Es scheint, daß diese Form schon seit Jahrtausenden in den Hausstand übergegangen ist. Be- reits Aristoteles kannte die Mamberziege. Gegenwärtig findet man sie in der Nähe von Aleppo in Damaskus in großer Anzahl. Von Kleinasien aus scheint sie durch einen großen Theil des Erd- theils vorzukommen. So halten sie z. B. die kirgisischen Tartaren in Menge. Der Name Mam- berziege, unter welchem man überhaupt langöhrige Ziegen vereinigt, scheint von dem Berge Mam- ber oder Mamer in Palästina herzurühren. Dort hatten ältere Reisende Gelegenheit, Herden dieser Langohren anzutreffen. Die Tartaren pflegen die Mamberziege zur gewöhnlichen zu machen, indem sie ihr die langen Ohren mehr als zur Hälfte abschneiden, damit sie beim Weiden nicht hin- derlich sind.
Endlich scheint mir noch die buckelnasige, egyptische oder thebaische Ziege (Hircus thebaicus) der Erwähnung werth. Sie bildet gewissermaßen einen Uebergang von den Ziegen zu den
[Abbildung]
Die thebaische Ziege (Hircus thebaicus).
Schafen und steht unzweifelhaft unter ihren Artverwandten als sehr auffallende Erscheinung da. Jn der Größe steht sie unserer Ziege etwas nach; sie ist aber hochbeiniger und kurzhaariger. Für uns ist der Kopf das Wichtigste. Er ist klein und so absonderlich gestaltet, daß man diese Ziege mit keiner anderen verwechseln kann. Zumal beim Bock tritt der auffallend stark gewölbte Nasen- rücken besonders hervor. Er wird von der hoch gewölbten Stirn durch eine Einbuchtung geschieden und fällt steil gegen das ausgehöhlte Schnauzenende hin ab, zieht den ganzen Oberkiefer und somit auch die Lippen zurück und legt hierdurch die Vorderzähne des Unterkiefers gänzlich frei. Die Nasenlöcher sind schmal und lang gezogen, die Augen verhältnißmäßig klein, die Hängeohren haben ungefähr Kopfeslänge, sind ziemlich schmal, stumpf, gerundet und flach. Hörner fehlen gewöhnlich bei beiden Geschlechtern oder sind, wenn sie vorkommen, sehr klein, dünn und krüppelhaft. Einen Bart findet man nie; überhaupt ist die Behaarung im ganzen sehr glatt und gleichmäßig. Die gewöhnliche Färbung ist ein lebhaftes Rothbraun, welches auf den Schenkeln mehr ins Gelbliche zieht. Schiefer- graue und gefleckte Ziegen sind seltener.
Die thebaiſche Ziege.
Es ſcheint, daß dieſe Form ſchon ſeit Jahrtauſenden in den Hausſtand übergegangen iſt. Be- reits Ariſtoteles kannte die Mamberziege. Gegenwärtig findet man ſie in der Nähe von Aleppo in Damaskus in großer Anzahl. Von Kleinaſien aus ſcheint ſie durch einen großen Theil des Erd- theils vorzukommen. So halten ſie z. B. die kirgiſiſchen Tartaren in Menge. Der Name Mam- berziege, unter welchem man überhaupt langöhrige Ziegen vereinigt, ſcheint von dem Berge Mam- ber oder Mamer in Paläſtina herzurühren. Dort hatten ältere Reiſende Gelegenheit, Herden dieſer Langohren anzutreffen. Die Tartaren pflegen die Mamberziege zur gewöhnlichen zu machen, indem ſie ihr die langen Ohren mehr als zur Hälfte abſchneiden, damit ſie beim Weiden nicht hin- derlich ſind.
Endlich ſcheint mir noch die buckelnaſige, egyptiſche oder thebaiſche Ziege (Hircus thebaicus) der Erwähnung werth. Sie bildet gewiſſermaßen einen Uebergang von den Ziegen zu den
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Die thebaiſche Ziege (Hircus thebaicus).
