Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Elefanten.
tigen Geschöpfen, welche einstmals unsere Erde bevölkerten. Jetzt stehen sie allein, fast jeder für
sich selbst, weit getrennt von den übrigen, welche wir mit ihnen zu einer Ordnung rechnen. Die
Verbindungsglieder sind eben ausgestorben. Auch in ihrer Reihe machte die Natur keine Sprünge:
ein Glied reihte sich an das andere; jetzt aber sind die Lücken zwischen ihnen gewaltige geworden.

Die Vielhufer sind gegenwärtig die einzigen Riefen unter den Landsäugethieren. Ein plum-
per, massiger Leibesbau kennzeichnet sie. Auch die zierlichsten unter ihnen zeigen, anderen Klassen-
verwandten gegenüber, dieses Merkmal. Die Glieder sind kurz und dick, die Füße drei- bis fünf-
zehig. Jede Zehe ist mit einem besonderen Huf umschlossen. Bei fast sämmtlichen
Arten verlängert sich der Antlitztheil mehr oder weniger, und bei einigen streckt sich die Nase in auf-
fallender Länge als Nüssel hervor. Der Hals ist kurz, vom Leibe kaum abgesetzt; der Schwanz
erreicht selten das Fersengelenk; die Ohren schwanken in weiten Grenzen; die Augen sind durch-
schnittlich klein, gleichsam verkümmert. Eine dicke, oft nur mit wenigen, seltener mit dichter stehen-
den Borsten bedeckte, auf große Stellen hin fast ganz kahle Haut umhüllt den Leib; eine einzige Fa-
milie nur erinnert noch an die pelzbekleideten Vielhufer der Vorwelt.

Der innere Leibesbau steht mit der Massenhaftigkeit des ganzen Thieres im Einklang. Alle
Knochen sind schwer, massig, riesenhaft. Am Schädel überwiegt der Antlitztheil gewöhnlich den
hirntragenden beträchtlich; bei einigen findet aber auch das Umgekehrte statt. Die Halswirbel sind
kurz, ihre Dorn- und Querfortsätze sehr entwickelt, obgleich nicht so, wie an den 13 bis 21 Rücken-
wirbeln, den 3 bis 8 Lendenwirbeln und den 4 bis 8 meist innig mit einander verwachsenen Kreuz-
wirbeln. Die Zahl der Schwanzwirbel schwankt zwischen 7 und 27. Die Rippen sind breit und
nicht auffallend gekrümmt; nur die wenigsten heften sich vorn an das Brustbein an. Das Schlüssel-
bein fehlt, und das Bein kann deshalb nur als Stütze des Körpers gebraucht werden. Fast alle
übrigen Knochen kennzeichnen sich durch ihre Kürze und Dicke. Das Gebiß ist sehr verschieden. Ge-
wöhnlich finden sich alle drei Zahnarten; ausnahmsweise fehlen aber, wenigstens theilweise, die
Schneide- oder Eckzähne. Die Backzähne zeichnen sich durch ihre Falten und Höcker aus. Der
Magen ist ziemlich einfach; bei einigen jedoch in zwei Abtheilungen geschieden. Der Darmschlauch
mißt gewöhnlich die zehnfache Länge des Leibes. --

Die Dickhäuter bevölkerten unsere Erde zuerst in der Tertiärzeit. Der größte Theil aller da-
mals lebenden aber verschwand bereits vor der Diluvialzeit und wurde durch andere Arten und
Sippen der Ordnung ersetzt, von denen einige bis auf unsere Tage herübergekommen sind. Vormals
bewohnten sie die ganze Oberfläche der Erde; gegenwärtig leben sie nur in warmen Ländern, zumeist
in feuchten, schattigen, hauptsächlich in den Urwaldungen unter den Wendekreisen. Sie ähneln sich
vielfach, unterscheiden sich aber noch weit mehr, so daß wir jedenfalls wohl thun, wenn wir das
Allgemeine so kurz als möglich behandeln und dafür alsbald zur ausführlichen Betrachtung der
hauptsächlichsten Familien übergehen.

