Nur zwei Breitengrade trennen das Mähnenschaf von unserem europäischen Wildschaf, dem Mufflon (Ovis Musimon), welcher gegenwärtig noch immer in ziemlicher Anzahl die steilen Fels- gebirge der Jnseln Sardinien und Korsika bewohnt. Man nimmt ziemlich allgemein an, daß er in früheren Zeiten auch in anderen Theilen Südeuropas vorgekommen sei, und es ist auch recht möglich, daß er sich auf den balearischen Jnseln und in Griechenland fand; schon das auf Cypern lebende Wildschaf aber ist eine eigene, selbständige Art. Jn Spanien, dessen südöstlicher Theil als Heimat des Mufflon angegeben wird, ist er gegenwärtig nicht mehr zu finden, und -- wahrscheinlich auch
[Abbildung]
Der Mufflon (Ovis Musimon).
niemals zu finden gewesen. Man hat einfach den Steinbock mit ihm verwechselt. Jch habe mich mit besonderer Sorgfalt nach dem Mufflon erkundigt und alle Sammlungen von Thieren oder Ge- hörnen genau geprüft, auch alle zünftigen Jäger und die gut beobachtenden Bergbewohner befragt, immer aber gefunden und vernommen, daß nur die beiden erwähnten Ziegenarten auf der Halbinsel vorkommen. Auch die asiatischen Mufflons unterscheiden sich bestimmt von den europäischen, obwohl ihre Aehnlichkeit nicht geleugnet werden kann. Gegenwärtig findet sich der letztere, trotz der viel- fachen Verfolgungen, denen er ausgesetzt ist, noch immer in Rudeln von 50 bis 100 Stück, nament- lich in den Gebieten von Jglesias und Teulada auf Sardinien, und ist dort allen Gebirgsbewoh-
Der Mufflon.
Nur zwei Breitengrade trennen das Mähnenſchaf von unſerem europäiſchen Wildſchaf, dem Mufflon (Ovis Musimon), welcher gegenwärtig noch immer in ziemlicher Anzahl die ſteilen Fels- gebirge der Jnſeln Sardinien und Korſika bewohnt. Man nimmt ziemlich allgemein an, daß er in früheren Zeiten auch in anderen Theilen Südeuropas vorgekommen ſei, und es iſt auch recht möglich, daß er ſich auf den baleariſchen Jnſeln und in Griechenland fand; ſchon das auf Cypern lebende Wildſchaf aber iſt eine eigene, ſelbſtändige Art. Jn Spanien, deſſen ſüdöſtlicher Theil als Heimat des Mufflon angegeben wird, iſt er gegenwärtig nicht mehr zu finden, und — wahrſcheinlich auch
[Abbildung]
Der Mufflon (Ovis Musimon).
niemals zu finden geweſen. Man hat einfach den Steinbock mit ihm verwechſelt. Jch habe mich mit beſonderer Sorgfalt nach dem Mufflon erkundigt und alle Sammlungen von Thieren oder Ge- hörnen genau geprüft, auch alle zünftigen Jäger und die gut beobachtenden Bergbewohner befragt, immer aber gefunden und vernommen, daß nur die beiden erwähnten Ziegenarten auf der Halbinſel vorkommen. Auch die aſiatiſchen Mufflons unterſcheiden ſich beſtimmt von den europäiſchen, obwohl ihre Aehnlichkeit nicht geleugnet werden kann. Gegenwärtig findet ſich der letztere, trotz der viel- fachen Verfolgungen, denen er ausgeſetzt iſt, noch immer in Rudeln von 50 bis 100 Stück, nament- lich in den Gebieten von Jgleſias und Teulada auf Sardinien, und iſt dort allen Gebirgsbewoh-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0631"n="601"/><fwplace="top"type="header">Der Mufflon.</fw><lb/><p>Nur zwei Breitengrade trennen das Mähnenſchaf von unſerem europäiſchen <hirendition="#g">Wildſchaf,</hi> dem<lb/><hirendition="#g">Mufflon</hi> (<hirendition="#aq">Ovis Musimon</hi>), welcher gegenwärtig noch immer in ziemlicher Anzahl die ſteilen Fels-<lb/>
