen: „Die<lb/>
Eingeborenen brachten täglich eine ganze Menge lebendig aus Schiff. Sie hatten ihnen die Beine ge-<lb/>
brochen und ein Stück Holz ins Maul geſteckt, wahrſcheinlich um das Beißen zu verhindern. Jhren<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der gefleckte Kuskus</hi> (<hirendition="#aq">Cuscus maculatus</hi>).</hi></head></figure><lb/>
Erzählungen nach verriethen ſich die Thiere durch ihren Geſtank und würden dann durch Anſtarren<lb/>
mit den Augen gebannt, und wenn ſie aus Ermüdung den Schwanz losließen und herunterfielen, ge-<lb/>
fangen. Die Eingeborenen ſollen das fette Fleiſch ungemein lieben; ſie weiden die Gefangenen aus<lb/>
und braten ſie mit Haut und Haaren auf Kohlen. Halsſchnüre, Gürtel und Verzierungen der<lb/>
Waffen, oft von Klafterlänge, werden aus den Zähnen des Kuskus bereitet.‟</p><lb/><p><hirendition="#g">Quoy</hi> und <hirendition="#g">Gaimard</hi> erzählen, daß der gefleckte Kuskus, welchen unſere Abbildung darſtellt,<lb/>
in Jndien die Faulthiere Amerikas vorzuſtellen ſcheine. Er ſei eben ſo ſtumpf und bringe den<lb/>
größten Theil ſeines Lebens in der Dunkelheit zu. Von dem Lichte beläſtigt, ſteckt er den Kopf<lb/>
zwiſchen die Beine und verändert dieſe Lage blos dann, wenn er freſſen will; dabei beweiſt er eine<lb/>
große Begierde, ſo ſtumpf er ſonſt auch iſt. Jn den Wäldern nähren ſie ſich von würzigen Früchten;<lb/>
in der Gefangenſchaft freſſen ſie, wenn ihnen Pflanzennahrung mangelt, auch rohes Fleiſch. Das<lb/>
Betragen in der Gefangenſchaft iſt ebenſowenig angenehm, wie ihr Anſehen. Sie ſind langſam<lb/>
und ſtill, ſchläfrig und grämlich, freſſen gierig und ſaufen ſehr viel. Sie vertragen ſich ſchlecht<lb/>
mit ihres Gleichen, wenigſtens wenn man mehr als zwei in einen Käfig thut, hauen oft unter<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[37/0049]
Der gefleckte Kuskus.
Schwanz los und ſtürzen vom Baume. Aber nur gewiſſe Leute beſitzen die Eigenſchaft, die Kuskus
von den Bäumen „herabzuſehen‟. Die Thiere ſpringen von einem Baume zum anderen, wie die
Eichhörnchen, und machen dann den Schwanz krumm wie einen Haken. Sie hängen ſich an Zweige an,
damit ſie um ſo beſſer die Früchte erreichen können, welche ſie freſſen. Grüne Blätter, die äußere
Schale der Canari-Nüſſe, Piſang und andere ſaftige Früchte werden von ihnen gefreſſen. Dabei ſetzen
ſie ſich wie die Eichhörnchen. Wenn ſie auf der Erde herumgehen und überraſcht werden, ſind ſie in
einem Augenblicke auf dem Baume. Aengſtigt man ſie, ſo harnen ſie vor Schrecken. Zwiſchen den
Hinterfüßen befindet ſich ein Beutel, worin zwei bis vier Junge aufbewahrt werden, welche ſo feſt an
den Saugwarzen hängen, daß beim Abreißen Blut fließt. Faſt jedes Weibchen, welches man findet,
hat Junge im Sacke; ſie müſſen mithin immer trächtig gehen.‟
Später berichten uns Leſſon und Garnot, welche die Kuſus in Neu-Jrland trafen: „Die
Eingeborenen brachten täglich eine ganze Menge lebendig aus Schiff. Sie hatten ihnen die Beine ge-
brochen und ein Stück Holz ins Maul geſteckt, wahrſcheinlich um das Beißen zu verhindern. Jhren
[Abbildung Der gefleckte Kuskus (Cuscus maculatus).]
Erzählungen nach verriethen ſich die Thiere durch ihren Geſtank und würden dann durch Anſtarren
mit den Augen gebannt, und wenn ſie aus Ermüdung den Schwanz losließen und herunterfielen, ge-
fangen. Die Eingeborenen ſollen das fette Fleiſch ungemein lieben; ſie weiden die Gefangenen aus
und braten ſie mit Haut und Haaren auf Kohlen. Halsſchnüre, Gürtel und Verzierungen der
Waffen, oft von Klafterlänge, werden aus den Zähnen des Kuskus bereitet.‟
Quoy und Gaimard erzählen, daß der gefleckte Kuskus, welchen unſere Abbildung darſtellt,
in Jndien die Faulthiere Amerikas vorzuſtellen ſcheine. Er ſei eben ſo ſtumpf und bringe den
größten Theil ſeines Lebens in der Dunkelheit zu. Von dem Lichte beläſtigt, ſteckt er den Kopf
zwiſchen die Beine und verändert dieſe Lage blos dann, wenn er freſſen will; dabei beweiſt er eine
große Begierde, ſo ſtumpf er ſonſt auch iſt. Jn den Wäldern nähren ſie ſich von würzigen Früchten;
in der Gefangenſchaft freſſen ſie, wenn ihnen Pflanzennahrung mangelt, auch rohes Fleiſch. Das
Betragen in der Gefangenſchaft iſt ebenſowenig angenehm, wie ihr Anſehen. Sie ſind langſam
und ſtill, ſchläfrig und grämlich, freſſen gierig und ſaufen ſehr viel. Sie vertragen ſich ſchlecht
mit ihres Gleichen, wenigſtens wenn man mehr als zwei in einen Käfig thut, hauen oft unter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/49>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.