Die Eintheilung der Vielhufer hat ihre großen Schwierigkeiten, und deshalb sind auch die mei-
sten Forscher noch heutigen Tages verschiedener Ansicht. Alle aber stimmen in dem Einen über-
ein: sie erkennen die erste Stelle zu den Elefanten oder Rüsselthieren (Proboscidea). Von
den vielen Arten dieser Familie, welche unsere Erde bevölkerten, sind nur noch zwei oder vielleicht
drei auf unsere Zeiten gekommen. Aber gerade die Elefanten sind es, welche die Jetztwelt so recht
eigentlich mit der Vorwelt verbinden; denn ihrer Familie gehörten die Riesen an, deren Leichen mit Haut
und Haar das Eis Sibiriens uns durch Hunderttausende von Jahren aufbewahrte. Es erleichtert
das Verständniß der ganzen Familie, wenn wir zunächst einen Blick auf diese ausgestorbenen Arten
werfen. Sie haben auch in anderer Hinsicht noch ihre Bedeutung für die Jetztwelt; denn sie sind es,
welche noch heutigen Tages die größte Masse des Elfenbeins liefern, welches überhaupt in den Han-
del kommt.

Die Elefanten.
tigen Geſchöpfen, welche einſtmals unſere Erde bevölkerten. Jetzt ſtehen ſie allein, faſt jeder für
ſich ſelbſt, weit getrennt von den übrigen, welche wir mit ihnen zu einer Ordnung rechnen. Die
Verbindungsglieder ſind eben ausgeſtorben. Auch in ihrer Reihe machte die Natur keine Sprünge:
ein Glied reihte ſich an das andere; jetzt aber ſind die Lücken zwiſchen ihnen gewaltige geworden.

Die Vielhufer ſind gegenwärtig die einzigen Riefen unter den Landſäugethieren. Ein plum-
per, maſſiger Leibesbau kennzeichnet ſie. Auch die zierlichſten unter ihnen zeigen, anderen Klaſſen-
verwandten gegenüber, dieſes Merkmal. Die Glieder ſind kurz und dick, die Füße drei- bis fünf-
zehig. Jede Zehe iſt mit einem beſonderen Huf umſchloſſen. Bei faſt ſämmtlichen
Arten verlängert ſich der Antlitztheil mehr oder weniger, und bei einigen ſtreckt ſich die Naſe in auf-
fallender Länge als Nüſſel hervor. Der Hals iſt kurz, vom Leibe kaum abgeſetzt; der Schwanz
erreicht ſelten das Ferſengelenk; die Ohren ſchwanken in weiten Grenzen; die Augen ſind durch-
ſchnittlich klein, gleichſam verkümmert. Eine dicke, oft nur mit wenigen, ſeltener mit dichter ſtehen-
den Borſten bedeckte, auf große Stellen hin faſt ganz kahle Haut umhüllt den Leib; eine einzige Fa-
milie nur erinnert noch an die pelzbekleideten Vielhufer der Vorwelt.

