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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Bison.

Dasselbe Schicksal, welches sich am Wisent nahezu erfüllt, steht seinem einzigen Verwandten,
dem amerikanischen Bison, bevor. Auch er verbreitete sich früher fast über die ganze Nordhälfte
der westlichen Erde und ist gegenwärtig schon in vielen Ländern gänzlich vernichtet. Von Jahr zu
Jahr wird er weiter zurückgetrieben und mehr und mehr beschränkt. Der Weiße und der Jndianer
theilen sich mit dem Wolf in Verfolgung des Thieres; der Wolf aber ist von diesen drei schlimmsten
Feinden des Thieres der menschlichste: er vertilgt wenigstens nicht mehr, als er zu seiner Nahrung
bedarf, während der Mensch dem Bison rücksichtslos entgegentritt und innerhalb seiner Herden un-
gleich größere Verherungen aurichtet, als nothwendig wäre. Noch durchziehen Millionen der stolzen
Thiere die ungeheuren Steppen im Westen Nordamerikas; aber es bleichen schon gegenwärtig tausend-
mal mehr Schädel erlegter Bisons in der Prairie, als heutigen Tags noch "Büffel" leben. Als die
Europäer ihre Niederlassungen in Nordamerika zu gründen begannen, fand man den Bison an den
Küsten des atlantischen Weltmeers; aber schon zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts sah man es
als eine denkwürdige Begebenheit an, daß ein Bison am Kap Fear River erlegt wurde. Zu Ende
des vorigen Jahrhunderts war der Büffel zahlreich in Kentucky und im Westen von Peunsilvanien;
jetzt findet er sich kaum noch in Louisiana und Arkansas. Sonst war der große Sklavensee unter dem
60. Grad der Breite seine Grenze nach Norden hin und das Felsgebirg die Mauer, welche ihn von
Westen schied; jetzt ist er bereits bis zum 65. Grad nördlicher Breite vorgedrungen, wie ein Verfolg-
ter, welcher Schutz in Einöden sucht, und ebenso hat er sich mühselig über das hohe Gebirge einen
Weg gebahnt, um in den westlichen Ebenen Zuflucht zu finden. Auch diese Fluchtversuche werden
ihn von seinem endlichen Schicksal nicht erretten können. Jndianer und Weiße sitzen ihm beständig
auf dem Nacken; das Morden, die Vernichtung gehen unaufhaltsam ihren Gang.

Der Bison oder "Büffel der Amerikaner" (Bonassus americanus) ist unter den nordamerikani-
schen Thieren dasselbe, was der Wisent in Europa: der Riese unter allen Landsäugethieren. Die
Länge des Bullen beträgt ungefähr 81/2 bis 9 Fuß, ungerechnet des 11/2, mit dem Haar aber 2 Fuß
langen Schwanzes, die Höhe am Widerrist bis 6 Fuß, die Kreuzhöhe 5 Fuß. Das Gewicht schwankt
zwischen zwölf und zwanzig Centnern. Die Kuh erreicht etwa vier Fünftel der Größe des Stiers.
Jn Gestalt und Ansehen ähnelt der Bison dem Wisent ungemein. Demungeachtet fällt es dem
Kundigen nicht schwer, beide zu unterscheiden. Bezeichnend für den Bison ist die verhältniß-
mäßige Kürze der Beine und des Schwanzes, bei stärkerer Ausbildung des Brusttheils und Ber-
schmächtigung des Hintertheils, sowie das lange Haarkleid. Der Kopf ist gewaltig breit auf der
Stirn, verhältnißmäßig größer, als bei dem Wisent, der Hals ist kurz, der Widerrist ungemein
hoch, das Hintergestell dagegen verhältnißmäßig schwach und schmal, der Schwanz kurz. Die
kurzen, dicken Hörner biegen sich sanft aus- und aufwärts, mit den Spitzen aber wieder etwas nach
innen. Die Ohren sind kurz und schmal, zierlich gestaltet, die Augen ziemlich groß und sehr
dunkel von Farbe; denn selbst das Weiße ist getrübt, gelbbraun. Die Behaarung ähnelt der des
Wisents. Kopf, Hals, Schultern, Vorderleib und Vorderschenkel, der Vordertheil der Hinter-
schenkel und die Schwanzspitze sind lang behaart, die Schultertheile mähnig, Kinn und Unterhals
bartähnlich, der Kopf kraus, filzig. Alle übrigen Leibestheile tragen nur ein kurzes, dichtes Haar-
kleid. Jm Winter verlängert sich das Haar bedeutend; mit Beginn des Frühlings wird der Winter-
pelz in großen Flocken abgestoßen. Mit dieser Veränderung steht die Färbung im Einklang. Sie ist
eigentlich ein sehr gleichmäßiges Graubraun, welches in der Mähne, d. h. also an Vorderkopf, Stirn,
Hals und Wamme dunkler wird, nämlich in Schwarzbraun übergeht. Das abgestoßene Haar ver-
bleicht und nimmt dann eine graulich gelbbraune Färbung an. Hörner und Hufe, sowie die nackte
Muffel sind glänzend schwarz. Bezeichnend für den Stier sind nach der Beschreibung des Prinzen
von Wied
zwei gepaarte Zitzen, dicht neben einander, jederseits der Brunstruthe. Weiße und weiß
gefleckte Spielarten sind beobachtet worden; dieselben kommen aber immer selten vor. Sodann spre-
chen die Amerikaner von besonderen Nassen, mit weichen, feidenartig glänzenden Haaren, welche im
Sonnenschein wie Biberhaare glänzen und schimmern sollen.

