nahen fühle, stets ein einsames Thal zu seinem Sterbeplatze erwähle, welches zwischen den Bergen östlich von Adams Peak liegt und einen klaren See umschließt.
Fragt man, ob es zweckmäßig ist, einen Marstall von Elefanten z. B. auf Ceylon zu halten, so muß geantwortet werden: daß sie allerdings in den noch unbebauten Landtheilen von Nutzen sind, wo Wälder nur durch rauhe Pfade durchschnitten werden und Flüsse zu durchkreuzen sind; in Gegen- den aber, wo Ochsen und Pferde zum Zuge angewendet werden können, darf sicher die kostbare Ver- wendung der Elefanten sehr eingeschränkt, wenn nicht ganz entbehrt werden.
Nach Europa kommen gegenwärtig fast ausschließlich indische Elefanten, während früher hier auch die afrikanischen, und vielleicht häufiger noch, als jene, gesehen wurden. Der Grund, warum so wenige Elefanten auch aus Afrika zu uns gelangen, ist leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daß gegenwärtig die Afrikaner wohl mit dem Feuergewehr jagen, nicht aber Fanganstalten treffen, nach Art der Jndier. Daß sich der afrikanische Elefaut in demselben Grade zähmen läßt, wie der indische, wußten bereits die alten Römer und Karthager. Wir haben aber neuerdings das Thier auch zwei Mal bei uns gesehen und es als durchaus liebenswürdiges Geschöpf kennen gelernt. Der eine der jungen afrikanischen Elefanten, welcher zu uns gelangte, wurde in den Barkaländern gefangen und von dem Thierbudenbesitzer Casanova zu uns gebracht. Er hatte sich sehr rasch an seinen Gebieter gewöhnt und zeigte sich bereits nach wenigen Tagen so zutraulich, daß er frei im Hofe umherlaufen durfte. Später folgte er seinem Pfleger auf dem Fuße nach, auch ins Freie, und bereits nach Mo- natsfrist konnte er als gezähmt angesehen werden. Auf der zweiundfunfzigtägigen Reise vom Jnneren des Landes bis zur Küste lief der Elefant, nach Casanova's Ausspruch, wie ein Hündchen hinter dem Herrn her.
Das mir und anderen Naturforschern höchst anziehende Thier wurde zunächst in Leipzig zur Schau gestellt und hier von Kreuzberg angekauft, welcher es noch besitzt. Es hat inzwischen gelernt, verschiedenen Befehlen zu gehorchen, so namentlich auf Zuruf die gewaltigen Ohren, sein bezeichnen- des Merkmal, aufzuklappen oder den Beschauern zu zeigen. Jn allen übrigen Stücken ähnelt es jungen indischen Elefanten derselben Größe so, daß ich wenigstens keinen Unterschied habe wahr- nehmen können.
Ueber die Jagd des Elefanten habe ich nach dem bereits Mitgetheilten kaum noch Etwas hinzu- zufügen. Sie kann dem wahren Waidmann wenig Freude gewähren und ist höchstens mit dem Wall- fischfang oder der Robbenschlächterei auf ein und dieselbe Stufe zu stellen. Die Aussicht auf Gewinn ist die hauptsächlichste Triebfeder des Jägers, welcher, wenn er Glück hat, mit einem einzigen Schuffe eine nicht unbeträchtliche Geldsumme erwerben kann; denn das Elfenbein steht gegenwärtig auch im Jnneren Afrikas hoch im Preise. Früher benutzten die innerafrikanischen Fürsten Elefanten- zähne, um ihre Strohpaläste mit ihnen zu umzäunen; gegenwärtig dürften diese kostbaren Umfrie- digungen selten geworden und nach Europa gewandert sein. Von dem Elfenbein, welches wir gegen- wärtig bei uns verarbeiten, stammt ein guter Theil aus Afrika, kaum weniger aus Sibirien, von den vorweltlichen Arten nämlich, und der geringste Theil endlich aus Jndien. Die Negerländer im oberen Nilgebiete führen alljährlich eine bedeutende Menge