Der innere Leibesbau ſteht mit der Maſſenhaftigkeit des ganzen Thieres im Einklang. Alle
Knochen ſind ſchwer, maſſig, rieſenhaft. Am Schädel überwiegt der Antlitztheil gewöhnlich den
hirntragenden beträchtlich; bei einigen findet aber auch das Umgekehrte ſtatt. Die Halswirbel ſind
kurz, ihre Dorn- und Querfortſätze ſehr entwickelt, obgleich nicht ſo, wie an den 13 bis 21 Rücken-
wirbeln, den 3 bis 8 Lendenwirbeln und den 4 bis 8 meiſt innig mit einander verwachſenen Kreuz-
wirbeln. Die Zahl der Schwanzwirbel ſchwankt zwiſchen 7 und 27. Die Rippen ſind breit und
nicht auffallend gekrümmt; nur die wenigſten heften ſich vorn an das Bruſtbein an. Das Schlüſſel-
bein fehlt, und das Bein kann deshalb nur als Stütze des Körpers gebraucht werden. Faſt alle
übrigen Knochen kennzeichnen ſich durch ihre Kürze und Dicke. Das Gebiß iſt ſehr verſchieden. Ge-
wöhnlich finden ſich alle drei Zahnarten; ausnahmsweiſe fehlen aber, wenigſtens theilweiſe, die
Schneide- oder Eckzähne. Die Backzähne zeichnen ſich durch ihre Falten und Höcker aus. Der
Magen iſt ziemlich einfach; bei einigen jedoch in zwei Abtheilungen geſchieden. Der Darmſchlauch
mißt gewöhnlich die zehnfache Länge des Leibes. —

Die Dickhäuter bevölkerten unſere Erde zuerſt in der Tertiärzeit. Der größte Theil aller da-
mals lebenden aber verſchwand bereits vor der Diluvialzeit und wurde durch andere Arten und
Sippen der Ordnung erſetzt, von denen einige bis auf unſere Tage herübergekommen ſind. Vormals
bewohnten ſie die ganze Oberfläche der Erde; gegenwärtig leben ſie nur in warmen Ländern, zumeiſt
in feuchten, ſchattigen, hauptſächlich in den Urwaldungen unter den Wendekreiſen. Sie ähneln ſich
vielfach, unterſcheiden ſich aber noch weit mehr, ſo daß wir jedenfalls wohl thun, wenn wir das
Allgemeine ſo kurz als möglich behandeln und dafür alsbald zur ausführlichen Betrachtung der
hauptſächlichſten Familien übergehen.

Die Eintheilung der Vielhufer hat ihre großen Schwierigkeiten, und deshalb ſind auch die mei-
ſten Forſcher noch heutigen Tages verſchiedener Anſicht. Alle aber ſtimmen in dem Einen über-
ein: ſie erkennen die erſte Stelle zu den Elefanten oder Rüſſelthieren (Proboscidea). Von
den vielen Arten dieſer Familie, welche unſere Erde bevölkerten, ſind nur noch zwei oder vielleicht
drei auf unſere Zeiten gekommen. Aber gerade die Elefanten ſind es, welche die Jetztwelt ſo recht
eigentlich mit der Vorwelt verbinden; denn ihrer Familie gehörten die Rieſen an, deren Leichen mit Haut
und Haar das Eis Sibiriens uns durch Hunderttauſende von Jahren aufbewahrte. Es erleichtert
das Verſtändniß der ganzen Familie, wenn wir zunächſt einen Blick auf dieſe ausgeſtorbenen Arten
werfen. Sie haben auch in anderer Hinſicht noch ihre Bedeutung für die Jetztwelt; denn ſie ſind es,
welche noch heutigen Tages die größte Maſſe des Elfenbeins liefern, welches überhaupt in den Han-
del kommt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0719" n="685"/><fw place="top" type="header">Die Elefanten.</fw><lb/>
tigen Ge&#x017F;chöpfen, welche ein&#x017F;tmals un&#x017F;ere Erde bevölkerten. Jetzt &#x017F;tehen &#x017F;ie <hi rendition="#g">allein,</hi> fa&#x017F;t jeder für<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, weit getrennt von den übrigen, welche wir mit ihnen zu einer Ordnung rechnen. Die<lb/>
