denn ergiebiger, als irgend eine andere Jagd, ist die mit den Windspielen der Steppe oder der Wüste. Sie fangen oft an einem einzigen Tag dreißig bis vierzig Stück des leckeren Wildes.
Auf die übrigen Fangarten, welche man hier oder da anwendet, einzugehen, würde ein vergeb- liches Unterfangen sein, weil jedes Volk seine eigenen Jagdweisen hat.
Außer dem Menschen stellen der erwachsenen Gazelle nur wenige Feinde nach: Jagdleopard, Steppen- und Wildhunde dürften die schlimmsten von ihnen sein.
Mit den Gazellen haben die Springböcke (Antidorcas) große Aehnlichkeit. Der Unterschied zwischen beiden besteht hauptsächlich darin, daß letzteren die Kniebüschel der ersteren fehlen. Das be- kannteste Thier dieser Gruppe ist der eigentliche Springbock, Prunk- oder Zugbock, Pronkbock, Treckbock (Antidorcas Euchore), welcher den Süden Afrikas in ungeheuren Herden bevölkert. Er erreicht etwa 21/2 Fuß Höhe, gegen 41/2 Fuß Länge und trägt leierförmig gekrümmte, schwarze, 20 bis 40 Mal geringelte Hörner. Die Ohren sind lang und spitzig, die Augen groß und dunkel- braun, lang, schwarz, bewimpert; das Haarkleid ist fein, oben von lebhaft zimmtbrauner Färbung, am Kopfe weiß mit dunkelbraunen Streifen von den Hörnern bis zum Mundwinkel, an der Unter- seite und dem Spiegel dagegen weiß; der sehr dünne Schwanz ist unten grau, oben weiß, an der Spitze schwarzgrau. Ein weißer Streifen verläuft über den Rücken. Er ist in sofern merkwürdig, als er bei schneller Bewegung des Thieres in eigenthümlicher Weise hervortritt. Die Haut scheint dort eine Falte zu bilden, welche bei schneller Bewegung geöffnet und geschlossen wird. So kommt bald der Streifen in größerer, bald in geringerer Breite hervor und ändert so die allgemeine Erschei- nung des Thieres wesentlich.
Alle Reisenden, welche den Süden Afrikas besuchten, sind einstimmig in der Bewunderung der ungeheuren Zahl, in welcher die Springböcke zuweilen auftreten.
Jm Norden des Kaplandes liegen, wie uns Steckensträfe berichtet, ausgedehnte, quellenlose Ebenen, in welchen der Mensch nur während der Regenzeit wohnen kann. Am Ende derselben blei- ben noch Tümpel schlechten Wassers übrig, welche dem Wilde genügen. Auf diesen unabsehbaren Flächen sammeln sich die Springböcke, bis Alles im buchstäblichen Sinne davon wimmelt. Wenn nun, wie es etwa alle vier oder fünf Jahre geschieht, anhaltende Dürre eintritt und die Tümpel austrocknen, treibt der Mangel die Millionen von Thieren südwärts nach dem Kaplande, und dort brechen sie ein, Alles verheerend und vernichtend, was grün ist. Erst wenn es wieder regnet und das verbrannte Land sich von neuem mit Pflanzen bedeckt, ziehen sie in ihre friedlichen Ebenen zurück. Tausende und andere Tausende vereinigen sich zu diesen sonderbaren Pilgerschaften oder "Treckbocken", wie die holländischen Boers sie nennen, und die Schwärme wachsen an, wie die der Heuschrecken.
"Jeder Reisende," sagt Kapitän Gordon Cumming, "welcher die ungeheuren Massen, in denen der Springbock bei seinen Wanderungen erscheint, gesehen hat, wie ich, und von Dem, was er gesehen, eine wahrhaft getreue Beschreibung gibt, muß fürchten, Unglauben zu ernten: so wunder- bar ist der Anblick der wandernden Herde. Treffend und richtig hat man sie mit den verheerenden Heuschreckenschwärmen verglichen, welche dem Wanderer in diesem Lande der Wunder so gut bekannt sind; ebenso wie diese verzehren sie alles Grün auf ihrem Wege in wenigen Stunden und vernichten in einer einzigen Nacht die Frucht des langjährigen Fleißes eines Landwirths."