des kostbaren und von Jahr zu Jahr im Preise steigenden Stoffes aus. Die größte Handelsstadt des inneren Afrikas, Chartum, die Haupt- stadt Kordofahns, Obeid, und die Hafenstadt Massana am rothen Meer, sind zur Zeit wichtige Stapelplätze für diesen Handel. Von den ersten beiden Plätzen aus werden alljährlich Jagdreisen in das obere Flußgebiet des weißen Stromes unternommen und mehrere Karavanen nach Egypten hin mit der gewonnenen Waare befrachtet. Von Massaua aus wird vornehmlich das in Abissinien und in den Barkaländern erbeutete Elfenbein verschifft, und zwar zunächst nach Jndien, weshalb auch die von dort kommende Menge größer ist, als sie sein könnte, wenn nur die Zähne des indischen Elefanten in den Handel kämen. Sehr bedeutende Geschäfte werden alljährlich in Berbera gemacht, jenem eigenthümlichen Marktplatze, Aden gegenüber, welcher nur zeitweilig von Kaufleuten be- sucht und bewohnt wird, sonst aber wüst ist. Jn den letzten Jahren hat sich auch Sansebar zum
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
nahen fühle, ſtets ein einſames Thal zu ſeinem Sterbeplatze erwähle, welches zwiſchen den Bergen öſtlich von Adams Peak liegt und einen klaren See umſchließt.
Fragt man, ob es zweckmäßig iſt, einen Marſtall von Elefanten z. B. auf Ceylon zu halten, ſo muß geantwortet werden: daß ſie allerdings in den noch unbebauten Landtheilen von Nutzen ſind, wo Wälder nur durch rauhe Pfade durchſchnitten werden und Flüſſe zu durchkreuzen ſind; in Gegen- den aber, wo Ochſen und Pferde zum Zuge angewendet werden können, darf ſicher die koſtbare Ver- wendung der Elefanten ſehr eingeſchränkt, wenn nicht ganz entbehrt werden.
Nach Europa kommen gegenwärtig faſt ausſchließlich indiſche Elefanten, während früher hier auch die afrikaniſchen, und vielleicht häufiger noch, als jene, geſehen wurden. Der Grund, warum ſo wenige Elefanten auch aus Afrika zu uns gelangen, iſt leicht einzuſehen, wenn man bedenkt, daß gegenwärtig die Afrikaner wohl mit dem Feuergewehr jagen, nicht aber Fanganſtalten treffen, nach Art der Jndier. Daß ſich der afrikaniſche Elefaut in demſelben Grade zähmen läßt, wie der indiſche, wußten bereits die alten Römer und Karthager. Wir haben aber neuerdings das Thier auch zwei Mal bei uns geſehen und es als durchaus liebenswürdiges Geſchöpf kennen gelernt. Der eine der jungen afrikaniſchen Elefanten, welcher zu uns gelangte, wurde in den Barkaländern gefangen und von dem Thierbudenbeſitzer Caſanova zu uns gebracht. Er hatte ſich ſehr raſch an ſeinen Gebieter gewöhnt und zeigte ſich bereits nach wenigen Tagen ſo zutraulich, daß er frei im Hofe umherlaufen durfte. Später folgte er ſeinem Pfleger auf dem Fuße nach, auch ins Freie, und bereits nach Mo- natsfriſt konnte er als gezähmt angeſehen werden. Auf der zweiundfunfzigtägigen Reiſe vom Jnneren des Landes bis zur Küſte lief der Elefant, nach Caſanova’s Ausſpruch, wie ein Hündchen hinter dem Herrn her.
Das mir und anderen Naturforſchern höchſt anziehende Thier wurde zunächſt in Leipzig zur Schau geſtellt und hier von Kreuzberg angekauft, welcher es noch beſitzt. Es hat inzwiſchen gelernt, verſchiedenen Befehlen zu gehorchen, ſo namentlich auf Zuruf die gewaltigen Ohren, ſein bezeichnen- des Merkmal, aufzuklappen oder den Beſchauern zu zeigen. Jn allen übrigen Stücken ähnelt es jungen indiſchen Elefanten derſelben Größe ſo, daß ich wenigſtens keinen Unterſchied habe wahr- nehmen können.