Der Biſon.

Daſſelbe Schickſal, welches ſich am Wiſent nahezu erfüllt, ſteht ſeinem einzigen Verwandten,
dem amerikaniſchen Biſon, bevor. Auch er verbreitete ſich früher faſt über die ganze Nordhälfte
der weſtlichen Erde und iſt gegenwärtig ſchon in vielen Ländern gänzlich vernichtet. Von Jahr zu
Jahr wird er weiter zurückgetrieben und mehr und mehr beſchränkt. Der Weiße und der Jndianer
theilen ſich mit dem Wolf in Verfolgung des Thieres; der Wolf aber iſt von dieſen drei ſchlimmſten
Feinden des Thieres der menſchlichſte: er vertilgt wenigſtens nicht mehr, als er zu ſeiner Nahrung
bedarf, während der Menſch dem Biſon rückſichtslos entgegentritt und innerhalb ſeiner Herden un-
gleich größere Verherungen aurichtet, als nothwendig wäre. Noch durchziehen Millionen der ſtolzen
Thiere die ungeheuren Steppen im Weſten Nordamerikas; aber es bleichen ſchon gegenwärtig tauſend-
mal mehr Schädel erlegter Biſons in der Prairie, als heutigen Tags noch „Büffel‟ leben. Als die
Europäer ihre Niederlaſſungen in Nordamerika zu gründen begannen, fand man den Biſon an den
Küſten des atlantiſchen Weltmeers; aber ſchon zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts ſah man es
als eine denkwürdige Begebenheit an, daß ein Biſon am Kap Fear River erlegt wurde. Zu Ende
des vorigen Jahrhunderts war der Büffel zahlreich in Kentucky und im Weſten von Peunſilvanien;
jetzt findet er ſich kaum noch in Louiſiana und Arkanſas. Sonſt war der große Sklavenſee unter dem
60. Grad der Breite ſeine Grenze nach Norden hin und das Felsgebirg die Mauer, welche ihn von
Weſten ſchied; jetzt iſt er bereits bis zum 65. Grad nördlicher Breite vorgedrungen, wie ein Verfolg-
ter, welcher Schutz in Einöden ſucht, und ebenſo hat er ſich mühſelig über das hohe Gebirge einen
Weg gebahnt, um in den weſtlichen Ebenen Zuflucht zu finden. Auch dieſe Fluchtverſuche werden
ihn von ſeinem endlichen Schickſal nicht erretten können. Jndianer und Weiße ſitzen ihm beſtändig
auf dem Nacken; das Morden, die Vernichtung gehen unaufhaltſam ihren Gang.

Der Biſon oder „Büffel der Amerikaner‟ (Bonassus americanus) iſt unter den nordamerikani-
ſchen Thieren daſſelbe, was der Wiſent in Europa: der Rieſe unter allen Landſäugethieren. Die
Länge des Bullen beträgt ungefähr 8½ bis 9 Fuß, ungerechnet des 1½, mit dem Haar aber 2 Fuß
langen Schwanzes, die Höhe am Widerriſt bis 6 Fuß, die Kreuzhöhe 5 Fuß. Das Gewicht ſchwankt
zwiſchen zwölf und zwanzig Centnern. Die Kuh erreicht etwa vier Fünftel der Größe des Stiers.