"Am 28. Dezember hatte ich die Freude, zum ersten Male einen Treckbocken zu sehen. Es war dieses, glaube ich, in Bezug auf Jagdthiere, das großartigste, gewaltigste Schauspiel, welches ich jemals gehabt habe. Seit ungefähr zwei Stunden vor Tagesanbruch hatte ich wach in meinem Wa- gen gelegen, und auf das Grunzen der Böcke gehört, welches ich in einer Entfernung von ungefähr zweihundert Schritten wahrnahm. Jch glaubte, daß irgend eine große Herde von Springböcken neben meinem Lager grase; als es aber hell geworden und ich aufwachte, sah ich die ganze Ebene buchstäb-
Die Antilopen. — Der eigentliche Springbock.
denn ergiebiger, als irgend eine andere Jagd, iſt die mit den Windſpielen der Steppe oder der Wüſte. Sie fangen oft an einem einzigen Tag dreißig bis vierzig Stück des leckeren Wildes.
Auf die übrigen Fangarten, welche man hier oder da anwendet, einzugehen, würde ein vergeb- liches Unterfangen ſein, weil jedes Volk ſeine eigenen Jagdweiſen hat.
Außer dem Menſchen ſtellen der erwachſenen Gazelle nur wenige Feinde nach: Jagdleopard, Steppen- und Wildhunde dürften die ſchlimmſten von ihnen ſein.
Mit den Gazellen haben die Springböcke (Antidorcas) große Aehnlichkeit. Der Unterſchied zwiſchen beiden beſteht hauptſächlich darin, daß letzteren die Kniebüſchel der erſteren fehlen. Das be- kannteſte Thier dieſer Gruppe iſt der eigentliche Springbock, Prunk- oder Zugbock, Pronkbock, Treckbock (Antidorcas Euchore), welcher den Süden Afrikas in ungeheuren Herden bevölkert. Er erreicht etwa 2½ Fuß Höhe, gegen 4½ Fuß Länge und trägt leierförmig gekrümmte, ſchwarze, 20 bis 40 Mal geringelte Hörner. Die Ohren ſind lang und ſpitzig, die Augen groß und dunkel- braun, lang, ſchwarz, bewimpert; das Haarkleid iſt fein, oben von lebhaft zimmtbrauner Färbung, am Kopfe weiß mit dunkelbraunen Streifen von den Hörnern bis zum Mundwinkel, an der Unter- ſeite und dem Spiegel dagegen weiß; der ſehr dünne Schwanz iſt unten grau, oben weiß, an der Spitze ſchwarzgrau. Ein weißer Streifen verläuft über den Rücken. Er iſt in ſofern merkwürdig, als er bei ſchneller Bewegung des Thieres in eigenthümlicher Weiſe hervortritt. Die Haut ſcheint dort eine Falte zu bilden, welche bei ſchneller Bewegung geöffnet und geſchloſſen wird. So kommt bald der Streifen in größerer, bald in geringerer Breite hervor und ändert ſo die allgemeine Erſchei- nung des Thieres weſentlich.
Alle Reiſenden, welche den Süden Afrikas beſuchten, ſind einſtimmig in der Bewunderung der ungeheuren Zahl, in welcher die Springböcke zuweilen auftreten.
