Die quastenschwänzige und die eigentliche Kängururatte.
"Gleich den übrigen Arten der Sippe gräbt sich die Kängururatte eine Höhlung im Boden zur Aufnahme ihres dickwandigen Grasnestes aus, dessen Aussehen mit der Umgebung so vollkommen im Einklang steht, daß es ohne die sorgfältigste Prüfung sicher übersehen wird. Der Platz wird regel- mäßig zwischen Grasbüscheln oder in der Nähe eines Busches gewählt. Bei Tage liegt eins oder ein Paar der Thiere in solchem Neste, den Blicken gänzlich entzogen, weil die durch das Einkriechen ent- stehende Oeffnung immer sorgfältig bedeckt oder geschlossen wird. Die Eingeborenen freilich lassen sich nicht täuschen. Sie entdecken fast jedes Nest und tödten dann beinahe immer die Schläfer innerhalb desselben durch einen Schlag mit ihren Keulen."
"Sehr merkwürdig ist es, wie diese Kängururatten das dürre Gras zu ihrem Neste herbei- schaffen. Es geschieht Dies nämlich mit Hilfe des Schwanzes, welcher sehr greiffähig ist. Das Thier faßt mit ihm einen Büschel und schleppt denselben zum bestimmten Ort: wie sonderbar und belusti- gend Dies aussieht, kann man sich denken. Auch im Gefangenleben schleppen sie sich in gleicher Weise die Stoffe zu ihrem Lager herbei; wenigstens thaten es einige, welche der Earl von Derby in seinem Thierpark zu Knowsely hielt, und zwar unter möglichster Berücksichtigung ihrer Lebens- erfordernisse."
"Jn Australien beherbergen die trockenen Ebenen und Hügel, welche spärlich mit Bäumen und Büschen bestanden sind, unsere Thiere. Sie leben zwar nicht in Herden, aber doch in ziemlicher An- zahl zusammen. Erst nach Einbruch der Nacht gehen sie nach Futter aus. Sie äßen sich von Gras und Wurzeln, welch letztere sie durch Ausgraben gewinnen und zwar, Dank ihrer Geschicklichkeit, ohne Beschwerde. Dem Jäger verrathen die ausgescharrten Löcher unter den Büschen ihr Vorhanden- sein. Wenn sie bei Tage gestört werden, eilen sie mit überraschender Schnelligkeit irgend einer schützenden Erd-, Fels- oder Baumhöhle zu und bergen sich hier gewöhnlich in erwünschter Weise."
Die eigentliche Kängururatte (Hypsiprymnus murinus) ist an ihrem länglichen Kopfe, den kurzen Läufen und dem echten Rattenschwanze zu erkennen. Jhre Leibeslänge beträgt 15 Zoll, die Länge des Schwanzes gegen 10 Zoll, die Höhe am Widerrist 5 Zoll. Der Leib ist kurz und unter- setzt, der Hals dick, die Vorderfüße haben getrennte Zehen, während an den Hinterfüßen die zweite und dritte Zehe bis zum letzten Glied mit einander verwachsen sind. Alle sind mit langen, sichel- förmigen Krallen bewaffnet. Der lange, flache, ziemlich starke Schwanz ist geringelt und ge- schuppt und noch spärlich mit einigen kurzen, steifen Haaren bedeckt. Ein Theil desselben ist ganz nackt, ebenso die Oberlippe. Der lange, lockere, schwach glänzende Pelz ist oben dunkelbraun, mit schwarzer und blaßbrauner Mischung, auf der Unterseite schmuzig- oder gelblichweiß. Die Haare haben dunkle Wurzeln und die der Oberseite schwarze Spitzen, zwischen diesen stehen aber kürzere, gelbspitzige. Der Schwanz ist an der Wurzel und oben bräunlich, längs der Seiten und unten schwarz.
