nern unter dem Namen Muffion oder Muffuro und Muffla oder Mufflon wohlbekannt. Die alten Römer unterschieden den korsischen Mufflon von dem sardinischen; Plinius nennt den einen Musmon, den anderen, wie die Griechen, Ophion, die Jungen aber Umbri.
Wir erfahren aus alten Berichten, daß diese Schafe außerordentlich häufig waren. Bisweilen wurden 4 bis 5000 Stück auf einer einzigen großen Jagd erlegt: -- gegenwärtig ist man froh, wenn man einige Stücke bekommt, und auf Jagden der Vornehmen, welche mit allen Mitteln ins Werk gesetzt werden, erbeutet man nur in höchst seltenen Fällen 30 bis 40 Stück.
Der Mufflon ist ein ziemlich starkes Schaf von 4 Fuß Länge, wovon 3 bis 4 Zoll auf den Schwanz kommen, und 21/2 Fuß Höhe am Widerrist. Das Gewicht schwankt zwischen 50 und 80 Pfunden. Die Hörner erreichen eine Länge von etwas über 2 Fuß und ein Gewicht von 9 bis 12 Pfunden. Der Leibesbau ist der gedrungene aller Wildschafe. Die ziemlich kurze Behaarung liegt glatt an, ist aber außerordentlich dicht, zumal im Winter, wo das kurze, feine und krause Wollhaar in reichlicher Menge auftritt. Das Kinn ist vollkommen bartlos; an der Brust aber verlängert sich das Haar einigermaßen und bildet gleichsam eine kurze Mähne. Die Färbung ist ein fuchsiges Roth, welches am Kopfe in das Aschgrane spielt und an der Schnauze, am Bürzel, am Rande des Schwan- zes, an den Fußenden und an der Unterseite ins Weiße übergeht. Die Rückenlinie ist dunkelbraun. Einzelne Haare sind fuchsroth, andere schwarz; die Unterwolle ist aschgrau. Jm Winter dunkelt das Fell und geht dann mehr ins Kastanienbraune über. Zu beiden Seiten sticht dann ein großer, fast viereckiger, blaßgelblicher oder weißlicher Flecken von der allgemeinen Färbung gab.
Gewöhnlich trägt nur das Männchen Hörner; äußerst selten findet man Hornstummel auch bei dem Weibchen. Das Gehörn des Bockes ist stark und lang, an der Wurzel sehr dick, erst von der Mitte der Länge an allmählich verdünnt und zugespitzt. Die Hörner stoßen an der Wurzel fast zu- sammen, wenden sich aber rasch seitlich von einander und krümmen sich in einer beinahe fichelförmigen Windung schief nach ein-, aus- und abwärts, mit der Spitze aber nach ab-, vor- und einwärts. Das rechte Horn ist nach links, das linke nach rechts gewunden. Dreißig bis vierzig Runzeln, welche dicht an einander gedrängt und mehr oder weniger unregelmäßig sind, erheben sich auf der Oberfläche von der Wurzel an bis fast zur Spitze. Die Hörner des Weibchens sind immer sehr kurz, höchstens 2 bis 3 Zoll lang, stumpfen Piramiden vergleichbar.
Jm Gegensatz zum Mähnenschaf führt der Mufflon ein geselliges Leben. Er rudelt sich in Scharen von funfzig bis hundert Stück zusammen. Ein alter und starker Bock übernimmt das Amt des Leitthieres. Zur Brunstzeit trennen sich die Rudel in kleine Trupps, welche aus einem Bocke und mehreren Schafen bestehen, die sich der leitende Widder erst durch tapfere Kämpfe erworben hat. So furchtsam und ängstlich der Mufflon sonst ist, so kühn zeigt er sich im Kampfe mit seines Gleichen. Jn den Monaten Dezember und Januar hört man das Knallen der an einander gestoßenen Gehörne im Gebirge widerhallen, und wenn man vorsichtig dem Schalle folgt, sieht man die starken Widder des Rudels gesenkten Kopfes einander gegenüberstehen und sich mit solcher Gewalt gegenseitig anren- nen, daß man nicht begreift, wie sich die Streiter auf ihren Kampfplätzen erhalten können. Oft genug kommt es vor, daß einer der Nebenbuhler im Kampfe getödtet, nämlich über die Felsenwände hinabgestoßen wird und in der Tiefe zerschellt.
