heftet. Von den Schultern hingen Goldtroddeln herab. Die schwarzen Käppchen, welche alle trugen, bestanden aus dickem, eigenthümlich gewebten Wollenzeuge, die Füße bekleideten leichte Schuhe mit sil- bernen Schnallen. Die Bandarilleros trugen, anstatt der Mäntel, buntfarbige, wollene Tücher über dem Arme. Ganz abweichend waren die Picadores gekleidet. Nur die Jacke war ebenso kostbar ge- stickt, als bei den übrigen, die Beinkleider bestanden aus dickem Leder und waren über schwere, eiserne Schienen gezogen, welche die Unterschenkel und die Füße, sowie den rechten Oberschenkel umhüllten. Auf dem Haupte saßen ihnen breitkrempige Filzhüte, welche mit buntfarbigen Bandrosen verziert waren. Diese Leute ritten erbärmliche Klepper, alterschwache Pferde, welche sie mit einem wirklich furchtbaren Sporn am linken Fuße antrieben. Sie saßen in Sätteln mit hohen Rücklehnen und über- aus schweren, wie grobe Holzschuhe gestalteten eisernen Steigbügeln. Alle Fechter trugen dünne Haarzöpfe von größerer oder geringerer Länge.
Der Zug der hereingetretenen Männer bewegte sich nach der Loge des Alcalden, verbeugte sich vor diesem und grüßte dann die schauende Menge. Hierauf rief der Alguazil einige Worte zum Mann des Gesetzes hinauf, welche aber von ungeheurem Lärm der Zuschauer vollkommen verschlungen wurden. Sie enthielten die Bitte um Erlaubniß zum Beginn der Vorstellung. Der Alcalde erhob sich und warf dem Alguazil den Schlüssel zum Stierzwinger zu. Dieser fing denselben auf, ritt zu der Thür des Zwingers und gab ihn einem dortstehenden Diener, welcher die Thür aufschloß, aber noch nicht öffnete. Die Espadas warfen ihre Mäntel ab, hingen sie an der Umplankung auf, ordneten ihre Degen und nahmen, wie die Bandarilleros, bunte Tücher zur Hand. Die Picadores ritten zu einem besonderen Beamten, welcher die nöthigen Quäl- und Schlachtwerkzeuge bewahrte, und erbaten sich von diesem Lanzen, vier bis fünf Ellen lange, runde, etwa 11/2 Zoll im Durchmesser haltende Stangen, an deren einem Ende eine kurze, dreischneidige, sehr scharfe Spitze befestigt ist, aber nur soweit hervor- tritt, als sie in das Fleisch des Stieres eindringen soll. Nachdem sie ihre Waffen empfangen hatten, waren alle zum Beginn des Gefechtes nöthigen Vorbereitungen beendet.
Es läßt sich nicht verkennen, daß bis jetzt das Schauspiel etwas Großartiges und theilweise auch Anziehendes hatte; von nun aber sollte es anders kommen. Bis jetzt hatte man es noch mit Menschen zu thun gehabt; von nun an aber trat das Vieh in seine Rechte.
Man öffnete die Thür des Stalles, um dem eingepferchten Stiere einen Ausweg zu verschaffen. Dieser war vorher regelrecht in Wuth versetzt worden. Der Stierzwinger ist ein breiter Gang mit mehreren kleinen gemauerten oder aus Holz bestehenden Kämmerchen, in deren jedes ein Stier ge- trieben wird, oft mit großer Gefahr und Mühe, hauptsächlich durch Hilfe der zahmen Stiere, welche gegen ihre wilden Brüder ganz ähnlich verfahren, wie die zahmen Elefanten gegen die frisch gefangenen. Jn seinem Kämmerchen nun wird der zum Kampfe bestimmte Stier erst stundenlang mit einem Sta- chelstock gepeinigt oder, wie der Spanier sagt, "gestraft". Die Spitzen sind nadelfein, so daß sie wohl durch die Haut dringen und Qualen verursachen, aber kaum Blutverlust hervorrufen. Man kann sich denken, wie sehr sich die Wuth des armen Gefangenen, der sich nicht einmal in seinem Käm- merchen umdrehen kann, steigert und mit welcher Freude er ins Freie stürzt, sobald sich ihm dazu Ge- legenheit bietet.
