auf einen Baum hinaufhüpft und dort im schwankenden Gezweig sich bewegt. Dem Aufenthalt ent- sprechend äßt sich der Kängurubär vorzugsweise von Blättern, Knospen und Sprößlingen der Bäume; wahrscheinlich verzehrt er auch Früchte.
Jn der Gefangenschaft sieht man ihn selten. Mir ist ein einziger zu Gesicht gekommen, welcher im Thiergarten zu Rotterdam lebte, aber in einem so unpassenden Käfig eingesperrt war, daß er seine Fähigkeiten nicht an den Tag legen konnte. Leider scheiterten meine Bemühungen, ihn für unsern Garten zu erwerben. Mein Herr Kollege in Rotterdam, ein alter Thierschausteller, kannte das seltene Geschöpf selbstverständlich nicht, wußte aber doch soviel, daß er es mit einem ungewöhn- lichen Känguru zu thun hatte, und ließ sich durch keine Bitte bewegen, es mir abzulassen.
Die kleinen Springbeutelthiere nennt man Kängururatten (Hypsiprymnus). Sie ähneln den größeren Verwandten noch sehr, unterscheiden sich aber außer der geringen Größe durch verhältniß-
[Abbildung]
Die quastenschwänzige Kängururatte (Bettongia penicillata).
mäßig kürzeren Schwanz, durch die kurzen Vorderglieder mit langen Nägeln an den Mittelzehen, die gespaltene Oberlippe, die kleinen, runden Ohren, welche wirklich an Mäuseohren erinnern, und hauptsächlich endlich durch das Gebiß, welches im Oberkiefer bestimmt vorhandene Eckzähne besitzt. Man hat auch diese Sippe wieder getrennt, weil man beobachtet hat, daß Einige ihren Schwanz, wenn auch in beschränkter Weise, als Greifwerkzeuge benutzen können.
Als größte Art kennen wir bis jetzt die quastenschwänzige Kängururatte (Bettongia peni- cillata), ein Thier von Kaninchengröße mit ziemlich langen Haaren, graubrauner Färbung, schwarzer und weißer Sprenkelung auf der Oberseite und schmuzig weißer oder gelblicher Färbung auf der Unterseite. Es ist durch eine Quaste langer, schwarzer, buschiger Haare am Enddrittel des Schwan- zes besonders ausgezeichnet, und im ganzen 2 Fuß lang, wovon auf den Schwanz 11 Zoll gerechnet werden müssen. Seine Heimat ist Neusüdwales. Ueber Lebensweise und Betragen theilt Gould etwa Folgendes mit:
Die Kängurus, Springbeutler oder Beutelhaſen.
auf einen Baum hinaufhüpft und dort im ſchwankenden Gezweig ſich bewegt. Dem Aufenthalt ent- ſprechend äßt ſich der Kängurubär vorzugsweiſe von Blättern, Knospen und Sprößlingen der Bäume; wahrſcheinlich verzehrt er auch Früchte.
Jn der Gefangenſchaft ſieht man ihn ſelten. Mir iſt ein einziger zu Geſicht gekommen, welcher im Thiergarten zu Rotterdam lebte, aber in einem ſo unpaſſenden Käfig eingeſperrt war, daß er ſeine Fähigkeiten nicht an den Tag legen konnte. Leider ſcheiterten meine Bemühungen, ihn für unſern Garten zu erwerben. Mein Herr Kollege in Rotterdam, ein alter Thierſchauſteller, kannte das ſeltene Geſchöpf ſelbſtverſtändlich nicht, wußte aber doch ſoviel, daß er es mit einem ungewöhn- lichen Känguru zu thun hatte, und ließ ſich durch keine Bitte bewegen, es mir abzulaſſen.
