Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.Die Kängurus, Springbeutler oder Beutelhasen. welcher ankommt, wird augenblicklich von dem Känguru gepackt und zunächst mit den Vorderfüßen,dann aber mit den Hinterfüßen unter das Wasser gedrückt und dort solange festgehalten, bis er ertränkt ist. Ein starkes Männchen der größeren Arten kann selbst einer zahlreichen Meute zu schaffen machen. Es läßt mit der größten Seelenruhe einen der Feinde nach dem andern schwimmend an sich kommen und nimmt geschickt den günstigen Augenblick wahr, um sich der Angreifer zu entledigen. Der einmal angepackte Hund ist regelmäßig verloren, wenn ihm nicht ein zweiter zu Hilfe kommt, und derjenige, welcher wirklich gerettet wird, eilt nach dem so wider Willen genommenen Bade so schnell, als er kann, dem Ufer zu, ist auch durch kein Mittel zu bewegen, den mißlungenen Angriff zu erneuern. Selbst auf dem Festlande ist ein altes Kängurumännchen immer noch ein zu beachtender Gegner. Es sucht sich durch den ersten besten Baum den Rücken zu decken, und benutzt dann seine vier Beine mit großem Geschick. Die eigentlichen Känguruhunde sind für diese Jagd so vortrefflich eingeschult, daß sie einzeln niemals ein gestelltes Känguru angreifen. Sie stürmen in Menge herbei, umstellen das Thier von allen Seiten, stürzen plötzlich vereint auf dasselbe los, packen es an der Kehle, reißen es zu Boden, schleppen es immer nach vorwärts, so daß es seine gefährlichen Waffen kaum brauchen kann, und würgen es entweder ab oder halten es solange fest, bis die Jäger herbei- kommen. Das Fleisch der Kängurus gilt als eine vortreffliche Speise, und auch das Fell einzelner Arten Die Gefangenschaft ertragen alle Arten leicht. Sie sind mit grünem Futter, Blättern, Rüben, Sämmtliche Springbeutelthiere ähneln sich in hohem Grade. Man hat auch sie in viele Sippen Das eigentliche Känguru (Macropus major), der "Boomer" der Ansiedler, gehört zu den Der Leibesbau zeigt im wesentlichen ganz das Gepräge der Familie. Die Behaarung ist reich- Cook entdeckte das Känguru 1770 an der Küste von Neusüdwales und gab ihm nach einer Die Kängurus, Springbeutler oder Beutelhaſen. welcher ankommt, wird augenblicklich von dem Känguru gepackt und zunächſt mit den Vorderfüßen,dann aber mit den Hinterfüßen unter das Waſſer gedrückt und dort ſolange feſtgehalten, bis er ertränkt iſt. Ein ſtarkes Männchen der größeren Arten kann ſelbſt einer zahlreichen Meute zu ſchaffen machen. Es läßt mit der größten Seelenruhe einen der Feinde nach dem andern ſchwimmend an ſich kommen und nimmt geſchickt den günſtigen Augenblick wahr, um ſich der Angreifer zu entledigen. Der einmal angepackte Hund iſt regelmäßig verloren, wenn ihm nicht ein zweiter zu Hilfe kommt, und derjenige, welcher wirklich gerettet wird, eilt nach dem ſo wider Willen genommenen Bade ſo ſchnell, als er kann, dem Ufer zu, iſt auch durch kein Mittel zu bewegen, den mißlungenen Angriff zu erneuern. Selbſt auf dem Feſtlande iſt ein altes Kängurumännchen immer noch ein zu beachtender Gegner. Es ſucht ſich durch