Jm Norden des Kaplandes liegen, wie uns Steckenſträfe berichtet, ausgedehnte, quellenloſe Ebenen, in welchen der Menſch nur während der Regenzeit wohnen kann. Am Ende derſelben blei- ben noch Tümpel ſchlechten Waſſers übrig, welche dem Wilde genügen. Auf dieſen unabſehbaren Flächen ſammeln ſich die Springböcke, bis Alles im buchſtäblichen Sinne davon wimmelt. Wenn nun, wie es etwa alle vier oder fünf Jahre geſchieht, anhaltende Dürre eintritt und die Tümpel austrocknen, treibt der Mangel die Millionen von Thieren ſüdwärts nach dem Kaplande, und dort brechen ſie ein, Alles verheerend und vernichtend, was grün iſt. Erſt wenn es wieder regnet und das verbrannte Land ſich von neuem mit Pflanzen bedeckt, ziehen ſie in ihre friedlichen Ebenen zurück. Tauſende und andere Tauſende vereinigen ſich zu dieſen ſonderbaren Pilgerſchaften oder „Treckbocken‟, wie die holländiſchen Boers ſie nennen, und die Schwärme wachſen an, wie die der Heuſchrecken.
„Jeder Reiſende,‟ ſagt Kapitän Gordon Cumming, „welcher die ungeheuren Maſſen, in denen der Springbock bei ſeinen Wanderungen erſcheint, geſehen hat, wie ich, und von Dem, was er geſehen, eine wahrhaft getreue Beſchreibung gibt, muß fürchten, Unglauben zu ernten: ſo wunder- bar iſt der Anblick der wandernden Herde. Treffend und richtig hat man ſie mit den verheerenden Heuſchreckenſchwärmen verglichen, welche dem Wanderer in dieſem Lande der Wunder ſo gut bekannt ſind; ebenſo wie dieſe verzehren ſie alles Grün auf ihrem Wege in wenigen Stunden und vernichten in einer einzigen Nacht die Frucht des langjährigen Fleißes eines Landwirths.‟
„Am 28. Dezember hatte ich die Freude, zum erſten Male einen Treckbocken zu ſehen. Es war dieſes, glaube ich, in Bezug auf Jagdthiere, das großartigſte, gewaltigſte Schauſpiel, welches ich jemals gehabt habe. Seit ungefähr zwei Stunden vor Tagesanbruch hatte ich wach in meinem Wa- gen gelegen, und auf das Grunzen der Böcke gehört, welches ich in einer Entfernung von ungefähr zweihundert Schritten wahrnahm. Jch glaubte, daß irgend eine große Herde von Springböcken neben meinem Lager graſe; als es aber hell geworden und ich aufwachte, ſah ich die ganze Ebene buchſtäb-
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[508/0538]
Die Antilopen. — Der eigentliche Springbock.
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Wüſte. Sie fangen oft an einem einzigen Tag dreißig bis vierzig Stück des leckeren Wildes.
Auf die übrigen Fangarten, welche man hier oder da anwendet, einzugehen, würde ein vergeb-
liches Unterfangen ſein, weil jedes Volk ſeine eigenen Jagdweiſen hat.
Außer dem Menſchen ſtellen der erwachſenen Gazelle nur wenige Feinde nach: Jagdleopard,
Steppen- und Wildhunde dürften die ſchlimmſten von ihnen ſein.