Sofort nach dem Oeffnen des Zwingers erschien denn auch der erste der Verdammten:
"Ein Sohn der Hölle schwarz und wild, Unbänd'ger Kraft ein schaurig Bild; Dumpf drang aus seiner Brust die Stimme, Er schnaubte wild im Nachegrimme."
Um ihn noch wüthender zu machen, hatte man ihm eine Minute vorher die sogenannte "Devise", eine große buntfarbige Bandrose, vermittelst einer eisernen Nadel mit Widerhaken durch Haut und Fleisch gestochen und damit die vorhergehenden Qualen würdig beschlossen. Beim Heraustreten stutzte er nur einen Augenblick; dann nahm er sofort einen der Bandarilleros an und stürzte gesenkten
Die ſpaniſchen Stiergefechte.
heftet. Von den Schultern hingen Goldtroddeln herab. Die ſchwarzen Käppchen, welche alle trugen, beſtanden aus dickem, eigenthümlich gewebten Wollenzeuge, die Füße bekleideten leichte Schuhe mit ſil- bernen Schnallen. Die Bandarilleros trugen, anſtatt der Mäntel, buntfarbige, wollene Tücher über dem Arme. Ganz abweichend waren die Picadores gekleidet. Nur die Jacke war ebenſo koſtbar ge- ſtickt, als bei den übrigen, die Beinkleider beſtanden aus dickem Leder und waren über ſchwere, eiſerne Schienen gezogen, welche die Unterſchenkel und die Füße, ſowie den rechten Oberſchenkel umhüllten. Auf dem Haupte ſaßen ihnen breitkrempige Filzhüte, welche mit buntfarbigen Bandroſen verziert waren. Dieſe Leute ritten erbärmliche Klepper, alterſchwache Pferde, welche ſie mit einem wirklich furchtbaren Sporn am linken Fuße antrieben. Sie ſaßen in Sätteln mit hohen Rücklehnen und über- aus ſchweren, wie grobe Holzſchuhe geſtalteten eiſernen Steigbügeln. Alle Fechter trugen dünne Haarzöpfe von größerer oder geringerer Länge.
Der Zug der hereingetretenen Männer bewegte ſich nach der Loge des Alcalden, verbeugte ſich vor dieſem und grüßte dann die ſchauende Menge. Hierauf rief der Alguazil einige Worte zum Mann des Geſetzes hinauf, welche aber von ungeheurem Lärm der Zuſchauer vollkommen verſchlungen wurden. Sie enthielten die Bitte um Erlaubniß zum Beginn der Vorſtellung. Der Alcalde erhob ſich und warf dem Alguazil den Schlüſſel zum Stierzwinger zu. Dieſer fing denſelben auf, ritt zu der Thür des Zwingers und gab ihn einem dortſtehenden Diener, welcher die Thür aufſchloß, aber noch nicht öffnete. Die Eſpadas warfen ihre Mäntel ab, hingen ſie an der Umplankung auf, ordneten ihre Degen und nahmen, wie die Bandarilleros, bunte Tücher zur Hand. Die Picadores ritten zu einem beſonderen Beamten, welcher die nöthigen Quäl- und Schlachtwerkzeuge bewahrte, und erbaten ſich von dieſem Lanzen, vier bis fünf Ellen lange, runde, etwa 1½ Zoll im Durchmeſſer haltende Stangen, an deren einem Ende eine kurze, dreiſchneidige, ſehr ſcharfe Spitze befeſtigt iſt, aber nur ſoweit hervor- tritt, als ſie in das Fleiſch des Stieres eindringen ſoll. Nachdem ſie ihre Waffen empfangen hatten, waren alle zum Beginn des Gefechtes nöthigen Vorbereitungen beendet.