Einundzwanzig Wochen nach der Begattung, im April oder Mai, bringt das Schaf seine zwei Jungen zur Welt, welche unmittelbar nach der Geburt so frisch und kräftig sind, daß sie gleich mit der Mutter davonlaufen. Nach wenigen Tagen schon folgen sie ihr auf den halsbrechendsten Pfaden mit der größten Sicherheit, und bald kommen sie den Alten in allen Kunstfertigkeiten gleich.
Jm Alter von vier Monaten sprossen bei den jungen Böckchen die Hörner; nach Jahresfrist denken sie bereits an die Paarung, obwohl sie erst im dritten Jahre völlig ausgewachsen sein dürften.
Die Bewegungen der Mufflons haben mit denen zahmer Schafe wenig gemein; sie sind lebhaft, gewandt, schnell und sicher, aber, wie man angibt, nicht eben ausdauernd, zumal auf ebenem Boden,
Die Schafe. — Der Mufflon.
nern unter dem Namen Muffion oder Muffuro und Muffla oder Mufflon wohlbekannt. Die alten Römer unterſchieden den korſiſchen Mufflon von dem ſardiniſchen; Plinius nennt den einen Musmon, den anderen, wie die Griechen, Ophion, die Jungen aber Umbri.
Wir erfahren aus alten Berichten, daß dieſe Schafe außerordentlich häufig waren. Bisweilen wurden 4 bis 5000 Stück auf einer einzigen großen Jagd erlegt: — gegenwärtig iſt man froh, wenn man einige Stücke bekommt, und auf Jagden der Vornehmen, welche mit allen Mitteln ins Werk geſetzt werden, erbeutet man nur in höchſt ſeltenen Fällen 30 bis 40 Stück.
Der Mufflon iſt ein ziemlich ſtarkes Schaf von 4 Fuß Länge, wovon 3 bis 4 Zoll auf den Schwanz kommen, und 2½ Fuß Höhe am Widerriſt. Das Gewicht ſchwankt zwiſchen 50 und 80 Pfunden. Die Hörner erreichen eine Länge von etwas über 2 Fuß und ein Gewicht von 9 bis 12 Pfunden. Der Leibesbau iſt der gedrungene aller Wildſchafe. Die ziemlich kurze Behaarung liegt glatt an, iſt aber außerordentlich dicht, zumal im Winter, wo das kurze, feine und krauſe Wollhaar in reichlicher Menge auftritt. Das Kinn iſt vollkommen bartlos; an der Bruſt aber verlängert ſich das Haar einigermaßen und bildet gleichſam eine kurze Mähne. Die Färbung iſt ein fuchſiges Roth, welches am Kopfe in das Aſchgrane ſpielt und an der Schnauze, am Bürzel, am Rande des Schwan- zes, an den Fußenden und an der Unterſeite ins Weiße übergeht. Die Rückenlinie iſt dunkelbraun. Einzelne Haare ſind fuchsroth, andere ſchwarz; die Unterwolle iſt aſchgrau. Jm Winter dunkelt das Fell und geht dann mehr ins Kaſtanienbraune über. Zu beiden Seiten ſticht dann ein großer, faſt viereckiger, blaßgelblicher oder weißlicher Flecken von der allgemeinen Färbung gab.
Gewöhnlich trägt nur das Männchen Hörner; äußerſt ſelten findet man Hornſtummel auch bei dem Weibchen. Das Gehörn des Bockes iſt ſtark und lang, an der Wurzel ſehr dick, erſt von der Mitte der Länge an allmählich verdünnt und zugeſpitzt. Die Hörner ſtoßen an der Wurzel faſt zu- ſammen, wenden ſich aber raſch ſeitlich von einander und krümmen ſich in einer beinahe fichelförmigen Windung ſchief nach ein-, aus- und abwärts, mit der Spitze aber nach ab-, vor- und einwärts. Das rechte Horn iſt nach links, das linke nach rechts gewunden. Dreißig bis vierzig Runzeln, welche dicht an einander gedrängt und mehr oder weniger unregelmäßig ſind, erheben ſich auf der Oberfläche von der Wurzel an bis faſt zur Spitze. Die Hörner des Weibchens ſind immer ſehr kurz, höchſtens 2 bis 3 Zoll lang, ſtumpfen Piramiden vergleichbar.