den erſten beſten Baum den Rücken zu decken, und benutzt dann ſeine vier Beine mit großem Geſchick. Die eigentlichen Känguruhunde ſind für dieſe Jagd ſo vortrefflich eingeſchult, daß ſie einzeln niemals ein geſtelltes Känguru angreifen. Sie ſtürmen in Menge herbei, umſtellen das Thier von allen Seiten, ſtürzen plötzlich vereint auf daſſelbe los, packen es an der Kehle, reißen es zu Boden, ſchleppen es immer nach vorwärts, ſo daß es ſeine gefährlichen Waffen kaum brauchen kann, und würgen es entweder ab oder halten es ſolange feſt, bis die Jäger herbei- kommen. Das Fleiſch der Kängurus gilt als eine vortreffliche Speiſe, und auch das Fell einzelner Arten Die Gefangenſchaft ertragen alle Arten leicht. Sie ſind mit grünem Futter, Blättern, Rüben, Sämmtliche Springbeutelthiere ähneln ſich in hohem Grade. Man hat auch ſie in viele Sippen Das eigentliche Känguru (Macropus major), der „Boomer‟ der Anſiedler, gehört zu den Der Leibesbau zeigt im weſentlichen ganz das Gepräge der Familie. Die Behaarung iſt reich- Cook entdeckte das Känguru 1770 an der Küſte von Neuſüdwales und gab ihm nach einer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0060" n="48"/><fw place="top" type="header">Die Kängurus, Springbeutler oder Beutelhaſen.</fw><lb/> welcher ankommt, wird augenblicklich von dem Känguru gepackt und zunächſt mit den Vorderfüßen,<lb/> dann aber mit den Hinterfüßen unter das Waſſer gedrückt und dort ſolange feſtgehalten, bis er<lb/> ertränkt iſt. 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Das Weibchen iſt durchſchnittlich um ein Drittheil kleiner, als das<lb/> Männchen.</p><lb/> <p>Der Leibesbau zeigt im weſentlichen ganz das Gepräge der Familie. Die Behaarung iſt reich-<lb/> lich, dicht, glatt und weich, faſt wollig, die Färbung ein ſchwer zu beſtimmendes Braun, gemiſcht<lb/> mit Grau. Die Vorderarme, Schienbeine und die Fußwurzeln ſind hellgelblichbraun, die Zehen<lb/> ſchwärzlich; der Kopf iſt auf dem Naſenrücken lichter, als auf den Seiten, an den Oberlippen aber<lb/> weißlich. Die Außenſeite der Ohren iſt nußbraun, die Jnnenſeite weiß; der Schwanz zeigt an ſeiner<lb/> Wurzel die Färbung des Rückens, wird dann grau und an der Spitze ſchwarz.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Cook</hi> entdeckte das Känguru 1770 an der Küſte von Neuſüdwales und gab ihm nach einer<lb/> Benennung der dortigen Eingeborenen den Namen, welcher ſpäter zur Bezeichnung der ganzen<lb/> Familie gebraucht wurde. 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Die Kängurus, Springbeutler oder Beutelhaſen.
welcher ankommt, wird augenblicklich von dem Känguru gepackt und zunächſt mit den Vorderfüßen,
dann aber mit den Hinterfüßen unter das Waſſer gedrückt und dort ſolange feſtgehalten, bis er
ertränkt iſt. Ein ſtarkes Männchen der größeren Arten kann ſelbſt einer zahlreichen Meute zu ſchaffen
machen. Es läßt mit der größten Seelenruhe einen der Feinde nach dem andern ſchwimmend an ſich
kommen und nimmt geſchickt den günſtigen Augenblick wahr, um ſich der Angreifer zu entledigen.
