Zur Zeit sind die Gegenden nördlich und westlich vom Missouri die Aufenthaltsorte des Bison. Hier sieht man ihn allerdings noch in ungeheurer Menge. Fröbel zog im Jahre 1858 mit einer Wagenkaravane von Missouri nach Mejiko und -- acht Tage lang bewegte sich dieser Menschenzug unaufhörlich zwischen Büffelherden fort. Die meisten fanden sich auf der Nordseite des Arkansas; am entgegengesetzten Ufer gab es schon viel weniger. Auch Möllhausen sah im Jahre 1851 Hundert- tausende von Bisonten auf den endlosen Prairien, westlich des Missouri, Massen, daß die Ebene, soweit sein Blick reichte, schwarz von ihnen war, und ein Ueberschlag ihrer Zahl nach möglicherweise nur gemacht werden konnte, indem man den Flächenraum, welchen die Thiere bedeckten, nach Ge- viertmeilen berechnete. Der Bison ist, wie es scheint, noch geselliger als die übrigen Rinder; jedoch bilden die Massen, welche man auf ein und derselben Ebene erblickt, nicht eine einzige Herde, sondern
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Der Bison (Bonassus amoricanus).
zerfallen in zahllose kleinere Gesellschaften. Rücksichtlich der verschiedenen Geschlechter vereinigt sich der Bison überhaupt nur in gewissen Monaten, zur Brunstzeit nämlich; den übrigen Theil des Jahres hindurch bilden die Stiere für sich abgesonderte Trupps, die Kühe mit ihren noch nicht zeu- gungsfähigen Kälbern andere. Die Gesammtheit bleibt übrigens in einer gewissen Verbindung: eine Herde zieht der anderen nach.
Je nach der Jahreszeit ist der Aufenthaltsort dieser Rinder verschieden. Jm Sommer zerstreuen sich die Bisonten in den weiten Ebenen, im Winter vereinigen sie sich mehr und suchen dann die wal- digen Gegenden auf. Dann findet man sie z. B. auf baumreichen Jnseln der Ströme und Seen oder längs deren waldigen Ufern in großer Menge. Alljährlich unternehmen sie mit größerer oder geringerer Regelmäßigkeit eine Wanderung. Vom Juli an ziehen sie südwärts nach den fruchtbaren Gegenden von Arkansas, mit Beginn des Frühjahrs kehren sie wieder nach Norden zurück und zwar
Die Rinder. — Der Biſon.
Zur Zeit ſind die Gegenden nördlich und weſtlich vom Miſſouri die Aufenthaltsorte des Biſon. Hier ſieht man ihn allerdings noch in ungeheurer Menge. Fröbel zog im Jahre 1858 mit einer Wagenkaravane von Miſſouri nach Mejiko und — acht Tage lang bewegte ſich dieſer Menſchenzug unaufhörlich zwiſchen Büffelherden fort. Die meiſten fanden ſich auf der Nordſeite des Arkanſas; am entgegengeſetzten Ufer gab es ſchon viel weniger. Auch Möllhauſen ſah im Jahre 1851 Hundert- tauſende von Biſonten auf den endloſen Prairien, weſtlich des Miſſouri, Maſſen, daß die Ebene, ſoweit ſein Blick reichte, ſchwarz von ihnen war, und ein Ueberſchlag ihrer Zahl nach möglicherweiſe nur gemacht werden konnte, indem man den Flächenraum, welchen die Thiere bedeckten, nach Ge- viertmeilen berechnete. Der Biſon iſt, wie es ſcheint, noch geſelliger als die übrigen Rinder; jedoch bilden die Maſſen, welche man auf ein und derſelben Ebene erblickt, nicht eine einzige Herde, ſondern
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Der Biſon (Bonassus amoricanus).
zerfallen in zahlloſe kleinere Geſellſchaften. Rückſichtlich der verſchiedenen Geſchlechter vereinigt ſich der Biſon überhaupt nur in gewiſſen Monaten, zur Brunſtzeit nämlich; den übrigen Theil des Jahres hindurch bilden die Stiere für ſich abgeſonderte Trupps, die Kühe mit ihren noch nicht zeu- gungsfähigen Kälbern andere. Die Geſammtheit bleibt übrigens in einer gewiſſen Verbindung: eine Herde zieht der anderen nach.