Jm Gegenſatz zum Mähnenſchaf führt der Mufflon ein geſelliges Leben. Er rudelt ſich in Scharen von funfzig bis hundert Stück zuſammen. Ein alter und ſtarker Bock übernimmt das Amt des Leitthieres. Zur Brunſtzeit trennen ſich die Rudel in kleine Trupps, welche aus einem Bocke und mehreren Schafen beſtehen, die ſich der leitende Widder erſt durch tapfere Kämpfe erworben hat. So furchtſam und ängſtlich der Mufflon ſonſt iſt, ſo kühn zeigt er ſich im Kampfe mit ſeines Gleichen. Jn den Monaten Dezember und Januar hört man das Knallen der an einander geſtoßenen Gehörne im Gebirge widerhallen, und wenn man vorſichtig dem Schalle folgt, ſieht man die ſtarken Widder des Rudels geſenkten Kopfes einander gegenüberſtehen und ſich mit ſolcher Gewalt gegenſeitig anren- nen, daß man nicht begreift, wie ſich die Streiter auf ihren Kampfplätzen erhalten können. Oft genug kommt es vor, daß einer der Nebenbuhler im Kampfe getödtet, nämlich über die Felſenwände hinabgeſtoßen wird und in der Tiefe zerſchellt.
Einundzwanzig Wochen nach der Begattung, im April oder Mai, bringt das Schaf ſeine zwei Jungen zur Welt, welche unmittelbar nach der Geburt ſo friſch und kräftig ſind, daß ſie gleich mit der Mutter davonlaufen. Nach wenigen Tagen ſchon folgen ſie ihr auf den halsbrechendſten Pfaden mit der größten Sicherheit, und bald kommen ſie den Alten in allen Kunſtfertigkeiten gleich.
Jm Alter von vier Monaten ſproſſen bei den jungen Böckchen die Hörner; nach Jahresfriſt denken ſie bereits an die Paarung, obwohl ſie erſt im dritten Jahre völlig ausgewachſen ſein dürften.
Die Bewegungen der Mufflons haben mit denen zahmer Schafe wenig gemein; ſie ſind lebhaft, gewandt, ſchnell und ſicher, aber, wie man angibt, nicht eben ausdauernd, zumal auf ebenem Boden,
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Die Schafe. — Der Mufflon.
nern unter dem Namen Muffion oder Muffuro und Muffla oder Mufflon wohlbekannt. Die
alten Römer unterſchieden den korſiſchen Mufflon von dem ſardiniſchen; Plinius nennt den einen
Musmon, den anderen, wie die Griechen, Ophion, die Jungen aber Umbri.
Wir erfahren aus alten Berichten, daß dieſe Schafe außerordentlich häufig waren. Bisweilen
wurden 4 bis 5000 Stück auf einer einzigen großen Jagd erlegt: — gegenwärtig iſt man froh, wenn
man einige Stücke bekommt, und auf Jagden der Vornehmen, welche mit allen Mitteln ins Werk
geſetzt werden, erbeutet man nur in höchſt ſeltenen Fällen 30 bis 40 Stück.
Der Mufflon iſt ein ziemlich ſtarkes Schaf von 4 Fuß Länge, wovon 3 bis 4 Zoll auf den
Schwanz kommen, und 2½ Fuß Höhe am Widerriſt. Das Gewicht ſchwankt zwiſchen 50 und 80
Pfunden. Die Hörner erreichen eine Länge von etwas über 2 Fuß und ein Gewicht von 9 bis 12
Pfunden. Der Leibesbau iſt der gedrungene aller Wildſchafe. Die ziemlich kurze Behaarung liegt
glatt an, iſt aber außerordentlich dicht, zumal im Winter, wo das kurze, feine und krauſe Wollhaar
in reichlicher Menge auftritt. Das Kinn iſt vollkommen bartlos; an der Bruſt aber verlängert ſich
das Haar einigermaßen und bildet gleichſam eine kurze Mähne. Die Färbung iſt ein fuchſiges Roth,
welches am Kopfe in das Aſchgrane ſpielt und an der Schnauze, am Bürzel, am Rande des Schwan-
zes, an den Fußenden und an der Unterſeite ins Weiße übergeht. Die Rückenlinie iſt dunkelbraun.