Der einmal angepackte Hund iſt regelmäßig verloren, wenn ihm nicht ein zweiter zu Hilfe kommt,
und derjenige, welcher wirklich gerettet wird, eilt nach dem ſo wider Willen genommenen Bade ſo
ſchnell, als er kann, dem Ufer zu, iſt auch durch kein Mittel zu bewegen, den mißlungenen Angriff zu
erneuern. Selbſt auf dem Feſtlande iſt ein altes Kängurumännchen immer noch ein zu beachtender
Gegner. Es ſucht ſich durch den erſten beſten Baum den Rücken zu decken, und benutzt dann ſeine
vier Beine mit großem Geſchick. Die eigentlichen Känguruhunde ſind für dieſe Jagd ſo vortrefflich
eingeſchult, daß ſie einzeln niemals ein geſtelltes Känguru angreifen. Sie ſtürmen in Menge herbei,
umſtellen das Thier von allen Seiten, ſtürzen plötzlich vereint auf daſſelbe los, packen es an der
Kehle, reißen es zu Boden, ſchleppen es immer nach vorwärts, ſo daß es ſeine gefährlichen Waffen
kaum brauchen kann, und würgen es entweder ab oder halten es ſolange feſt, bis die Jäger herbei-
kommen.
Das Fleiſch der Kängurus gilt als eine vortreffliche Speiſe, und auch das Fell einzelner Arten
findet Verwendung. Sie bringen alſo manchen Nutzen, und über Schaden kann in ihrer Heimat ge-
wiß Niemand klagen.
Die Gefangenſchaft ertragen alle Arten leicht. Sie ſind mit grünem Futter, Blättern, Rüben,
Körnern, Brod und dergleichen ohne Mühe zu erhalten, bedürfen im Winter keinen ſonderlich
warmen Stall und pflanzen ſich auch bei geeigneter Pflege ohne viel Umſtände fort. Gegenwärtig
werden in den europäiſchen Thiergärten alljährlich viele von ihnen gezüchtet.
Sämmtliche Springbeutelthiere ähneln ſich in hohem Grade. Man hat auch ſie in viele Sippen
zerfällt; doch ſind von dieſen eigentlich nur drei augenſcheinlich begründet. Für die anderen ſind
Unterſcheidungsmerkmale als maßgebend aufgeſtellt worden, deren Erkennung eine ſehr ſorgfältige
Unterſuchung erfordert, und welche demungeachtet nicht allgemein giltig ſind. Die nachſtehend be-
ſchriebenen Arten mögen als Vertreter der Geſammtheit gelten.
Das eigentliche Känguru (Macropus major), der „Boomer‟ der Anſiedler, gehört zu den
größten Arten der Familie. Sehr alte Männchen haben in ſitzender Stellung faſt Mannshöhe. Jhre
Länge beträgt gegen 8 Fuß, wovon 2¾ Fuß auf den Schwanz gerechnet werden müſſen, ihr Gewicht
zwiſchen 150—220 Pfund. Das Weibchen iſt durchſchnittlich um ein Drittheil kleiner, als das
Männchen.
Der Leibesbau zeigt im weſentlichen ganz das Gepräge der Familie. Die Behaarung iſt reich-
lich, dicht, glatt und weich, faſt wollig, die Färbung ein ſchwer zu beſtimmendes Braun, gemiſcht
mit Grau. Die Vorderarme, Schienbeine und die Fußwurzeln ſind hellgelblichbraun, die Zehen
ſchwärzlich; der Kopf iſt auf dem Naſenrücken lichter, als auf den Seiten, an den Oberlippen aber
weißlich. Die Außenſeite der Ohren iſt nußbraun, die Jnnenſeite weiß; der Schwanz zeigt an ſeiner
Wurzel die Färbung des Rückens, wird dann grau und an der Spitze ſchwarz.
Cook entdeckte das Känguru 1770 an der Küſte von Neuſüdwales und gab ihm nach einer
Benennung der dortigen Eingeborenen den Namen, welcher ſpäter zur Bezeichnung der ganzen
Familie gebraucht wurde. Das Thier lebt in grasbewachſenen Triften oder ſpärlich bedeckten, offenen
Buſchwaldungen, wie ſolche in Auſtralien ſo häufig gefunden werden. Jn das Gebüſch zieht es ſich
namentlich im Sommer zurück, um ſich vor der heißen Mittagsſonne zu ſchützen. Gegenwärtig iſt es
durch die fortwährende Verfolgung weit in das Jnnere gedrängt worden, und auch hier beginnt es
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