Die kleinen Springbeutelthiere nennt man Kängururatten (Hypsiprymnus). Sie ähneln den größeren Verwandten noch ſehr, unterſcheiden ſich aber außer der geringen Größe durch verhältniß-
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Die quaſtenſchwänzige Kängururatte (Bettongia penicillata).
mäßig kürzeren Schwanz, durch die kurzen Vorderglieder mit langen Nägeln an den Mittelzehen, die geſpaltene Oberlippe, die kleinen, runden Ohren, welche wirklich an Mäuſeohren erinnern, und hauptſächlich endlich durch das Gebiß, welches im Oberkiefer beſtimmt vorhandene Eckzähne beſitzt. Man hat auch dieſe Sippe wieder getrennt, weil man beobachtet hat, daß Einige ihren Schwanz, wenn auch in beſchränkter Weiſe, als Greifwerkzeuge benutzen können.
Als größte Art kennen wir bis jetzt die quaſtenſchwänzige Kängururatte (Bettongia peni- cillata), ein Thier von Kaninchengröße mit ziemlich langen Haaren, graubrauner Färbung, ſchwarzer und weißer Sprenkelung auf der Oberſeite und ſchmuzig weißer oder gelblicher Färbung auf der Unterſeite. Es iſt durch eine Quaſte langer, ſchwarzer, buſchiger Haare am Enddrittel des Schwan- zes beſonders ausgezeichnet, und im ganzen 2 Fuß lang, wovon auf den Schwanz 11 Zoll gerechnet werden müſſen. Seine Heimat iſt Neuſüdwales. Ueber Lebensweiſe und Betragen theilt Gould etwa Folgendes mit:
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[54/0068]
Die Kängurus, Springbeutler oder Beutelhaſen.
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ſprechend äßt ſich der Kängurubär vorzugsweiſe von Blättern, Knospen und Sprößlingen der
Bäume; wahrſcheinlich verzehrt er auch Früchte.
Jn der Gefangenſchaft ſieht man ihn ſelten. Mir iſt ein einziger zu Geſicht gekommen, welcher
im Thiergarten zu Rotterdam lebte, aber in einem ſo unpaſſenden Käfig eingeſperrt war, daß er
ſeine Fähigkeiten nicht an den Tag legen konnte. Leider ſcheiterten meine Bemühungen, ihn für
unſern Garten zu erwerben. Mein Herr Kollege in Rotterdam, ein alter Thierſchauſteller, kannte
das ſeltene Geſchöpf ſelbſtverſtändlich nicht, wußte aber doch ſoviel, daß er es mit einem ungewöhn-
lichen Känguru zu thun hatte, und ließ ſich durch keine Bitte bewegen, es mir abzulaſſen.
Die kleinen Springbeutelthiere nennt man Kängururatten (Hypsiprymnus). Sie ähneln
den größeren Verwandten noch ſehr, unterſcheiden ſich aber außer der geringen Größe durch verhältniß-
[Abbildung Die quaſtenſchwänzige Kängururatte (Bettongia penicillata).]
mäßig kürzeren Schwanz, durch die kurzen Vorderglieder mit langen Nägeln an den Mittelzehen, die
geſpaltene Oberlippe, die kleinen, runden Ohren, welche wirklich an Mäuſeohren erinnern, und
hauptſächlich endlich durch das Gebiß, welches im Oberkiefer beſtimmt vorhandene Eckzähne beſitzt.
Man hat auch dieſe Sippe wieder getrennt, weil man beobachtet hat, daß Einige ihren Schwanz,
wenn auch in beſchränkter Weiſe, als Greifwerkzeuge benutzen können.
Als größte Art kennen wir bis jetzt die quaſtenſchwänzige Kängururatte (Bettongia peni-
cillata), ein Thier von Kaninchengröße mit ziemlich langen Haaren, graubrauner Färbung, ſchwarzer
und weißer Sprenkelung auf der Oberſeite und ſchmuzig weißer oder gelblicher Färbung auf der
Unterſeite. Es iſt durch eine Quaſte langer, ſchwarzer, buſchiger Haare am Enddrittel des Schwan-
zes beſonders ausgezeichnet, und im ganzen 2 Fuß lang, wovon auf den Schwanz 11 Zoll gerechnet
werden müſſen. Seine Heimat iſt Neuſüdwales. Ueber Lebensweiſe und Betragen theilt Gould
etwa Folgendes mit:
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/68>, abgerufen am 23.11.2024.
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