Ueber die Jagd des Elefanten habe ich nach dem bereits Mitgetheilten kaum noch Etwas hinzu- zufügen. Sie kann dem wahren Waidmann wenig Freude gewähren und iſt höchſtens mit dem Wall- fiſchfang oder der Robbenſchlächterei auf ein und dieſelbe Stufe zu ſtellen. Die Ausſicht auf Gewinn iſt die hauptſächlichſte Triebfeder des Jägers, welcher, wenn er Glück hat, mit einem einzigen Schuffe eine nicht unbeträchtliche Geldſumme erwerben kann; denn das Elfenbein ſteht gegenwärtig auch im Jnneren Afrikas hoch im Preiſe. Früher benutzten die innerafrikaniſchen Fürſten Elefanten- zähne, um ihre Strohpaläſte mit ihnen zu umzäunen; gegenwärtig dürften dieſe koſtbaren Umfrie- digungen ſelten geworden und nach Europa gewandert ſein. Von dem Elfenbein, welches wir gegen- wärtig bei uns verarbeiten, ſtammt ein guter Theil aus Afrika, kaum weniger aus Sibirien, von den vorweltlichen Arten nämlich, und der geringſte Theil endlich aus Jndien. Die Negerländer im oberen Nilgebiete führen alljährlich eine bedeutende Menge des koſtbaren und von Jahr zu Jahr im Preiſe ſteigenden Stoffes aus. Die größte Handelsſtadt des inneren Afrikas, Chartum, die Haupt- ſtadt Kordofahns, Obëid, und die Hafenſtadt Maſſana am rothen Meer, ſind zur Zeit wichtige Stapelplätze für dieſen Handel. Von den erſten beiden Plätzen aus werden alljährlich Jagdreiſen in das obere Flußgebiet des weißen Stromes unternommen und mehrere Karavanen nach Egypten hin mit der gewonnenen Waare befrachtet. Von Maſſaua aus wird vornehmlich das in Abiſſinien und in den Barkaländern erbeutete Elfenbein verſchifft, und zwar zunächſt nach Jndien, weshalb auch die von dort kommende Menge größer iſt, als ſie ſein könnte, wenn nur die Zähne des indiſchen Elefanten in den Handel kämen. Sehr bedeutende Geſchäfte werden alljährlich in Berbera gemacht, jenem eigenthümlichen Marktplatze, Aden gegenüber, welcher nur zeitweilig von Kaufleuten be- ſucht und bewohnt wird, ſonſt aber wüſt iſt. Jn den letzten Jahren hat ſich auch Sanſebar zum
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Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Elefanten.
nahen fühle, ſtets ein einſames Thal zu ſeinem Sterbeplatze erwähle, welches zwiſchen den Bergen
öſtlich von Adams Peak liegt und einen klaren See umſchließt.
Fragt man, ob es zweckmäßig iſt, einen Marſtall von Elefanten z. B. auf Ceylon zu halten,
ſo muß geantwortet werden: daß ſie allerdings in den noch unbebauten Landtheilen von Nutzen ſind,
wo Wälder nur durch rauhe Pfade durchſchnitten werden und Flüſſe zu durchkreuzen ſind; in Gegen-
den aber, wo Ochſen und Pferde zum Zuge angewendet werden können, darf ſicher die koſtbare Ver-
wendung der Elefanten ſehr eingeſchränkt, wenn nicht ganz entbehrt werden.