Verbindungsglieder &#x017F;ind eben ausge&#x017F;torben. Auch in ihrer Reihe machte die Natur keine Sprünge:<lb/>
ein Glied reihte &#x017F;ich an das andere; jetzt aber &#x017F;ind die Lücken zwi&#x017F;chen ihnen gewaltige geworden.</p><lb/>
              <p>Die Vielhufer &#x017F;ind gegenwärtig die einzigen Riefen unter den Land&#x017F;äugethieren. Ein plum-<lb/>
per, ma&#x017F;&#x017F;iger Leibesbau kennzeichnet &#x017F;ie. Auch die zierlich&#x017F;ten unter ihnen zeigen, anderen Kla&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
verwandten gegenüber, die&#x017F;es Merkmal. Die Glieder &#x017F;ind kurz und dick, die Füße drei- bis fünf-<lb/>
zehig. <hi rendition="#g">Jede Zehe i&#x017F;t mit einem be&#x017F;onderen Huf um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</hi> Bei fa&#x017F;t &#x017F;ämmtlichen<lb/>
Arten verlängert &#x017F;ich der Antlitztheil mehr oder weniger, und bei einigen &#x017F;treckt &#x017F;ich die Na&#x017F;e in auf-<lb/>
fallender Länge als Nü&#x017F;&#x017F;el hervor. Der Hals i&#x017F;t kurz, vom Leibe kaum abge&#x017F;etzt; der Schwanz<lb/>
erreicht &#x017F;elten das Fer&#x017F;engelenk; die Ohren &#x017F;chwanken in weiten Grenzen; die Augen &#x017F;ind durch-<lb/>
&#x017F;chnittlich klein, gleich&#x017F;am verkümmert. Eine dicke, oft nur mit wenigen, &#x017F;eltener mit dichter &#x017F;tehen-<lb/>
den Bor&#x017F;ten bedeckte, auf große Stellen hin fa&#x017F;t ganz kahle Haut umhüllt den Leib; eine einzige Fa-<lb/>
milie nur erinnert noch an die pelzbekleideten Vielhufer der Vorwelt.</p><lb/>
              <p>Der innere Leibesbau &#x017F;teht mit der Ma&#x017F;&#x017F;enhaftigkeit des ganzen Thieres im Einklang. Alle<lb/>
Knochen &#x017F;ind &#x017F;chwer, ma&#x017F;&#x017F;ig, rie&#x017F;enhaft. Am Schädel überwiegt der Antlitztheil gewöhnlich den<lb/>
hirntragenden beträchtlich; bei einigen findet aber auch das Umgekehrte &#x017F;tatt. Die Halswirbel &#x017F;ind<lb/>
kurz, ihre Dorn- und Querfort&#x017F;ätze &#x017F;ehr entwickelt, obgleich nicht &#x017F;o, wie an den 13 bis 21 Rücken-<lb/>
wirbeln, den 3 bis 8 Lendenwirbeln und den 4 bis 8 mei&#x017F;t innig mit einander verwach&#x017F;enen Kreuz-<lb/>
wirbeln. Die Zahl der Schwanzwirbel &#x017F;chwankt zwi&#x017F;chen 7 und 27. Die Rippen &#x017F;ind breit und<lb/>
nicht auffallend gekrümmt; nur die wenig&#x017F;ten heften &#x017F;ich vorn an das Bru&#x017F;tbein an. Das Schlü&#x017F;&#x017F;el-<lb/>
bein fehlt, und das Bein kann deshalb nur als Stütze des Körpers gebraucht werden. Fa&#x017F;t alle<lb/>
übrigen Knochen kennzeichnen &#x017F;ich durch ihre Kürze und Dicke. Das Gebiß i&#x017F;t &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden. Ge-<lb/>
wöhnlich finden &#x017F;ich alle drei Zahnarten; ausnahmswei&#x017F;e fehlen aber, wenig&#x017F;tens theilwei&#x017F;e, die<lb/>
Schneide- oder Eckzähne. Die Backzähne zeichnen &#x017F;ich durch ihre Falten und Höcker aus. Der<lb/>
Magen i&#x017F;t ziemlich einfach; bei einigen jedoch in zwei Abtheilungen ge&#x017F;chieden. Der Darm&#x017F;chlauch<lb/>
mißt gewöhnlich die zehnfache Länge des Leibes. &#x2014;</p><lb/>
              <p>Die Dickhäuter bevölkerten un&#x017F;ere Erde zuer&#x017F;t in der Tertiärzeit. Der größte Theil aller da-<lb/>