Jn Geſtalt und Anſehen ähnelt der Biſon dem Wiſent ungemein. Demungeachtet fällt es dem
Kundigen nicht ſchwer, beide zu unterſcheiden. Bezeichnend für den Biſon iſt die verhältniß-
mäßige Kürze der Beine und des Schwanzes, bei ſtärkerer Ausbildung des Bruſttheils und Ber-
ſchmächtigung des Hintertheils, ſowie das lange Haarkleid. Der Kopf iſt gewaltig breit auf der
Stirn, verhältnißmäßig größer, als bei dem Wiſent, der Hals iſt kurz, der Widerriſt ungemein
hoch, das Hintergeſtell dagegen verhältnißmäßig ſchwach und ſchmal, der Schwanz kurz. Die
kurzen, dicken Hörner biegen ſich ſanft aus- und aufwärts, mit den Spitzen aber wieder etwas nach
innen. Die Ohren ſind kurz und ſchmal, zierlich geſtaltet, die Augen ziemlich groß und ſehr
dunkel von Farbe; denn ſelbſt das Weiße iſt getrübt, gelbbraun. Die Behaarung ähnelt der des
Wiſents. Kopf, Hals, Schultern, Vorderleib und Vorderſchenkel, der Vordertheil der Hinter-
ſchenkel und die Schwanzſpitze ſind lang behaart, die Schultertheile mähnig, Kinn und Unterhals
bartähnlich, der Kopf kraus, filzig. Alle übrigen Leibestheile tragen nur ein kurzes, dichtes Haar-
kleid. Jm Winter verlängert ſich das Haar bedeutend; mit Beginn des Frühlings wird der Winter-
pelz in großen Flocken abgeſtoßen. Mit dieſer Veränderung ſteht die Färbung im Einklang. Sie iſt
eigentlich ein ſehr gleichmäßiges Graubraun, welches in der Mähne, d. h. alſo an Vorderkopf, Stirn,
Hals und Wamme dunkler wird, nämlich in Schwarzbraun übergeht. Das abgeſtoßene Haar ver-
bleicht und nimmt dann eine graulich gelbbraune Färbung an. Hörner und Hufe, ſowie die nackte
Muffel ſind glänzend ſchwarz. Bezeichnend für den Stier ſind nach der Beſchreibung des Prinzen
von Wied
zwei gepaarte Zitzen, dicht neben einander, jederſeits der Brunſtruthe. Weiße und weiß
gefleckte Spielarten ſind beobachtet worden; dieſelben kommen aber immer ſelten vor. Sodann ſpre-
chen die Amerikaner von beſonderen Naſſen, mit weichen, feidenartig glänzenden Haaren, welche im
Sonnenſchein wie Biberhaare glänzen und ſchimmern ſollen.

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[647/0681] Der Biſon. Daſſelbe Schickſal, welches ſich am Wiſent nahezu erfüllt, ſteht ſeinem einzigen Verwandten, dem amerikaniſchen Biſon, bevor. Auch er verbreitete ſich früher faſt über die ganze Nordhälfte der weſtlichen Erde und iſt gegenwärtig ſchon in vielen Ländern gänzlich vernichtet. Von Jahr zu Jahr wird er weiter zurückgetrieben und mehr und mehr beſchränkt. Der Weiße und der Jndianer theilen ſich mit dem Wolf in Verfolgung des Thieres; der Wolf aber iſt von dieſen drei ſchlimmſten Feinden des Thieres der menſchlichſte: er vertilgt wenigſtens nicht mehr, als er zu ſeiner Nahrung bedarf, während der Menſch dem Biſon rückſichtslos entgegentritt und innerhalb ſeiner Herden un- gleich größere Verherungen aurichtet, als nothwendig wäre. Noch durchziehen Millionen der ſtolzen Thiere die ungeheuren Steppen im Weſten Nordamerikas; aber es bleichen ſchon gegenwärtig tauſend- mal mehr Schädel erlegter Biſons in der Prairie, als heutigen Tags noch „Büffel‟ leben. Als die Europäer ihre Niederlaſſungen in Nordamerika zu gründen begannen, fand man den Biſon an den Küſten des atlantiſchen Weltmeers; aber ſchon zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts ſah man es als eine denkwürdige Begebenheit an, daß ein Biſon am Kap Fear River erlegt wurde. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts war der Büffel zahlreich in Kentucky und im Weſten von Peunſilvanien; jetzt findet er ſich kaum noch in Louiſiana und Arkanſas. Sonſt war der große Sklavenſee unter dem 60. Grad der Breite ſeine Grenze nach Norden hin und das Felsgebirg die Mauer, welche ihn von Weſten ſchied; jetzt iſt er bereits bis zum 65. Grad nördlicher Breite vorgedrungen, wie ein Verfolg- ter, welcher Schutz in Einöden ſucht, und ebenſo hat er ſich mühſelig über das hohe Gebirge einen Weg gebahnt, um in den weſtlichen Ebenen Zuflucht zu finden. Auch dieſe Fluchtverſuche werden ihn von ſeinem endlichen Schickſal nicht erretten können. Jndianer und Weiße ſitzen ihm beſtändig auf dem Nacken; das Morden, die Vernichtung gehen unaufhaltſam ihren Gang. Der Biſon oder „Büffel der Amerikaner‟ (Bonassus americanus) iſt unter den nordamerikani- ſchen Thieren daſſelbe, was der Wiſent in Europa: der Rieſe unter allen Landſäugethieren. Die Länge des Bullen beträgt ungefähr 8½ bis 9 Fuß, ungerechnet des 1½, mit dem Haar aber 2 Fuß langen Schwanzes, die Höhe am Widerriſt bis 6 Fuß, die Kreuzhöhe 5 Fuß. Das Gewicht ſchwankt zwiſchen zwölf und zwanzig Centnern. Die Kuh erreicht etwa vier Fünftel der Größe des Stiers. Jn Geſtalt und Anſehen ähnelt der Biſon dem Wiſent ungemein. Demungeachtet fällt es dem Kundigen nicht ſchwer, beide zu unterſcheiden. Bezeichnend für den Biſon iſt die verhältniß- mäßige Kürze der Beine und des Schwanzes, bei ſtärkerer Ausbildung des Bruſttheils und Ber- ſchmächtigung des Hintertheils, ſowie das lange Haarkleid. Der Kopf iſt gewaltig breit auf der Stirn, verhältnißmäßig größer, als bei dem Wiſent, der Hals iſt kurz, der Widerriſt ungemein hoch, das Hintergeſtell dagegen verhältnißmäßig ſchwach und ſchmal, der Schwanz kurz. Die kurzen, dicken Hörner biegen ſich ſanft aus- und aufwärts, mit den Spitzen aber wieder etwas nach innen. Die Ohren ſind kurz und ſchmal, zierlich geſtaltet, die Augen ziemlich groß und ſehr dunkel von Farbe; denn ſelbſt das Weiße iſt getrübt, gelbbraun. Die Behaarung ähnelt der des Wiſents. Kopf, Hals, Schultern, Vorderleib und Vorderſchenkel, der Vordertheil der Hinter- ſchenkel und die Schwanzſpitze ſind lang behaart, die Schultertheile mähnig, Kinn und Unterhals bartähnlich, der Kopf kraus, filzig. Alle übrigen Leibestheile tragen nur ein kurzes, dichtes Haar- kleid. Jm Winter verlängert ſich das Haar bedeutend; mit Beginn des Frühlings wird der Winter- pelz in großen Flocken abgeſtoßen. Mit dieſer Veränderung ſteht die Färbung im Einklang. Sie iſt eigentlich ein ſehr gleichmäßiges Graubraun, welches in der Mähne, d. h. alſo an Vorderkopf, Stirn, Hals und Wamme dunkler wird, nämlich in Schwarzbraun übergeht. Das abgeſtoßene Haar ver- bleicht und nimmt dann eine graulich gelbbraune Färbung an. Hörner und Hufe, ſowie die nackte Muffel ſind glänzend ſchwarz. Bezeichnend für den Stier ſind nach der Beſchreibung des Prinzen von Wied zwei gepaarte Zitzen, dicht neben einander, jederſeits der Brunſtruthe. Weiße und weiß gefleckte Spielarten ſind beobachtet worden; dieſelben kommen aber immer ſelten vor. Sodann ſpre- chen die Amerikaner von beſonderen Naſſen, mit weichen, feidenartig glänzenden Haaren, welche im Sonnenſchein wie Biberhaare glänzen und ſchimmern ſollen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/681>, abgerufen am 23.11.2024.