gebirge der Jnſeln Sardinien und Korſika bewohnt. Man nimmt ziemlich allgemein an, daß er in<lb/>
früheren Zeiten auch in anderen Theilen Südeuropas vorgekommen ſei, und es iſt auch recht möglich,<lb/>
daß er ſich auf den baleariſchen Jnſeln und in Griechenland fand; ſchon das auf Cypern lebende<lb/>
Wildſchaf aber iſt eine eigene, ſelbſtändige Art. Jn Spanien, deſſen ſüdöſtlicher Theil als Heimat<lb/>
des Mufflon angegeben wird, iſt er gegenwärtig nicht mehr zu finden, und — wahrſcheinlich auch<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Mufflon</hi> (<hirendition="#aq">Ovis Musimon</hi>).</hi></head></figure><lb/>
niemals zu finden geweſen. Man hat einfach den Steinbock mit ihm verwechſelt. Jch habe mich<lb/>
mit beſonderer Sorgfalt nach dem Mufflon erkundigt und alle Sammlungen von Thieren oder Ge-<lb/>
hörnen genau geprüft, auch alle zünftigen Jäger und die gut beobachtenden Bergbewohner befragt,<lb/>
immer aber gefunden und vernommen, daß nur die beiden erwähnten Ziegenarten auf der Halbinſel<lb/>
vorkommen. Auch die aſiatiſchen Mufflons unterſcheiden ſich beſtimmt von den europäiſchen, obwohl<lb/>
ihre Aehnlichkeit nicht geleugnet werden kann. Gegenwärtig findet ſich der letztere, trotz der viel-<lb/>
fachen Verfolgungen, denen er ausgeſetzt iſt, noch immer in Rudeln von 50 bis 100 Stück, nament-<lb/>
lich in den Gebieten von <hirendition="#g">Jgleſias</hi> und <hirendition="#g">Teulada</hi> auf Sardinien, und iſt dort allen Gebirgsbewoh-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[601/0631]
Der Mufflon.
Nur zwei Breitengrade trennen das Mähnenſchaf von unſerem europäiſchen Wildſchaf, dem
Mufflon (Ovis Musimon), welcher gegenwärtig noch immer in ziemlicher Anzahl die ſteilen Fels-
gebirge der Jnſeln Sardinien und Korſika bewohnt. Man nimmt ziemlich allgemein an, daß er in
früheren Zeiten auch in anderen Theilen Südeuropas vorgekommen ſei, und es iſt auch recht möglich,
daß er ſich auf den baleariſchen Jnſeln und in Griechenland fand; ſchon das auf Cypern lebende
Wildſchaf aber iſt eine eigene, ſelbſtändige Art. Jn Spanien, deſſen ſüdöſtlicher Theil als Heimat
des Mufflon angegeben wird, iſt er gegenwärtig nicht mehr zu finden, und — wahrſcheinlich auch
[Abbildung Der Mufflon (Ovis Musimon).]
niemals zu finden geweſen. Man hat einfach den Steinbock mit ihm verwechſelt. Jch habe mich
mit beſonderer Sorgfalt nach dem Mufflon erkundigt und alle Sammlungen von Thieren oder Ge-
hörnen genau geprüft, auch alle zünftigen Jäger und die gut beobachtenden Bergbewohner befragt,
immer aber gefunden und vernommen, daß nur die beiden erwähnten Ziegenarten auf der Halbinſel
vorkommen. Auch die aſiatiſchen Mufflons unterſcheiden ſich beſtimmt von den europäiſchen, obwohl
ihre Aehnlichkeit nicht geleugnet werden kann. Gegenwärtig findet ſich der letztere, trotz der viel-
fachen Verfolgungen, denen er ausgeſetzt iſt, noch immer in Rudeln von 50 bis 100 Stück, nament-
lich in den Gebieten von Jgleſias und Teulada auf Sardinien, und iſt dort allen Gebirgsbewoh-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/631>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.