mals lebenden aber ver&#x017F;chwand bereits vor der Diluvialzeit und wurde durch andere Arten und<lb/>
Sippen der Ordnung er&#x017F;etzt, von denen einige bis auf un&#x017F;ere Tage herübergekommen &#x017F;ind. Vormals<lb/>
bewohnten &#x017F;ie die ganze Oberfläche der Erde; gegenwärtig leben &#x017F;ie nur in warmen Ländern, zumei&#x017F;t<lb/>
in feuchten, &#x017F;chattigen, haupt&#x017F;ächlich in den Urwaldungen unter den Wendekrei&#x017F;en. Sie ähneln &#x017F;ich<lb/>
vielfach, unter&#x017F;cheiden &#x017F;ich aber noch weit mehr, &#x017F;o daß wir jedenfalls wohl thun, wenn wir das<lb/>
Allgemeine &#x017F;o kurz als möglich behandeln und dafür alsbald zur ausführlichen Betrachtung der<lb/>
haupt&#x017F;ächlich&#x017F;ten Familien übergehen.</p><lb/>
              <p>Die Eintheilung der Vielhufer hat ihre großen Schwierigkeiten, und deshalb &#x017F;ind auch die mei-<lb/>
&#x017F;ten For&#x017F;cher noch heutigen Tages ver&#x017F;chiedener An&#x017F;icht. Alle aber &#x017F;timmen in dem Einen über-<lb/>
ein: &#x017F;ie erkennen die er&#x017F;te Stelle zu den <hi rendition="#g">Elefanten</hi> oder <hi rendition="#g">&#x017F;&#x017F;elthieren</hi> (<hi rendition="#aq">Proboscidea</hi>). Von<lb/>
den vielen Arten die&#x017F;er Familie, welche un&#x017F;ere Erde bevölkerten, &#x017F;ind nur noch zwei oder vielleicht<lb/>
drei auf un&#x017F;ere Zeiten gekommen. Aber gerade die Elefanten &#x017F;ind es, welche die Jetztwelt &#x017F;o recht<lb/>
eigentlich mit der Vorwelt verbinden; denn ihrer Familie gehörten die Rie&#x017F;en an, deren Leichen mit Haut<lb/>
und Haar das Eis Sibiriens uns durch Hunderttau&#x017F;ende von Jahren aufbewahrte. Es erleichtert<lb/>
das Ver&#x017F;tändniß der ganzen Familie, wenn wir zunäch&#x017F;t einen Blick auf die&#x017F;e ausge&#x017F;torbenen Arten<lb/>
werfen. Sie haben auch in anderer Hin&#x017F;icht noch ihre Bedeutung für die Jetztwelt; denn &#x017F;ie &#x017F;ind es,<lb/>
welche noch heutigen Tages die größte Ma&#x017F;&#x017F;e des Elfenbeins liefern, welches überhaupt in den Han-<lb/>
del kommt.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[685/0719] Die Elefanten. tigen Geſchöpfen, welche einſtmals unſere Erde bevölkerten. Jetzt ſtehen ſie allein, faſt jeder für ſich ſelbſt, weit getrennt von den übrigen, welche wir mit ihnen zu einer Ordnung rechnen. Die Verbindungsglieder ſind eben ausgeſtorben. Auch in ihrer Reihe machte die Natur keine Sprünge: ein Glied reihte ſich an das andere; jetzt aber ſind die Lücken zwiſchen ihnen gewaltige geworden. Die Vielhufer ſind gegenwärtig die einzigen Riefen unter den Landſäugethieren. Ein plum- per, maſſiger Leibesbau kennzeichnet ſie. Auch die zierlichſten unter ihnen zeigen, anderen Klaſſen- verwandten gegenüber, dieſes Merkmal. Die Glieder ſind kurz und dick, die Füße drei- bis fünf- zehig. Jede Zehe iſt mit einem beſonderen Huf umſchloſſen. Bei faſt ſämmtlichen Arten verlängert ſich der Antlitztheil mehr oder weniger, und bei einigen ſtreckt ſich die Naſe in auf- fallender Länge als Nüſſel hervor. Der Hals iſt kurz, vom Leibe kaum abgeſetzt; der Schwanz erreicht ſelten das Ferſengelenk; die Ohren ſchwanken in weiten Grenzen; die Augen ſind durch- ſchnittlich klein, gleichſam