Es läßt ſich nicht verkennen, daß bis jetzt das Schauſpiel etwas Großartiges und theilweiſe auch Anziehendes hatte; von nun aber ſollte es anders kommen. Bis jetzt hatte man es noch mit Menſchen zu thun gehabt; von nun an aber trat das Vieh in ſeine Rechte.
Man öffnete die Thür des Stalles, um dem eingepferchten Stiere einen Ausweg zu verſchaffen. Dieſer war vorher regelrecht in Wuth verſetzt worden. Der Stierzwinger iſt ein breiter Gang mit mehreren kleinen gemauerten oder aus Holz beſtehenden Kämmerchen, in deren jedes ein Stier ge- trieben wird, oft mit großer Gefahr und Mühe, hauptſächlich durch Hilfe der zahmen Stiere, welche gegen ihre wilden Brüder ganz ähnlich verfahren, wie die zahmen Elefanten gegen die friſch gefangenen. Jn ſeinem Kämmerchen nun wird der zum Kampfe beſtimmte Stier erſt ſtundenlang mit einem Sta- chelſtock gepeinigt oder, wie der Spanier ſagt, „geſtraft‟. Die Spitzen ſind nadelfein, ſo daß ſie wohl durch die Haut dringen und Qualen verurſachen, aber kaum Blutverluſt hervorrufen. Man kann ſich denken, wie ſehr ſich die Wuth des armen Gefangenen, der ſich nicht einmal in ſeinem Käm- merchen umdrehen kann, ſteigert und mit welcher Freude er ins Freie ſtürzt, ſobald ſich ihm dazu Ge- legenheit bietet.
Sofort nach dem Oeffnen des Zwingers erſchien denn auch der erſte der Verdammten:
„Ein Sohn der Hölle ſchwarz und wild, Unbänd’ger Kraft ein ſchaurig Bild; Dumpf drang aus ſeiner Bruſt die Stimme, Er ſchnaubte wild im Nachegrimme.‟
Um ihn noch wüthender zu machen, hatte man ihm eine Minute vorher die ſogenannte „Deviſe‟, eine große buntfarbige Bandroſe, vermittelſt einer eiſernen Nadel mit Widerhaken durch Haut und Fleiſch geſtochen und damit die vorhergehenden Qualen würdig beſchloſſen. Beim Heraustreten ſtutzte er nur einen Augenblick; dann nahm er ſofort einen der Bandarilleros an und ſtürzte geſenkten
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[680/0714]
Die ſpaniſchen Stiergefechte.
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beſtanden aus dickem, eigenthümlich gewebten Wollenzeuge, die Füße bekleideten leichte Schuhe mit ſil-
bernen Schnallen. Die Bandarilleros trugen, anſtatt der Mäntel, buntfarbige, wollene Tücher über
dem Arme. Ganz abweichend waren die Picadores gekleidet. Nur die Jacke war ebenſo koſtbar ge-
ſtickt, als bei den übrigen, die Beinkleider beſtanden aus dickem Leder und waren über ſchwere, eiſerne
Schienen gezogen, welche die Unterſchenkel und die Füße, ſowie den rechten Oberſchenkel umhüllten.
Auf dem Haupte ſaßen ihnen breitkrempige Filzhüte, welche mit buntfarbigen Bandroſen verziert
waren. Dieſe Leute ritten erbärmliche Klepper, alterſchwache Pferde, welche ſie mit einem wirklich
furchtbaren Sporn am linken Fuße antrieben. Sie ſaßen in Sätteln mit hohen Rücklehnen und über-
aus ſchweren, wie grobe Holzſchuhe geſtalteten eiſernen Steigbügeln. Alle Fechter trugen dünne
Haarzöpfe von größerer oder geringerer Länge.