Neusüdwales und Vandiemensland sind die Heimat der Kängururatte; bei Port Jackson ist sie häufig. Sie liebt dünn mit Büschen bestandene Gegenden und meidet offene Triften. Auf ihren Wohnplätzen gräbt sie sich zwischen Grasbüscheln eine Vertiefung in den Boden, kleidet diese mit trockenem Gras und Heu sorgfältig aus und verschläft in ihr, gewöhnlich in Gesellschaft mit anderen ihrer Art, den Tag; denn auch sie ist ein echtes Nachtthier, welches erst gegen Sonnenuntergang zum Vorschein kommt. Das Lager wird so geschickt angelegt, daß es der Aufmerksamkeit des unge- übten Europäers regelmäßig entgeht, auch wenn dieser dicht vor ihm steht. Der Eingeborene freilich, dessen wachsames und scharfes Auge jede Unregelmäßigkeit des Bodens wahrnimmt, geht selten an einem solchen Neste vorüber, ohne es zu sehen, zu untersuchen und den ruhig darin schlummernden Bewohner zu tödten.
Jn ihren Bewegungen unterscheidet sich die Kängururatte nach meinen Beobachtungen auffallend genug von den Springbeutelthieren. Sie läuft ganz anders und weit leichter, als diese,
Die quaſtenſchwänzige und die eigentliche Kängururatte.
„Gleich den übrigen Arten der Sippe gräbt ſich die Kängururatte eine Höhlung im Boden zur Aufnahme ihres dickwandigen Grasneſtes aus, deſſen Ausſehen mit der Umgebung ſo vollkommen im Einklang ſteht, daß es ohne die ſorgfältigſte Prüfung ſicher überſehen wird. Der Platz wird regel- mäßig zwiſchen Grasbüſcheln oder in der Nähe eines Buſches gewählt. Bei Tage liegt eins oder ein Paar der Thiere in ſolchem Neſte, den Blicken gänzlich entzogen, weil die durch das Einkriechen ent- ſtehende Oeffnung immer ſorgfältig bedeckt oder geſchloſſen wird. Die Eingeborenen freilich laſſen ſich nicht täuſchen. Sie entdecken faſt jedes Neſt und tödten dann beinahe immer die Schläfer innerhalb deſſelben durch einen Schlag mit ihren Keulen.‟
„Sehr merkwürdig iſt es, wie dieſe Kängururatten das dürre Gras zu ihrem Neſte herbei- ſchaffen. Es geſchieht Dies nämlich mit Hilfe des Schwanzes, welcher ſehr greiffähig iſt. Das Thier faßt mit ihm einen Büſchel und ſchleppt denſelben zum beſtimmten Ort: wie ſonderbar und beluſti- gend Dies ausſieht, kann man ſich denken. Auch im Gefangenleben ſchleppen ſie ſich in gleicher Weiſe die Stoffe zu ihrem Lager herbei; wenigſtens thaten es einige, welche der Earl von Derby in ſeinem Thierpark zu Knowſely hielt, und zwar unter möglichſter Berückſichtigung ihrer Lebens- erforderniſſe.‟
„Jn Auſtralien beherbergen die trockenen Ebenen und Hügel, welche ſpärlich mit Bäumen und Büſchen beſtanden ſind, unſere Thiere. Sie leben zwar nicht in Herden, aber doch in ziemlicher An- zahl zuſammen. Erſt nach Einbruch der Nacht gehen ſie nach Futter aus. Sie äßen ſich von Gras und Wurzeln, welch letztere ſie durch Ausgraben gewinnen und zwar, Dank ihrer Geſchicklichkeit, ohne Beſchwerde. Dem Jäger verrathen die ausgeſcharrten Löcher unter den Büſchen ihr Vorhanden- ſein. Wenn ſie bei Tage geſtört werden, eilen ſie mit überraſchender Schnelligkeit irgend einer ſchützenden Erd-, Fels- oder Baumhöhle zu und bergen ſich hier gewöhnlich in erwünſchter Weiſe.‟
Die eigentliche Kängururatte (Hypsiprymnus murinus) iſt an ihrem länglichen Kopfe, den kurzen Läufen und dem echten Rattenſchwanze zu erkennen. Jhre Leibeslänge beträgt 15 Zoll, die Länge des Schwanzes gegen 10 Zoll, die Höhe am Widerriſt 5 Zoll. Der Leib iſt kurz und unter- ſetzt, der Hals dick, die Vorderfüße haben getrennte Zehen, während an den Hinterfüßen die zweite und dritte Zehe bis zum letzten Glied mit einander verwachſen ſind. Alle ſind mit langen, ſichel- förmigen Krallen bewaffnet. Der lange, flache, ziemlich ſtarke Schwanz iſt geringelt und ge- ſchuppt und noch ſpärlich mit einigen kurzen, ſteifen Haaren bedeckt. Ein Theil deſſelben iſt ganz nackt, ebenſo die Oberlippe. Der lange, lockere, ſchwach glänzende Pelz iſt oben dunkelbraun, mit ſchwarzer und blaßbrauner Miſchung, auf der Unterſeite ſchmuzig- oder gelblichweiß. Die Haare haben dunkle Wurzeln und die der Oberſeite ſchwarze Spitzen, zwiſchen dieſen ſtehen aber kürzere, gelbſpitzige. Der Schwanz iſt an der Wurzel und oben bräunlich, längs der Seiten und unten ſchwarz.