verkümmert. Eine dicke, oft nur mit wenigen, ſeltener mit dichter ſtehen- den Borſten bedeckte, auf große Stellen hin faſt ganz kahle Haut umhüllt den Leib; eine einzige Fa- milie nur erinnert noch an die pelzbekleideten Vielhufer der Vorwelt. Der innere Leibesbau ſteht mit der Maſſenhaftigkeit des ganzen Thieres im Einklang. Alle Knochen ſind ſchwer, maſſig, rieſenhaft. Am Schädel überwiegt der Antlitztheil gewöhnlich den hirntragenden beträchtlich; bei einigen findet aber auch das Umgekehrte ſtatt. Die Halswirbel ſind kurz, ihre Dorn- und Querfortſätze ſehr entwickelt, obgleich nicht ſo, wie an den 13 bis 21 Rücken- wirbeln, den 3 bis 8 Lendenwirbeln und den 4 bis 8 meiſt innig mit einander verwachſenen Kreuz- wirbeln. Die Zahl der Schwanzwirbel ſchwankt zwiſchen 7 und 27. Die Rippen ſind breit und nicht auffallend gekrümmt; nur die wenigſten heften ſich vorn an das Bruſtbein an. Das Schlüſſel- bein fehlt, und das Bein kann deshalb nur als Stütze des Körpers gebraucht werden. Faſt alle übrigen Knochen kennzeichnen ſich durch ihre Kürze und Dicke. Das Gebiß iſt ſehr verſchieden. Ge- wöhnlich finden ſich alle drei Zahnarten; ausnahmsweiſe fehlen aber, wenigſtens theilweiſe, die Schneide- oder Eckzähne. Die Backzähne zeichnen ſich durch ihre Falten und Höcker aus. Der Magen iſt ziemlich einfach; bei einigen jedoch in zwei Abtheilungen geſchieden. Der Darmſchlauch mißt gewöhnlich die zehnfache Länge des Leibes. — Die Dickhäuter bevölkerten unſere Erde zuerſt in der Tertiärzeit. Der größte Theil aller da- mals lebenden aber verſchwand bereits vor der Diluvialzeit und wurde durch andere Arten und Sippen der Ordnung erſetzt, von denen einige bis auf unſere Tage herübergekommen ſind. Vormals bewohnten ſie die ganze Oberfläche der Erde; gegenwärtig leben ſie nur in warmen Ländern, zumeiſt in feuchten, ſchattigen, hauptſächlich in den Urwaldungen unter den Wendekreiſen. Sie ähneln ſich vielfach, unterſcheiden ſich aber noch weit mehr, ſo daß wir jedenfalls wohl thun, wenn wir das Allgemeine ſo kurz als möglich behandeln und dafür alsbald zur ausführlichen Betrachtung der hauptſächlichſten Familien übergehen. Die Eintheilung der Vielhufer hat ihre großen Schwierigkeiten, und deshalb ſind auch die mei- ſten Forſcher noch heutigen Tages verſchiedener Anſicht. Alle aber ſtimmen in dem Einen über- ein: ſie erkennen die erſte Stelle zu den Elefanten oder Rüſſelthieren (Proboscidea). Von den vielen Arten dieſer Familie, welche unſere Erde bevölkerten, ſind nur noch zwei oder vielleicht drei auf unſere Zeiten gekommen. Aber gerade die Elefanten ſind es, welche die Jetztwelt ſo recht eigentlich mit der Vorwelt verbinden; denn ihrer Familie gehörten die Rieſen an, deren Leichen mit Haut und Haar das Eis Sibiriens uns durch Hunderttauſende von Jahren aufbewahrte. Es erleichtert das Verſtändniß der ganzen Familie, wenn wir zunächſt einen Blick auf dieſe ausgeſtorbenen Arten werfen. Sie haben auch in anderer Hinſicht noch ihre Bedeutung für die Jetztwelt; denn ſie ſind es, welche noch heutigen Tages die größte Maſſe des Elfenbeins liefern, welches überhaupt in den Han- del kommt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/719
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/719>, abgerufen am 23.11.2024.