Mit den Gazellen haben die Springböcke (Antidorcas) große Aehnlichkeit. Der Unterſchied
zwiſchen beiden beſteht hauptſächlich darin, daß letzteren die Kniebüſchel der erſteren fehlen. Das be-
kannteſte Thier dieſer Gruppe iſt der eigentliche Springbock, Prunk- oder Zugbock, Pronkbock,
Treckbock (Antidorcas Euchore), welcher den Süden Afrikas in ungeheuren Herden bevölkert. Er
erreicht etwa 2½ Fuß Höhe, gegen 4½ Fuß Länge und trägt leierförmig gekrümmte, ſchwarze, 20
bis 40 Mal geringelte Hörner. Die Ohren ſind lang und ſpitzig, die Augen groß und dunkel-
braun, lang, ſchwarz, bewimpert; das Haarkleid iſt fein, oben von lebhaft zimmtbrauner Färbung,
am Kopfe weiß mit dunkelbraunen Streifen von den Hörnern bis zum Mundwinkel, an der Unter-
ſeite und dem Spiegel dagegen weiß; der ſehr dünne Schwanz iſt unten grau, oben weiß, an der
Spitze ſchwarzgrau. Ein weißer Streifen verläuft über den Rücken. Er iſt in ſofern merkwürdig,
als er bei ſchneller Bewegung des Thieres in eigenthümlicher Weiſe hervortritt. Die Haut ſcheint
dort eine Falte zu bilden, welche bei ſchneller Bewegung geöffnet und geſchloſſen wird. So kommt
bald der Streifen in größerer, bald in geringerer Breite hervor und ändert ſo die allgemeine Erſchei-
nung des Thieres weſentlich.
Alle Reiſenden, welche den Süden Afrikas beſuchten, ſind einſtimmig in der Bewunderung der
ungeheuren Zahl, in welcher die Springböcke zuweilen auftreten.
Jm Norden des Kaplandes liegen, wie uns Steckenſträfe berichtet, ausgedehnte, quellenloſe
Ebenen, in welchen der Menſch nur während der Regenzeit wohnen kann. Am Ende derſelben blei-
ben noch Tümpel ſchlechten Waſſers übrig, welche dem Wilde genügen. Auf dieſen unabſehbaren
Flächen ſammeln ſich die Springböcke, bis Alles im buchſtäblichen Sinne davon wimmelt. Wenn
nun, wie es etwa alle vier oder fünf Jahre geſchieht, anhaltende Dürre eintritt und die Tümpel
austrocknen, treibt der Mangel die Millionen von Thieren ſüdwärts nach dem Kaplande, und dort
brechen ſie ein, Alles verheerend und vernichtend, was grün iſt. Erſt wenn es wieder regnet und
das verbrannte Land ſich von neuem mit Pflanzen bedeckt, ziehen ſie in ihre friedlichen Ebenen zurück.
Tauſende und andere Tauſende vereinigen ſich zu dieſen ſonderbaren Pilgerſchaften oder „Treckbocken‟,
wie die holländiſchen Boers ſie nennen, und die Schwärme wachſen an, wie die der Heuſchrecken.
„Jeder Reiſende,‟ ſagt Kapitän Gordon Cumming, „welcher die ungeheuren Maſſen, in
denen der Springbock bei ſeinen Wanderungen erſcheint, geſehen hat, wie ich, und von Dem, was er
geſehen, eine wahrhaft getreue Beſchreibung gibt, muß fürchten, Unglauben zu ernten: ſo wunder-
bar iſt der Anblick der wandernden Herde. Treffend und richtig hat man ſie mit den verheerenden
Heuſchreckenſchwärmen verglichen, welche dem Wanderer in dieſem Lande der Wunder ſo gut bekannt
ſind; ebenſo wie dieſe verzehren ſie alles Grün auf ihrem Wege in wenigen Stunden und vernichten
in einer einzigen Nacht die Frucht des langjährigen Fleißes eines Landwirths.‟
„Am 28. Dezember hatte ich die Freude, zum erſten Male einen Treckbocken zu ſehen. Es war
dieſes, glaube ich, in Bezug auf Jagdthiere, das großartigſte, gewaltigſte Schauſpiel, welches ich
jemals gehabt habe. Seit ungefähr zwei Stunden vor Tagesanbruch hatte ich wach in meinem Wa-
gen gelegen, und auf das Grunzen der Böcke gehört, welches ich in einer Entfernung von ungefähr
zweihundert Schritten wahrnahm. Jch glaubte, daß irgend eine große Herde von Springböcken neben
meinem Lager graſe; als es aber hell geworden und ich aufwachte, ſah ich die ganze Ebene buchſtäb-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 508. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/538>, abgerufen am 23.11.2024.
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