Neuſüdwales und Vandiemensland ſind die Heimat der Kängururatte; bei Port Jackſon iſt ſie häufig. Sie liebt dünn mit Büſchen beſtandene Gegenden und meidet offene Triften. Auf ihren Wohnplätzen gräbt ſie ſich zwiſchen Grasbüſcheln eine Vertiefung in den Boden, kleidet dieſe mit trockenem Gras und Heu ſorgfältig aus und verſchläft in ihr, gewöhnlich in Geſellſchaft mit anderen ihrer Art, den Tag; denn auch ſie iſt ein echtes Nachtthier, welches erſt gegen Sonnenuntergang zum Vorſchein kommt. Das Lager wird ſo geſchickt angelegt, daß es der Aufmerkſamkeit des unge- übten Europäers regelmäßig entgeht, auch wenn dieſer dicht vor ihm ſteht. Der Eingeborene freilich, deſſen wachſames und ſcharfes Auge jede Unregelmäßigkeit des Bodens wahrnimmt, geht ſelten an einem ſolchen Neſte vorüber, ohne es zu ſehen, zu unterſuchen und den ruhig darin ſchlummernden Bewohner zu tödten.
Jn ihren Bewegungen unterſcheidet ſich die Kängururatte nach meinen Beobachtungen auffallend genug von den Springbeutelthieren. Sie läuft ganz anders und weit leichter, als dieſe,
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Die quaſtenſchwänzige und die eigentliche Kängururatte.
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Aufnahme ihres dickwandigen Grasneſtes aus, deſſen Ausſehen mit der Umgebung ſo vollkommen im
Einklang ſteht, daß es ohne die ſorgfältigſte Prüfung ſicher überſehen wird. Der Platz wird regel-
mäßig zwiſchen Grasbüſcheln oder in der Nähe eines Buſches gewählt. Bei Tage liegt eins oder ein
Paar der Thiere in ſolchem Neſte, den Blicken gänzlich entzogen, weil die durch das Einkriechen ent-
ſtehende Oeffnung immer ſorgfältig bedeckt oder geſchloſſen wird. Die Eingeborenen freilich laſſen ſich
nicht täuſchen. Sie entdecken faſt jedes Neſt und tödten dann beinahe immer die Schläfer innerhalb
deſſelben durch einen Schlag mit ihren Keulen.‟
„Sehr merkwürdig iſt es, wie dieſe Kängururatten das dürre Gras zu ihrem Neſte herbei-
ſchaffen. Es geſchieht Dies nämlich mit Hilfe des Schwanzes, welcher ſehr greiffähig iſt. Das Thier
faßt mit ihm einen Büſchel und ſchleppt denſelben zum beſtimmten Ort: wie ſonderbar und beluſti-
gend Dies ausſieht, kann man ſich denken. Auch im Gefangenleben ſchleppen ſie ſich in gleicher
Weiſe die Stoffe zu ihrem Lager herbei; wenigſtens thaten es einige, welche der Earl von Derby in
ſeinem Thierpark zu Knowſely hielt, und zwar unter möglichſter Berückſichtigung ihrer Lebens-
erforderniſſe.‟
„Jn Auſtralien beherbergen die trockenen Ebenen und Hügel, welche ſpärlich mit Bäumen und
Büſchen beſtanden ſind, unſere Thiere. Sie leben zwar nicht in Herden, aber doch in ziemlicher An-