Der Zug der hereingetretenen Männer bewegte ſich nach der Loge des Alcalden, verbeugte ſich
vor dieſem und grüßte dann die ſchauende Menge. Hierauf rief der Alguazil einige Worte zum
Mann des Geſetzes hinauf, welche aber von ungeheurem Lärm der Zuſchauer vollkommen verſchlungen
wurden. Sie enthielten die Bitte um Erlaubniß zum Beginn der Vorſtellung. Der Alcalde erhob
ſich und warf dem Alguazil den Schlüſſel zum Stierzwinger zu. Dieſer fing denſelben auf, ritt zu
der Thür des Zwingers und gab ihn einem dortſtehenden Diener, welcher die Thür aufſchloß, aber noch
nicht öffnete. Die Eſpadas warfen ihre Mäntel ab, hingen ſie an der Umplankung auf, ordneten ihre
Degen und nahmen, wie die Bandarilleros, bunte Tücher zur Hand. Die Picadores ritten zu einem
beſonderen Beamten, welcher die nöthigen Quäl- und Schlachtwerkzeuge bewahrte, und erbaten ſich
von dieſem Lanzen, vier bis fünf Ellen lange, runde, etwa 1½ Zoll im Durchmeſſer haltende Stangen,
an deren einem Ende eine kurze, dreiſchneidige, ſehr ſcharfe Spitze befeſtigt iſt, aber nur ſoweit hervor-
tritt, als ſie in das Fleiſch des Stieres eindringen ſoll. Nachdem ſie ihre Waffen empfangen hatten,
waren alle zum Beginn des Gefechtes nöthigen Vorbereitungen beendet.
Es läßt ſich nicht verkennen, daß bis jetzt das Schauſpiel etwas Großartiges und theilweiſe auch
Anziehendes hatte; von nun aber ſollte es anders kommen. Bis jetzt hatte man es noch mit Menſchen
zu thun gehabt; von nun an aber trat das Vieh in ſeine Rechte.
Man öffnete die Thür des Stalles, um dem eingepferchten Stiere einen Ausweg zu verſchaffen.
Dieſer war vorher regelrecht in Wuth verſetzt worden. Der Stierzwinger iſt ein breiter Gang mit
mehreren kleinen gemauerten oder aus Holz beſtehenden Kämmerchen, in deren jedes ein Stier ge-
trieben wird, oft mit großer Gefahr und Mühe, hauptſächlich durch Hilfe der zahmen Stiere, welche
gegen ihre wilden Brüder ganz ähnlich verfahren, wie die zahmen Elefanten gegen die friſch gefangenen.
Jn ſeinem Kämmerchen nun wird der zum Kampfe beſtimmte Stier erſt ſtundenlang mit einem Sta-
chelſtock gepeinigt oder, wie der Spanier ſagt, „geſtraft‟. Die Spitzen ſind nadelfein, ſo daß ſie
wohl durch die Haut dringen und Qualen verurſachen, aber kaum Blutverluſt hervorrufen. Man
kann ſich denken, wie ſehr ſich die Wuth des armen Gefangenen, der ſich nicht einmal in ſeinem Käm-
merchen umdrehen kann, ſteigert und mit welcher Freude er ins Freie ſtürzt, ſobald ſich ihm dazu Ge-
legenheit bietet.
Sofort nach dem Oeffnen des Zwingers erſchien denn auch der erſte der Verdammten:
„Ein Sohn der Hölle ſchwarz und wild,
Unbänd’ger Kraft ein ſchaurig Bild;
Dumpf drang aus ſeiner Bruſt die Stimme,
Er ſchnaubte wild im Nachegrimme.‟
Um ihn noch wüthender zu machen, hatte man ihm eine Minute vorher die ſogenannte „Deviſe‟,
eine große buntfarbige Bandroſe, vermittelſt einer eiſernen Nadel mit Widerhaken durch Haut und
Fleiſch geſtochen und damit die vorhergehenden Qualen würdig beſchloſſen. Beim Heraustreten ſtutzte
er nur einen Augenblick; dann nahm er ſofort einen der Bandarilleros an und ſtürzte geſenkten
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/714>, abgerufen am 23.11.2024.
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