Nach Europa kommen gegenwärtig faſt ausſchließlich indiſche Elefanten, während früher hier
auch die afrikaniſchen, und vielleicht häufiger noch, als jene, geſehen wurden. Der Grund, warum
ſo wenige Elefanten auch aus Afrika zu uns gelangen, iſt leicht einzuſehen, wenn man bedenkt, daß
gegenwärtig die Afrikaner wohl mit dem Feuergewehr jagen, nicht aber Fanganſtalten treffen, nach
Art der Jndier. Daß ſich der afrikaniſche Elefaut in demſelben Grade zähmen läßt, wie der indiſche,
wußten bereits die alten Römer und Karthager. Wir haben aber neuerdings das Thier auch zwei
Mal bei uns geſehen und es als durchaus liebenswürdiges Geſchöpf kennen gelernt. Der eine der
jungen afrikaniſchen Elefanten, welcher zu uns gelangte, wurde in den Barkaländern gefangen und
von dem Thierbudenbeſitzer Caſanova zu uns gebracht. Er hatte ſich ſehr raſch an ſeinen Gebieter
gewöhnt und zeigte ſich bereits nach wenigen Tagen ſo zutraulich, daß er frei im Hofe umherlaufen
durfte. Später folgte er ſeinem Pfleger auf dem Fuße nach, auch ins Freie, und bereits nach Mo-
natsfriſt konnte er als gezähmt angeſehen werden. Auf der zweiundfunfzigtägigen Reiſe vom Jnneren
des Landes bis zur Küſte lief der Elefant, nach Caſanova’s Ausſpruch, wie ein Hündchen hinter
dem Herrn her.
Das mir und anderen Naturforſchern höchſt anziehende Thier wurde zunächſt in Leipzig zur
Schau geſtellt und hier von Kreuzberg angekauft, welcher es noch beſitzt. Es hat inzwiſchen gelernt,
verſchiedenen Befehlen zu gehorchen, ſo namentlich auf Zuruf die gewaltigen Ohren, ſein bezeichnen-
des Merkmal, aufzuklappen oder den Beſchauern zu zeigen. Jn allen übrigen Stücken ähnelt es
jungen indiſchen Elefanten derſelben Größe ſo, daß ich wenigſtens keinen Unterſchied habe wahr-
nehmen können.
Ueber die Jagd des Elefanten habe ich nach dem bereits Mitgetheilten kaum noch Etwas hinzu-
zufügen. Sie kann dem wahren Waidmann wenig Freude gewähren und iſt höchſtens mit dem Wall-
fiſchfang oder der Robbenſchlächterei auf ein und dieſelbe Stufe zu ſtellen. Die Ausſicht auf Gewinn
iſt die hauptſächlichſte Triebfeder des Jägers, welcher, wenn er Glück hat, mit einem einzigen
Schuffe eine nicht unbeträchtliche Geldſumme erwerben kann; denn das Elfenbein ſteht gegenwärtig
auch im Jnneren Afrikas hoch im Preiſe. Früher benutzten die innerafrikaniſchen Fürſten Elefanten-
zähne, um ihre Strohpaläſte mit ihnen zu umzäunen; gegenwärtig dürften dieſe koſtbaren Umfrie-
digungen ſelten geworden und nach Europa gewandert ſein. Von dem Elfenbein, welches wir gegen-
wärtig bei uns verarbeiten, ſtammt ein guter Theil aus Afrika, kaum weniger aus Sibirien, von
den vorweltlichen Arten nämlich, und der geringſte Theil endlich aus Jndien. Die Negerländer im
oberen Nilgebiete führen alljährlich eine bedeutende Menge des koſtbaren und von Jahr zu Jahr im
Preiſe ſteigenden Stoffes aus. Die größte Handelsſtadt des inneren Afrikas, Chartum, die Haupt-
ſtadt Kordofahns, Obëid, und die Hafenſtadt Maſſana am rothen Meer, ſind zur Zeit wichtige
Stapelplätze für dieſen Handel. Von den erſten beiden Plätzen aus werden alljährlich Jagdreiſen in
das obere Flußgebiet des weißen Stromes unternommen und mehrere Karavanen nach Egypten hin
mit der gewonnenen Waare befrachtet. Von Maſſaua aus wird vornehmlich das in Abiſſinien und
in den Barkaländern erbeutete Elfenbein verſchifft, und zwar zunächſt nach Jndien, weshalb auch
die von dort kommende Menge größer iſt, als ſie ſein könnte, wenn nur die Zähne des indiſchen
Elefanten in den Handel kämen. Sehr bedeutende Geſchäfte werden alljährlich in Berbera gemacht,
jenem eigenthümlichen Marktplatze, Aden gegenüber, welcher nur zeitweilig von Kaufleuten be-
ſucht und bewohnt wird, ſonſt aber wüſt iſt. Jn den letzten Jahren hat ſich auch Sanſebar zum
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/748>, abgerufen am 23.11.2024.
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