zahl zuſammen. Erſt nach Einbruch der Nacht gehen ſie nach Futter aus. Sie äßen ſich von Gras
und Wurzeln, welch letztere ſie durch Ausgraben gewinnen und zwar, Dank ihrer Geſchicklichkeit,
ohne Beſchwerde. Dem Jäger verrathen die ausgeſcharrten Löcher unter den Büſchen ihr Vorhanden-
ſein. Wenn ſie bei Tage geſtört werden, eilen ſie mit überraſchender Schnelligkeit irgend einer
ſchützenden Erd-, Fels- oder Baumhöhle zu und bergen ſich hier gewöhnlich in erwünſchter Weiſe.‟
Die eigentliche Kängururatte (Hypsiprymnus murinus) iſt an ihrem länglichen Kopfe, den
kurzen Läufen und dem echten Rattenſchwanze zu erkennen. Jhre Leibeslänge beträgt 15 Zoll, die
Länge des Schwanzes gegen 10 Zoll, die Höhe am Widerriſt 5 Zoll. Der Leib iſt kurz und unter-
ſetzt, der Hals dick, die Vorderfüße haben getrennte Zehen, während an den Hinterfüßen die zweite
und dritte Zehe bis zum letzten Glied mit einander verwachſen ſind. Alle ſind mit langen, ſichel-
förmigen Krallen bewaffnet. Der lange, flache, ziemlich ſtarke Schwanz iſt geringelt und ge-
ſchuppt und noch ſpärlich mit einigen kurzen, ſteifen Haaren bedeckt. Ein Theil deſſelben iſt ganz
nackt, ebenſo die Oberlippe. Der lange, lockere, ſchwach glänzende Pelz iſt oben dunkelbraun, mit
ſchwarzer und blaßbrauner Miſchung, auf der Unterſeite ſchmuzig- oder gelblichweiß. Die Haare
haben dunkle Wurzeln und die der Oberſeite ſchwarze Spitzen, zwiſchen dieſen ſtehen aber kürzere,
gelbſpitzige. Der Schwanz iſt an der Wurzel und oben bräunlich, längs der Seiten und unten
ſchwarz.
Neuſüdwales und Vandiemensland ſind die Heimat der Kängururatte; bei Port Jackſon iſt ſie
häufig. Sie liebt dünn mit Büſchen beſtandene Gegenden und meidet offene Triften. Auf ihren
Wohnplätzen gräbt ſie ſich zwiſchen Grasbüſcheln eine Vertiefung in den Boden, kleidet dieſe mit
trockenem Gras und Heu ſorgfältig aus und verſchläft in ihr, gewöhnlich in Geſellſchaft mit anderen
ihrer Art, den Tag; denn auch ſie iſt ein echtes Nachtthier, welches erſt gegen Sonnenuntergang
zum Vorſchein kommt. Das Lager wird ſo geſchickt angelegt, daß es der Aufmerkſamkeit des unge-
übten Europäers regelmäßig entgeht, auch wenn dieſer dicht vor ihm ſteht. Der Eingeborene freilich,
deſſen wachſames und ſcharfes Auge jede Unregelmäßigkeit des Bodens wahrnimmt, geht ſelten an
einem ſolchen Neſte vorüber, ohne es zu ſehen, zu unterſuchen und den ruhig darin ſchlummernden
Bewohner zu tödten.
Jn ihren Bewegungen unterſcheidet ſich die Kängururatte nach meinen Beobachtungen
auffallend genug von den Springbeutelthieren. Sie läuft ganz anders und weit leichter, als dieſe,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/69>, abgerufen am 23.11.2024.
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