Einzelne Haare ſind fuchsroth, andere ſchwarz; die Unterwolle iſt aſchgrau. Jm Winter dunkelt das
Fell und geht dann mehr ins Kaſtanienbraune über. Zu beiden Seiten ſticht dann ein großer,
faſt viereckiger, blaßgelblicher oder weißlicher Flecken von der allgemeinen Färbung gab.
Gewöhnlich trägt nur das Männchen Hörner; äußerſt ſelten findet man Hornſtummel auch bei
dem Weibchen. Das Gehörn des Bockes iſt ſtark und lang, an der Wurzel ſehr dick, erſt von der
Mitte der Länge an allmählich verdünnt und zugeſpitzt. Die Hörner ſtoßen an der Wurzel faſt zu-
ſammen, wenden ſich aber raſch ſeitlich von einander und krümmen ſich in einer beinahe fichelförmigen
Windung ſchief nach ein-, aus- und abwärts, mit der Spitze aber nach ab-, vor- und einwärts.
Das rechte Horn iſt nach links, das linke nach rechts gewunden. Dreißig bis vierzig Runzeln, welche
dicht an einander gedrängt und mehr oder weniger unregelmäßig ſind, erheben ſich auf der Oberfläche
von der Wurzel an bis faſt zur Spitze. Die Hörner des Weibchens ſind immer ſehr kurz, höchſtens
2 bis 3 Zoll lang, ſtumpfen Piramiden vergleichbar.
Jm Gegenſatz zum Mähnenſchaf führt der Mufflon ein geſelliges Leben. Er rudelt ſich in
Scharen von funfzig bis hundert Stück zuſammen. Ein alter und ſtarker Bock übernimmt das Amt
des Leitthieres. Zur Brunſtzeit trennen ſich die Rudel in kleine Trupps, welche aus einem Bocke
und mehreren Schafen beſtehen, die ſich der leitende Widder erſt durch tapfere Kämpfe erworben hat.
So furchtſam und ängſtlich der Mufflon ſonſt iſt, ſo kühn zeigt er ſich im Kampfe mit ſeines Gleichen.
Jn den Monaten Dezember und Januar hört man das Knallen der an einander geſtoßenen Gehörne
im Gebirge widerhallen, und wenn man vorſichtig dem Schalle folgt, ſieht man die ſtarken Widder
des Rudels geſenkten Kopfes einander gegenüberſtehen und ſich mit ſolcher Gewalt gegenſeitig anren-
nen, daß man nicht begreift, wie ſich die Streiter auf ihren Kampfplätzen erhalten können. Oft
genug kommt es vor, daß einer der Nebenbuhler im Kampfe getödtet, nämlich über die Felſenwände
hinabgeſtoßen wird und in der Tiefe zerſchellt.
Einundzwanzig Wochen nach der Begattung, im April oder Mai, bringt das Schaf ſeine zwei
Jungen zur Welt, welche unmittelbar nach der Geburt ſo friſch und kräftig ſind, daß ſie gleich mit
der Mutter davonlaufen. Nach wenigen Tagen ſchon folgen ſie ihr auf den halsbrechendſten Pfaden
mit der größten Sicherheit, und bald kommen ſie den Alten in allen Kunſtfertigkeiten gleich.
Jm Alter von vier Monaten ſproſſen bei den jungen Böckchen die Hörner; nach Jahresfriſt
denken ſie bereits an die Paarung, obwohl ſie erſt im dritten Jahre völlig ausgewachſen ſein dürften.
Die Bewegungen der Mufflons haben mit denen zahmer Schafe wenig gemein; ſie ſind lebhaft,
gewandt, ſchnell und ſicher, aber, wie man angibt, nicht eben ausdauernd, zumal auf ebenem Boden,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/632>, abgerufen am 23.11.2024.
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