Schafen und ſteht unzweifelhaft unter ihren Artverwandten als ſehr auffallende Erſcheinung da. Jn der Größe ſteht ſie unſerer Ziege etwas nach; ſie iſt aber hochbeiniger und kurzhaariger. Für uns iſt der Kopf das Wichtigſte. Er iſt klein und ſo abſonderlich geſtaltet, daß man dieſe Ziege mit keiner anderen verwechſeln kann. Zumal beim Bock tritt der auffallend ſtark gewölbte Naſen- rücken beſonders hervor. Er wird von der hoch gewölbten Stirn durch eine Einbuchtung geſchieden und fällt ſteil gegen das ausgehöhlte Schnauzenende hin ab, zieht den ganzen Oberkiefer und ſomit auch die Lippen zurück und legt hierdurch die Vorderzähne des Unterkiefers gänzlich frei. Die Naſenlöcher ſind ſchmal und lang gezogen, die Augen verhältnißmäßig klein, die Hängeohren haben ungefähr Kopfeslänge, ſind ziemlich ſchmal, ſtumpf, gerundet und flach. Hörner fehlen gewöhnlich bei beiden Geſchlechtern oder ſind, wenn ſie vorkommen, ſehr klein, dünn und krüppelhaft. Einen Bart findet man nie; überhaupt iſt die Behaarung im ganzen ſehr glatt und gleichmäßig. Die gewöhnliche Färbung iſt ein lebhaftes Rothbraun, welches auf den Schenkeln mehr ins Gelbliche zieht. Schiefer- graue und gefleckte Ziegen ſind ſeltener.
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Die thebaiſche Ziege.
Es ſcheint, daß dieſe Form ſchon ſeit Jahrtauſenden in den Hausſtand übergegangen iſt. Be-
reits Ariſtoteles kannte die Mamberziege. Gegenwärtig findet man ſie in der Nähe von Aleppo
in Damaskus in großer Anzahl. Von Kleinaſien aus ſcheint ſie durch einen großen Theil des Erd-
theils vorzukommen. So halten ſie z. B. die kirgiſiſchen Tartaren in Menge. Der Name Mam-
berziege, unter welchem man überhaupt langöhrige Ziegen vereinigt, ſcheint von dem Berge Mam-
ber oder Mamer in Paläſtina herzurühren. Dort hatten ältere Reiſende Gelegenheit, Herden
dieſer Langohren anzutreffen. Die Tartaren pflegen die Mamberziege zur gewöhnlichen zu machen,
indem ſie ihr die langen Ohren mehr als zur Hälfte abſchneiden, damit ſie beim Weiden nicht hin-
derlich ſind.
Endlich ſcheint mir noch die buckelnaſige, egyptiſche oder thebaiſche Ziege (Hircus
thebaicus) der Erwähnung werth. Sie bildet gewiſſermaßen einen Uebergang von den Ziegen zu den
[Abbildung Die thebaiſche Ziege (Hircus thebaicus).]
Schafen und ſteht unzweifelhaft unter ihren Artverwandten als ſehr auffallende Erſcheinung da.
Jn der Größe ſteht ſie unſerer Ziege etwas nach; ſie iſt aber hochbeiniger und kurzhaariger. Für
uns iſt der Kopf das Wichtigſte. Er iſt klein und ſo abſonderlich geſtaltet, daß man dieſe Ziege
mit keiner anderen verwechſeln kann. Zumal beim Bock tritt der auffallend ſtark gewölbte Naſen-
rücken beſonders hervor. Er wird von der hoch gewölbten Stirn durch eine Einbuchtung geſchieden
und fällt ſteil gegen das ausgehöhlte Schnauzenende hin ab, zieht den ganzen Oberkiefer und ſomit auch
die Lippen zurück und legt hierdurch die Vorderzähne des Unterkiefers gänzlich frei. Die Naſenlöcher
ſind ſchmal und lang gezogen, die Augen verhältnißmäßig klein, die Hängeohren haben ungefähr
Kopfeslänge, ſind ziemlich ſchmal, ſtumpf, gerundet und flach. Hörner fehlen gewöhnlich bei beiden
Geſchlechtern oder ſind, wenn ſie vorkommen, ſehr klein, dünn und krüppelhaft. Einen Bart
findet man nie; überhaupt iſt die Behaarung im ganzen ſehr glatt und gleichmäßig. Die gewöhnliche
Färbung iſt ein lebhaftes Rothbraun, welches auf den Schenkeln mehr ins Gelbliche zieht. Schiefer-
graue und gefleckte Ziegen ſind ſeltener.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/617>, abgerufen am 23.11.2024.
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