Je nach der Jahreszeit iſt der Aufenthaltsort dieſer Rinder verſchieden. Jm Sommer zerſtreuen ſich die Biſonten in den weiten Ebenen, im Winter vereinigen ſie ſich mehr und ſuchen dann die wal- digen Gegenden auf. Dann findet man ſie z. B. auf baumreichen Jnſeln der Ströme und Seen oder längs deren waldigen Ufern in großer Menge. Alljährlich unternehmen ſie mit größerer oder geringerer Regelmäßigkeit eine Wanderung. Vom Juli an ziehen ſie ſüdwärts nach den fruchtbaren Gegenden von Arkanſas, mit Beginn des Frühjahrs kehren ſie wieder nach Norden zurück und zwar
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Die Rinder. — Der Biſon.
Zur Zeit ſind die Gegenden nördlich und weſtlich vom Miſſouri die Aufenthaltsorte des Biſon.
Hier ſieht man ihn allerdings noch in ungeheurer Menge. Fröbel zog im Jahre 1858 mit einer
Wagenkaravane von Miſſouri nach Mejiko und — acht Tage lang bewegte ſich dieſer Menſchenzug
unaufhörlich zwiſchen Büffelherden fort. Die meiſten fanden ſich auf der Nordſeite des Arkanſas; am
entgegengeſetzten Ufer gab es ſchon viel weniger. Auch Möllhauſen ſah im Jahre 1851 Hundert-
tauſende von Biſonten auf den endloſen Prairien, weſtlich des Miſſouri, Maſſen, daß die Ebene,
ſoweit ſein Blick reichte, ſchwarz von ihnen war, und ein Ueberſchlag ihrer Zahl nach möglicherweiſe
nur gemacht werden konnte, indem man den Flächenraum, welchen die Thiere bedeckten, nach Ge-
viertmeilen berechnete. Der Biſon iſt, wie es ſcheint, noch geſelliger als die übrigen Rinder; jedoch
bilden die Maſſen, welche man auf ein und derſelben Ebene erblickt, nicht eine einzige Herde, ſondern
[Abbildung Der Biſon (Bonassus amoricanus).]
zerfallen in zahlloſe kleinere Geſellſchaften. Rückſichtlich der verſchiedenen Geſchlechter vereinigt ſich
der Biſon überhaupt nur in gewiſſen Monaten, zur Brunſtzeit nämlich; den übrigen Theil des
Jahres hindurch bilden die Stiere für ſich abgeſonderte Trupps, die Kühe mit ihren noch nicht zeu-
gungsfähigen Kälbern andere. Die Geſammtheit bleibt übrigens in einer gewiſſen Verbindung: eine
Herde zieht der anderen nach.
Je nach der Jahreszeit iſt der Aufenthaltsort dieſer Rinder verſchieden. Jm Sommer zerſtreuen
ſich die Biſonten in den weiten Ebenen, im Winter vereinigen ſie ſich mehr und ſuchen dann die wal-
digen Gegenden auf. Dann findet man ſie z. B. auf baumreichen Jnſeln der Ströme und Seen oder
längs deren waldigen Ufern in großer Menge. Alljährlich unternehmen ſie mit größerer oder
geringerer Regelmäßigkeit eine Wanderung. Vom Juli an ziehen ſie ſüdwärts nach den fruchtbaren
Gegenden von Arkanſas, mit Beginn des Frühjahrs kehren ſie wieder nach Norden zurück und zwar
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/682>, abgerufen am 23.11.2024.
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